Bernd Leitenbergers Blog

Neues von SpaceX und Co.

Da sich nun irgendwann mal im Juni der dritte SpaceX Start dieses Jahr ansteht, mal wieder eine kleine Aktualisierung einiger Themen rund um SpaceX. Zuerst einmal hat man bei der Firma auch erkannt dass es vielleicht nicht dumm wäre, mal das Startmanifest abzuarbeiten. Selbst Elon Musk meinte nach dem letzten Flug dass man dieses Jahr maximal 10 Flüge schaffen würde. Inzwischen hat sich der nächste Flug um mindestens eineinhalb Monate verschoben und ihr eigenes Launch Manifest weist 14 Starts für dieses Jahr aus. Nach Gwen Shotwell ist das ein Punkt, an dem man SpaceX messen wird. Immerhin gibt es nun eine nachprüfbare Aussage (die Webseite mit einem Launchmanifest, das nie eingehalten wird, kann das ja nicht sein): Ein Start pro Monat dieses Jahr (sind also noch 7 Starts) und nächstes Jahr sollen es 24 Starts sein. Den ersten teil kann man schon am 31.12.2014 nachprüfen. Meine Prognose: SpaceX schafft weder die 7 Starts (mit den schon erfolgten 9) dieses Jahr, noch die 24 nächstes Jahr.

Der Verzug hat Vor- und Nachteile für SpaceX. Ein Vorteil ist, dass es im Raumfahrtgeschäft üblich ist vom Buchungsbeginn an zu zahlen, bis zum geplanten Startzeitpunkt der ganze Start bezahlt ist. Wenn nun wie beim Orbcomm Flug dieser ursprünglich im letzten September geplant war ist das ein zinsloser Kredit über 9 Monate. Mehr noch: erst wenn der Start ansteht muss die Leistung erbracht werden. Vorher braucht man keine Rakete produzieren. Erinnert mich irgendwie an meine Vermutung vom Schneeballsystem. Derzeit scheinen Fertigungsprobleme den Einsatz aufhalten. Ja die niedliche Kuschelfirma setzt die Rakete ja auch erst seit 5 Jahren ein, höre ich schon den einen oder anderen kommentieren. Eine vernünftig designte und erprobte Rakete macht aber bei der Fertigung keine Probleme und startet auch pünktlich. Die Saturn V hatte gerade mal einen Einsatzzeitraum von 5 Jahren (und flog immer noch häufiger als die Falcon 9…).

Dann hat die Firma eine erneute Abfuhr bekommen. Die USAF hat ein Angebot abgelehnt ihre GPS-III Satelliten von SpaceX für 80 Millionen Dollar pro Stück zu starten. Das interessante ist der Zeitpunkt: Die Firma hat das Angebot am 16.8.2012 gemacht und schon am 18.9.2012 eine Absage bekommen, das ging so schnell weil sie keine zertifizierte Rakete hatte. Das war auch der Bescheid den sie bekommen hat. Nun prozessiert sie eineinhalb Jahre später gegen den ULA Vertrag. Bei der Firma scheint die Kacke inzwischen am Dampfen zu sein. anders kann ich die Vorgehensweise nicht verstehen. Wenn ich also weis dass ich keine Chance habe ohne zertifizierte Rakete, auch seit 18 Monaten weiß, dass ich nicht mal die Starts zusammenbekomme bis zum Ende der Frist für das Mitbieten, dann macht hinterher das Prozessieren keinen Sinn, außer ich bin so verzweifelt, dass ich erhoffe durch die Publicity den einen oder anderen Start zugesprochen zu bekommen (was wohl auch geklappt hat).

Wie immer bleiben viele Fragen offen. So wiegen die GPS Block III Satelliten 1660 kg. die hätte wohl auch die erste Generation der Falcon 9 transportieren können. Die hat man aber einfach eingestellt anstatt sich mit dieser für die Starts zu bewerben (und man kann mir nicht weis machen, dass man bei SpaceX nicht weiß, dass man für die Kontrakte eine zertifizierte Rakete braucht). Auf der anderen Seite hat sie ein volles Launmanifest das sie nun schon nicht abarbeiten kann. Wie will sie dann noch weitere Starts unterbringen, vor allem wenn man berücksichtigt, das das Militär ein besonderer Kunde ist, der auf fixen Startzeitpunkten besteht, was die folgenden Starts aufhält oder das Vorziehen eines kommerziellen schwer macht. Also nicht gerade das was man sich wünscht, wenn man eh mit den Starts stark im Rückstand ist.

Immerhin, der kommende Flug wird interessant. Denn er ist der mit der niedrigsten Nutzlast auf absehbare Zeit. er transportiert sechs Orbcomm OG2 Satelliten. Das sind 6 x 142 kg in einen erdnahen Orbit in den die Falcon 9 nach SpaceX Angaben 13,23 t transportiert. Nun die Umlaufbahn ist etwas höher, die Inklination auch, aber selbst bei 10-11 t Nutzlast machen die Satelliten nicht mal 10% der Maximalnutzlast aus. also wenn ich mal das zurückfliegen zum Startplatz erproben will, und dafür braucht man ja Treibstoff, dann hat man bei diesem Flug die meisten Reserven. Wird man es versuchen oder nur wieder wassern?

Na ja die Firma ist ja enorm innovativ und Elon Musk muss die Leute antreiben immer innovativ zu sein. Die Firma versteht auch nicht die Branche. Wörtliches Zitat von Gwen Shotwell:

„I believe we have to get out of this mindset that the best rocket and the best technology is the one that has stayed the same for decades,“ Shotwell said. „In no other industry is that the case. You can imagine the chip industry, Intel and Qualcomm, if their chips remained the same year after year. It would be a disaster.

Ja wie kann man Jahr für Jahr mit ein und derselben Rakete fliegen anstatt jedes Mal eine neu zu erfinden? Macht doch Intel auch so? Äh, warum erfindet Tesla nicht jedes Jahr ein neues E-Auto? Machen die doch auch nicht. Das kann man mit zwei Fakten beantworten: Jede Erfindung weist eine Entwicklung auf in der sie rapide an Leistung gewinnt um dann nur noch inkrementell verbessert zu werden. Das gab es auch bei den Raketen. Zwischen 1957 und 1967 wurde bei den USA der Schub der leistungsfähigsten Triebwerke um den Faktor 10 gesteigert, die LEO Nutzlast sogar um den Faktor 10000. Intel hat diese Phase übrigens auch verlassen und verbessert seine Chips nur noch inkrementell. Das zweite sind die Stückzahlen die produziert werden. Wenn ich bei Stückzahlen von einigen Exemplaren pro Jahr bin, dann wird man nicht jedes Jahr eine neue Version in Dienst stellen weil die Entwicklungskosten in keinem Verhältnis zu den Produktionskosten. Daher produziert auch die Luftfahrtindustrie Flugzeuge über Jahrzehnte nur leicht modernisiert. das gilt selbst für das Militär. Die USA werden noch lange ihre inzwischen über 40 Jahre alten F15 und F16 Jets im Einsatz belassen und die B52 dürfte wohl 70 Jahre im Einsatz bleiben.

Neues gibt es auch von CCDeV / CRS. Da gibt es die Vorschläge dass die Crewvehikle auch Fracht transportieren sollen. Boeing und Virgin Galactic möchten sich mit den bemannten Vehikeln auch um Frachttransporte bewerben. Es scheint aber keine Möglichkeit geben beides  zu kombinieren, zumindest nicht nach Ansicht der NASA. Ich halte bei den angegebenen Nutzlasten von 1100 kg für die CST-100 und 1350 kg für die Dream Chaser davon nichts. Das ist weniger als bei Orbital mit der Cygnus und die startet mit einer billigeren Rakete. Sinnvoller wäre es eher da die NASA sowieso nicht plant die sieben Sitze auszunutzen zusätzlich Fracht mitzuführen. Das sind vielleicht nicht einige Tonnen aber Kleinvieh macht auch Mist. Zumindest bei der CST-100 wäre auch ein Trunk mit Fracht denkbar, den man nach bedarf mitführt. Bei der Atlas kann man ja auch die Nutzlast leicht anheben durch einige Booster. Das wäre eine preiswerte Möglichkeit, weil das Gefährt für den Mannschaftstransport ja schon bezahlt ist. Allerdings gibt es nur wenig Fracht die man im Trunk mitführen kann, weil das keine Experimente und keine Verbrauchsgüter sein können sondern Dinge die man außen an der Station lagert (Ersatzteile für außeninstallationen wie die Solararrays: Batterien oder Kühlmittel für die Radiatoren). Aber da die NASA ja Frachttransport und Crewtransport trennt kommt es nicht dazu, wieder einmal stellt sich die Bürokratie selbst ein Bein.

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