Bernd Leitenbergers Blog

Erneuter Größenwahn bei SpaceX

Nun da nach einer Verschiebung von 5 Monaten wohl in einem Monat endlich die Falcon 9 „zweiter Versuch“ starten wird, macht sich die Firma große Sorgen. Wie soll man mit nur zwei Startrampen die enorme Startzahl von 11 Starts 2014 absolvieren? Das geht doch nicht, und so bewirbt sich die Firma um die Nutzung von PAD 39A, also einem der Launchpads die für die Apollomissionen gebaut wurden und für die Space Shuttles genutzt werden. Das ist nebenbei ein Eingeständnis der NASA, dass sie in den nächsten Jahrzehnten kaum noch bemannte Raumfahrt mit eigenen Raumfahrzeugen treiben wird. Denn wenn man die Startvorbereitungszeiten für die Shuttle Missionen und die Apollo Missionen betrachtet, dann dürfte ein Pad kaum mehr als 4 Starts pro Jahr erlauben, bei einer Schwerlastrakete mit ihren längeren Vorbereitungszeiten eher mehr (die NASA konnte nachdem sie nach der Mondlandung mit Apollo 11 nur noch ein Pad betrieb nur noch zwei Missionen pro Jahr durchführen).

Gleichzeitig sucht SpaceX noch nach einem Spaceport für kommerzielle Einsätze, denn angeblich gibt es im CCAF und VAFB zu viele Hindernisse für Kommerz. Also vier Startplätze, die räumlich getrennt sind (das KSC liegt ein gutes Stück vom CCAF entfernt auf Merrit Island) braucht diese Firma um ihre Starts abarbeiten zu können.

Okay, nachdem ihr euch nun vom Herumkugeln vor lauter Lachen erholt habt, machen wir doch mal einen Vergleich. Arianespace konnte bei ELA 2 bis zu 12 Starts pro Jahr durchführen. Das sind mehr als SpaceX 2014 und 2015 pro Startplatz durchführen wird.  Dabei ist die Konzeption von ELA nach Ansicht der ESA keineswegs ideal gewesen. Die Startvorbereitung war getrennt in einen Teil an der Startrampe und einen in den Gebäuden. ELA3 wird nur an der Startrampe gestartet und getrennt vorbereitet, wie dies auch SpaceX durchführt. Daher müsste man noch viel mehr Starts durchführen könnte. Schauen wir uns die Sojus an, die ja auch viele Triebwerke einsetzt, die gleichen Treibstoffe und auch in der Größe vergleichbar. Da gab es etliche Jahre in denen eine einzige Startrampe mehr als 20 Starts pro Jahr sah, die meisten hatte LC31 in Baikonur im Jahre 1966 mit 27 Stück. Das ist so viel wie SpaceX von 2013 bis 2015 zusammen plant, also in drei Jahren.

Nun will ich nicht unfair sein, und daher muss man sagen, das SpaceX mindestens zwei Startrampen benötigt, eine für sonnensynchrone Umlaufbahnen wie Erderkundungssatelliten (derzeit in Vandenberg) und eine für Starts in die geostationäre Umlaufbahn und ISS-Transporte. Von Kalifornien aus kann man nicht nach Osten starten, also weder geostationäre Umlaufbahnen noch die ISS erreichen. Vom Cape aus sind sonnensynchrone Umlaufbahnen nicht möglich weil man dann entweder ie Ostküste oder Mittel/Südamerika überfliegen würde. Doch wofür braucht man dann vier? Also die Motivation hinter LC39 ist recht offensichtlich. Zum einen kann man schon vorhandene Infrastruktur nutzen, wie dies auch bei LC6 in Vandenberg der Fall ist (auch dieses Pad wurde einmal für das Space Shuttle umgerüstet). Wenn man nichts investieren will oder kann ist das von Vorteil. alle Einrichtungen für bemannte Flüge sind auch vorhanden. Man will sicher auch was vom schillernden Mythos dieser Startanlage profitieren. Von LC39A aus startete die erste Saturn V, Apollo 8 die erste Mission zum Mond, Apollo 11 die Mondlandung, Apollo 13, die gerettete Mission trotz eines „Problems“, pardon, einer „Anomaly“. die letzte Apollo und die erste Shuttle Mission und der Starts von Skylab. LC39A sah auch die letzte Shuttle Mission, das einzige was so einen kleinen schwarzen Fleck hinterlässt ist das auch STS-107 vom LC39A aus startete, aber die verglühte ja auch beim Wiedereintritt nicht beim Start.

Offensichtlich will SpaceX suggerieren: wir sind die Nachfolge des Shuttle Programms, wir sind die bemannte US-Raumfahrt, schenkt uns noch mehr Milliarden und nicht den anderen Konkurrenten! Dabei zeigt das eher wie uneffektiv die Firma ist, denn Lockheed kann von der Atlas V Rampe unbemannt starten oder mit dem Dreamcheaser oder mit der CST-100, nur SpaceX braucht für jede noch so kleine Änderung an ihren Raketen einen neuen Startplatz.

Die Frage ist, warum die Firma aber dann noch einen weiteren kommerziellen Startplatz braucht, derzeit ist Brownsville, an der Grenze zu Mexiko im Gespräch. Angeblich sind ja für kommerzielle Missionen die bisherigen Startplätze nicht so geeignet. Nun werden beide Weltraumbahnhöfe vom Militär betrieben. Sie vermieten die Startrampen. Das taten sie schon seit Mitte der achtziger Jahre, aber so ganz gleich sind die Kunden nicht. Wenn ein Start für das DoD oder die NASA ansteht, dann sind die Startfenster begrenzt. Verschiedene Services sind reserviert bis der Start durchgeführt wurde. Erst danach konnte man es für den SpaceX Start umkonfigurieren und wenn es eine Verzögerung gibt, dann muss man eben warten.

SpaceX wartet nicht gerne, wo man doch gleich von heute auf morgen starten will – sofern es nicht andere kleine Probleme gibt die den Start verschieben und dann eben doch entscheidend sind. So wich SpaceX im Juni 2005 auf Kwajalein für den Jungfernflug der Falcon 1 aus, als die Air Force beim VAFB wegen des letzten Titan 4 Starts einen Start erst nach Abheben der Titan 4 im August/September 2005 zuließ, aus Furcht, die Falcon 1 könnte vom Kurs abkommen und die Startanlage beschädigen. Nein, wie kann man denn auch so die Firma behindern, die schon damals drei Starts für 2005 (im Juni 2005!) plante. So zog man nach Kwajalein um, wo der Jungfernflug übrigens nach 5 Monaten mit mehrfachen Startabbrüchen am 24.3.2006 stattfand. Er endete 1 km von der Startrampe entfernt – als hätte die USAF es vorausgeahnt. Von Vandenberg aus hätte sie übrigens schon ab August/September 2005 abheben können…

Die Parallele zu heute ist offensichtlich: Auch damals riesiges Launchmanifest mit Starts die nie erfolgten, Dieses Jahr bislang einer, glaubt jemand ernsthaft, dass sie in den letzten 4 Monaten des Jahres noch 5 Starts durchführt? Nur einen Unterschied gibt es: Wenn man in Brownsville tatsächlich starten will, dann wird es nicht so billig wie bisher. Bisher konnte man vom Militär die gesamten Anlagen und die Infrastruktur mieten. Nun muss man sie erst mal errichten und das wird teuer, genauso wie es billiger ist eine Wohnung zu mieten als eine zu bauen. Daher glaube ich nicht das SpaceX noch einen Raumfahrtbahnhof auf der grünen Wiese bauen will, und fertig ausgebaute, die nur auf die Firma warten gibt es auch kaum welche. Vielleicht liebäugelt die Firma mit Subventionen, denn auffällig ist ja dass sie trotz der geographischen Nachteile nach einem US-Startgelände Ausschau hält. Dagegen wäre eine Insel oder wie bei Sealaunch eine umgebaute Bohrinsel viel geeigneter. Man kann sie am Äquator positionieren, was die Nutzlast erhöht und man braucht nur einen Startplatz um alle Bahnneigungen abzudecken. Aber da man bei SpaceX für die wenigen Starts ja schon jetzt vier Startrampen braucht, wäre das wohl zu teuer.

Die mobile Version verlassen