Bernd Leitenbergers Blog

Der zweite SpaceX Teststart

Nachdem die FAA (Federal Aviation Administration) nach Konsultationen mit der FWS (United States Fish and Wildlife Service) den Start freigegeben hat hat SpaceX es sehr eilig und will schon am Freitag startem. Es gibt ein zweistündiges Startfenster bei 7 a.m. Central Time, das ist 13;00, UTC und da wir in Deutschland 1 Stunde vor UTC sind, müsste es zwischen 14:00 und 16:00 MET also deutsche Zeitzone sein. Die Firma wartet ja nach eigenen Angaben schon seit September auf eine Startgenehmigung und fühlt sich nach Aussage von William „Bill“ Gerstenmayer (früher bei der NASA nun Vice President, Build and Flight Reliability bei SpaceX) von der FAA „gegängelt“.

Update: Start verschoben auf Samstag 18.11.2023, Startfenster zwischen 14:00 und 14:20

Hier der offizielle Countdown (nach SpaceX Webseite vor dem Start)

COUNTDOWN

Alle Zeiten sind ungefähre Angaben / nach dem Abheben „wenn alles nach Plan läuft“

STD./MIN./SEK EREIGNIS

02:00:00 Der SpaceX-Flugdirektor checkt die Bereitschaft aller Stationen und gibt GO für die Treibstoffzuladung

01:37:00 Superheavy LOX Betankung startet

01:37:00 Superheavy Methan Betankung startet

01:17:00 Starship Methan Betankung startet

01:13:00 Starship LOX Betankung startet

00:19:40 Vorkühlung der Raptos in Superheay und Starship

00:00:10 Aktivierung des Flammenabweisers

00:00:03 Die Zündsequenz des Raptors beginnt

00:00:00 „Spannung garantiert“

00:00:02 Abheben

00:00:52 Max Q (Moment der höchsten mechanischen Belastung der Rakete)

00:02:39 SuperHeavy MECO (die meisten Motoren werden abgeschaltet)

00:02:41 Hot-Staging (Starship Raptor-Zündung und Stufentrennung)

00:02:53 SuperHeavy-Boostback-Zündung-Start

00:03:47 Abschaltung des SuperHeavy-Boostback-Burns

00:06:18 SuperHeavy unterschreitet die Schallgeschwindigkeit

00:06:30 Start der SuperHeavy-Landungssequenz

00:06:48 Abschaltung der Landetriebwerke

00:08:33 MECO des Starships

01:17:21 Beginn Wiedereintritt

01:28:43 Starship unterschreitet die Schallegschwindigkeit

01:30:00 Aufschlag nördlich von Hawaii

Der Webcast beginnt 35 Minuten vorher, also bei 13:25 deutscher Zeit.

Einige kleine Änderungen kann man schon beobachten, vergleicht man einige Zeiten nmit dem ersten Test am 20. April.

Ereignis Erster Start Zweiter Test
Max-Q 55 s 52 s
Brennschluss SuperHeavy 169 s 159 s
Abbremsung 55 s, 13 Triebwerke 54 s
Landungsburn 23 s, drei Triebwerke 18 s
Brennzeit Starship 352 s 352 s

Schon das frühere Erreichen von Max-Q zeigt, dass die Triebwerke mehr Schub haben. Beim ersten Start sollten es ja nach damaliger Angabe 90 Prozent sein, diesmal sind es – wenn die 90 Prozent Angabe stimmt – 95,6 Prozent. Noch größer ist die Differenz beim Starship, hier wären es 98 Prozent (ebenfalls unter der Annahme, das beim ersten Test 90 % Schubniveau herrschte).

So müsste man gleich nach dem Start sehen können ob was schiefging, denn nominell hat das Starship fast 50 % mehr Schub als es wiegt, müsste mit 15 m/s beschleunigen wovon dann nach 5 m/s übrig bleiben. Bei 90 % Schub sind es nur 3,5 m/s. Damals brauchte es ja ganze 15 Sekunden um nur den Startturm zu passieren, weil schon beim Start drei Triebwerke ausfielen und dann die Beschleunigung auf 2,2 m/s sank.

Etwas ungewöhnlich finde ich die Angabe bei 0:00 „Excitement guaranteed“, da es schwer fällt, ein Ereignis hier zuzuordnen. Die Zündungssequenz beginnt bei 3 Sekunden. Abheben ist aber erst bei +2 s. Ich kenne es, dsas man entweder auf die Marke 0:00 den Beginn der Zündsequenz legt oder das Abheben. Aber nicht, dass diese Zeitmarke zwischen diesen Punkten liegt. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Triebwerke über 3 Sekunden nacheinander gezündet werden um den Stress zu reduzieren (auch die F-1 der Saturn V wurden nacheinander gezündet, da es aber nur fünf Triebwerke waren, dauerte das keine drei Sekunden), sodass bei T-0 alle Triebwerke laufen und der Start nicht mehr abgebrochen werden kann. Bis dann auch die letzten Triebwerke ihren vollen Schub erreicht haben und das Starship abhebt (Halteklammern scheint es ja keine zu geben, sonst wäre, wenn man den Start nach T-0 abbrechen könnte auch die T-0 Zeitmarke unbedeutend) vergehen dann noch zwei Sekunden.

Wahrscheinlich ist der höhere Schub und damit die Verkürzung der Zeitspanne des Aufstiegs zum Orbit verantwortlich für die von Elon Musk für diesen Start offerierten 5 bis 8 Prozent mehr Nutzlast, denn sie erreicht nach Plan nach 513 Sekunden den Orbit, beim ersten Testflug waren es noch 556 Sekunden. Eine spätere Berechnung ergab allerdings, dass auch diesmal nicht der Nennschub eines Raptors 2 erreicht wurde, aber man ist nahe dran.

Eine Angabe über die Nutzlast, das heißt wie schwer die Instrumente und eventuell Ballast sind gibt es wie beim ersten Start keine Angaben. Später wurde bekannt das gar keine Nutzlast- auch kein Ballast – mitgeführt wurde.

Die Superheavy soll nach der bei diesem Start erstmals praktizierten heißen Stufentennung – das seit 2019 entwickelte Stufentrennungsverfahren drehen. Die Stufentrennung, die angeblich beim ersten Teststart ITF-1 nicht ausgelöst wurde, nach Ansicht des Autors aber einfach nicht funktionierte, weil die Rakete zum Schluss der Brennphase der SuperHeavy in das bei dem damaligen Verfahren vorgesehene Drehung ging, dann aber aus dieser Drehung nicht mehr herauskam. Das wird wohl auch der Grund gewesen sein, warum man sich so abrupt von der Vorgehensweise verabschiedet, anstatt nach dem Fehler zu suchen und es m Funktionieren zu bringen.

Nach der Stufentrennung die „heiß“ erfolgt, das heißt die Triebwerke der SuperHeavy arbeiten zum Teil noch (nicht alle, sonst würde die Stufe mit dem Starship kollidieren da sie viel schubkräftiger und leichter ist) dreht sich die SuperHeavy und die 13 inneren, und das sind die einzigen steuerbare Triebwerke vernichten zuerst die horizontale Geschwindigkeit nach Osten und baut sogar eine Geschwindigkeit nach Westen auf. Die Stufe soll dann im Atlantik vor dem Startort in Boca Chica, Texas aufschlagen. Operative Exemplare sollen dort wieder landen.

Das Starship gelangt – genau ist das nicht erläutert worden – entweder in einen Orbit und bremst aus diesen zum Wiedereintritt wieder ab, oder erreicht nur eine suborbitale Flugbahn. In jedem Falle soll das Starship nördlich von Hawaii im Pazifik niedergehen. Eine wiche Landung ist nicht vorgesehen. Nach Elon Musk ist nicht mal wichtig, ob es den Wiedereintritt überhaupt überlebt. Er hängt den Anspruch relativ tief, wenn es zur Stufentrennung kommt, wären die Testziele erreicht, die Wahrscheinlichkeit einen Orbit zu erreichen bezifferte er als 60 Prozent.

Es gab nach dem letzten Testflug vom 20.4.2023 insgesamt 63 Änderungen, die als Ergebnis, durch die interne und von der FAA abgesegnete Untersuchung herausgearbeitet wurden. Die augenscheinlichste Änderung wird man schon beim Start sehen: es ist ein Flammenumlenkschacht mit einem Wasser-Sprinklersystem die Flammen kühlt, sodass es nicht erneut einen metertiefen Krater unter dem Startturm geben sollte.

[Edit Nachlese – ganz kurz]

Sieben Monate nach dem ersten Starship startete das nächste. Inzwischen war das Flammenunterdrückungssystem installiert und die Umweltschäden blieben aus. Auch arbeiteten alle Triebwerke der SuperHeavy bis zur Stufentrennung, obwohl auch diesmal bei einer Testzündung im Vorfeld einige nicht zündeten.

Die neue Stufentrennung klappte, danach sollte die SuperHeavy mit 13 ihrer Triebwerke ein Drehmanöver durchführen, dass sie zurück zum Startort bringt. Diese Triebwerke fielen nacheinander aus und kurz nach Verlöschen des letzten Triebwerks explodierte die Superheavy. Für dieses Ereignis wurde auch später keine Erklärung gegeben.

Die Oberstufe, das eigentlich Starship setzte ihren Flug fort bis nach etwa 8 Minuten, nur rund 30 Sekunden vor dem Zeitpunkt, bei dem es den Orbit erreichen sollte, zuerst die Triebwerksanzeige im Video ausging und dann die Stufe explodierten. Der Kommentator meinte das Selbstzerstörungssystem wäre aktiv geworden, ohne die Ursache zu nennen. Amateurastronomen konnten den intakten oberen Teil des Starships aber in ihren Teleskopen nach der Explosion noch ausmachen.

Während Elon Musk beim ITF-1 wenige Tage einige Erklärungen abgab, hielt er sich diesmal fast zwei Monate bedeckt. Für die Explosion der Superheavy gibt es noch keine Erklärung weder von Elon Musk, noch von SpaceX, aber für die des Starships:

„Flight 2 actually almost made it to orbit,” he said. “If it had a payload, it would have made it to orbit because the reason that it actually didn’t quite make it to orbit was we vented the liquid oxygen, and the liquid oxygen ultimately led to a fire and an explosion.”

Also man hat beim Testflug ITF bei einer noch arbeitenden Rakete während des Flugs, bevor ein Orbit erreicht wurde, Sauerstoff aus dem direkt über den Triebwerken liegenden Tank abgelassen und das hat ein Feuer verursacht und so eine Explosion resultiert.. Anders als zuerst behauptet war das Selbstzerstörungssystem nicht aktiv. Dieser zweite Fehlstart wirft die Frage auf, ob man bei SpaceX sich überhaupt irgendwelche Gedanken macht. Flüssigen Sauerstoff abzulassen während wenige Meter davon entfernt es die Triebwerksflammen gibt, ist so unüberlegt und leichtsinnig, das man dies kaum in Worte fassen kann.

Noch seltsamer ist die Begründung: wenn man ohne den Sauerstoff abzulassen einen Orbit erreichen würde, warum lässt man ihn dann nicht während der Orbitphase ab, wenn die Triebwerke nicht mehr aktiv sind – das Treibstoff abgelassen werden muss ergibt sich daraus das ein Wiedereintritt ansteht und da würde der Treibstoff durch die Erhitzung verdampfen und das Starship sprengen.

Noch seltsamer ist, das SpaceX nicht einfach Ballast mitführt, das kostet nun ja wirklich nicht viel Geld und erlaubt es viel besser die spätere Performance zu beurteilen. Wie woanders gibt es bei SpaceX Ursachen für Fehlschläge, die man von anderen Firmen nicht kennt, noch aus der bisherigen Raumfahrtgeschichte die nun auch schon mit 66 Jahren sich dem (bundesdeutschen ) Rentenaletr nähert.

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