Das Wort „Gegner“ hat im Deutschen irgend etwas negatives. Sei es ob Stuttgart-21 Gegner oder andere Fälle, ich glaube der einzige Fall wo es mal positiv besetzt wurde war bei den „Kernkraftgegnern“, nämlich als diese die Mehrheit in der Bevölkerung stellten. Vielleicht aber auch weil der Begriff Atomkraft oder Kernkraft inzwischen negativ besetzt ist.
Am Sonntag Abend kam in Br3 bei „Faszination Wissen“ eine Sendung über die bemannte Raumfahrt. Wie ich denke eine recht ausgewogene. Es wurden Experimente vorgestellt bei denen die Experimentatoren sagten, sie wären nur auf der ISS durch Betreuung der Astronauten erfolgreich gewesen und es gab die Stellungnahme anderer Wissenschaftlern, die darauf hinwiesen dass andere Großprojekte mit viel weniger Mitteln auskommen müssen. Dann sah man am Beispiel des nächsten Astronautenanwärters, dass die meiste Arbeit routinemäßige Wartungen sind und es wurde vorgestellt wie man an Robotern arbeitet um sie zu entlasten.
Nun ich verrate euch nichts neues, wenn ich sage, dass ich ein Gegner der bemannten Raumfahrt bin, zumindest wie sie derzeit läuft. Derzeit wird sie mit Geldern für die Forschung finanziert, ohne das man dafür wirklich viel bekommt. Es wird nicht viel geforscht, selbst wenn man die in der Raumfahrt üblichen Summen zugrunde legt und der größte Teil der Forschung dreht sich um den Menschen und wie er sich in der Schwerelosigkeit verhält. Sie wäre wiederum völlig überflüssig wenn es keine bemannte Raumfahrt gäbe. So bleibt noch ein bisschen Materialwissenschaft, wobei ich mir recht sicher wäre, dass die Materialforscher auf der Erde vollständig auf diese verzichten würden, wenn sie nur 1% der 100 Milliarden Euro, die die ISS kostet, für ihre Experimente bekommen würden.
Sicher hat Ulrich Walter recht, der in der gleichen Sendung kam, dass Leute viel lieber Astronauten sehen als Roboter. Ich würde es dann nur gerne sehen, wenn es aus dem Etat für Unterhaltung finanziert wird. Aber dann werden wohl die Operhäuser und Theater meckern. Außerdem sind mir persönlich Bilder ferner Welten lieber als die von Astronauten aus dem Erdorbit, wenn ich die Wahl hätte was man finanziert.
Aber gehen wir weiter. Es geht bei der Raumfahrt wie bei praktisch allen Vorhaben auch, dass man die Ausgaben rechtfertigt. Das gilt im kleinen, wenn ein Professor sich z.B. als persönliches Spielzeug eine 100.000 Euro „Cave“ anschafft, die dann weder im Unterricht noch sonst wie häufig genutzt wird bis zu Großprojekten. Ein Großprojekt ist immer umstritten, denn es ist teuer und mit dem Geld könnte man viel bei kleineren Projekten machen, ganz zu schweigen von Universitäten, wo wissenschaftliche Mitarbeiter auf „halben“ Stellen sitzen, also mit dem Gehalt einer Stelle zwei Mitarbeiter Vollzeit arbeiten. Trotzdem ist ein Großprojekt nicht unbedingt schlecht. Ein sehr gutes Beispiel wo ein Großprojekt uns etwas gebracht hat, ist Cassini. Cassini kostete bisher rund 4 Milliarden Dollar. Doch es brachte uns die Landung von Huygens auf dem Titan und seit 8 Jahren untersucht die Sonde die Ringe und Monde. Missionen ins äußere Sonnensystem sind teuer. Viel billiger wäre es wohl nicht geworden, man kann dann nur debattieren ob die Erforschung des Saturns so viel Geld wert ist.
Etwas anders sieht es aus wenn man zum Mars aufbricht und hier sehe ich z.B. nicht was Exomars uns so großartiges bringen soll, außer dass es eine extrem teure Mission ist. Schon das MSL ist grenzwertig, allerdings war die Mission auch erheblich preiswerter geplant.
Wogegen ich bin ist das JWST. Und es ist ein Paradebeispiel, wie man es nicht machen sollte. Das JWST ist ein Weltraumteleskop. Es soll 8,8 Milliarden Dollar kosten und an ihm wird deutlich wie man es nicht macht. An ihm wird seit 1996 geplant. Der Start rückt immer weiter in die Zukunft und ist nun für 2018 vorgesehen. Es ist so teuer weil man einen segmentierten Hauptspiegel erst im Weltall entfaltet und er mit einem ebenfalls entfaltbaren Schutz vor IR-Strahlung geschützt wird.
Die Frage ist ob es sich lohnt. Gerade Hubble zeigt, wie schnell Weltraumteleskope veraltet sein können. Es ist noch ungeschlagen in einigen Disziplinen wie der Auflösung und der Detektion von sehr schwachen Objekten, doch in der Auflösung haben durch adaptive Optiken erdgebundene Teleskope weit aufgeholt und Teleskope wie das VLT verfügen über vier Spiegel mit 8,2 m Durchmesser, sind lichtempfindlicher und kosten gerade mal so viel wie eine Servicemission für Hubble. Müßig zu sagen, dass man sie auch leichter mit neuen Instrumenten ausrüsten kann. Beim James Webb Teleskop wird auch die Konkurrenz schon gebaut. Gerade ist der Bau des E-ELT (European Extreme large Telescope) beschlossen. Mit 39,3 m Hauptspiegeldurchmesser ist es fünfmal größer als das JWST, aber es ist mit Baukosten von 1,1 Millairden Euro mehr als sechsmal preiswerter. Wenn man einen Vergleich mit Hubble macht, dann wird es schon peinlich. Das letzte 2 m Teleskop auf dem wendelstein kostete 4,3 Millionen Euro, also rund ein Tausendstel dessen was Hubble über die Jahre kostete.
Und darum geht es – die Kosten müssen gerechtfertigt sein. Wenn das Projekt in wenigen Jahren Konkurrenz von irdischen Instrumenten bekommt oder es extrem teuer ist weil es an der Grenze der Technologie ist, dann sollte man überlegen ob man es baut oder wartet bis die Technologie finanzierbar ist.