Bernd Leitenbergers Blog

Wieder mal: man kann sich nicht auf die NASA verlassen

Bei der Vorstellung des NASA Budgets für 2014 gab es einen Skandal. Die NASA will Sofia einstellen. Nun ist klar, dass das Budget der NASA für Jahre nicht steigt, so bekommt sie das gleiche Geld wie letztes Jahr. Bei steigender Inflation sinkt es also inflationsbereinigt. Es muss also gespart werden. Nun was würden sie machen, wenn sie sparen müssten? Ich würde mir nichts neues leisten, vor allem nichts teures, aber vielleicht nicht mein Auto einmotten, das ich schon bezahlt habe und das nur Unterhaltskosten erfordert.

Die NASA macht das Gegenteil. Sie leistet sich eine Schwerlastrakete, muss dieses Jahr mehr für ISS Transporte bezahlen, weil nun endlich die CRS-Flüge durchgeführt werden. Sie leistet sich den Luxus neben einem eigenen Mannschaftsvehikel (Orion oder MPCV, je nachdem wie man es nennen will) noch die Entwicklung von drei weiteren zu finanzieren. Damit man sich solche Dinge und noch viel Unnötigere wie das Einfangen eines Asteroiden leisten kann, muss man dann an andere Stelle sparen. Getroffen hat der Sparfimmel Sofia. Sofia ist eine umgebaute Boeing 747 („Jumbo Jet“), die ein 2,50 m Teleskop im Rumpf hat. In der Stratosphäre kann das Teleskop bessere Aufnahmen machen als am Boden (drei Viertel der Atmosphäre liegen unter ihr) und das Teleskop kam vom visuellen Bereich bis in das ferne Infrarot beobachten.

Sofia kostet 85 Millionen pro Jahr und war einige Jahre im „Demonstration Mode“. Einen Tag vor der Veröffentlichung des NASA Budgets verkündigte Ex-Astronaut John Grunsfeld die NASA „is going through the paperwork process to declare SOFIA fully operational.”. Nun wird Sofia am Boden bleiben um Geld zu sparen.

Das Delikate dabei: die NASA betreibt Sofia nicht alleine, ein Fünftel der Betriebskosten und Beobachtunsgzeit trägt die DLR die auch das Teleskop stellt. Das ist der letzte Tiefpunkt der europäischen-amerikanischen Zusammenarbeit die bisher so lief: Europa hält die Versprechen, die NASA bricht sie.

Nur für alle mit Kurzzeitgedächtnis:

Die ESA baut für das Space Shuttle das Spacelab. Sie vertraut den NASA Versprechen, das Shuttle wäre billig würde öfters fliegen und so müsste man neben dem ESA Spacelab noch weitere Exemplare kaufen, schließlich ist jedes nicht unendlich oft einsetzbar. Es kam anders. Die NASA kaufte noch ein Exemplar, das schon bei Produktionsbeginn bestellt wurde und das war es. Die ESA bekam für 1,5 Milliarden DM einen „halben“ Spacelab Flug mit einem mitgeflogenen Astronauten, dürfte aber 21 Millionen Dollar Einfuhrzoll für ihr eigenes Raumlabor zahlen…

Es wird ein gemeinsames Programm zur Erforschung des Halleyschen Kometen vereinbart. es beteiligen sich auch Russland und Japan. Nur die USA bauen keine Sonde, denn wegen der ausufernden Shuttle Kosten haben sie das Geld dafür nicht. Aber immerhin: Im März 1986 werden sie ein Shuttle mit Beobachtungsgeräten startenm das den Kometen aus dem Orbit beobachtet wenn er sein Perihel passiert. Dumm nur das fünf Wochen vorher die Challenger explodiert, die die Mission fliegen sollte…

Es wird eine gemeinsamen Mission vereinbart, zur Erforschung der Pole der Sonne. Gedacht sind zwei Sonden, identisch instrumentiert mit Instrumenten der ESA und NASA. Während eine den Nordpol passiert, überquert die andere den Südpol. Die US-Mission wird gestrichen, die Europäer bauen ihre Sonde trotzdem, nehmen sogar noch die US-Instrumente mit und starten sie 1989 unter der Bezeichnung Ulysses.

Lange Zeit läuft dann alles gut. Ein gemeinsames Projekt zur Erforschung von Kometen scheitert schon so früh, das Europa selbst eine Kometensonde (Rosetta) baut. Cassini-Huygens wir erfolgreich gestartet. Bei der Beteiligung bei der ISS geht alles glatt, obwohl auch hier die NASA die Station nach Fertigstellung des US-Anteils nicht mehr weiter ausbauen wollte um Kosten zu sparen. Hier rettete die Columbia die Station, weil nun der „jetzt erst recht“ Geist der Amis angesprochen wurde. Nebenbei wäre es auch sehr teuer für die NASA geworden, weil die Verträge mit ESA und JAXA Kompensationszahlungen vorsehen.

Doch nun kriselt es durch den Sparzwang bei der NASA wieder. Die NASA stellte 2012 Exomars ein. Aus dem europäischen Projekt wurde ein gemeinschaftliches Projekt zwischen den USA und ESA. Russland ist zwar mit Trägern in die Bresche gesprungen, doch war mal geplant dass auch die NASA eine der beiden Raumsonden fertigt. Das muss nun die ESA alleine finanzieren.

Und nun Sofia. Bislang hat Sofia 1,1 Milliarden Dollar gekostet. Durch Einstellung spart man 85 Millionen pro Jahr ein, ja das klingt überzeugend. Skalieren wir mal runter. Nehmen wir an, ich habe ein Auto das mich 11000 Euro gekostet hat und nun benutze ich es nicht mehr um 850 Euro pro Jahr an Unterhaltskosten zu sparen. Ich bin überzeugt das macht jeder so…

Neben diesen abrupten Einstellungen habe ich das Gefühl Europa wird, wo es nur geht, über den Tisch gezogen. Ich habe ja schon mal die „Gegenleistung“ für ein komplettes Raumlabor (Spacelab) angesprochen. Doch das geht weiter. Bei der ISS hat Europa einen 8,2% Anteil am westlichen Segment. Die Kosten für die ESA liegen aber nicht bei 10,2% des US-Anteils (100% weniger 8,2% von ESA und 12,2% von Japan), sondern fast 30%.

Für einen Shuttle Flug zur Beförderung des Columbus Moduls fertigte die ESA zwei Knoten welche die NASA erhielt (Harmony und Tranqullity). Japan musste für zwei Starts nur ein Modul fertigen. Und als die ESA die ATV einstellte und diskutiert wurde, wie man von 2018 an den ISS Betrieb finanziert wurde bekannt, dass der ESA Anteil 150 Millionen Euro pro Jahr beträgt. Für diese Summe wird die ESA in 10 Jahren 31.000 kg Fracht für die ISS transportieren, also 3.100 kg pro Jahr. Das entspricht dann einem Kilogrammpreis von 48.000 Euro oder 66.000 Dollar. Beim CRS Programm zahlt die US-Regierung dagegen pro Kilogramm im Durchschnitt 87.500 Dollar. nimmt man den etablierten Anbieter (Orbital) als Vergleichsmaßstab sogar 95.000 Dollar. Ein und dieselbe Fracht ist wenn sie von Europa transportiert wird also weniger wert.

Ich glaube auch das ein ATV umgebaut zum Orion Servicemodul weitaus teurer werden wird als die 450 Millionen Euro für die ISS Beteiligung von 2018 bis 2020. Wieder mal wurde die ESA aufs Kreuz gelegt. Allerdings nicht ohne Mitschuld. Man hätte ja einen ATV nachbauen können. Doch das ist der ESA zu wenig „Herausforderung“…. Außerdem kriselt es vor allem in den Bereichen wo ein Mitgliedsstaat der ESA seinen Finanzschwerpunkt hat: der bemannten Raumfahrt. Und die Politiker dieses Mitgliedsstaates müssen wohl wenn sie ein Regierungsamt erreichen sich einer Gehirnoperation unterziehen, denn sie reden unisono, egal von welcher Partei sie kommen immer „von unseren amerikanischen Freunden“. Na da bezahlt man gerne mehr. Freunden gibt man doch ein Geschenk oder zwei….

Passender Musiktip zum Thema:

http://www.youtube.com/watch?v=aUGBylSSxdw

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