Ich habe kürzlich einen Artikel in der SuW von Eugen Reichl gelesen „Privat in die Umlaufbahn“, in der er über die Projekte des CCDev Programmes referiert und ihre Erfolgsaussichten. Ich dachte schon daran einen Leserbrief zu schreiben, aber ich dachte mir das macht schon einer. Mir fallen zwei Dinge auf, zum einen das exzessive Verwenden des Wortes „privat“, das suggeriert das hier etwas völlig anderes abläuft als bisher. Als ob die bisherigen Raumfahrzeuge der USA vom Staat und nicht Grumman, McDonnell und Rockwell entwickelt wurden, selbst dann wäre wohl „kommerziell“ besser gewesen, denn ein Privatunternehmen ist nicht mal SpaceX, bei dem gibt es auch Beteiligungen von Fonds. Besonders pikant: Nach dem Einband seiner Bücher arbeitet Reichl selbst bei einem multinationalen Raumfahrtkonzern. Der scheint wohl auch nicht privat zu sein.
Das zweite was mich störte war keine Diskussion des ganzen Zwecks. Welchen Sinn hat das ganze? Und das ist das Hauptproblem der bemannten Raumfahrt. Es fehlt ein klares Ziel, eine Perspektive. Ich will das mal erläutern. Das Ziel der ersten drei bemannten Programme der USA war ganz einfach und konnte in wenigen Sätzen erläutert werden:
- Mercury; Transport eines Menschen ins All. Erprobung aller Verfahren vom Start bis zur Landung bei Missionen von bis zu 5 Umläufen Dauer
- Gemini: Erprobung der wichtigsten Grundlagen von Apollo im Erdorbit: Andocken, Eva arbeiten und Feststellen ob der Mensch sich bis zu zwei Wochen im Weltall aufhalten kann.
- Apollo: Landung eines Menschen auf dem Mond und sichere Rückkehr zur Erde.
Alle drei Programme unterscheiden sich von heutigen Programmen auch dadurch, dass sie nach Erreichen der Ziele abgeschlossen wurde und es eine endliche Anzahl an Missionen gab, für die schon bei Programmbeginn die Raumschiffe bestellt wurden.
Doch was kam danach? Das Shuttle. sein Ziel: Transport von Fracht in die Umlaufbahn. Doch welche? Die NASA setzte drauf, dass sie von anderer Seite kommen würde (die Raumstation die als Fracht vorgesehen war als zweites Projekt wurde ja gestrichen). Als die Fracht ausblieb, war das Programm eigentlich überflüssig. Doch das nationale Prestige lies eine Einstellung nicht zu.
Für die ISS fehlte lange Zeit auch das Ziel. Also das Ziel war der Aufbau einer Raumstation für bis zu 12 Astronauten die dort forschen sollten. Das war etwas zu Wischi-Waschi. Was forschen? Und welchen Nutzen hat das? Erst nachdem aus der US-Raumstation eine internationale wurde und so das Ziel „internationale Zusammenarbeit im Weltraum“ hinzukam war ein Ziel da (das nun nicht mehr als so toll angesehen wird). Damit hatte auch Ironie der Geschichte das Shuttle sein Ziel gefunden: Aufbau und Versorgung einer internationalen Raumstation.
Was ist nun das Ziel von CCDev? Schaffung eines neuen bemannten Transporters zum Besatzungsaustausch der ISS. Das klingt auf den ersten Blick ganz toll. Doch bis es zur Verfügung steht wird die ISS selbst nach Verlängerung nur noch wenige Jahre betrieben werden. Und dann ist das Ziel weg. Natürlich kann die ISS länger betrieben werden, doch wie ich schon an anderer stelle bemerkt habe, ist sie dann ja schon lange im Orbit und ich habe auch weder bei der ESA noch bei der NASA von irgendwelchen Programmen gehört, sie weiter auszubauen oder auch nur in Schuss zu halten. Es gibt also nur die Vereinbarung den Status Quo weiter zu verlängern, was passiert wenn sich der Status Quo verändert? Also irgendwas wichtiges kaputtgeht? Gibt es überhaupt eine Untersuchung was mn wie lange betreiben kann?
Da alle Transporter für Versorgungsmissionen zur ISS ausgelegt sind, sind sie für Missionen zu Mond, Mars oder sonst-wohin nicht geeignet. Doch auch Orion, bzw. MPCV das dafür ausgelegt ist, ist ohne Ziel. Denn es gibt ja kein Programm zum Mond, Mars oder Sonst-wohin. Wie soll man dann dort landen? Was dort machen? Wie dorthin kommen? Der Mondlander von Constellation wurde ja schon gestrichen bevor das Programm eingestellt wurde, was das Programm eigentlich sinnlos machte. Denn nun konnte man nur noch den Mond umrunden aber nicht mehr landen. Auch die nun zu entwickelnde SLS Rakete hat ja keine Nutzlast die sie befördern soll.
Und daran wird sich nichts ändern. Denn wenn wir von einem bemannten Programm reden, das Ziele außerhalb des Erdorbits hat, dann reden wir von einem Programm das einen dreistelligen Milliardenbetrag kostet und so was wird nicht verabschiedet werden. Das ist der Unterschied zu einem unbemannten Programm. Natürlich hat auch dieses ein Ziel und es kann kontrovers diskutiert werden ob es sinnvoll ist das Geld auszugeben. Aber es ist eben weniger Geld und vor allem: es ist eine Mission und nicht viele Missionen und es kommen dann meistens nicht noch weitere Kosten hinzu, wie bei der ISS eben die ganzen Versorgungsflüge. Trotzdem stehen auch hier Missionen in der Diskussion weil sie zu teuer wurden wie Exomars oder das JWST.
Ich wage zu prophezeien: Solange die bemannte Raumfahrt nicht wieder ein konkretes Ziel hat, eines das einer breiten Öffentlichkeit auch den Betrag für das Programm wert ist, solange wird sich an der Misere nichts ändern. Das führt dann zum zweiten Problem: gibt es wirklich etwas was der Öffentlichkeit so viel Geld wert ist? Doch das ist Thema eines anderen Blogs, bzw. wurde hier glaub ich auch schon mal thematisiert.