Bernd Leitenbergers Blog

Das optimale bemannte Raumschiff

Es wird interessant sein welche Konzepte bei den kommerziellen Raumtransporten nun auftauchen werden. Unabhängig davon möchte ich mal spekulieren, was die optimale Lösung sein könnte. Ich möchte mal die verschiedenen Anforderungen aufzeigen:

Sicherheit: Das ist bei bemannten Missionen das absolut wichtigste Kriterium. Ich denke die Sicherheitsdiskussion ist heute schon nicht mehr rational durchführbar. Nach einem Unfall wie vor 7 Jahren geht die Welle in Richtung „Maximale Sicherheit um jeden Preis“ – ein Designkriterium des Ares/Orion Systems und wenn das ganze ein paar Jahre lang her ist und vergessen, dann kommen mehr und mehr Kritiker die die Kosten des Systems sehen und eine billigere Lösung wünschen.

Ich weiß nicht ob es möglich ist für das Gesamtsystem, jedes Subsystem und den Ablauf Kriterien festzulegen, die dann eine Risikobewertung verschiedener Systeme erlaubt und damit einen Vergleich verschiedener Konzepte. Doch eines weiß ich: Die NASA wird nur ein System akzeptieren, bei dem in jeder Phase der Mission die Besatzung gerettet werden kann. Ein Konzept wie beim Space Shuttle, wo dies während des Betriebs der Feststofftriebwerke nicht möglich ist, wird die NASA nicht akzeptieren.

Kosten: Wenn jedes Jahr einige Flüge zu einer Raumstation notwendig ist, so spielen die Langezeitkosten eine große Rolle. Was nützt das sicherste System, wenn es nicht zu finanzieren ist?

Gewicht/Frachtkapazität: Auch ein gewichtiger Punkt bei einem bemannten System, besonders falls die ISS vielleicht doch noch ausgebaut wird – im Prinzip erlauben schon die heutigen Labors dass dort 6-9 Personen forschen können. Dazu kommen noch 3 Personen für „Housekeeping“ Aufgaben – macht zusammen eine gewünschte Stammbesatzung von 9-12 Personen. So viele können heute aber weder transportiert werden, noch gibt es die Wohnquartiere für sie. Nützlich wäre auch der Transport von Fracht, da damit weniger Frachttransporter nötig sind (natürlich nur wenn dies nicht die bemannte Mission entscheidend verteuert).

Diese verschiedenen Anforderungen müssen nun zusammenbracht werden. Ich denke ein Raumgleiter wie Hermes, oder das X-37B scheiden wegen des Sicherheitsaspekts aus. Sie ermöglichen nicht eine Rettung in jeder Situation und sie sind anders als die Kapseln keine sich selbst stabilisierenden Raumflugkörper – sollte ein Gleiter fehlorientiert in die Atmosphäre eintreten verglüht er, eine Kapsel dreht sich durch die Reibungskräfte in die richtige Position.

Ein klassisches Raumschiff wie das Apollo Raumschiff hat aber andere Nachteile. Zum einen geht das Servicemodul bei jeder Mission verloren. Es wird vor dem Wiedereintritt abgetrennt. Vor allem aber ist die Form ungünstig. Bei den klassischen Kegeln können nur an der Basis Astronautensitze angebracht werden – zwar kann man auch weiter oben noch Decks einziehen, doch der Zusatznutzen ist begrenzt. Zum einen muss eine Öffnung in der Mitte zum Wechsel vorhanden sein, zum andern nimmt die Fläche wegen der Kegelform quadratisch ab und die Höhe unterschreitet bald die, die nötig ist um Astronauten unterzubringen. Ab einer bestimmten Höhe ist es möglich die Astronauten übereinander unterzubringen – zumindest in der Mitte. Doch insgesamt haben Kegel die Eigenschaft, dass bei größerem Durchmesser es für die Astronauten immer bequemer wird, aber die Masse pro Person ansteigt. Hierzu ein Beispiel: Die bemannte ATV Version wird 3-5 Astronauten befördern. Im besten Fall also 2/3 mehr als die Sojus, aber fast dreimal so viel wiegen.

Bei den glockenförmigen Sojus Kapseln ist die Geometrie besser, aber das Grundproblem bleibt. In dieser Hinsicht ist der zylindrische Rumpf eines Gleiters durchaus besser ausgelegt. Das CRV hätte z.B. bei 14 t Startmasse rund 7 Astronauten aufgenommen. Hier sinkt auch das Gewicht pro Person bei steigender Größe.

Der einzige Vorteil eines großen Raumschiffs wäre, dass viel Platz für Fracht vorhanden ist (auch das bemannte ATV hätte noch 1-2 t Fracht transportieren können). Aber: Dafür sind in der Regel unbemannte Transporter die bessere Lösung.

Wie könnte nun die optimale Lösung aussehen?

Zuallererst: Wiederverwendbarkeit. Sie ist heute noch die Ausnahme, doch gerade bei einem bemannten System, das sehr robust aufgebaut ist, bietet sie sich geradezu an. Eine Gemini Kapsel wurde ein zweites Mal unbemannt getestet – das zeigt dass es geht. Man kann sich über Details streiten – Weiche Landung auf eine Flughafen mit Triebwerken und Landefahrwerk wie bei der DC-X oder Wasserung – in jedem Falle denke sollten die Kosten deutlich niedriger als derzeit sein. Details müsste man klären, z.B. ob ein preiswerter ablativer Hitzeschutzschild der jedes Mal gewechselt wird eine besser Lösung ist als ein permanenter wie beim Space Shuttle, der jedoch nach jeder Landung kontrolliert werden muss.

Wichtig halte ich es die Systeme die im Servicemodul heute stecken in die Kapsel zu integrieren – Lebenserhaltung, Triebwerke zur Bahnkorrektur etc. Da dort der Platz begrenzt ist schließt dies Langzeitmissionen aus – das ist aber auch nicht nötig. Schon heute lässt man sich viel Zeit um die ISS zu erreichen. Bei Gemini fand die Ankopplung nach 1-4 Umläufen statt, heute vergehen dafür einige Tage. Wenn ein bemanntes Raumschiff wirklich nur Taxi zur ISS ist, ist es nicht nötig es für längere Missionen auszurüsten – das spart Gewicht und Geld.

In der Summe halte ich eine Kapsel mit kleinem Durchmesser, für 3-4 Personen für ausreichend. Ein solches Raumschiff wäre dann auch nicht zu schwer, sondern könnte von einer mittelgroßen Trägerrakete wie der Sojus, Taurus II etc. gestartet werden. Wenn nun jemand „Dragon“ schreit – dann muss ich den enttäuschen. Die Dragon wurde als unbemannter wiederverwendbarer Transporter konzipiert. Sie kann heute nicht einmal eine konstante Atmosphäre gewährleisten (10-46 Innentemperatur nach Datenblatt) und ein Fluchtturm war nie Bestandteil des Konzeptes. (Die Laienhaftigkeit von SpaceX Geschäftsführer Elon Musk zeigt sich auch, dass dies nicht weis und meint man könnte einfach einen existierenden „nachrüsten“ – der Fluchtturm ist integraler Bestandteil des Systems. Die Kapsel muss auf die Lasten die bei der Abtrennung wirken ausgelegt sein. Es muss eine Verbindung geben die sowohl die Auslösung von der Kapsel aus, wie auch im umgekehrten Fall die Landeprozeduren automatisch auslöst etc… Als bei Gemini etwa 1 Jahr nach Entwicklungsbeginn klar wurde, dass das ursprüngliche Konzept eines Paragliders nicht machbar war (das war der Grund den Fluchtturm wegzulassen) verzichtete die NASA auf ihn, weil sonst sich das ganze Programm um 1 Jahr verzögert hätte. Weiterhin dürften alle Nachbesserungen die Dragon deutlich schwerer machen – wahrscheinlich zu schwer für die Falcon 9.

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