Bernd Leitenbergers Blog

Beim vierten Anlauf klappts

Gestern hat sie es im vierten Anlauf noch geschafft tatsächlich einen Orbit zu erreichen. Die Falcon 1. Ist damit alles gut? Nein. Es stehen noch viele Starts an. bevor in denen sie zeigen muss wie zuverlässig sie ist. Von SpaceX gab diesmal keinen Webcast mehr und die Firma will das Video erst später veröffentlichen. Nur Statements die teilweise falsch sind (so sollen 5200 m/s für einen Orbit ausreichen). Der Orbit ist auch nicht der geplante. Es war ein höherer Orbit geplant, was auf eine Underperformance der Rakete schließen lässt. Man wird die Nutzlast wohl weiter reduzieren müssen (aufgrund der Angaben über Brennzeiten und dadurch verbliebenen Resttreibstoff kann man erreichen, dass die Falcon in diesen Orbit etwa 160 kg mehr transportiert hätte als sie es tat – das sind dann 330 kg.

Ich finde es belustigend, wie optimistisch Musk in verschiedenen Interviews trällert. Jetzt will er die Demonutzlast (die eigentlich vorgesehene wurde nicht gestartet) ja sogar von seinen Astronauten bergen lassen, die mal in seiner Dragon Kapsel starten. Sofern die jemals in die Lüfte kommt. Aber wofür das alles? Er hat nach eigenen Angaben etwa 100 Millionen Dollar in eine Rakete investiert, die eine Nutzlast von maximal 420 kg hat. Nimmt man noch die Angaben auf der Website für andere Beteiligungen hinzu, so kommt man bestimmt auf die doppelte Summe, also 200 Millionen. Das ist dann nicht mehr billig, die Vega Entwicklung kostet 262 Millionen Euro und ergibt eine Rakete mit 2500 kg Nutzlast. Macht man die Rechnung Millionen/kg Nutzlast, so ist die Vega eindeutig günstiger.

Die konkurrenzlos niedrigen Preise gibt es auch nicht mehr, nachdem der Startpreis der Falcon 1 um 213 % in vier Jahren angestiegen ist (weniger durch Preiserhöhungen als durch die Abnahme der Nutzlast).

Obgleich nun der erste Erfolg erzielt wurde, ist SpaceX einmalig. Ich habe lange gucken müssen bis ich einen Träger fand, der bei den ersten 3 Flügen 3 Fehlstarts hatte. Eingefallen sind mir die Atlas Able und die Europa. Interessanterweise haben beide Träger Gemeinsamkeiten mit der Falcon. Die Atlas Able war der Versuch möglichst schnell einen Mondorbiter zu starten. In dem damaligen Wettlauf im Weltraum wollte man unbedingt vor den Sowjets diese Erstleistung vollbringen, also kombinierte man was man hatte – Die noch unerprobte Atlas (In der C Version, ein Entwicklungsmuster dass nie stationiert wurde) und die Oberstufe der Vanguard, die Able. Alle 3 Starts schlugen fehl.

Die Europa scheiterte beim Versuch den Orbit zu erreichen. Die vorgehenden Flüge mit einer und zwei Stufen waren erfolgreich oder teilweise erfolgreich. Bei Europa waren zwei Gründe ausschlaggeben: Sie war zum einen die erste Weltraumrakete für Europa und jedes Erstlingswerk ist riskanter, weil keine Erfahrungen vorliegen – und die Zusammenarbeit war katastrophal. Im Prinzip arbeitete jeder an seinem System, keiner betrachtete aber das Gesamtsystem – Das war dann auch die Ursache der Fehler.

Die Ursachen der bisherigen Fehlschläge der Falcon 1 haben ähnliche Ursachen- mangelnde Erfahrung und fehlende systemische Kenntnisse. So ist dies z.B. die erste Falcon 1, die weitgehend identisch zu ihrer Vorgängerin war. Vorher hat man immer was verändert. Wie soll man einen Fehler finden, wenn man dauernd die Konfiguration ändert? Dazu kommt aber noch etwas anderes: Der Sparzwang, denn die Rakete soll preiswert sein. Wozu braucht man Prallbleche in der zweiten Stufe? Die lassen wir weg?. Wozu Retroraketen, wenn die zweite Stufe doch zündet und sich dann von der ersten wegbewegt? Kann man die auch weglassen? Das ist so wie wenn Chinesen die A-Klasse nachbauen und dann es preiswerter machen? Wozu braucht man Airbags, ABS oder Gurte? Kann man weglassen, das Auto fährt trotzdem – Ja bei Sonnenschein und leeren Straßen, aber wehe es regnet oder man muss überraschend bremsen….

Wie bei SpaceX gearbeitet wird verdeutlicht auch ein Statement in einem Online Chat mit der Washington Post: Must sagte der "Papierkram" der NASA würde die Raketen um 25 % teurer machen. Dieser "Papierkram" ist eine geforderte, lückenlose Dokumentation der Fertigung und der gemachten Arbeiten, die auch bei Arianespace parallel betrieben wird, ohne das hier sie jemand fordert. Bei jeder Schraube wird notiert, mit welchem Drehmoment sie festgezogen wird. Das klingt für Laien perfektionistisch, aber bei Raketen wo kleine Fehler katastrophale Auswirkungen haben, ist dies gängige Praxis. Zum einen bewirkt man damit, dass man sich an vorgegebene Abläufe hält und diese genau so durchführt wie beschrieben. Zum anderen denken die Leute dann nach, was sie tun und ob sie es richtig tun. Und zuletzt hat man eine Möglichkeit Fehler einzukreisen und daran zu arbeiten. Als Apollo 13 verunglückte war sofort klar, als man die Dokumentation durchlas, welche Fehler man bei dem Sauerstofftank gemacht hatte. SpaceX hält das für überflüssigen Ballast – Als die NASA dass auch mal dachte und so Raumsonden billiger machen wollte, verlor sie einige durch ganz dumme Fehler….

Ist nun alles Freude, Freude, Eierkuchen? Nein SpaceX hat bewiesen, dass man mit einer Investition von 200 Millionen Dollar bei vier Starts eine Rakete bauen kann, die einmal in diesen vier Flügen erfolgreich flog – Zuverlässigkeitsquote 25 %. Für einen Kunden wird das nicht reichen. Da werden noch etliche Flüge folgen müssen, bis das nötige Vertrauen da ist Wenn es da ist, ist die Firma gut platziert. Arianespace hat sich solches Vertrauen erarbeitet und weitere Kunden hinzugewonnen selbst als die ersten Flüge der Ariane 5 G und Ariane 5 EC-A fehlschlugen. Bis SpaceX soweit ist werden noch einige Jahre vergehen.

Vor allem lebt SpaceX nicht im luftleeren Raum. Zum einen gibt es Konkurrenz, vor allem in Russland mit der Dnepr und Rockot aber auch Indien mit der PSLV. Zum zweiten haben wir heute 2008 und nicht 1959 oder 967. Amerika hat 50 Jahre Erfahrung im Bau von Raketen und wenn dann ein Newcomer es nicht schafft, dann zeigt dies, das etwas im Argen liegt. Bei den vergangenen Flügen gab es ja immer wieder Bemerkungen die darauf schließen lassen, dass man nicht mal zugekauftes Equipment richtig einsetzen konnte wie ("Der GPS Sender ist der gleiche wie in Rakete XY, nur bei uns ist er ausgefallen… oder "Der Fallschirm stammt von derselben Firma wie die Space Shuttle Fallschirme, nur bei uns hat er sich nicht geöffnet"). Selbst zum Zusammenbau eines Ikea Regals braucht man handwerkliche Fähigkeiten, wenn man die nicht hat, dann nützen einem die Ferigbauteile nichts

Erst mal hoffe ich auf der Website mehr Fakten vorzufinden um abschätzen zu können wie hoch die Nutzlast wirklich ist. Bislang gibt es da wie immer nur heiße Luft.

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