Bernd Leitenbergers Blog

Die 2019-er SpaceX Wette

Wer mich kennt, weiß, dass ich jedes Jahr eine Wette mit SpaceX eingehe. Das System ist eigentlich sehr einfach: Ich nehme nur eine SpaceX-Aussage und wette dagegen, also, dass sie nicht stimmt oder nicht erreicht wird. Das mache ich schon seit einigen Jahren und bisher habe ich mit einer Ausnahme immer gewonnen. Die eine Ausnahme war letztes Jahr und da war ich mir sicher, dass ich verliere, denn es ging um die für die Einhaltung einer Deadline nötigen Starts von Satelliten seitens SpaceX. Das man diese nicht einhält konnte ich mir nicht vorstellen, das wäre das Projektende. Dann startet man einfach eine Pseudo-Nutzlast. So was Ähnliches tat auch die ESA mit GIOVE-A und B, lange bevor man an den Start der operationellen Galileosatelliten ging.

Für 2019 habe ich mir vorgenommen, eine offene Wette zu machen, also eine, bei der ich nicht weiß, ob ich gewinne oder nicht. Fangen wir mal mit der Wette an:

Ich wette, das SpaceX 2019 nicht mehr Starts durchführen wird als 2018

Nun zur Erläuterung, warum ich die Wette als schwierig ansehe. SpaceX hat drei Quellen für Starts:

Ich will die Situation bei allen drei Gebieten mal beleuchten. Fangen wir mit dem Einfachsten an, den kommerziellen Starts. Die kann man, weil sie veröffentlicht werden, leicht nachvollziehen, man kann auch die Presseerklärungen von SpaceX verfolgen. Dann sieht man das diese schon seit zwei Jahren rückläufig sind. Es gab anfangs einen „Run“ bedingt durch niedrige Promotionspreise und auch die Ausfälle der Proton. Doch dann kam die Ernüchterung. Die angekündigten Startraten konnten nicht gehalten werden. Kunden mussten lange auf den Start warten. SpaceX hat in den letzten Jahren so viele Starts gehabt, weil sie en Rückstau abarbeiten mussten. So für Iridium, die schon 2011 gebucht haben. Schaut man auf das Launch-Manifest, das die Firma ja ins Netz stellt, so sind es 12 Starts weniger als vor einem Jahr. Es schrumpft also. Daher sehe ich in diesem Bereich eher eine Abnahme dieses Jahr.

Bei den Regierungsaufträgen ist die Situation schwierig. Es gibt hier durch CRS und ab diesem Jahr auch die CCDev Starts garantierte Starts von der NASA. Wegen CCDev dürfte man sogar einen Zuwachs erwarten. Doch wie sieht es bei den anderen Starts für die Regierung aus? Relativ klar ist es bei der NASA. Bisher hat SpaceX keinen Auftrag für wichtige wissenschaftliche Missionen gewonnen. Nun klagt die Firma wegen der Entscheidung für LUCY. Bisher gab es nur Starts für kleine Missionen wie TESS oder welche bei der die NASA nur teilweise beteiligt ist oder die Starts im Auftrag für die NOAA ausführt wie JASON-3 oder DSCOVR. Eine ähnliche Situation gibt es bei den DoD Starts. Auch hier dominieren Starts für Missionen ohne kritische Bedeutung für die nationale Sicherheit wie das X-37B oder die in Serie hergestellten GPS-Satelliten. Dazu kommen noch Starts, die nicht direkt vom DoD kommen. Bekanntestes Beispiel: der Start von ZUMA letztes Jahr. In diesem Falle bekam Grumman den Auftrag für die gesamte Mission, inklusive Start und war damit auch verantwortlich, wie die Nutzlast in den Orbit gelangte. Die haben SpaceX gewählt. Die Versenkung von Zuma mit der Oberstufe dürfte nicht gerade vorteilhaft für SpaceX sein. Dem DoD als Kunden dürfte es egal sein, ob Zuma einen Orbit erreichte oder nicht wenn er anschließend deorbitiert wurde. Der Fehlstart ist kurios. Ich kann mich an einige Fälle erinnern, wo in der Frühzeit der Raumfahrt Nutzlasten sich nicht von der letzten Stufe lösten. Aber nicht in den letzten Jahren. Wenn so was vorkommt, wenn eine „neue“ Raumfahrtfirma mit einer „alten“ zusammenarbeitet, dann denke ich dürften bei den Verantwortlichen im DoD die Alarmglocken klingeln, und zwar unabhängig ob Grumman oder SpaceX verantwortlich sind, das darf einfach nicht passieren. So sehe ich bei den Regierungsstarts ein stabiles Niveau, vielleicht auch wegen der beiden CCDev Starts eine leichte Steigerung.

Die große Unbekannte sind die Starlink Starts. Nach diesem Bericht will SpaceX 1.600 Satelliten in 6 Jahren Starten. Das sind 320 Satelliten pro Jahr. Jeder der Prototypen wiegt 500 kg und nach meinen Berechnungen kann eine Falcon 9 bei Seelandung rund 11 t in einen SSO in 1200 km Höhe bringen. Das sind dann also 20 Satelliten pro Start rund 16 Starts pro Jahr. Bei der niedrigeren Orbithöhe wären es durch eine höhere Nutzlast weniger Starts. Aber selbst mit 10 Starts würde man so leicht mit den beiden anderen Gebieten die Startzahl des letzten Jahres toppen.

Das Problem ist nur: Die Starlink-Abteilung hat gerade mal 300 Mitarbeiter, 50 davon hat Musk letztes Jahr gefeuert und nach Shotwell hat das Starlink-Projekt nur eine kleine Priorität. Musk hält auch die Satelliten für zu teuer und zu schwer. Das klingt nach einer Neukonstruktion und das erfordert Zeit. So glaube ich, wenn SpaceX dieses Jahr noch zu den ersten Starts von operationellen Exemplaren kommt, es eher zu Jahresende sein wird. Damit könnte ich meine Wette noch gewinnen, aber es wird in jedem Falle knapp.

Das war es für einige Zeit mit SpaceX. Zeit sich wirklich wichtigen anderen Themen zuzuwenden. Ich habe mir auch vorgenommen, nachdem sich einige an meiner „Übersetzung“ SpassX gestört haben – einfach weil man nichts von der Firma kommt ernst nehmen kann – vorgenommen sie nun korrekt zu übersetzen. Nach Leo.Org ist eine gültige Übersetzung für Space das schöne Wort „Platz“ und so nenne ich sie „PlatzX“. Passt auch zu meiner Einschätzung als „Blasenfirma“ oder für die englsichsprachigen Leser: Bubble-Company, in Anlehnung an die New Economy Bubble oder Dotcomblase wie es bei uns hieß. Den natürlich kann jede Blase auch einmal platzen ….

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