Bernd Leitenbergers Blog

Kampflugkörper „Trottellumme“

Eigentlich war es nur als Scherz gedacht. Als ich den Beitrag in Münchhausens Kolumne verfasste über die neue Ausrüstung der Bundeswehr, die vor allem auf den Umbauten von zivilen Fahrzeugen/Flugzeugen basierte, habe ich noch auf den Kommentar von Anja die Trottellumme skizziert. Sie sollte auf der Fieseler Fi 103, besser bekannt als V1 basieren. Beim Durchlesen des Wikipedia Artikels kam mir der Gedanke, dass eine moderne Fi 103 sogar eine ideale Lösung für ein Problem der Bundeswehr ist. hier ein paar Fakten über die aktuellen Konflikte:

Zur Technik: Die Fi 103 ist eine fliegende Bombe mit einer einfachen Tragflächen, Höhenleitwerk, aber ohne Querruder. Antrieb ist ein Verpuffungsstrahltriebwerk (Benzin wird in ein Rohr eingespritzt, verdampft und durch einen Zündfunken entzündet. Es findet somit eine gepulste Verbrennung statt, die heiße Luft treibt durch das Strahlrohr die Maschine an). Gestartet wurde sie über ein Katapult.

Die Reichweite betrug rund 360 km, was ausreichend ist, auf Kosten der Sprengladung kann man mehr Treibstoff zuladen.

Den Hauptnachteil der Zielgenauigkeit kann man heute ausgleichen. Die V1 konnte man nur vor dem Start eine bestimmte Flugstrecke vorprogrammieren, indem man die Drehzahl eines Meßpropellers vorgab. Heute kann ein einfacher GPS-Empfänger, wie er in jedem Handy vorhanden ist, die genauen Koordinaten liefern. Ein  einfacher Microcontroller kann basierend auf diesen Daten den Kurs zum Ziel berechnen und über einen Motor die Höhen- und Querruder steuern. Dort angekommen geht sie in den Sturzflug, wobei man bei der geringen Geschwindigkeit (etwa 630 km/h) gute Möglichkeiten hat mit dem Triebwerk auch hier nachzuregeln und ein Ziel mit hoher Genauigkeit zu treffen. Genau muss es bei 8409 kg Sprengstoff nicht sein, das riss bei den echten V1 einen 10-20 m großen und 3 m tiefen Krater. Vergleichen mit einem Marschflugkörper der seinen Weg basierend auf einer gespeicherten Karte mit Höhenrelief sucht und zum Schutz vor Abschuss dauernd in geringer Höhe über dem Boden fliegt ist die Konstruktion enorm einfach und daher auch preiswert.

Man kann den Flugkörper noch verbessern und die Sprengladung durch kleine Sprengbomben ersetzen die kurz vor dem Aufschlag (oder beim Überflug in geringer Höhe) ausgeworfen werden und so einen Teppich von kleinen Sprengladungen legen (sehr effektiv gegen nur wenig gepanzerte Ziele)

Sicher können auch Bodentruppen mit Flak oder Surface-Air Missiles sie leicht abschießen, aber selbst im zweiten Weltkrieg, als es um einiges mehr an Flak als heute gab, kamen über die Hälfte der V1 durch und Flugabwehrraketen sind teuer als die V1 und irgendwann auch alle aufgebraucht. Dann startet man einfach mehr Trottellummen. Gegenüber der preiswerten V1 muss man nur einen handelsüblichen  GPS-Empfänger, einen Microcontroller (gibt es mit der Leistung eines Pentium-III schon von Intel als „Edison“ für 50 Euro), Querruder und einige Motoren zur Betätigung der Ruder.

Da mag der heutigen Industrie vielleicht zu poplig sein, aber für ein Einmalfluggerät sollte man es so billig und einfach bauen wie nur möglich. Selbst eine billige, wärmesuchende Rakete wie die AIM 9 SideWinder kostet 262.000 bis 320.000 Dollar. Rechnet man den Kurs der Reichsmark (nach Wikipedia 6 Euro = 1 RM) auf die 3500 Euro um, so ist eine Fi 103 ohne Modifikationen zehnmal billiger, wenn die Modifikationen den Preis verdoppeln immer noch fünfmal billiger. Das ist ein krasser Gegensatz zu den sonstigen Waffen, die unbemannt sind.

der absolut wichtigste Vorteil ist aber der, dass die Bundeswehr selbst nicht ins Krisengebiet einrücken muss. Es reicht die Trottellumme von einem Nachbarstaat aus abzufeuern. Die Reichweite betrug 250-280 km bei 580 l Tankkapazität. Versionen mit größeren Tanks wurden entwickelt, konnten aber nur von Flugzeugen aus abgeworfen werden (waren wohl für den Katapultstart zu schwer). Immerhin, rechnet man den Treibstoffverbrauch linear (nicht gegeben, da die fliegenden Bombe ja laufend leichter wird, also müsste die Reichweite eher ansteigen) so würde man bei 500 kg Sprengstoff schon 400 km Reichweite und bei 250 kg rund 510 km Reichweite erreichen. Das wäre sicher für die meisten Konflikte ausreichend. Bei einer Länge von 48 m wäre die Startrampe auch sicher noch auf einer Korvette montierbar (man könnte einen Raketenantrieb als Starthilfe montieren, doch dann verliert man den Kostenvorteil) oder man wirft sie eben vom Flugzeug aus ab, das ginge auch mit nicht militärischem Gerät (siehe Pegasus Start).

Vielleicht doch überlegenswert die Idee…

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