So, nun zu dem was wir mit der leistungsgesteigerten Saturn V anstellen können. Es gab ja schon zur Apollozeit Pläne für Raumstationen und Venusflüge im Rahmen des Apollo Application programs. Doch für das erste reicht die Leistung der Saturn V aus – Skylab hätte noch 8 t schwerer sein können und das zweite halte ich für ziemlich unsinnig.
Aber man kann mehr aus den Mondlandungen herausholen. Sie waren zeitlich limitiert, vor allem von der Betriebsdauer der LM. Die ersten LM hatten eine Betriebsdauer von 36 Stunden, die zweite Generation (ab Apollo 15) eine von 72 Stunden auf der Oberfläche. Es gab auch Untersuchungen nur die Abstiegsstufe einzusetzen und dafür eine größere Kabine. Diese hätte dann längere Aufenthalte auf der Oberfläche erlaubt, hätte aber separat gestartet werden müssen. Für die folgenden Betrachtungen nehme ich als Ausgangsbasis die Saturn V mit Titan 3M Boostern, (siehe letzter Blog), die ab 1971 technisch möglich wäre. Sie würde 73,9 t in eine Mondtransferbahn befördern.
Bei 1000 m/s Kurskorrekturvermögen zum Erreichen einer Mondumlaufbahn errechnet sich eine dort um 18,3 t größere Nutzlast. Davon dürften 0,9 t für die größeren Treibstofftanks abgehen (ein Achtel des Treibstoffs), macht dann noch netto 17,4 t. Von diesen gehen weitere 2 t ab (dazu später mehr). Für den Rückstart ändert sich nichts, da dann der Mondlander abgetrennt ist.
Die Masse eines Mondlanders würde dann also 15,4 t höher sein als bei den eingesetzten LM, dessen schwerster 16,5 t wog. Bei nur 31,4 % Gewichtsanteil der Aufstiegsstufe entspricht dies einem Gesamtgewicht der gelandeten Masse (abzüglich der Abstiegsstufe) von 9,9 t. In der Praxis ist es etwas besser weil bei den Mondlandern die gesamten Vorräte in der Abstiegsstufe waren, die bei unserem Modell entfallen. Dafür war in der Aufstiegsstufe der RCS Treibstoff, sodass ich angenommen habe, das sich dies neutralisiert.
Diese 9,9 t sollen nun keine Aufstiegsstufe aufnehmen, sondern ein Wohnquartier. Geht man von der Größe der russischen Module für die ISS aus, die ja auch unabhängig sind /eigene Stromversorgung, Antrieb, Lebenserhaltung), so wäre sicher ein Quartier von 2,5 m Höhe auf der Grundfläche des Mondlanders (4 x 4 m) möglich – nicht riesig, aber ausreichend. Vorräte (Gase, Wasser) sollten außerhalb in Drucktanks aufgenommen werden. Innen wird das Lebenserhaltungssystem, Schlafkojen, Essenraum, Geräte und eine Luftschleuse montiert. Den Strom liefern Solarzellen auf dem Dach mit jeweils einer ausklappbaren Verlängerung um 1 m, die auch Schatten wirft. Das ist eine Gesamtfläche von 32 m² für Solarzellen. Bei damals rund 100 W/m² sind dies 3,2 kW Maximalleistung. Das Apollo-LM war ausgelegt für 121 KWh und 75 Stunden Betrieb, das bedeutet, dass diese Stromversorgung deutlich leistungsfähiger als die des LM ist.
Wozu dieses Wohnquartier? Für längere bemannte Missionen. Bis zu 14 Tage wären möglich, das ist die Dauer eines Mondtages. Bei Nacht sinken die Temperaturen drastisch und es gibt keine Stromversorgung mehr und die Besatzung könnte auch nichts mehr ohne Licht anstellen. Für das Verhindern des Ausfalls wichtiger Systeme könnte man eine RTG Stromversorgung integrieren, deren wichtigste Eigenschaft aber ihre Heizwirkung wäre (95% der Energie wird als Wärme abgegeben, ein 100 W-RTG hat eine Heizleistung von rund 2 kW).
So würde es ablaufen: Eine bemannte Mission schwenkt zuerst in einen Mondorbit ein und trennt dann das Quartier ab. Es landet vollautomatisch – der AGC ist dafür ausgelegt (Lovell wollte erstmalig den automatischen Modus ausprobieren). Es wird von der Erde aus betriebsbereit gemacht. Währenddessen führt die Besatzung im Mondorbit eine Apollo-I Mission durch (Fernerkundung mit Instrumenten in der Nutzlastbucht). Sie dauert 30 Tage. Auf sie entfallen die 2 t Zusatzmasse die sich in 500 kg Treibstoff, 800 kg zusätzliche Gase, Wasser und Nahrung und 700 kg Instrumente/Film aufteilen. Eventuell reicht auch eine Besatzung von zwei Personen, weil die Mission selbst ziemlich langweilig ist und dann gibt es wenigstens mehr Platz. Danach startet die Mission zurück zur Erde.
Etwa 2-3 Monate später findet eine normale Apollo Landemission statt – mit einer Saturn V ohne Booster und 52 t zum Mond. Das korrespondiert mit 750 kg mehr Nutzlast auf dem Mond. Ich habe hier bewusst keine größeren Lander eingesetzt, weil dies bei einer bemannten Mission auf eine völlige Neuentwicklung hinauslaufen würde. Die 750 kg Mehrgewicht würden genutzt werden, für mehr Instrumente, mehr transportierte Mondproben und einen leistungsfähigeren Rover. Sie landet in der Nähe des Wohnquartiers. Nach der Landung wird alles was zur Untersuchung benötigt wird, entladen und zum Quartier gebracht. Der Mondlander wird deaktiviert. Vom Quartier aus werden Ausflüge übernommen, wobei in den Schlafperioden die Batterien des Rovers aufgeladen werden. Vor dem Rückstart werden die Bodenproben zum LM gebracht und verstaut, wobei 100 kg mehr Bodenproben etwa 250 kg weniger Nutzlast auf den Mond entsprechen. Danach erfolgt der Rückstart.
Summenergebnis von zwei Missionen:
- Ein 14 Tage Aufenthalt (12 Tage realistisch bei nicht zu niedrigem Sonnenstand) auf dem Mond, anstatt 3 Tage möglich
- Zusätzlich die Möglichkeit der Fernerkundung des Mondes, vor allem fotografisch, aber auch IR/Gammastrahlenspektrometer oder Laser Altimeter denkbar.
Das wäre gegenüber Apollo 1.0 deutlich mehr und ich denke es wäre realistisch und es wäre mit den technischen Möglichkeiten von Apollo möglich gewesen. Aber die NASA bekam ja schon nicht mal die Unterstützung für die noch ausstehenden Missionen Apollo 18-20 …