Bernd Leitenbergers Blog

Die Julinachlese von SpaceX

Anders als im letzten Monat gibt es doch etwas neues – und zwar eine Zahl, auf die wir lange gewartet haben und sie lautet 22. Das Thema „Lohnt sich Wiederverwendung (ökonomisch)?“ ist ja emotionsgeladen wird mit teilweise sehr polarisierten Meinungen geführt, die im einen extrem davon ausgehen, dass es sich nicht lohnt und SpaceX Starts an Kunden, die die freie Auswahl haben, quersubventioniert durch hohe Startkosten für NASA, DoD und NRO und dem anderen Extrem, das alle anderen Hersteller von Raketen nur unfähig seien ihre Raketen wiederzuwenden und es sich natürlich lohne.

Bisher gab es keine Zahlen um den einen oder anderen Gesichtspunkt zu belegen, es gab aber andere Tatsachen. So das man die Wiederverwendung ja probiert hat – operationell beim Space Shuttle und mehrmals zumindest einmal erprobt oder konzeptionell durchgespielt bei verschiedenen Trägern. Dabei kam man zu dem Schluss, dass es sich in den durchgespielten Fälle mangelnde Faktenlage nicht lohnt.

Nun hat sich dies geändert, und zwar durch Änderung eines Kontraktes. SpaceX bekam im Dezember 2018 den Auftrag drei GPS Block III Satelliten (SV-04 bis 06) zu starten. Dieser Kontrakt hat einen Umfang von 290,5 Millionen Dollar oder 96,8 Millionen pro Start. Bisher bestand das DoD immer darauf, eine neue Rakete für jeden Start zu haben. Darauf hat sie nun verzichtet und SpaceX lässt 64 Millionen Dollar beim Startpreis nach. 64 Millionen Nachlass von 290,5 sind 22 Prozent. Um so viel wird die Wiederverwendung billiger.

Bevor nun einer gleich ins Kommentarfeld navigiert – nein man kann nicht die 64 Millionen Dollar Nachlass durch drei teilen und damit im Allgemeinen die Ersparnis bei jedem Start feststellen (rund 21 Millionen Dollar). Zu berücksichtigen ist, das Starts für alle Regierungsbehörden immer teurer sind, nicht nur bei SpaceX. Sie führen so viel Bürokratie ein, verlangen so viel mehr Nachweise, dass deutliche Mehrkosten entstehen. Ein Beispiel aus der Frühzeit der Kommerzialisierung der US-Träger. 1991 gab General Dynamics an, das ein Startvertrag für SES (Eutelsat 91) Seiten lang wäre, der für den Start von GOES-K mit der NASA dagegen 4.150 Seiten umfasste. Das sagt alles.

Entsprechend wird das DoD auch die Bergung verteuern, eine naheliegende Annahme ist aber das dies proportional zu anderen Aspekten des Starts ist und man so den Preisabschlag prozentual ermitteln kann. Weiterhin ist es ja so, das sonst SpaceX bei allen anderen Starts – auch für die NASA – schon gebrauchte Raketen einsetzen kann. Die kann man aber nicht unendlich oft starten – nach SpaceX eigenen Angaben rechnen sie mit 10-maliger Verwendung, wollen das Limit aber bei Starlink Starts auch praktisch erproben. Eine Landung scheiterte schon, weil ein Triebwerk schon beim Aufstieg ausfiel – da war es noch kompostierbar und diese stufe flog nur achtmal. Dieses Jahr musste SpaceX zum ersten Mal seit Langem eine erste Stufe neu produzieren, die Forderung des DoD nach neuen Erststufen hätte also SpaceX diese Produktion gespart. Damit sinkt aber auch die Gewinnspanne durch Verwendung einer gebrauchten Stufe, da man so die Stufe später herstellen muss.

Vor allem muss man bei einer echten Wirtschaftlichkeitsrechnung die Nutzlastabnahme entgegenrechnen. Angaben von Koenigsberg bedeutet eine Bergung auf See bei GTO Starts eine Abnahme der Nutzlast von 6,5 auf 5,5 t. Bei der Landung an Land wegen der Umkehrung der Aufstiegsbahn sind es sogar nur 3,5 t. Das sind die Verluste der heutigen Falcon 9 die auf Wiederverwendung ausgerichtet ist. Auf der Website findet man dagegen höhere Werte für die Nutzlast, für GTO 8,3 t. Wenn ich annehme, das selbst bei SpaceX man sich nicht einfach Werte ausdenkt, ist die für mich schlüssigste Erklärung das man die Falcon 9 mal so auslegte da,s sie diese Nutzlast hatte. Lange bevor die Wiederverwendung startete, gab es ja von Elon Musk Angaben von Strukturfaktoren (30 für die Erststufe und „nahezu 25“ für die zweite Stufe) und modelliere ich die Falcon 9 mit diesen Strukturfaktoren, so hat sie tatsächlich diese Nutzlast. Aber diese Version zerbrach schon bei den ersten Versuchen der Bergung in der Atmosphäre durch die Belastung. SpaceX besserte nach und nach einigen Fehlversuchen klappte auch die Bergung. Diese Version der Falcon 9 ist mit einigen kleinen Änderungen bis heute im Einsatz und auf sie bezieht sich Königsmann. Im Übrigen liegen veröffentlichte kommerzielle Startpreise, also nicht für die US-Regierungsorganisation auch immer über den Webpreisen angesiedelt. Der Start des 4.500 kg schweren Amazonas Nexus Satelliten kostet nach der Bank die ihn finanzierte 80,6 Mill. Dollar, nicht die 62 Millionen die SpaceX ausweist – wobei an der Bemerkung „up to 5,5 t to GTO“ schon erkennbar ist das bei Bergung die Nutzlast absinkt.

Das heißt: Der Umbau einer „Wegwerfrakete“ zu einer wiederverwendbaren hat die Nutzlast von 8,3 t in den GTO auf 6,5 t gesenkt. Dabei geht auch diese Rakete verloren. Birgt man sie, so sinkt die Nutzlast weiter ab auf 5,5 t. Das ist eine Abnahme von 33 %, also weitaus mehr als an Kosten eingespart werden. Selbst wenn ich von den 6,5 t ausgehe, sind es noch 15 % Nutzlastabnahme, was die reale Einsparung dann auf 7 % reduziert und das auch nur, wenn die Bergung gelingt, was ab und zu scheitert.

Auf Basis dieser Überlegungen sind eben andere Hersteller von Raketen, die ja auch einige Jahrzehnte Erfahrung mit der Technik und den Kosten haben, auf den Schluss gekommen das es sich für sie nicht lohnt.

Das grundlegende Problem beider Standpunkte ist, das sie nicht vergleichbar sind. Andere Hersteller haben existierende Raketen und die Kosten diese wiederverwendbar zu machen würden sich nicht lohnen – ihre Nutzlast würde sinken und es wird bei einer existierenden Rakete sicher teurer werden, als bei einer neu konzipierten. SpaceX fing bei Null an und hat meiner Ansicht nach folgenden Ansatz gewählt: sie haben eine Rakete gebaut die, wenn sie konventionell ausgelegt wäre, die besagten 8,3 t in den GTO und 22 t in den LEO bringt. Eine solche Rakete ist überdimensioniert für den Bedarf, denn es gibt bisher keinen Satellit in den GTO der mehr als 7 t wiegt und nur das US-Militär hat alle paar Jahre mal den Bedarf für 20+ t in den LEO, alle anderen LEO Nutzlasten, selbst die relativ schwere bemannten Raumschiffe wiegen erheblich weniger. Eine neue Rakete 30 % größer auszulegen als eigentlich nötig ist, vor allem wenn man zig-mal den gleichen Triebwerkstyp verwendet, ist viel einfacher als eine bestehende Rakete für die Wiederverwendung umzubauen. Eine Wegwerf-Falcon hätte etwas kürzere Tanks und käme mit 6 bis 7 Triebwerken in der ersten Stufe aus – der Mehraufwand ist also überschaubar. Was herauskam ist eine Rakete die, auf das Groß des Bedarfs ausgelegt ist – die meisten kommerziellen Kommunikationssatelliten wiegen unter den 5,5 t die wiederverwendbar möglich sind. Nur wenige über 6,5 t, die bei Verlust de ersten Stufe möglich sind. Ähnliches gilt für die Nutzlasten von NASA und DoD. Beim Kunden DoD ist der Knackpunkt auch weniger die Nutzlast, als vielmehr das die meisten militärischen Satelliten keinen integrierten Antrieb haben, also von der Stufe in den GEO gebracht werden. Das schafft eine nur zweistufige Falcon 9 mit mittelenergetischen Treibstoffen nur mit zu kleinen Nutzlasten. Für sie wurde die Falcon heavy konstruiert, wobei man schon an der Verzögerung des Erststarts – ursprünglich weniger als 1 Jahr nach der Falcom 9 geplant – sieht, das man dort den Markt als klein einschätzte und sich entsprechend Zeit lies, was sich ja auch bestätigte. Man muss nur beim bisherigen Launch Service Provider ULA die Zahl der Starts der Delta H und der der Delta M /Atlas V vergleichen, um zu diesem Schluss zu kommen.

Arianespace hat seit der Ariane 1 ein anderes Konzept um die Konkurrenz preislich zu unterbieten. Auch hier baut man eine eigentlich zu große Rakete – eine Ariane 5 kann mittlerweile 11,25 t in den GTO transportieren, Ariane 6 mindestens 12 t und an einer Steigerung um weitere 1-2 t wird gearbeitet. Diese Nutzlastkapazität liegt über den größten Nutzlasten. Aber es werden in der Regel zwei Nutzlasten gestartet, die sich eine Rakete und damit die Startkosten teilen. Gelingt es Kunden mit ihren Satelliten so zu paaren, dass sie die Nutzlastkapazität weitestgehend ausnutzen, so ist die effektiv. Es gibt auch hier Nachteile. Der Kokon, in dem der zweite Satellut steckt, gelangt auch in den Orbit. Er wiegt je nach Größe des Satelliten rund 500 bis 600 kg, also etwa 5 % der Nutzlastkapazität, die so verloren geht. Die Doppelstartkapazität war ja nicht unumstritten. Es gab immer wieder Perioden, in denen es nicht möglich war, Satelliten zu paaren, weil es Verzögerungen bei der Anlieferung gab oder man kein geeignetes Gegenstück in den Auftragsbüchern hatte. So ging der PPH-Entwurf für die Ariane 6 auch von der Aufgabe dieses Features aus und sah zwei Versionen mit einer maximalen Nutzlast von 6,5 t im Einzelstart vor – man sieht auch hier orientiert an den maximalen Satellitenmassen. Interessanterweise konnten gerade die kommerziellen Kunden Arianespace dazu bewegen, doch wieder die Doppelstartkapazität anzustreben. Wahrscheinlich haben sie eine entsprechende Anlieferung zugesichert, denn seit dieser Vereinfachung gab es auch bei Ariane 5 kaum noch Einzelstarts.

Der eigentliche wirtschaftliche Vorteil ergibt sich bei SpaceX nicht dadurch, dass die Rakete wiederverwendbar ist, sondern dass möglichst viel „in House“ gefertigt wird. Sowohl in Europa wie auch in den USA sind Dutzende von Firmen bei einer Rakete beteiligt. Lockheed baut die Strukturen, doch die Triebwerke kommen von Rocketdyne, Aerojet und Thikol. Die Avionik von Honeywell und IBM, die Nutzlastverkleidung von Oerlikon. Geht man von den Hauptsystemen weiter herunter, so findet man noch mehr Hersteller. Auf der einen Seite hat es Vorteile, wenn man das Triebwerk von einer Firma kauft, die nichts anderes macht als Triebwerke zu entwickeln und daher das Know-how dafür hat. Auf der anderen Seite will diese Firma auch Gewinn machen und in jedem Falle generiert es bei beiden Firmen Kosten für die kaufmännische Abwicklung der Zusammenarbeit. In Europa ist es sogar noch schlimmer als in den USA. Da die Rakete von der ESA finanziert wird, gibt es das Prinzip des Geographical Returns, man bekommt also genau den Teil, den man finanziert als Entwicklungsaufträge wieder zurück. Eine Ariane entsteht so in ganz Europa. Die Hauptänderung bei Ariane 6 ist, dass man diese Grenzen gelockert hat und die Fertigung zusammengefasst hat.

Ein zweiter Punkt ist die Stückzahl. Gerade durch Einzelstarts kommt man auf doppelt so viele Träger und damit wird jeder billiger und Fixkosten für den Weltraumbahnhof sinken pro Start. Hier sind alle US-Anbieter im Vorteil, weil die USA nur mit eigenen Trägern startet. Bei ULA waren dies fast alle Starts und bei SpaceX sind es, wenn man die firmeneigenen Starlink Starts weglässt, von den externen Aufträgen auch in etwa die Hälfte, dagegen bei Arianespace nur 20 bis 25 Prozent. Ein Forderung an die ESA, die so wie es aussieht, aber nicht erfüllt wird, ist das die ESA entsprechend eine gewissen Anzahl an Start pro Jahr fest bucht, um die gefertigte Stückzahl zu erhöhen. Hier habe ich als Europäer und als jemand der mit Ariane groß geworden ist, zu kritisieren: Gerade Deutschland bucht gerne nicht-europäisch, so der Bundeswehrsatellit SARAH auf eine Falcon 9. Auch war es bisher fast immer so, dass ein europäisch-amerikanisches Gemeinschaftsprojekt wie Solar Orbiter, Sentinel 6 immer an Bord einer US-Rakete startete. Ich denke in der Hälfte der Fälle sollte es eine europäische sein.

Die USA könnten übrigens noch mehr sparen, indem sie den Ansatz der CRS und Commercial Crew zugrunde liegt, ausdehnen. Der wesentliche Unterschied zu anderen Aufträgen ist, das Sie bei CRS/CCdev „normale Kunden“ sind, anstatt alles zu bestimmen und Sonderwünsche umgesetzt haben wollen, die den Start verteuern, von der Bürokratie die sie mitbringen, ganz zu schweigen. Die ESA ist für Arianespace ein Kunde wie jeder andere. Es gibt keine Sonderbehandlung und die veröffentlichten Startpreise sind auch mit denen kommerzieller Kunden vergleichbar. Das würde den Regierungsorganisationen sehr viel Geld ersparen. Noch mehr wäre es, wenn sie den günstigsten internationalen Anbieter für eine Mission wählen. Gerade der Start, der GPS Block III Satelliten zeigt dies. Jeder Block III Satellit wiegt 3,880 kg und gelangt in einen Transferorbit, der in etwa den gleichen Geschwindigkeitsbedarf wie ein GTO hat. Selbst die Falcon 9 ist dafür noch zu groß. Eine Ariane 62 könnte zwei dieser Satelliten starten und würde dann mit 53 Millionen Dollar pro Satellit leicht die Falcon 9 unterbieten. Der europäische/amerikanische Sentinel 6 wog nur 1.362 kg und wäre damit sogar mit einer Vega für 38 Millionen Dollar startbar. Chinesische und russische Anbieter wären noch billiger, kämen aufgrund politischer und Sicherheitsbedenken aber nicht in Frage. Wenn eine Ariane das James Webb Teleskop starten darf, der teuerste Satellit, der je gebaut wurde. Ist sie dann nicht gut genug für einen Navigationssatelliten der Sin Serie gebaut wird?

Durch die Beschränkung auf (zertifizierte) US-Träger lohnt sich zumindest für die US-Regierung Wiederverwendung (nahezu) nicht. Denn so unterbietet SpaceX die (bekannten) Preise der anderen Konkurrenten gerade son das man den Auftrag erhält, wenn dieser aus Proporzgründen (z.B. bei dem Dod) nicht sowieso gesplittet wird. Dann kann der Start einer Falcon 9 mal 50 und mal 109 Millionen Dollar kosten – 50, wenn die Nutzlast so klein ist, das eine Pegasus auch die Alternative wäre, 109 wenn die Konkurrenz eine Atlas 401 ist. Bei der Falcon Heavy sind die Gegensätze 117 und 331 Mill. Dollar – auch hier hätte bei der kleineren Nutzlast eine Atlas V gereicht, bei dem teuersten Start dagegen eine Delta 4H.

Das leitet mich zum letzten Punkt über, der wohl gerne falsch verstand wird nämlich meine Ansicht der Frage „Lohnt sich die Wiederverwendung“ und damit zusammenhängend „Was hat SpaceX für die Raumfahrt getan?“. Beides wird ja immer von Fans bejaht, die aber leider meist keine stichhaltige für mich Begründung dafür liefern. Wie ich ober erörtert habe, lohnt sich Wiederverwendung bei einem existierenden Trägersystem nicht. Die eingesparten Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand, und vor allem da ein existierendes Trägersystem auf eine an die Nachfrage angepasste Maximalnutzlast angepasst ist und diese Nutzlast bei der Bergung absinkt, wird es unwirtschaftlich. Klassische Trägersysteme, die die minimale Zahl an Triebwerken einsetzen (meist eins oder zwei) können auch nicht den Weg beschreiten wie SpaceX eine Stufe mit 9 Triebwerken zu bauen. Aber ein neu konzipiertes System kann durch Wiederverwendung der ersten Stufe die Startkosten senken. Ob das bei der Oberstufe auch so ist, wird sich zeigen – die kostet weniger, ihre Bergung ist aber mit noch mehr Nutzlastverlust verbunden. Nur als Hausnummer: das Starship/SuperHeavy Gespann wiegt dreimal so viel wie die Falcon heavy die schon weitestgehend wiederverwendbar ist, hat aber nur 40 % mehr Nutzlast. Aber diese Erkenntnis ist nicht neu. Auch das wiederverwendbare Space Shuttle musste neu konzipiert werden und man baute nicht einfach eine Saturn V mit derselben Startmasse so um, das sie bergungsfähig ist.

Die zweite Frage hängt damit zusammen. Denn dann geht es um meine Sicht auf Raumfahrt. Für mich ist Raumfahrt vor allem Forschung, die Erforschung unseres Sonnensystems, des Universums, aber auch der Erde. Die Überwachung unserer Erde auf Veränderungen, aber auch wenn Menschen dabei sind, Unternehmen, die etwas von Abenteuer, von Herausforderung haben. Das wären Mondlandungen oder Marsmissionen, aber nicht die Arbeit auf der ISS, wo sich die Forschung letztendlich darum dreht, wie sich die Schwerelosigkeit auf den Menschen auswirkt und wie man ihr begegnet. Um es ketzerisch zu formulieren: wenn niemand zur ISS fliegt braucht man auch die Forschung nicht. Raumfahrt sind nicht Trägerraketen. Sie sind nur Werkzeuge um den Weltraum zu erreichen. So habe ich schon mehrfach drauf hingewiesen das es für die EU billiger wäre, die teurere Ariane 5 weiter zu betreiben, anstatt eine Ariane 6 zu entwickeln. Die Entwicklung wird von der ESA finanziert, den finanziellen Nutzen haben aber zu ¾ kommerzielle Kunden. Wenn man ein funktionierendes System hat, muss man nicht ein neues entwickeln, wenn sich dies wirtschaftlich nicht lohnt. Russland und China setzen aus diesem Grund ihre Raketen seit Jahrzehnten weitestgehend unverändert ein. Ebenso gehören, so für mich nicht militärische Raumfahrt, eigentlich nur ein Teil des Militärs, sowie jede kommerzielle Nutzung des Raums – letztendlich nur das Erschließen von neuen Geschäftsfeldern durch die Wirtschaft zur „Raumfahrt“, die bei mir vielleicht besser „Raumforschung“ heißen sollte.

Wenn jemand diese Aspekte hinzunimmt, dann ist für ihn sicher die Aussage „Wiederverwendung lohnt sich“ korrekt. Sie generiert für SpaceX Gewinne, die derzeit ins Starlink Projekt gehen, das nach meiner Definition eben nicht zur Raumforschung gehört. Irgendwann wird es bei SpaceX kein Projekt mehr geben, auch weil die Investoren auch mal Gewinne sehen wollen. Dann wird Wiederverwendung im Speziellen und SpaceX im Allgemeinen diese Investoren, darunter Elon Musk reich gemacht haben. Doch die Raumfahrt an sich hat nicht dadurch profitiert. Kunden von SpaceX profitieren con leicht niedrigeren Preisen als bei der Konkurrenz, aber wie ich schon durch Zahlen belegte, nicht signifikant niedrigeren, denn schließlich will SpaceX den Profit maximieren. Die meisten Nutzlasten der Kunden sind aber keine Forschungssatelliten. So spart das US-Militär, die NRO und Konzerne wie SES oder Intelsat Geld. Aber was bringt das der Raumfahrt?

Ebensowenig hat SpaceX nichts in meiner Definition für die Raumfahrt getan. Ja die meisten Firmen haben nichts für die Raumfahrt getan, denn die meisten verfolgen nur Projekte mit denen sie Geld verdienen, entweder durch staatliche Finanzierung (Raumfahrtagenturen, Militär, Umwelt/Wetterorganisationen) oder durch andere Firmen (Bau von Kommunikations-, Erdbeobachtungssatelliten). Die Zahl der Projekte, die auf eigne Kosten finanziert wurden, kann man wirklich überschauen und meist waren es Projekte mit bescheidenem Finanzaufwand die dazu dienten etwas zu beweisen, um mehr staatliche Mittel zur Umsetzung in größerem Maßstab zu bekommen. SpaceX hat die Falcon 9 zur Hälfte selbst finanziert – doch das hat Orbital bei ihrer Antares auch und beide Unternehmen haben sicherlich diese Summe bei dem folgenden CRS-Kontrakt wieder reingeholt. Ja wenn ich mal wieder ketzerisch sein darf: nachdem SpaceX nach offiziellem OIG Report bei CRS-2 der teuerste der drei Anbieter ist (obwohl Sierra Nevada einen Transporter erst auf eigene Kosten entwickeln muss und obwohl Trägerrakete und Kapsel bei SpaceX wiederverwendbar sind) könnte man zu dem Schluss kommen das Wiederverwendung sogar teurer als Nichtwiederverwendung ist. SpaceX hat sich die Fähigkeit zur Frachtrückholung eben gut bezahlen lassen. Das macht jede Firma so und es zeigt, dass die Firma eben auch nicht mehr für die Raumfahrt tut als andere Firmen. Vor allem müsste, wenn die Technologie etwas für die „Raumfahrt“ an sich gebracht hat, sie ja offen sein, also andere Firmen sie übernehmen können, ohne alle Fehler von SpaceX zu wiederholen und auf ihren Erfahrungen aufzubauen und auf ihren Erfahrungen aufzubauen. Das ist aber nicht der Fall.

Nicht, dass es vollmundige Ankündigungen gab, etwas für die Raumfahrt zu tun. Elon Musk will seiner eigenen Legende nach SpaceX gegründet haben, weil er eine Raumsonde zum Mars schicken wollte und die Träger zu teuer waren. Nun könnte er es ja, tut es aber nicht. Angekündigt war eine Dragon die auf dem Mars landet „Red Dragon“, für die hat die NASA sogar angefangen Experimente zu entwickeln, bis sie wieder eingestellt wurde und anstatt einen Tesla hätte man beim Jungfernflug der Falcon Heavy sicher auch etliche Kleinsatelliten oder Sonden von Universitätsinstituten mitnehmen können, wenn der Start sowieso nur der Erprobung dient.

Profitieren tun auch Reiche, die nun wieder einen Space-Trip buchen können. Doch zum einen ist das nicht das, was ich unter Raumfahrt verstehe, zum andern hat die Entwicklung der Crewed Dragon ja die NASA komplett finanziert und die der Falcon 9 zur Hälfte, also der Teil, der von SpaceX stammt, ist klein, und selbst wenn man den Space Tourismus zur Raumfahrt dazu zählt, ist dann auch der Beitrag den SpaceX zur Verbesserung dieses Teils der Raumfahrt leistet entsprechend klein.

Also wenn ein Blog Kommentator meint, das die Steigerung der Gewinne von Konzernen, Investoren und Elon Musk die Raumfahrt vorangebracht hat, dann hat er recht, dann hat SpaceX viel für diese Art von Raumfahrt getan.

Zuletzt noch ein Ausblick. SpaceX plant nach Aussagen von Shotwell den ersten orbitalen Start eines Starships noch im Juli. Nach dem Plan ist es ein suborbitaler Start, das heißt, das Starship geht vor Hawaii nieder, absolviert also nur 2/3 eines Orbits. Da keine Bergung geplant ist, wird das primär ein Test der Antriebstechnologien.

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