Bernd Leitenbergers Blog

Die Sache mit der Energiewende

Wie von Dominik L. gewünscht, wende ich mich mal wieder mehr „sonstigen“ Themen zu. Heute eines, das ich vor vier bis fünf Jahren schon mal durchgekaut habe, aber das immer wieder verdrängt wird: der Wechsel zu regenerativen Energien. Die Politik konzentriert sich auf Strom und da klappt das auch (bedingt). Nur ist das eben nur ein Teilaspekt. Wenn wir die Energie und fossilen Rohstoffe, die wir verbrauchen, in drei Hauptkategorien einteilen dann sind dies:

Ich sage dem hier, sicherlich soweit vorgebildeten, Publikum nichts Neues, wenn ich sage, dass diese Energieformen ineinander umwandelbar sind, aber mit Verlusten. (siehe die drei Hauptsätze der Thermodynamik). Man kann mit Strom heizen und man kann damit fahren (die Bundesbahn nutzt ihn z.B. so), doch das ist nicht so effektiv wie eine Energieform direkt zu nutzen die besser geeignet ist.

Beim Strom denke ich ist wirklich eine Wende zu rein aus regenerativen Quellen gewonnenem Strom möglich. Meiner Ansicht nach nicht in Deutschland, aber europaweit. In Skandinavien gibt es zahllose Wasserkraftwerke und die Möglichkeit auch Strom in Pumpspeicherkraftwerken zu speichern. Sie wären zum einen für die Grundlast, wie zur Abdeckung von Lücken (z.B. nachts) oder für den Spitzenbedarf geeignet. In Spanien und einigen Mittelmeerländern kann man erheblich mehr Strom durch Sonnenenergie erzeugen wie bei uns und dort scheint auch beständiger die Sonne. Ein Großteil wird durch Windkraft eventuell Gezeitenkraft gestellt werden. Wind gibt es irgendwo in Europa eigentlich immer. Das Hauptproblem: Die Politik konzentriert sich nur auf diesen Sektor, 2011 betrug der Anteil des Stroms am Primärenergieverbrauch aber nur 21,6%. Es mag mehr werden, wenn wie gewünscht mehr Elektroautos unterwegs sind, doch der Großteil entfällt eben nicht auf Strom.

Anders sieht es bei der Wärmeenergie aus. Raumwärme und Warmwasser machen über 31% des Energieverbrauchs aus, dazu kommt sicher ein Teil der über 25% Prozesswärme. Was für Alternativen gibt es hier? Zum einen die Lösung, die bisher beim Strom anfallende Abwärme besser zu nutzen, also mehr dezentrale Blockheizkraftwerke, die mit der Abwärme dann Wohnungen heizen oder energieintensive öffentliche Gebäude. Das Problem: Wenn man tatsächlich den ganzen Strom ökologisch erzeugt, gibt es natürlich keine Blockheizkraftwerke mehr. Die am besten geeigneten Anlagen arbeiten heute mit umgebauten Dieselmotoren, die von Erdgas antreiben werden. Erdgas kann man durch anaerobe Fermentation von landwirtschaftlichen Abfällen gewinnen. Schließlich nutzen wir von den meisten Pflanzen nur die Früchte und der Rest wird durch Pilze und Bakterien abgebaut, mann kann es auch unter Luftabschluss fermentieren, wobei auch brennbare Gase entstehen. Nur wird das nicht so viel werden, dass man davon den ganzen Energiebedarf Deutschlands decken kann. Selbst wenn man nur Pflanzen für diese Zwecke anbaut wie schnell wachsendes Chinaschilf oder andere große Gräser, reicht die ganze Fläche Deutschlands nicht aus. Das ist nicht so verwunderlich, schließlich verbrauchen wir derzeit das, was in Millionen Jahren gebildet wurde innerhalb von wenigen Jahrzehnten.

Der Großteil geht drauf für das Heizen von privaten Wohnungen. Es gibt zwar „Passivhäuser“, die nur mit der Abwärme der Einwohner / dem verbrauchten elektrischen Strom auskommen, doch ich habe da meine Zweifel. Mein Bruder hat schon zwei Mietershäuer komplett neu wärmegedämmt und Fenster ausgewechselt. Gut, an der Bausubstanz ändert das nichts und das Dach wurde jeweils nicht gemacht, aber in beiden Fällen gab es Energieeinsparungen von 25%. Ein Passivhaus müsste dann aber gleich viermal so effizient sein, und da habe ich meine Zweifel, vor allem wenn der Winter mal kälter ist oder lange Zeit dann nicht die Sonne scheint. Selbst wenn, dann ist eines klar: Wir werden wir nicht alle Häuser so umrüsten können. Zum einen, weil darin eine enorme Investition steckt und Häuser extrem langlebige Güter sind, zum anderen habe ich bisher das nur bei Einfamilienhäusern gesehen, die meisten wohnen aber in Mehrfamilienhäusern oder Betonburgen.

Am Problematischsten ist wohl die Bewegungsenergie. Die Bahn hat es einfach: Sie fährt auf festen Stecken, die elektrifizierbar sind. Doch 28,5% der Primärenergie entfallen heute auf Kraftstoff. Und der wird nur von Otto- und Dieselmotoren für die individuelle Fortbewegung und den Transport von Gütern verbraucht. Da gibt es das größte Problem. Was propagiert wird, sind Elektroautos. Nun haben sie eine Reihe von Vorteilen. Elektromotoren sind effizienter, die Leute wollen da komischerweise auch nicht Hunderte von PS, sondern kommen mit geringerer Leistung aus, aber selbst wenn man das berücksichtigt, hat man ein Speicherproblem: Der Energiegehalt eines Liters Benzin liegt bei etwas über 10 KWh. Selbst wenn man ineffiziente Verbrennung und 50 PS mehr als nötig, berücksichtigt wird eine Batterie die typisch 0,2 KWh pro Kilogramm speichert sehr viel schwerer als der Kraftstoff sein. Entsprechend sind sie heute noch (und werden es noch lange sein) Gefährte für den täglichen Verkehr, nicht für die Langstrecke, egal ob es die Fahrt in den Urlaub oder der Transport von Gütern ist – man muss nur mal die vielen Lastwagen auf den Straßen ansehen und dann sieht man, dass da eine ganze Menge Kraftstoff verbraucht wird.

Alles, was als Alternative propagiert wird, ist relativ ineffizient. Wasserstoff könnte man durch Elektrolyse gewinnen. Doch das ist äußerst ineffizient. Vor allem wenn man ihn in flüssiger Form transportieren will. Wenn man es als Druckgas transportiert hat man das Problem, dass die Menge verglichen mit der Masse der Gasflasche klein ist, also das gleiche Problem wie beim Strom. Das Einzige, was bleibt ist ein ziemlich ineffizientes Verfahren: Wir nutzen den Wasserstoff um Kohle oder Kohlendioxid zu Methan zu reduzieren, das kann man prozesstechnisch zu höheren Kohlenwasserstoffen kondensieren, die man dann als Benzin nutzen kann. Das Grundproblem ist, dass man auf diesen Schritten viel Energie verliert und noch mehr elektrische Energie braucht.

Die einfachste Lösung wäre sicher ein anderes System: Elektroautos für die Kurzstrecke und alles, was darüber hinaus geht, wird über die Bahn transportiert, auch Güter, die bisher mit dem Lastwagen unterwegs sind (oder die ganzen Lastwagen). Eventuell macht auch ein System ganz ohne individuelle Fahrzeuge Sinn, bei der Elektrofahrzeuge von allen genutzt werden und am Zielort abgestellt und neu aufgeladen werden, sodass der Nächste es nutzen kann.

Man könnte die Energiewende auch anders angehen, nämlich vor allem die Kohlendioxidemissionen sinken. Die drei Energieträger, die wir heute einsetzen, haben recht unterschiedliche Emissionen. Fangen wir mal an mit dem Energiegehalt pro Kilogramm:

Der Energiegehalt ist recht unterschiedlich. Ich habe hier schon weitgehend pure Substanzen genommen. Meist sind sie noch mit inerten Stoffen wie Wasser vermischt, die zum einen den nutzbaren Energiegehalt absenken zum andern miterhitzt werden. Wichtiger ist etwas anderes: alle Brennstoffe, die wir einsetzen bestehen aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Kohlenstoff hat einen reinen Brennwert von 32,8 MJ/kg, Wasserstoff einen von 142 MJ/kg. Nur der Kohlenstoff erzeugt aber Kohlendioxid, so fällt die Kohlendioxidbilanz recht unterschiedlich aus:

Kohle:

C + O2 → CO2

Aus 1 Kilogramm Kohlenstoff werden 3667 g Kohlendioxid gebildet. Da reiner Kohlenstoff nur 32,8 MJ/kg liefert, sind das 8,95 MJ/kg Kohlendioxid.

Kohlenwasserstoffe:

CH2 + 3/2 O → CO2 + H2O

CH2 ist das mittlere Verhältnis von Kohlenstoff zu Wasserstoff, die einzelne Struktur der Moleküle ist durchaus unterschiedlich. Benzin hat 43 MJ und liefert pro Kilogramm Treibstoff 3,14 kg Kohlendioxid. Das sind dann 13,68 MJ/kg, also 50% besser als Kohle.

Methan

CH4 + 2 O2 → 2 CO2

Methan ist der wasserstoffreichste Kohlenwasserstoff. Er ist daher der mit der besten Klimabilanz (sofern man das Methan nicht selbst in die Luft entlässt). 1 Kg Methan liefert 2,75 kg Kohlendioxid, das sind bei 55 MJ schon 20 MJ/kg, also mehr als doppelt so gut wie Kohle.

Wasserstoff

2 H2 + O2 → 2 H2O

Wasserstoff hat den enormen Vorteil absolut gar kein Kohlendioxid zu emittieren, im Gegenteil, man kann mit ihm sogar Kohlendioxid reduzieren (in einem zweistufigen Prozess) zu Methan. Das wird immer wieder mal gerne für Marslandungen propagiert. Nur braucht man viel Strom um ihn zu erzeugen, rund 40 KWh für ein Kilogramm (bei 100% Effizienz), und es gibt hohe Verluste bei der Elektrolyse, der Verflüssigung und auch beim Transport (zahlreiche Metalle lassen Wasserstoff in kleinen Mengen durch das Metall diffundieren). Wenn wir in einer Welt mit Strom im Überfluss leben, dann wird Wasserstoff die Alternative zu fossilen Treibstoffen sein, vorher nicht. Der bisher erzeugte Wasserstoff wurde z.B. nicht durch Elektrolyse, sondern durch Cracken von Erdgas und Kohlenwasserstoffen gewonnen, weil die Elektrolyse viel zu teuer ist.

Was bleibt? Energie sparen. Die Frage ist wie viel Energie kann man sparen? Wenn man 50% der Energie einspart, dann emittiert jeder von uns immer noch mehrere Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Wollen wir auf lange Zeit umweltverträglich leben, so müssten es weniger als 1 Tonne sein. Im Durchschnitt emittiert jeder Deutsche aber 11 t, selbst der weltweite Druschschnitt (mit Entwicklungsländern ohne Industrie und Autos und in Klimazonen, wo man nicht heizen muss) liegt bei 6,8 t. Das bedeutet nicht ein bisschen sparen, massiv sparen und das glaube ich ist in diesem Umfang nicht möglich. Die Tonne ist das, was auf der Erde nachwächst und das Kohlendioxid aus der Luft holt.

Meine Ansicht: Die Reduktion der Weltbevölkerung wäre viel einfacher, aber wohl noch schwieriger umzusetzen.

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