Bernd Leitenbergers Blog

Wurst ist krebserregend

Ich bin gerade an den letzten Korrekturen der zweiten Auflage von „Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten „. Es sind knapp 60 Seiten mehr geworden und 29 zusätzliche Fragen. Da kam die Einstufung der WHO von „verarbeitetem“ Fleisch in die Kategorie 1 der Gesundheitsgefahren durch Krebs.

Zeit sich damit zu befassen.

Die Meldung ging natürlich durch den Mediendschungel und der ist nicht so kritisch. Das haben schon mal die Macher vom ZDF beweisen, die den Film „Schlank durch Schokolade“ produziert haben. Sie haben eine so called Studie gemacht und die Ergebnisse pressewirksam publiziert. Viele deutsche Medien wie Bild, Focus, Brigitte und RTL brachten das und selbst im US-Fernsehen war es eine Schlagzeile wert. Die Medien übernahmen nur die aufgebauschte Pressemitteilung ohne sich die dünne (5 Seiten) lange Studie anzusehen.

Das Fleisch und Wurst im Verdacht stehen nicht gesund zu sein, ist nichts neues. Vor allem gegen das „rote Fleisch“ gab es schon seit Längerem Vorbehalte. Rotes Fleisch soll das Krebs- und Herzinfarktrisiko erhöhen. Bei verarbeitetem Fleisch ist die Lage noch etwas klarer. Zum einen sind einige Zubereitungsarten gekoppelt an die die Bildung krebserregender Stoffe wie das Räuchern, Grillen, aber auch Anbraten. Zum zweiten steht das Nitrit als Zusatzstoff im Verdacht die Krebsentstehung zu forcieren.

Die WHO hat nun einige Hundert Studien untersucht und die Ergebnisse zusammengefasst. Sie hat daraus zwei Rückschlüsse gezogen: Wer 100 g rotes Fleisch pro Tag isst erhöht sein Dickdarmkrebsrisiko um 17%. Der Zusammenhang ist stark, aber nicht einwandfrei, also statistisch nicht genügend abgesichert. Bei verarbeitetem Fleisch (Wurst, Schinken) reichen 50 g pro Tag aus um das Dickdarmkrebsrisiko um 18% zu erhöhen. Dieser Zusammenhang ist deutlich und statistisch abgesichert. Das führte zur Einstufung von Wurst als Gesundheitsgefahr der Kategorie 1 der krebserregenden Substanzen ein, womit es in einen Kreis gelangt in dem sich auch Tabak und Luftverschmutzung tummeln. Aufgrund der schwächeren Beweislage reicht es bei rotem Fleisch nur zu Kategorie 2A. Damit ist verarbeitetes Fleisch erwiesenermaßen krebserregend und das ging so auch durch die Medien.

Wer die Kurzzusammenfassung des Instituts der WHO liest, findet aber auch eine Relativierung. So wird geschlossen das rotes Fleisch für 50.000 Krebstote pro Jahr weltweit verantwortlich ist, verarbeitetes Fleisch für 34.000. Sie hat das aber auch in den richtigen Rahmen gerückt. Luftverschmutzung ist für 200.000 Krebstote pro Jahr verantwortlich, Tabak für 600.000 und Alkohol für 1 Million. Die Gruppe hat als Kriterium die Beweislage. Gruppe 1 bedeutet: Das Risiko ist gut belegt, Gruppe 2: Das Risiko ist wahrscheinlich, aber nicht gut belegt.

Trotzdem hallte es durch den Mediendschungel. Zumal die Ergebnisse deutlicher sind als bei früheren Studien. So galten bisher 250 g rotes Fleisch pro Tag verantwortlich für 22% mehr Krebs, nun sind 100 g nur noch für 17% verantwortlich. Um das ganze ins rechte Licht zu rücken: Der Bundesdeutsche isst im Durchschnitt 164 g Fleisch und 90 g Wurst pro Tag.

Nun ist das prinzipiell nichts neues. Fleisch und Wurst standen schon immer im Verdacht nicht so gesundheitsförderlich zu sein – zumindest bei zu großen Mengen. Bisher konzentrierte sich das auf die Zubereitungsbereitungsarten. Man weiß das beim Räuchern, Rösten und Anbraten verschiedene krebserregende Substanzen entstehen. Dazu kommt als Zusatzstoff das Nitrit das beim Erhitzen dann krebserregende Nitrosamine bilden kann.

Beim roten Fleisch hat man das Eisen im Myoglobin als Ursache ausgemacht, allerdings angesichts der Datenlage eher noch als Vermutung. Das ist insofern pikant, weil Fleisch auch die wichtigste Eisenquelle ist und selbst die Gesundheitsbehörden warnen nun davor, gar kein Fleisch mehr zu essen.

Ich vermute in einigen Wochen hat sich alles gelegt und man geht zum normalen Betrieb über. Wirksam kann man den Konsum wohl nur stoppen, wenn Fleisch andere Gefahren mit sich bringt. Wir kennen das ja vom Tabak, wo es nun überall warnhinweise gibt. Wenn Fleisch impotent machen würde, dann wette ich drauf würde der Verbrauch vor allem bei Männern deutlich sinken (die statisch auch deutlich mehr als Frauen verzehren).

Ich habe übrigens noch zwei Seiten frei (muss immer ein vielfaches von 4 Seiten sein), also wenn noch jemand einen Vorschlag für eine Frage aus dem Bereich Lebensmittel/Ernährung hat, dann her damit. (Aber bitte schnell, ich will das Buch in einigen Tagen abschließen).

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