Hallo. Ich weiß, ich habe mich in den letzten Wochen etwas rar gemacht. Ich hatte zum einen viel zu tun, dann noch eine OP am Handgelenk, etwas an meinem Buch geschrieben und derzeit ist auch meine Winterdepression wieder stärker, sodass ich lieber spiele als Artikel zu verfassen. Es hat sich einiges getan, und zwar beim Artemis Programm. Zuerst gab es ein Statement von dem amtieren Nasa-Chef Duffy am 20. Oktober.
- NASA öffnet den Wettbewerb um den Kontrakt für eine geplante bemannte Mondmission („Artemis 3“), um Konkurrenz für SpaceX zu schaffen, das hinter Zeitplan liegt.
- NASA-Administrator Sean Duffy erklärte öffentlich, dass amerikanische Firmen gegeneinander antreten sollen, wer die USA als erstes wieder auf den Mond bringt.
- Duffy sagte: „Ich bin dabei, den Vertrag zu öffnen. Ich denke, wir werden Firmen wie Blue Origin und vielleicht andere sehen.“
- Blue Origin hat bereits den Vertrag für den fünften Artemis-Mondflug (Artemis 5), SpaceX für den dritten.
- Duffy: „SpaceX ist eine großartige Firma, aber sie ist hinter dem Zeitplan zurück. Sie haben ihre Zeitpläne verschoben, und wir befinden uns in einem Wettlauf mit China.“
- Die aktuelle US-Regierung (Donald Trump, zweite Amtszeit) übt Druck auf die NASA aus, möglichst schnell wieder Astronauten auf den Mond zu bringen.
- Offizielles Ziel: Der Präsident und NASA wollen die Mondlandung noch in dieser Amtsperiode erreichen.
- China plant eine eigene bemannte Mondlandung, spätestens bis 2030.
- SpaceX hat derzeit den bestehenden Vertrag, aber Duffy betonte, dass „Wettbewerb und Innovation“ für die US-Führungsrolle im Weltraum entscheidend seien.
- Die Artemis II-Mission (um den Mond, ohne Landung) ist mehrfach verzögert, aktuell für April 2026 angesetzt, Ziel ist ein Start frühestens im Februar 2026.
Elon Musk kommentierte das so: „Having a NASA Administrator who knows literally ZERO about rockets and spacecraft undermines the American space program and endangers our astronauts,”. Man muss auch nichts von Raketen verstehen, sondern nur einen Blick in den Vertrag werfen. Dort steht: bemannte Landung vor Ende 2024. Nun haben wir Ende 2025 und das Starship hat noch nicht mal einen Orbit erreicht.
Wie durch Zufall gab es dann acht Tage später eine Stellungnahme von Blue Origin. Die Firma arbeitet ja im Verborgenen und so dringt über Fortschritte wenig nach aus. Man meinte wohl nun zeigen zu müssen, dass man übernehmen könnte:
- Blue Moon Mk. 1 (unbemanntes Frachtlandegerät):
- Höhe: 8,1 Meter.
- Antrieb: mehrere BE-7-Triebwerke (flüssiger Wasserstoff/Sauerstoff), Tests in Alabama, Texas und Washington.
- Das erste Exemplar wird aktuell im Werk in Port Canaveral, Florida, aus 3 Modulen zusammengesetzt und zu NASA Johnson Space Center (Chamber A) für Thermal-Vakuum-Tests verschifft.
- Die erste Landemission dient als Test- und Demo-Flug; sie ist mit Messinstrumenten ausgestattet. Nutzlasten der ersten Mission: NASA’s SCALPSS (Stereo Cameras for Lunar-Plume Surface Studies) und LRA (Laser Retroreflective Array).
- Produktionslinie wird hochgefahren, zweites Exemplar bereits in Strukturtests.
- Die erste Mission soll „in den nächsten Wochen” starten.
- Der Start von MK-I ist mit einer einzigen New Glenn-Rakete möglich (keine notwendigen Betankungen im Orbit).
- Die zweite Mk. 1 Mission liefert NASA’s VIPER-Rover zum Südpol, für $190 Mio. als Teil von CLPS.
- Blue Moon Mk. 2 (bemanntes Landegerät für Artemis 5):
- Höhe: 15,3 Meter.
- Antrieb: BE-7-Triebwerke (wie Mk. 1).
- Erfordert orbitales Auftanken via „Lunar Transporter“, der flüssigen Wasserstoff/Sauerstoff transferiert.
- Thermalmanagement und Kryo-Kühlung für Treibstoffe bis 20 Kelvin. Fortschritte bei der Entwicklung der „Zero boil off“ Technologie.
- Produktion und Tests am Rocket Park Campus in Florida.
- ECLSS (Umweltsysteme, Lebenserhaltung) werden in Eigenregie gefertigt, um Lieferkettenprobleme zu vermeiden.
- Das Habitat-Modul für die Astronauten entsteht in Zusammenarbeit mit NASA und Gateway-Station Projekt.
- Lunar Transporter:
- Dient zum Auftanken des Mk. 2 Landers im Mondorbit; benötigt für Artemis 5.
- Antrieb mit sieben BE-7-Triebwerken (NICHT BE-4); gleiche Tanks wie die New Glenn Rakete.
- Erster Test mit großem Sonnenschutz gegen Strahlung erfolgt.
- Utility Transfer Mechanism erfolgreich im Thermal-Vakuum-Test bei NASA getestet.
- Artemis Verträge:
- Vertrag für Artemis 5: $3,4 Mrd., Crew-Lander bis mindestens 2029. (SpaceX: 4,04 Mrd.).
- Unbemannter Demonstrationsflug Mk. 2 vorgeschrieben.
- NASA öffnet wegen SpaceX Verzögerungen (Starship, Propellant Transfer Demo) den Artemis 3-HLS-Vertrag für andere Firmen. Blue Origin beginnt mit NASA an beschleunigten Artemis 3 Ansatz („inkrementelle“ Lösung mit Mk. 1 Erfahrung).
Dann fühlte sich SpaceX auch zu einem Update herausgefordert. Er enthielt aber nur die übliche SpaceX Versprechen ohne konkrete Angaben zu Fortschritten:
- Starship ist als zentrales Landegerät für Artemis III und IV vorgesehen. Es kann über 100 t Nutzlast direkt auf die Mondoberfläche bringen (u. a. große Rover, Nuklearreaktoren, Habitate).
- Eine Starship-Landerversion hat über 600 m³ bewohnbare Volumen (mehr als 2/3 der ISS insgesamt) und zwei große Luftschleusen.
- Entwicklung von Starship und HLS-Variante läuft parallel. SpaceX investierte bis jetzt selbst >90 % der Kosten, NASA bezahlt nur nach Meilensteinen.
- Starship ist vollständig und schnell wiederverwendbar, was hohe Flugfrequenzen und Effizienz ermöglichen soll.
- Seit April 2023: 11 Testflüge (integrated flight tests von Starship+Super Heavy), mehr als drei Dutzend Schiffe und >600 Raptor-Triebwerke produziert.
- Technologiedemonstratoren: Transfer von 5 t kryogenem Treibstoff im All (erste erfolgreiche Übertragung dieser Art), U.S.-weit größte Fertigungsanlagen (Texas, Florida, Kalifornien), Ausbau auf fünf Starship-Startplätze.
- Wichtige HLS-Meilensteine: Systeme für Umweltkontrolle, Docking-Adapter, Software, Fuß-Landungstests, Triebwerkszündungen, Schutz gegen Mikrometeoriteneinschläge und Debris, medizinische Systeme, Hardware-in-the-loop-Test für Transfer-Tests.
- Nächste große Tests für Artemis: Langzeit-Missionsflug und Demonstration von Tank-zu-Tank-Treibstofftransfer (geplant 2026, erfolgt nach Testläufen der neuen Starship V3 Architektur).
Na ja da hat man sich um die wichtigsten Themen herumgeschlichen. Der wesentliche Unterschied ist doch der: Blue Origin hat eine einsatzfähige New Glenn, die einen Orbit erreicht und bald die erste bezahlte Mission startet. SpaceX hat ein Starship das nur dreimal von 11 Flügen die Missionsziele erfüllte und noch keinen Orbit erreicht hat.
Blue Origin kann Fortschritte in der Technologie der Kühlhaltung der Treibstoffe vorweisen, essenziell für die Mission und bauscht nur drei New Glenn Starts für eine Mission und kann mit Mark I das ganze schon mal unbemannt ohne Nachtanken testen. SpaceX hat ein Starship das viel mehr Starts zum Befüllen braucht und SpaceX hat noch nichts dazu geschrieben, wie man den Treibstoff flüssig halten (zwischen den Tankflügen aber auch während der Mission, die mindestens eine Woche, eher zwei, dauert). Die NASA rechnete schon vor zwei Jahren mit 10+ Tankflügen. Das dauert nach den bisherigen Erfahrungen dann wohl ein dreiviertel Jahr. Dabei ist noch nicht mal berücksichtigt, dass das Starship derzeit deutlich schwerer als die 100 t ist von denen SpaceX ausgeht. Tja und 100 t Nutzlast auf die Mondoberfläche nützen ja nichts, wenn man dort nicht mehr wegkommt.
Verschwiegen wird auch das die NASA schon 2,65 Milliarden Dollar für Meilensteine bezahlt hat. Das sind über 60 % der Gesamtsumme von 4,04 Mrd. Dollar für zwei Missionen und dafür hat sie nichts erhalten. Wenn die obige Angabe stimmt (NASA hat 10 % der Gesamtsumme bezahlt), dann müsste das Starship übrigens schon 26,5 Milliarden Dollar verschlungen haben.
Inzwischen diskutieren auch ehemalige NASA Administratoren die Strategie von Artemis:
Jim Bridenstine (NASA-Chef 2018–2021):
-
- Fordert, dass die USA ihre Ressourcen ähnlich wie zu Apollo-Zeiten bündeln um den Mondlander schnell zu bauen („national security imperative“).
- Hält es für unerlässlich, SLS und bewährte Hardware (Orion, European Service Module) zu nutzen, damit die USA schneller zum Mond gelangen als China.
- Kritisiert die Komplexität und Langsamkeit der aktuellen Starship-Architektur für Artemis (zu viele Orbitalstarts/Treibstofftransfers).
- Befürwortet eine Rückkehr zu einem „Apollo-Stil“-Ansatz: möglichst alles in einer leistungsstarken SLS-Konfiguration (mit Exploration Upper Stage) zu starten, um Lander und Orion gemeinsam ins All zu bringen.
- Begrüßt die Öffnung des HLS-Vertrags für mehr Wettbewerb.
- Charles Bolden (NASA-Chef 2009–2017):
- Sieht die Komplexität der Starship-Lander-Architektur kritisch und zieht Parallelen zum gescheiterten Constellation-Programm.
- Hält es für selten zielführend, politische oder symbolische Eile (z. B. „schneller als China, in dieser Amtszeit“) als wichtigste Motivation zu setzen.
- Plädiert für ehrliche Zeitpläne, realistische Ressourcenplanung und eine konsequente Ausrichtung an nachhaltigen Zielen – statt an politisch motivierten Fristen.
- Hält eine permanente Präsenz auf dem Mond für wichtiger als ein kurzfristiges „Wettrennen“.
Das ist alles ganz gut, aber nach Trumps Plan, der aber noch im Kongress festhängt, soll das Programm nach Artemis IV eingestellt werden und nach den Äußerungen von Trump muss Artemis nur zwei Dinge erfüllen – die bemannte Landung, solange er noch Präsident ist und das noch vor China. Dumm nur das China auch Erfolge vorweisen kann:
- China plant für 2026 den Erststart der neuen Rakete „Long March 10“ sowie den ersten Flug eines neuen, mondfähigen Crew-Raumschiffs („Mengzhou“).
- Das Raumschiff Mengzhou und der Mondlander Lanyue sind in der Prototypenphase fertiggestellt. Auch der neue Mond-Raumanzug („Wangyu lunar suit“) und ein Mond-Rover („Exploration crew lunar rover“) sind als Prototypen bereit.
- Die Long March 10 wird für Mondflüge als dreistufige Rakete (92,5 m hoch) mit Bündelung von drei 5m-Durchmesser-Stufen gebaut, jede mit sieben YF-100K-Triebwerken (flüssiges Kerosin/LOX, variable Schubregelung).
- Für LEO-Missionen soll eind zweistufige Variante der Langer Marsch 10 verwendet werden. Es ist noch nicht klar, ob der Erstflug von Long March 10 und Mengzhou bemannt oder unbemannt sein wird.
- Mengzhou gibt es in LEO- und Mond-Variante; ein Prototyp wurde bereits mit Long March 5B (2020) als Dummy gestartet.
- China bekräftigt öffentlich das Ziel, Astronauten vor 2030 auf dem Mond zu landen.
- Die Entwicklung der Hardware und das Testprogramm verlaufen nach Plan, Herausforderungen und Risiken werden eingeräumt: viele neue Technologien müssen noch validiert werden. Bereits abgeschlossen: statische Tests einer verkürzten Erststufe Long March 10, Pad-Abort-Test Mengzhou, Takeoff-Landungstest Lanyue-Mondlander.
- Nächste Meilensteine: statischer Test einer vollständigen Erststufe, integrale Tests des Mondlanders, Thermo- und Dynamik-Tests Mengzhou.
Also China könnte 2026 eine einsatzfähige Rakete haben, die anders als SLS, New Glenn oder Starship mit einem Start eine Mondmission ermöglicht wie bei Apollo und sie haben den Mondlander schon im Erdorbit getestet. Damit scheinen sie deutlich weiter als Artemis zu sein, dass es immerhin seit 2017 gibt, die Orion ist ja noch älter und wurde schon im Constellation Programm (2004) konzipiert.
Das Grundproblem ist, wie Bolden erkannt hat, dass die derzeitige US-Politik das Programm nur unter einem Aspekt sieht, nämlich das eine Landung in dieser Amtszeit und vor China erfolgt. Das ist der einzige Zweck. Deswegen wurde das Lunar Gateway ja auch gestrichen, denn das braucht man dafür nicht. So was gab es schon bei Apollo, da wurden die Missionen 1 bis 20 gestrichen, aber heute ist es noch extremer und ich befürchte die Einstellung nach Artemis IV bleibt.
Was gibt es sonst noch: Jared Isaacman wird nun doch neuer NASA-Chef, also zumindest so lange bis er von Trump wieder gefeuert wird. Der hat wohl auch in der letzten Zeit weiter an seiner Vision gearbeitet und ein 100 Seiten Dokument geschrieben, von dem 62 Seiten geleakt wurden. Wenn ich Isaacman wäre, würde ich mir überlegen, ob ich den Job annehme. Denn Tatsache ist doch: sobald man nicht 100 % Trumps Willen umsetzt, fliegt man und Trumps Willen ist es das Budget der NASA um ein Drittel zu kürzen, viele Missionen einzustellen und auch das Artemisprogramm nach Artemis IV einzustellen. Da hat man keine Möglichkeiten sich positiv in Szene zu setzen und kann nur in die Geschichte eingehen als der Totengräber der NASA.