Bernd Leitenbergers Blog

Die fehlende Vision

Heute ein Gastartikel von „tp1024“:


Nachdem ich nun davon ausgehe, dass die USA im Grunde pleite sind und deswegen jede Vision in der Raumfahrt fast überflüssig (weil ein Randthema) ist. Mit nur 10% des US Militärhaushaltes (der unter GWB um 75% angeschwollen ist) könnte man heute jede von einem halben Duzend vorgeschlagener Alternativen zum Constellation Program und das Constellation Programm selbst *gleichzeitig* realisieren.

Ich will trotzdem einmal beschreiben was die NASA mit ihrem derzeitigen Budget tun könnte.

*Wenn* ich also meine große Visionsmaschine anwerfe, dann sagt die ungefähr folgendes:

Die ISS darf nicht vorzeitig aufgegeben werden. Die Investitionen waren zu groß, jetzt sollte man versuchen das beste daraus zu machen. Den bemannten Teil der Raumfahrt sollte die NASA dabei über das COTS Programm machen – in Kooperation mit der ESA, den Russen, SpaceX und wer sonst noch an die Pforte klopft. Billiger als das Space Shuttle sind sie wohl alle.

Mit dem übrigen Geld sollte die NASA zunächst ein längst überfälliges Großprogramm starten. Mindestens 100 Raumsonden in 10 Jahren. Natürlich modularisiert und möglichst groß, so dass nur die Instrumente angepasst werden müssen, egal ob es zum Mond, zum Mars oder den Asteroiden zwischen Erde und Jupiter geht. Die Sonden sollten in Massenfertigung zusammen weniger als 15 Milliarden Dollar kosten (150 Millionen pro Stück), die Raketen für den Start nicht mehr als 20 Milliarden (200 Millionen pro Stück). Dann hätte man jeden Monat eine neue Mission und nach kurzer Zeit wirklich jede Woche neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Am Ende sollten hunderte Asteroiden erfasst und kartographiert sein – und wer weiß was man mit Raumsonden sonst noch anfangen kann, wenn man 100 auf einmal hat. Und das alles für den Preis mit dem man zur Zeit die Ares V *entwickeln* will.

Danach könnte man über eine bemannte Demonstration einer Marslandung nachdenken. An eine permanente Station oder gar eine Kolonie ist aber mit dem derzeitigen Budget und dem technischen Stand keinesfalls zu denken.

Der Hauptteil der bemannten Raumfahrt, wenn deren Ziel eine permanente menschliche Präsenz außerhalb des LEO sein soll, wird zuerst auf der Erde statt finden müssen. Denn für so eine Präsenz ist eine großteils autonome Versorgung ohne Nachschub von der Erde unabdingbar.

Das muss nicht perfekt sein. Wenn man von der benötigten Masse der Versorgungsgüter 90% einsparen kann, dann kann man 10 mal so viele Menschen mit den gleichen laufenden Kosten versorgen.

Und um so mehr Menschen man hat, um so mehr können diese zur Selbstversorgung beitragen und um so vollständiger kann diese Selbstversorgung sein. Denn ganz ohne Menschen wird es meist wohl doch nicht gehen, aber die Produktivität jedes einzelnen Menschen kann man mit autonomeren Maschinen gewaltig steigern – man denke nur an den primitiven mechanischen Webstuhl, der die Arbeit von 10 Menschen ersetzte.

Luft, Wasser, Nahrung, Treibstoff, aber auch auch Habitate, Raumanzüge, Hitzeschutzschilde und alles was sonst noch schwerer als ein Computerchip ist, sollte möglichst vor Ort produziert werden und das mit möglichst wenig Arbeit von Menschen.

Wir brauchen also autonome Fahrzeuge und Fabriken, die grundlegende Arbeitsschritte zuverlässig ohne direkten Menschlichen eingriff durchführen können. Schaut euch die Mars Rover an – was wir zur Zeit können reicht nicht aus.

Natürlich ist es ein ambitioniertes Projekt, Maschinen zu bauen die so universell und fehlertolerant sind, dass man sie (von der Erde aus) so programmieren kann, dass sie praktisch von allein aus dem was man auf dem Mond oder dem Mars vorgefunden hat Metalle, Kunststoffe, Treibstoffe, Gase etc. herstellen können, aus den Rohstoffen Teile fertigen und diese ohne direkte Fernsteuerung automatisch zusammensetzen können.

Aber genau das *muss* die Vision sein, wenn wir uns ernsthaft das Ziel der Besiedelung von Mond und Mars setzen wollen. Und zur Abwechslung wäre es eine Vision von Raumfahrt, bei der es keinerlei Zweifel über den Nutzen für die breite Bevölkerung geben wird. (Und bitte keine Debatten über Arbeitslosigkeit. Es wäre nur noch Dummheit, wenn wir Leuten keine Produkte geben würden für deren Herstellung sie nicht mehr benötigt werden, nachdem man sich selbst das *Ziel* gesetzt hat, diese Arbeit überflüssig zu machen. Vielleicht wäre das größte Problem nicht die Technik, sondern eine anachronistische Gesellschaft…)

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