Bernd Leitenbergers Blog

Noch mal: rechnen wir mal nach

Der Messias hat erneut zu den SpaceX Jüngern gesprochen. Diesmal lies sich der göttliche Designer Elon Musk über seine Pläne für vier Startplätze, die er braucht um alle Kundenwünsche zu befriedigen. Dies sind:

Am Ende des Artikels klingt noch an, man bräuchte wenn man erfolgreich ist, noch einen weiteren Startplatz.

Dann gibt es noch die Prognose, immer wieder wiederholt, man wolle zehn Falcon heavy und zehn Falcon 9 pro Jahr starten.

Nun ich habe mich schon darüber ausgelassen, warum man für 20 Starts keine vier Startplätze braucht. Das zeugt eher von Ineffizienz als von Effektivität. Mit dem Artikel ist einiges klarer geworden. Klar war vorher schon, dass man Vandenberg nur für polare Starts braucht. Das sind nur wenige, vor allem Erdbeobachtungssatelliten und Wettersatelliten. Nun mag Pad 39A geeigneter für bemannte Missionen sein, aber noch ist nicht offen, dass SpaceX als Gewinner aus der CCdev Ausschreibung herausgeht. Boeing hat genauso viele Mittel für ihre CST-100 Kapsel erhalten. Und eine Beurteilung ist zumindest nicht veröffentlicht worden. Selbst wenn, dann verstehe ich nicht, warum Pad 39A dann nicht die anderen DoD / NASA Missionen durchführen könnte, so viele gibt es davon ja auch nicht und sie sollen ja so effizient sein.

Das die Firma einen eigenen Spaceport für kommerzielle Starts haben will ist noch nachvollziehbar. Seit Jahren gibt es Beschwerden auch von ULA über die Einschränkungen der verfügbarer Startfenster durch Regierungsmissionen. Diese haben Vorrang. Auf der anderen Seite sind ja SpaceX Kunden geduldig, SES hat, wenn der Start am 12. November erfolgt 7 Monate gewartet. Innerhalb dieser Zeitfrist wird man auch im CCAF ein Startfenster finden. So gesehen würden zwei Startkomplexe reichen, selbst wenn man drei haben will, dann bräuchte man nicht noch Geld in Brownsville investieren. Das wird dort übrigens dann nicht nur der Startplatz sein. Da kommen noch weitere Investitionen hinzu. Bisher hat SpaceX sich ausruhen können, indem sie Air Force und NASA Equipment für die Bahnverfolgung und den Telemetrieempfang in Anspruch nahm. Das gibt es aber entlang der Golfküste nicht. Da Brownsville weiter westlich liegt, wird auch der Äquator weiter westlich überquert, also kann man zur Verfolgung der zweiten Zündung nicht die Empfangsstationen der NASA in der Karibik zurückgreifen und wird welche in Mexiko brauchen.

Doch wird SpaceX je zehn Falcon 9 und Heavy starten? Nein, weil es niemals diese Aufträge bekommt. Es gibt zwei Einschränkungen. Seitens der US-Regierungsaufträge (NASA und DoD) wird es zwei unterstützte Trägerfamilien geben. Das DoD hat das mehrmals bei Anhörungen verteidigt, mit der Begründung, dass man mit zwei Linien braucht falls eine für längere Zeit ausfällt. Eine ähnliche Stellungnahme gibt es seitens der NASA nicht. Sie hat bisher nur die Atlas gewählt. Die einzige Ausnahme ist ein Start des MPCV mit einer Delta 4 Heavy, weil die Atlas wohl dafür nicht ausreicht.

Realistischerweise kann SpaceX nicht mehr Aufträge erhalten als die Atlas V, das sind zwei Drittel aller Aufträge. Ich meine´, sie werden weitaus weniger erhalten. Denn es gibt einen Riesenunterschied zwischen der NASA und kommerziellen Kunden: Die Satelliten sind Einzelstücke und nicht versichert. eine Raumsonde oder ein Forschungssatellit sind zudem viel teurer als ein Serie gebauter Kommunikationssatellit. Als Folge machen die Startkosten einen viel kleineren Teil der Gesamtkosten aus, was den Preisvorteil von SpaceX schrumpfen lässt, dafür ist der Sicherheitsaspekt wichtiger. Das addiert weitere kosten, die den Preisvorteil weiter schrumpfen lassen. Während der bisher sechs Flüge gab, es aber zwei Flüge mit gravierenden Problemen bei denen die Wiederzündung der Oberstufe nicht klappte und einem Fall sie im Orbit taumelte im zweiten Bruchstücke in den Orbit entließ. Zwei weitere Starts führten zum Verlust einer Sekundärnutzlast durch einen vorzeitigen Triebwerksausfall und bei einem fiel ein Triebwerk aus und dies wurde erst später veröffentlicht, weil es so spät war das man es auf den Aufnahmen nicht sah. Lediglich einer von sechs Starts hielt die Orbitparameter ein, die im Users Manual versprochen wurden.

Demgegenüber haben Atlas V und Delta 4 eine viel bessere Bilanz mit 39 Starts bei einem Fehlschlag bei der Atlas V (Fehlschlag im Sinne nicht erreichter Orbitvorgaben, das sind bei SpaceX 5 von 6 Starts) bei der Delta IV sind 23 von 24 erfolgreich verlaufen. ebenfalls mit einem zu niedrigen Orbit beim Jungfernflug der Delta IVH. Daher halte ich es für unwahrscheinlich, das SpaceX mehr als als der Juniorpartner im EELV Programm sein wird,

Kommen wir zu den kommerziellen Aufträgen. Hier dominiert Arianespace den Markt, danach folgt ILS. Sealaunch konnte nach dem Fast-Konkurs nicht wieder Fuß fassen und hat zudem einen Fehlstart bei den wenigen Starts aufzuweisen. Man könnte nun meinen, diese Kunden wären preisbewusster, aber das Gegenteil ist der Fall: Arianespace hat den größten Anteil und ist der teuerste Anbieter. Also auch hier kann man sicher nicht mit einem Marktanteil von mehr als 50% rechnen.

So, nun kommt die Rechnung. Ich habe hier mal die kommerziellen Starts und die US-Starts im Bereich der Falcon 9 von 2012 zusammengefasst. Ausgenommen sind Nutzlasten die von den Trägern stammen aber nicht kommerziell sind (ATV, russische Regieurungsnutzlasten)

 

Datum Nutzlast Trägerrakete Weltraumhafen Umlaufbahn
15.05.2012 JCSAT 13 Ariane 5ECA Centre Spatial Guyanais 35763 x 35802 x 0.0
05.07.2012 Echostar 17 Ariane 5ECA Centre Spatial Guyanais 35429 x 35777 x 0.0
02.08.2012 Intelsat IS-20 Ariane 5ECA Centre Spatial Guyanais 35745 x 35769 x 0.0
28.09.2012 Astra 2F Ariane 5ECA Centre Spatial Guyanais 35782 x 35791 x 0.0
10.11.2012 Star One C3 Ariane 5ECA Centre Spatial Guyanais 35779 x 35792 x 0.0
19.12.2012 Skynet 5D Ariane 5ECA Centre Spatial Guyanais 35515 x 35906 x 0.2
20.06.2012 USA 236 Atlas V 401 Cape Canaveral 35777 x 35794 x 4.9
30.08.2012 Radiation Belt Storm Probe 1 Atlas V 401 Cape Canaveral 594 x 30527 x 10.0
13.09.2012 USA 238 Atlas V 401 Vandenberg Air Force Base 1011 x 1202 x 63.4
11.12.2012 X-37B OTV-3 Atlas V 501 Cape Canaveral 342 x 357 x 43.4
04.05.2012 AEHF SV-2 Atlas V 531 Cape Canaveral 35780 x 35800 x 0.0
24.02.2012 MUOS Atlas V 551 Cape Canaveral 35780 x 35800 x 2.0
29.06.2012 USA 237 Delta 4H Cape Canaveral 35675 x 36100 x 3.5
04.10.2012 GPS IIF-3 Delta 4M+(4,2) Cape Canaveral 20426 x 20480 x 54.9
03.04.2012 USA 234 Delta 4M+(5,2) Vandenberg Air Force Base 1080 x 1093 x 122.9
20.01.2012 WGS SV-4 Delta 4M+(5,4) Cape Canaveral 35786 x 35788 x 0.1
22.05.2012 Dragon C2 Falcon 9 Cape Canaveral 387 x 398 x 51.6
08.10.2012 Dragon CRS-1 Falcon 9 Cape Canaveral 393 x 417 x 51.6
14.02.2012 SES-4 Proton-M/Briz-M Baikonur 35784 x 35788 x 0.1
25.03.2012 Intelsat IS-22 Proton-M/Briz-M Baikonur 35783 x 35788 x 0.0
23.04.2012 Yahsat 1B Proton-M/Briz-M Baikonur 35785 x 35804 x 0.0
17.05.2012 Nimiq 6 Proton-M/Briz-M Baikonur 35738 x 35748 x 0.0
09.07.2012 SES-5 Proton-M/Briz-M Baikonur 35705 x 35775 x 0.1
06.08.2012 Telkom-3 Proton-M/Briz-M Baikonur 266 x 5012 x 49.9
14.10.2012 Intelsat IS-23 Proton-M/Briz-M Baikonur 35947 x 36915 x 0.1
20.11.2012 Echostar XVI Proton-M/Briz-M Baikonur 35755 x 35801 x 0.0
01.06.2012 Intelsat IS-19 Zenit-3SL Odyssey Plattform 35667 x 35870 x 0.1
19.08.2012 Intelsat IS-21 Zenit-3SL Odyssey Plattform 35214 x 35787 x 0.0
03.12.2012 EUTELSAT 70B Zenit-3SL Odyssey Plattform 35629 x 35747 x 0.0

So, kommen wir nun zu den maximalen Nutzlastkapazitäten der einzelnen Träger (alle in GTO, da dies fast alle Nutzlasten sind wie die Bahnen zeigen:

Träger Nutzlast GTO 0 Grad
Ariane 5 ECA 10.200 kg
Proton /Briz M 6.150 kg
Zenit 3SL 6.000 kg
Falcon 9 V1.1 4.350 kg
Falcon Heavy 19.400 kg
Delta 4H 9.770 kg
Delta 4M (4,2) 5.022 kg
Delta 4m (5,) 3.961 kg
Delta 4M (5,4) 5.709 kg
Atlas 401 3.755 kg
Atlas 501 3,000 kg
Atlas 531 5.645 kg
Atlas 551 6.885 kg

Bei SpaceX habe ich mangels der Daten für einen Super-GTO angenommen, dass der Satellit 300 m/s mehr aufwenden muss und die Satellitenmasse berechnet, wenn man diesen Treibstoff nicht berücksichtigt. Bei Supersynchronen Bahnen wäre die Nutzlast eher noch geringer, so würde der für einen 1500 m/s Δv Orbit erforderliche Super-GTO eine Geschwindigkeit von 10737 anstatt 10228 m/s aufwesien.

Addiert man alle Nutzlasten zusammen, so sind das maximal 138.600 kg bei den kommerziellen Starts und 51.227 kg für die US-Regierung plus zweier Starts von SpaceX zur Versorgung der ISS.

Ausgehend davon kann man an zwei Szenarios denken:

optimistisches Szenario: SpaceX ersetzt die Atlas (26.795 kg GTO) und erreicht 50% bei den kommerziellen Starts (69.300 kg), zusätzlich ergibt es zwei Starts zur ISS. Da gleich viele Falcon 9 und Heavy produziert werden ergibt sich für je ein Falcon9/Heavy Paar eine kombinierte GTO Nutzlast von 23.750 kg. Demnach reichen zwei Falcon 9 und eine Falcon heavy aus, die US-Starts zu ersetzen und drei Falcon 9 und drei Falcon Heavy um die kommerzielle Nutzlasten zu starten. Zusammen mit zwei Falcon 9 Versorgungsflügen sind das sieben Falcon 9 und vier Falcon Heavy.

Selbst wenn man versucht Träger 1:1 umzurechnen, also eine Falcon heavy einen Ariane 5 Doppelstart oder zwei Proton / Sealaunch Starts ersetzt. Bei den US-Starts würde die Falcon 9 bei Atlas V Nutzlasten < 4,35 t und darüber hinaus als Falcon Heavy eingesetzt werden. Dann käme man bei den kommerziellen Starts auf 5 Falcon Heavy und einem Falcon 9 Start. Bei den Regierungsnutzlasten wären es sechs Galon 9 und zwei Falcon heavy, zusammen also sieben Falcon heavy und sieben Falcon 9.

reales Szenario: SpaceX wird wahrscheinlich bei den US-Starts die Delta ersetzen, erreicht beim kommerziellen Starts 30% Anteil (30% ILS, 40% Arianespace). Dann sind es, wenn man Träger rechnet drei Falcon heavy und drei Falcon 9 für die US-Regierung und je je zwei Falcon 9 und Falcon Heavy für kommerzielle Starts, zusammen also fünf Falcon Heavy und fünf Falcon 9.

In keinem dieser Fälle lohnt sich diese Anzahl an Startbasen. Die Rechnung kann man auch über mehrere Jahre machen um die Fehler durch ein geschäftiges oder weniger geschäftiges Jahr zu reduzieren, ich habe wegen des Aufwandes darauf verzichtet (es ist leicht alle Starts der Träger zu ermitteln, aber nicht dann die russischen und ESA Starts rauszurechnen)

Bei beiden Szenarien ist eines relativ auffällig: der kommerzielle Markt ist viel größer als der US-Markt. Für den kommerziellen Markt würde SpaceX wohl eine Startbasis (LC 40 oder eben Brownsville) reichen. Wenn die Firma nun meint sie braucht vier Startbasen von denen drei nur für US-Starts vorgesehen sind (Vandenberg vielleicht für den einen oder anderen Erdbeobachtungssatelliten, das habe ich nicht berücksichtigt) dann hat das einen Grund: Profitmaximierung. Die NASA zahlt derzeit für eine Atlas je nach Nutzlast zwischen 187 und 230 Millionen Dollar. Selbst mit den Zusatzkosten für NASA-Anforderungen und der Miete für die Pads / Anlagen / Services ist der Gewinn viel größer als im kommerziellen Sektor.

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