Bernd Leitenbergers Blog

Mit Ionentriebwerken zum Mond

Während man inzwischen die Eignung von Ionentriebwerken für den Mars untersucht, scheint sich keiner für den Einsatz für Mondmissionen zu interessieren. Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Um es vorwegzunehmen: Es geht in diesem Blog vornehmlich um den nicht bemannten Teil einer Expedition. Das liegt daran das noch mehr als beim Mars die lange Betriebsdauer der Ionentriebwerke in keinem tolerierbaren Verhältnis zur Reisedauer mit chemischen Triebwerken steht. Bei der Dauer einer Marsexpedition von fast 3 Jahren sind 200-300 Tage mehr Reisezeit verkraftbar, beim Mond ist das aber unverhältnismäßig, wenn man in weniger als 4 Tagen beim Mond sein kann. Es gibt jedoch eine Ausnahme, dazu am Schluss noch eine Bemerkung.

Vergleich von ΔV für die verschiedenen Bahnen

Ich möchte zuerst einmal die ΔV-Budgets vergleichen. Für die Mondmission gehe ich von folgenden zwei Elementen aus:

Beim Mars ist es deutlich umfangreicher:

Daten

Bahnmanöver Geschwindigkeitsbedarf chemisch Geschwindigkeitsbedarf Ionentriebwerke
LEO → Lunar Orbit 4,1 km/s 7,3 km/s
LEO → Mars Direkte Landung 3,9 km/s 10,4 km/s
Lunar Orbit → Mondlandung 2,2 km/s
LEO → Marsumlaufbahn 4,6 km/s 7,6 km/s (chemisch/Ionentriebwerke)

13,9 km/s (nur Ionentriebwerke)

Mars Boden → Marsumlaufbahn 5,5 km/s 4,2 km/s
Marsumlaufbahn → Erdtransferbahn 0,9 4,0 km/s

Schon auffällig ist, dass beim Mond die Differenz deutlich kleiner ist. Beim Mars kann man zweimal ausnutzen, dass man chemisch eine Bahn erreichen kann, deren planetennächster Punkt nahe am Planeten liegt, während man sich mit Ionentriebwerken hochspiralt, also neben kinetischer Energie in der Fluchtbahn auch potenzielle Energie leistet. Das ist der Fall beim Verlassen von Erde und Mars, wie auch beim Einbremsen in die Umlaufbahn. Schon aufgrund dessen sollte man annehmen, dass Ionentriebwerke sich für die unbemannten Teile beim Mond eher lohnen.

Ich habe dann in einer Simulation die optimalen Parameter für maximale Nutzlast bestimmt. Randparameter sind:

Ich komme bei 100 t Startgewicht auf eine Nutzlast von 65 t. Die SLS soll mit Oberstufe 105 t erreichen. 100 t Startmasse erlauben eine etwas höhere Umlaufbahn, die für Ionentriebwerke wünschenswert ist (ich bin von einem Start in 400 km Höhe ausgegangen).

Detailbetrachtung

Von den 35 t entfallen 17,3 t auf den Treibstoff, 3,5 t auf die Tanks, 14,6 t auf Solarzellen und 3,2t auf die Triebwerke. Als optimaler spezifischer Impuls wurden 47 km/s ermittelt.

Chemisch wäre es bei spezifischen Impulsen von 4,5 km/s (Erde verlassen) und 3,2 km/s (in die Mondumlaufbahn Einbremsen) 33,3 t, wobei man noch 1 t für die Tanks abziehen muss, die Bestandteil des Servicemoduls sind, netto also 32,3 t, etwa die Hälfte.

Würde man die 65 t landen, so wäre die Nettomasse auf dem Mond (ohne Landestufe) bei 3,2 km/s Ausströmgeschwindigkeit und 2,2 km/s Geschwindigkeitsbedarf und einem Voll-/Leermasseverhältnis von 10:1 bei 13,7 t beim chemischen Fall und 29,0 t mit Ionentriebwerken, also mehr als doppelt so viel. 29 t ist wirklich viel. Das Columbus Labormodul wiegt voll ausgestattet 27 t. Es gäbe also mindestens so viel Platz wie in einem ISS-Labormodul und anders als bei der ISS kann man es auch verlassen.

Synergien für eine Marsmission

Der Hauptvorteil wäre aber ein anderer. Wenn man Ionentriebwerke auf dem Mars einsetzen will, dann benötigt man nicht nur viel größere Triebwerke als bisher (hier z.B. 51,5 N Schub, gängige Ionentriebwerke haben unter 0,3 N Schub) sondern auch eine viel leistungsfähigere Stromversorgung (1,4 MW, die Solar-Arrays der IUS haben eine Leistung von 120 KW).

Bei Leistungen im Megawattbereich kann man auch an einen Kernreaktor denken. Der S6G Reaktor für die Atom U-Boote der Los Angeles-Klasse hat z.B. eine Leistung von 27 MW bei etwa 1000 t Masse. Das sind 27 W/kg, unter der Leistung, die auch Solarzellen liefern, aber viel kompakter. Nur sind 165 MW und 1680 t etwa 100-mal schwerer als benötigt. Gelingt es einen kleinen Reaktor zu bauen der dieselben Leistungsdaten hat so wäre er eine gute Alternative zu Solarzellen, denn wie man so große Arrays (bei 25% Effizienz benötigt man bei 1,4 MW eine Fläche von 4150 m² also etwa eine quadratische Fläche von 65 x 65 m², das ist größer als ein Fußballstadium. Sicherheitstechnisch ist übrigens ein Kernreaktor einfacher zu handeln als ein RTG. Er besteht aus Uranbrennstäben bei den noch keine Kernreaktion eingesetzt hat. Es gibt also kaum Zerfallsprodukte vor allem keine lang strahlenden Actiniden, wie Plutonium, Neptunium und Americium. Brennstäbe sind, solange keine Reaktion gestartet wurde relativ harmlos. Sie strahlen zwar deutlich höher als die normale Umgebung, aber kurzzeitig kann man dieser Strahlung ausgesetzt werden.

Mit dem neuen Hyperium Reaktor soll deutlich besser liegen und kompakter sein mit 20 t Gewicht bei 26 – 30 MW Leistung, das heißt 1000 W/kg und damit deutlich besser als bisherigen Reaktoren. Mit 20 t Gewicht muss man auch bei Solarzellen rechnen so könnte man diesen Reaktor als Ersatz nehmen und hätte noch mehr Leistung als mit Solarzellen.

Bemannt mit Ionenantrieb zum Mond?

So denke ich würde auch ein Mondprogramm als Vorbereitungsprogramm zum Mars Sinn machen. Die Erforschung des Mondes oder eine Mondstation machen weniger Sinn als Marsvorbereitungsprogramm. Denkbar wäre natürlich auch als Vorbereitungsmission, dass man Ionentriebwerke für die bemannte Mission nimmt. Damit könnte man die lange interplanetare Reise simulieren. Mit genügend chemischem Treibstoff für eine schnelle Rückkehr könnte man trotzdem bei Problemen innerhalb von Tagen zurückkehren. Der Vorteil wäre, dass man hier mit einer kleineren Rakete auskommt. Die Orion mit Altair hätte eine Ares V und eine Ares I benötigt, vor allem weil die Orion deutlich schwerer als, die Apollokapsel ist. Die SLS wird selbst in der höchsten geplanten Ausbaustufe nie diese Nutzlast erreichen (zusammengenommen 211 t). Mit einem Mischantrieb (0,9 km/s chemisch, Rest Ionentriebwerke) könnte man 47 t in einen Mondorbit transportieren. Das entspricht einer Trägerrakete von 146 t die mit chemischem Treibstoff arbeitet. Gelingt es die SLS auf 152 t Nutzlast zu steigern, so könnte sie dieselbe Nutzlast mit diesem kombinierten Ionen-/chemischen Antrieb zum Mond befördern wie die Ares I+ Ares V Kombination (71,1 t).

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