Es gab ein paar Neuigkeiten zu SpaceX, vor allem aber will ich mich in dieser Nachlese mit einigen Paradoxien beim Starship beschäftigen.
Also es gibt Neuigkeiten zum Starship. Das Starship selbst, also die obere Stufe machte am 27.6.223 einen kurzen statischen Test. Nach einem Post von Elon Musk vom 13.6.2023 ist der nächste Flug 6 bis 8 Wochen entfernt, dürfte also in der ersten Septemberhälfte stattfinden. Mal sehen, er hat auch 2019 schon versprochen das der erste Teststart 2020 stattfindet. Der Test war nur kurz, noch kürzer als der Test der Superheavy im Februar. Viel zu sehen gab es nicht, denn bei McGregor gibt es kein System das Wasser ausspritzt, sodass sofort alles in eine dunkle Staubwolke gehüllt war.
An der Startbasis hat man nun ein „Sprinklersystem“ installiert und getestet (warum nicht vor dem ersten Start, nur weil es jeder so macht darf man es bei SpaceX wohl nicht so machen). Dabei scheint die gewählte Installation, die das Wasser wohl nicht so auffängt wie es sein sollte, dann auch wieder ein Problem zu sein.
Neuigkeiten gibt es auch von der Finanzseite. Demnach hat SpaceX einen Umsatz (so interpretiere ich das Wort „revenue“ von 4 Milliarden Dollar im letzten Jahr gemacht, 8 Milliarden sollen es dieses Jahr sein, davon 40 Prozent von Starlink.
Mich wundert ehrlich gesagt die geringe Summe. Im Juli hat SpaceX einen „Wert“ wenn man die 81 Dollar pro Anteil bei einer Verkaufsrunde multipliziert mit den Anteilen nimmt von 150 Milliarden Dollar. Nur zum Vergleich, Lockheed Martin, beteiligt an ULA und Entwickler der Vulcan Centaur hat einen Börsenwert von 113 Milliarden Dollar und nach Wikipedia im vorletzten Jahr 67 Millairden Dollar Umsatz. Also Börsenwert/Umsatz bei LM 1,68 und bei SpaceX 18,75, um mehr als eine Zehnerpotenz schlechter.
Was noch verwunderlicher ist, ist das Starlink nur 40 Prozent des Umsatzes ausmacht und das obwohl SpaceX inzwischen 95 Starts mit fast 5.000 Satelliten absolviert hat. Also bei knapp 5.000 gestarteten Satelliten nur ein Umsatz von rund 600.000 Dollar pro Satellit und die bringt er auch nur fünf Jahre lang, denn operativ sind nur etwas über 3.700 Satelliten, entsprechend der Designlebensdauer von 5 Jahren. Dabei geht die obige Ziffer von einem Zuwachs von 1 Million auf 2,2 Millionen Kunden 2023 aus. Das Problem: Schon jetzt haben Kunden in US-Ballungsbieten und dort sitzen eben die meisten Kunden, schon niedrige Datenraten und die sanken auch seit Einführung von Starlink, winfach weil die Zahl der Kunden schneller wächst als die der Satelliten – 2022 von 400.000 auf 1 Million, nun prognostiziert von 1 Million auf 2,2 Millionen. Sprich, damit die Datenrate konstant bleibt müsste SpaceX dieses Jahr 110 Prozent mehr Satelliten starten, als sie im Januar im Orbit haben und das schaffen sie nicht. Dabei ist Starlink teuer und dann kann bald ein Wendepunkt erreicht sein, wo die Kunden abwandern wenn die Datenrate nicht den Erwartungen entspricht. Noch interessanter ist natürlich wie viel vom Umsatz als Gewinn übrigen bleibt.
Von den restlichen 60 Prozent des Einkommens dürfte wieder ein guter Teil auf die Regierungen entfallen. Es gab in einem Jahr vier Dragon Missionen, jede generiert 220 Millionen Dollar Umsatz. Die NASA hat schon knapp eine Milliarde für den HLS Kontakt bezahlt, da dürfte auch noch was hinzukommen und dann noch die Starts für NASA, NRO und Co. Was mich erstaunt hat – wir hatten ja auch den Start von Euclid, da hätte man ja die Startkosten veröffentlichen können. Dürfte die ESA aber nicht. Ich vermute mal sie liegen genauso wie die bekannten Startkosten von NAS und DoD weit über den auf der Website angegebenen Preisen.
Nun aber zum Hauptthema des Blogs. Es geht um Paradoxien beim Starship. Es sind zwei wichtige Dinge, das eine ist selbstverständlich, das andere spezifisch für die Wiederverwendung. Das selbstverständliche ist, das jeder Hersteller versuchen wird ein Optimum zu erreichen zwischen Herstellungskosten und Umsatz. Ich nehme mal Transportmittel als Beispiel. Ein Auto wird heute immer noch vor allem aus Stahl gefertigt. Das ist billiger und haltbarer als jedes andere Material das man einsetzen könnte. Das geht, weil die Kunden nicht ihr Auto nach Spritverbrauch kaufen (sonst würden nicht so viele SUV verkauft werden) sondern anderen Kriterien. In der Luftfahrt wo Verkehrsflugzeuge praktisch die meiste Zeit des Tages fliegen und dabei Treibstoff verbrauchen, würde kein Kunde ein Flugzeug aus Stahl kaufen, weil der Treibstoffverbrauch zu hoch wäre. Dort wird seit Jahrzehnten Aluminium eingesetzt, das leichter ist und inzwischen vermehrt auch Kohlenfaserverbundwerkstoffe, die noch leichter sind. Ein geringer Verbrauch an Kerosin ist ein wichtiges Verkaufsargument denn das macht später den Großteil der Gesamtkosten über die Lebensdauer aus.
Einen ähnlichen trend haben wir auch in der Raumfahrt. Dort nahm man wenn wir von der A-4 als Prototyp absehen schon am Anfang Aluminium, auch weil sich die Industrie aus der Luftfahrtbranche entwickelt hat. Die bekannteste Ausnahme war die Atlas die aus Stahl bestand, aber nur unter Innendruck stabil war. Schon ihr Nachfolger, die Titan erreichte dasselbe Leergewicht ohne diesen Trick und das sogar bei getrennten Tanks (die Atlas hatte einen Integraltank, das spart einiges an Gewicht für den Tankabschluss und die Zwischentanksektion ein). Mittlerweile hat man leichtere Aluminiumlegierungen entwickelt und die Li-Alu-Legierung 2195, die SpaceX selbst bei der Falcon 9 einsetzt ist je nach Temperatur zwischen 26 und 40 Prozent leichter bei gleicher Belastung als die damals verwendete Aluminumlegeriung 2219. Kohlefaserverbundwerkstoffe zogen in den Siebzigern zuerst bei Satelliten ein, inzwischen werden viele Strukturteile von Raketen, die nicht mit dem Treibstoff in Berührung kommen, wie Stufenadapter und Verkleidungen aus diesem Material gefertigt und es gibt erste Versuche es auch für Tanks einzusetzen. Die ESA entwickelt die ICARUS Oberstufe für die Ariane 6 die 1 bis 2 t Nutzlast bringt mit diesem Material.
Aber auch hier regiert die Wirtschaftlichkeit. Als eine Ausnahme hatte z.b. die Ariane 1 eine Erststufe aus Stahl, weil als dreistufiger Rakete das Mehrgewicht einen kleinen Einfluss auf die Nutzlast hatte, die Stufe aber so billiger wurde. Ebenso denkt niemand dran die großen Tanks von Erststufen aus CFK zu fertigen, der Mehrpreis lohnt sich derzeit nur bei den Oberstufen.
Das zweite ist die einfache Tatsache das jedes wiederverwendbare Gefährt schwerer ist als ein Nicht-Wiederverwendbares. Man braucht Treibstoff zum Landen, einen Hitzeschutzschild oder Fallschirme, oder Flügel oder ein Turbofan Triebwerk – je nach gewählter Landemethode. Bei der Falcon 9 wo nur die erste Stufe wieder verwendet wirdn liegt die Nutzlasteinbuße je nach Orbit zwischen 25 und 33 Prozent, bei dem Starship sind es nach Users Guide über 50 Prozent für einen LEO und 70 Prozent für einen GTO. Also wäre hier noch wichtiger als bei einer „Wegwerfrakete“ Gewicht einzusparen. Doch was macht SpaceX aka elon Musk, denn was der sagtn wird ja umgesetztn egal wie sinnlos es ist er ist ja CEO und Chefingenieur in einer Person. Man nimmt Stahl als Werkstoff. Keine besondere Stahllegierung sondern die am häufigsten eingesetzte SAE 304, weil sie so preiswert ist (3 Dollar pro Kilogramm anstatt 135 bei CFK). Und nein, das ist nicht im Gewicht vergleichbar mit CFK, genauso wie man Stahllegierungen geeignet für niedrige Temperaten herstellen kann gibt es auch CFK für niedrige Temperaturen. Da die Masse von Tanks mit CFK und die der Superheavy bekannt sind, kann man vergleichen: Mit CFK-Material würden die Tanks 25 t wiegen, tatsächlich wiegen sie mit Stahl 60 t. Dasselbe Material findet man beim Starship wo der Einfluss auf die Nutzlast noch größer ist.
Angeblich wurde Stahl gewählt weil Elon Musk meinte SpaceX könnte ein neuartiges Kühlsystem für das Starship einführen, bei dem der Stahl hoch erhitzt wird, da sein Schmelzpunkt höher liegt als bei Aluminium verträgt er höhere Temperaturen. Aus dem gleichen Grund wird die Unterstufe Superheavy kein oder zumindest ein reduziertes Entry-Burn durchführen, das spart Treibstoff für die Landung. Das ist bei der Falcon nötig weil Aluminium sonst durch die Reibung zu stark erhitzt.
Nur schied dieses System beim Starship schnell als nicht machbar aus, sodass man problemlos noch das Material wechseln konnte, zumindest bei dieser Oberstufe bringt dies wirklich viel Nutzlast denn selbst nach den optimistischen Angaben von Musk werden nur 50 Prozent der Orbitmasse aus der Nutzlast bestehen – bei einer Falcon sind es sicher mehr als 75 Prozent (da die Oberstufenleermasse unbekannt ist, kann man hier nur schätzen). Je höher der Orbit ist desto mehr wirkt sich das aus, bei einem GTO sind es nur noch 15 Prozent, bei der Falcon 9 noch 47 Prozent.
Das zweite Paradoxon sind die Raptors. Sie sollen 1.000-mal wiederverwendbar sein und nur 250.000 Dollar in der Fertigung kosten. Auch hier zuerst mal ein paar Grundlagen. Jedes Triebwerk hat eine längere Lebensdauer als die Normbetriebszeit. Bei vielen Triebwerken die nicht wiederverwendbar sind, habe ich einen Faktor 10 ausgemacht so beim RL10 und dem Vulcain. Sprich: man könnte ein Triebwerk zehnmal wiederverwenden bevor man etwas austauschen müsste. Der begrenzende Faktor sind meist die Turbopumpen denn die enthalten bewegliche Teile. Turbinenblätter rotieren mit mehreren Tausend Umdrehungen pro Minute und treiben ebenfalls rotierende Pumpen über einen Schaft an. Je höher der Brennkammerdruck ist, desto schneller muss eine Turbine rotieren damit die Pumpen diesen Druck aufbauen können. Sich zerlegende Turbinen verzögerten das Space Shuttle Entwicklungsprogramm und führten zu Mehrkosten. Natürlich kann man die Lebensdauer erhöhen wenn man ein Triebwerk wiederverwenden will indem man es schon von vorneherein robuster aufbaut, alternativ tauscht man Teile regelmäßig aus.
Aber Triebwerke arbeiten an der grenze des technisch möglichen und kleine Änderungen haben große Auswirkungen. Das SSME sollte mal 100-mal eingesetzt werden. Doch während der Entwicklung wurde das Shuttle immer schwerer und man kompensierte dies durch eine Steigerung des Triebwerksschubs, der mit dem Brennkammerdruck und damit der Turbopumpenleistung korreliert. Die Triebwerke arbeiteten dann routinemäßig mit 107 Prozent Schub. Diese 7 Prozent mehr Schub führten zu einer Reduktion der Lebensdauer von 100 auf 55 Missionen, also um 45 Prozent. Bei SpaceX soll dagegen obwohl der Brennkammerdruck laufend erhöht wird das Triebwerk immer noch 1.000-mal einsetzbar sein.
So ist es nicht nachvollziehbar das Musk den Brennkammerdruck weiter steigern will. Denn das reduziert die Lebensdauer überproportional. Derzeit arbeiten die Triebwerke mit 250 Bar, geplant sind 300 Bar und Tests sind schon mit 330 und 350 Bar erfolgt. Der einzige Vorteil der sich ergibt ist das die Unterstufe weniger Triebwerke benötigt. Das dürfte die mangelnde Steuerfähigkeit verbessern, denn die wird nur vom inneren Ring gewährleistetet und das reichte zumindest beim Teststart nicht aus.
Vor allem ist es aber paradox, denn höherer Brennkammerdruck bedeutet höhere Anforderungen an die Technik und höhere Produktionskosten.Doch dies sollen ja gerade besonders niedrig sein – 250.000 Dollar pro Triebwerk, zum Vergleich, das experimentelle Prometheus mit weniger Schub soll für 1 Million Euro gefertigt werden und das wäre schon sehr preiswert und dieses ist nicht für 1000 Einsätze ausgelegt. Es macht auch keinen Sinn. Wenn ein Raptor 1.000-mal wiederverwendet werden soll, dann muss es nicht billig sein, denn die Kosten legen sich ja auf 1000 Flüge um. Nur mal angenommen, es wäre zehnmal so teuer also 2,5 Millionen pro Triebwerk. Dann macht das bei 1000 Einsätzen und 39 Triebwerken pro Starship (33 in der SuperHeavy und 6 im Starship) nur Mehrkosten von 87.750 Dollar pro Flug aus, eine vernachlässigbare Größe. Aber es gibt eine viel einfachere Erklärung. Ein billiges Triebwerk braucht man, wenn diese eben nicht 1000-mal wiederverwendbar sind, sondern z.B. von 33 Triebwerken schon beim ersten Einsatz sechs ausfallen. Dann muss ich wahrscheinlich bei jedem Flug neue Triebwerke einbauen und diese sollten wenig kosten. Die 1.000-malige Wiederverwendung beißt sich auch bei den Stückzahlen, weil wenn SpaceX mal pro Jahr 100 Startship Starts durchführt, also mehr als Falcon Starts dieses Jahr, man nur alle zehn Jahre neue Triebwerke bräuchte. Dann nach zehn Jahren die Produktion neu aufzunehmen wird aber sicher viel teurer, als wenn laufend neue Triebwerke gefertigt werden müssen weil sie ersetzt werden. Ich persönlich glaube nicht an die Angabe von 1000 Einsätzen, zumindest nicht ohne Austausch von Teilen.
Das letzte Paradoxon ist die neue Stufentrennung. Wie ich schon vor zwei Monaten schrieb und was dann Elon Musk auch bestätigte scheiterte das neue Konzept der Stufentrennung. (So langsam wird es unheimlich das ich immer als vor Musk weiß…) Das wurde vom Aussetzend er Starlink Satelliten übernommen und dabei sollte sich die Superheavy drehen und das sollte die Verbindung lösen. Hat nicht geklappt. Nun ist eine „heiße“ Trennung geplant, das bedeutet, bevor noch die Superheavy Brennschluss hat zündet das Starship. Diese Trennung gibt es bei der Titan II und vielen russischen Trägern. Sie hat aber für ein wiederverwendbares Gefährt zwei Nachteile. Erstens wird dabei die Verbindung zwischen den Stufen gesprengt, diese Teile müssen also jedes Mal ersetzt werden. Als zweites prallen die Flammen auf den oberen Tank der Superheavy. Weiß man das ein Starship pro Sekunde etwa 4 t Treibstoff in beim Düsenaustritt noch 500 bis 600 grad heißes Gas umwandelt so bekommt man leichte Zweifel. Ob das dem Stahl auf Dauer so gut tut? Also ich habe meine Zweifel. Man kann natürlich einen Thermalschutz anbringen so wies dies bei Raketen gemacht wird die diese Methode einsetzen, doch den kann man nach jedem Flug erneuern, was sich mit dem Konzept einer wiederverwendbaren Rakete ,bei der man möglichst nichts warten muss, beist.
Erneut sehen wir die explosive Mischung eines technikverliebten CEO der für jede dumme Idee zu haben ist, solange sie nur „cool“ ist (das Argument zählte nach angaben von Insidern am meisten bei technischen Meetings mit Musk), aber keine Zeit und kein Geld um die Idee auch vor dem ersten Einsatz auf der Trägerrakete zu entwickeln und auszuprobieren. Und wie bei CFK → Stahl sehen wir dann die Kehrtwende um 180 Grad, von einer Technik die neu ist zu einer die seit Jahrzehnten in der US-Raumfahrt nicht mehr eingesetzt wird, also völlig veraltet ist aber eben einfacher und bei Zeit- und Geldmangel dann eben gewählt wird weil man dann nicht teure Experten brauchen die sich auskennen.
Zuletzt droht noch Ungemach von anderer Front. Die Starlink Satelliten die eigentlich nur im hohen Frequenzband von 10,7 bis 12,5 Ghz arbeiten sollen stören nach einer Studie in Bändern von 110 bis 188 MHz, die für die Astronomie reserviert sind. Sie löschen 100 Prozent der Daten in diesem Band aus. Was jeder befürchtet hat ist nun durch eine Studie erweisen.