Bernd Leitenbergers Blog

Verschwörungs-Hirngespinste

Auf das Thema meines heutigen Blogs brachte mich eine Radiosendung vor einigen Wochen. Da war ein Autor zu Gast der sich mit Verschwörungstheorien beschäftigt. Ich habe schon meine Probleme mit dem Wort: „Theorie“ ist für mich als Naturwissenschaftler ein definierter Begriff. In der Naturwissenschaft ist eine Theorie eine vereinfachte Vorstellung eines Phänomens, meist verknüpft mit einem Modell. Eine Theorie macht Vorhersagen, die sich durch Experimente belegen lassen und eine Theorie beschreibt somit in den Grenzen des Modells die Natur.

Als Beispiel aus der Astronomie: Nehmen wir die Newtonsche Gravitationstheorie, die geht davon aus, das sich Körper aufgrund ihrer Masse anziehen, sie sieht diese Masse aber in einem Punkt konzentriert, und es ist, egal wie sie in Wirklichkeit verteilt ist. Trotzdem kann man damit Raumsonden steuern, nur wenn man ganz nah ist und über längere Zeit misst, sieht man Abweichungen zu der Theorie die sich darin äußern, dass die Bahnen von Satelliten gestört werden durch die ungleiche Verteilung der Masse auf der Erde. Dass sie in ihren Grenzen richtig ist, das kann man auch nachprüfen, heute eigentlich selbstverständlich, denn ohne die Theorie könnte man keine Raumfahrt betreiben, weil es unmöglich wäre, die Bahnen der Satelliten und Sonden zu berechnen. Sie folgen aber den Berechnungen genau.

Eine Stufe darunter ist die Hypothese. Auch hier haben wir eine modellhafte Vorstellung eines Vorgangs, aber man kann dies (noch) nicht experimentell nachweisen. So was war die Relativitätstheorie für kurze Zeit, bis man vor etwas mehr als 100 Jahren die Beugung des Raums durch verschobene Sterne bei einer Sonnenfinsternis nachweisen konnte.

So gesehen müsste man von Verschwörungshypothesen sprechen, doch das klingt für mich immer noch zu hochtrabend für das, um was es sich handelt, nämlich Hirngespinste.

Das Grundlegende an einem Verschwörungshirngespinst ist wohl nach dem Autor, die Frage nach dem „Cui bono“ – wem nützt es? Kling zuerst logisch, doch Menschen sind nicht logisch. Der Gedanke stammt ja aus der Kriminalistik und ist jetzt auf anderes nur bedingt übertragbar. Einige Beispiele aus der letzten Zeit? Wem nützt es das man zur Coronabekämpfung in NRW nicht alleine auf einer Parkbank ein Buch lesen kann? Wem nützt es das ein Laden mit 800 m² Fläche aufmachen darf und eienr mit 801 m² nicht? Auch auf die Dinge, die von den Verschwörungs-Wirrköpfen aufs Korn genommen wurden, kann man nicht immer einen Nutzen für irgendjemanden erkennen. Nehmen wir die Mondlandung – es nützt weder einem sie durchzuführen (weshalb man es in 50 Jahren auch nicht wiederholt hat) noch sie nachzustellen? Denn wenn sie unmöglich ist, und das wird ja behauptet, dann weis das nicht nur die NASA, dann wissen das auch die Russen und alle anderen, die sich mit der Thematik befassen. Ein Postulat ist ja das der Van Allen Gürtel tödliche Strahlung enthält. Dann würde das sehr bald jedes Projekt, bei dem Satelliten diesen Gürtel häufig durchqueren (und da gab es etliche, alleine von der ESA wären da Exosat, Geos-2, Hipparcos, Integral, XMM und Cluster zu nennen) dies bemerken denn die würden dann auch ausfallen. Elektronik ist zwar widerstandsfähiger als Menschen, aber die Abschirmung eines Satelliten ist viel schwächer als die dicke Außenhülle der Kapsel und wir reden bei Satellitenmissionen ja nicht von zwei Passagen bei Hin- und Rückflug, sondern mehreren pro Tag und das über Jahre hinweg. Kurz: wenn es unmöglich ist, warum das nicht sagen, schließlich können dann auch die Russen nicht auf dem Mond landen.

Die neuesten Verschwörungstheorien drehen sich natürlich um Covid-19. Die auf den ersten Blick glaubwürdigere: das Virus soll aus einem Labor in Wuhan entkommen sein, das biologische Waffen entwickelt, wahrscheinlich sollte es in den USA als Antwort auf Trumps Chinaboykott eingesetzt werden. Wenn man weiß, dass es auch biologische Waffenforschung gab und einige Militärlabors die letzten Orte sind, wo es noch Pockenviren gibt, dann ist das zuerst inmal nicht so weit hergeholt.

Allerdings hat man nie biologische Waffen entwickelt, weder im Osten noch im Westen, und zwar aus gutem Grund. Die Engländer haben im zweiten Weltkrieg damit experimentiert und Milzbrandsporen auf einer unbewohnten abgelegenen Insel ausgebracht. Milzbrand ist auch für den Menschen tödlich, nur kommt er damit über den normalen Infektionsweg nicht in Berührung. Vielmehr nimmt Vieh die Sporen übers Gras auf. Verteilt als Aerosole, können auch Menschen sie einatmen und daran erkranken. Die Engländer setzten Schafe aus, die auch alle starben. Der springende Punkt, das war vor fast 80 Jahren. Noch immer darf man die Insel aber nicht betreten sie ist immer noch verseucht. Als Waffe tauglich sind Viren und Bakterien wegen des langsamen Krankheitsverlaufs auch nicht, anders als chemische Waffen wie Cholinesterasehemmer die eingeatmet innerhalb weniger Stunden tödlich sind. Bei Inkubationszeiten von 3 bis 7 Tagen trifft das auch auf das Covid-19 Virus zu. Kurz: es macht keinen Sinn. Vor allem, und das ist allen klar, verbreitet sich ein solches Virus schnell weltweit, wie man ja sieht, warum sollte man also so was züchten, wenn es einen doch dann selbst auch betrifft?

Die krudere Theorie ist, die das das Virus von Bill Gates freigesetzt wurde, denn er will eine globale Impfpflicht durchsetzen. Das einzig Wahre ist, das Bill Gates eine Stiftung betreibt, die sich dafür einsetzt das Menschen nicht an Krankheiten sterben, die durch eine einfache Präventionsimpfung vermeidbar wären und dafür sein eigenes Vermögen einsetzt und Kampagnen vor allem in Afrika unterstützt. Man muss schon einen sehr speziellen Sinn von Logik haben, wenn man jemanden der durch Impfung Leben retten will unterstellt, das er ein Virus aussetzt, das viele tötet, um eine Impfpflicht durchzusetzen.

Aber mit Logik haben es Verschwörungshirngespinste nicht so. Logisch wäre bei einer undurchführbaren Mondlandung das zu sagen und das Projekt einzustellen. Logik fehlt dann auch bei dem Teil, der eine Theorie ausmacht, dem experimentellen Beweis. Alle Verschwörungstheorien können ja nicht einen Beweis für ihre Theorie vorbringen, sondern alle ihre „Beweise“ sind falsch (absichtlich oder mangels Grundlagenwissen) gedeutete Tatsachen. Nehmen wir die Mondlandungsverschwörung, weil ich mich da am besten auskenne. Es gibt niemanden denn sie benennen können der einen Filmdreh gesehen hat oder dort beteiligt war, es gibt keine Requisiten, sie können nirgendwo auf der Erde einen Ort benennen, der so aussieht wie auf den Film- und Videoaufnahmen vom Mond. Alles, was sie haben sind Kritiken an offiziellen Fotos, Filmen. Nur weil ich etwas aber nicht verstehe oder falsch deute, muss es nicht so sein, wie ich mir das denke. Dazu gehört aber Selbstreflexion und ein gewisses Rüstzeug. Jeder der eine echte Theorie ausarbeitet versucht diese zu prüfen, mit schon existierenden Tatsachen zu vergleichen. Das kann man auch mit den zahlreichen Postulaten der Mondlandungsverschwörer tun. Wenn sie behaupten, dass Sterne auf den Aufnahmen fehlen, dann sollten sie einfach mal, wo es hell erleuchtet ist, wie in einem Sportstadium nachts mal eine Szene mit Himmel fotografieren, da müssten ja der Argumentation nach Sterne zu sehen sein. Das ist mit einer Digitalkamera ratz-fatz gemacht aber stattdessen schreiben sie lieber seitenlange Mails und Kommentare…. Aber dazugehört wohl eine gewisse Intelligenz, nicht im Sinne von Wissen über die Sache, das fehlt meiner Erfahrung nach immer, aber in dem Sinne, dass man seine eigenen Gedanken hinterfragt und überprüft. Für mich ist das selbstverständlich. Wie ihr wisst, schreibe ich meine Raumfahrtsimulationen selbst. Doch sind sie auch richtig? Wenn immer ich einen Teil abgeschlossen habe mache ich Tests mit bekannten Fakten, vergleiche z. B. meine Aufstiegskurfen und errechneten Nutzlastangaben mit weichen die ich aus der Literatur habe. Nur weil ich etwas selbst programmiert habe, muss es ja nicht fehlerfrei sein.

Ansonsten kann man als außenstehender auch Okhams Messer ansetzen – wenn es mehrere Erklärungen gibt dann ist meist die die richtige die weniger Stützannahmen benötigt, oder die einfach logischer klingt. Ein unverfängliches Beispiel. In meinen Artikeln gibt es viele Rechtschreibfehler und Kommafehler. Das kann man nun auf zweierlei Weise erklären:

Das sich die Medien damit befassen, sagt glaub ich mehr über die Medien aus als über die Glaubwürdigkeit der Argumente. Denn jeder, der mit einem Verschwörungshirngespinsler zu tun hatte, macht dieselbe Erfahrung. Man bekommt eine Mail, in der einem etwas unterstellt wird, in der es vor Kraftausdrücken wimmelt und manchmal wird man auch beleidigt, so der Journalist in der Sendung, der einige Zitate aus Mails vorlas, in der er unter anderem als „öffentlich-rechtliche Medienhure“ beschimpft wurde. Dazu kommt das sich die Leute als im Besitz des Steins des Weisen wähnen, sprich, obwohl sie von der Thematik (Raumfahrt als Beispiel) keinerlei Fachwissen haben, muss ihre Ansicht 100 % richtig sein und sie reagieren sehr allergisch, wenn man auch nur subtil andeutet, das das was sie schreiben falsch ist.

Verschwörungstheorien gibt es ja zu Hauff. Schon Hitlers Antisemitismus basierte auf einer. Detail am Rande: viele Nazis leugnen ja den Holocaust, ist bei uns sogar ein Straftatbestand. Finde ich irgendwie seltsam: Hitler hat in unzähligen Reden keinen Zweifel daran gelassen das er die Juden „vernichten“ will, hat sie ja auch schon vor dem Holocaust entrechtet, enteignet und vertrieben und heute sind ausgerechnet Nazis, die einzigen die das nicht glauben können?

Ich möchte den Blog mal nutzen euch zu bitten sie skurrilsten Verschwörungstheorien hier zu posten. Bis zu der Sendung war meine, das in der Geschichte irgendwann im Frühmittelalter 300 Jahren fehlen. Ich bin nun allerdings belehrt worden, dass es noch viel idiotischere Vorstellungen gibt und mein neuer Favorit für die skurrilste Verschwörungsvorstellung ist, dass wir von Reptiloiden regiert werden. Da ist meine eigene Vorstellung, das die US-Amerikaner immer den größten Trottel zum Präsidenten wählen, den sie finden können, ja fast noch realistisch.

Immerhin ein Hirngespinst wurde widerlegt. Die Chemtrails (Kondensstreifen von Flugzeugen) dienen dazu Substanzen auszuschütten, die die Menschen lethargisch machen, damit sie nicht aufmucken. Nun ist seit 6 Wochen der Flugverkehr eingestellt. Aber werden die Leute nun normal, nicht mehr lethargisch? Nein im Gegenteil. Die Wutbürger, ja selbst die Verbalattacken von AfD-Abgeordneten haben abgenommen. Millionen von Menschen halten sich an mehr oder weniger sinnvolle Einschränkungen. Also wenn die Flugzeuge wohl etwas versprüht haben dann wohl Aufputschmittel oder Mittel die Wahnvorstellungen auslösen – würde die Verschwörungshirngespinste und Wutbürger gut erklären, ist aber auch nur ein Hirngespinst….

Die mobile Version verlassen