Bernd Leitenbergers Blog

Nochmal 30.000 …

SpaceX hat bei der ITU beantragt weitere 30.000 Satelliten zu starten. Sie sollen die bisherigen 12.000 Satelliten von Starlink ergänzen. Das ganze sieht zuerst wie ein weiterer Einfall von Musk aus, der ja sich nie damit zufrieden gibt, weniger als die Konkurrenz zu können. Als Oneweb ankündigte ,720 Satelliten zu starten, hob er Starlink aus der Taufe, mit damals 4.400 Satelliten, als dann Oneweb ankündigte, man würde in der zweiten Phase auf 2.200 Satelliten hochgehen, ging auch Starlink auf 12.000 Sats hoch. Nur was ist die Ursache jetzt? Irgendeine Ankündigung eines anderen Unternehmens für noch mehr Satelliten als die zweite Ausbaustufe von Oneweb habe zumindest ich nicht vernommen und sie muss ja auch umgesetzt werden. Denn Ankündigen kann man vieles.

Mit den Anträgen bei der ITU über die FCC ist das aber nicht nur eine Ankündigung. Denn die Kommunikationsfrequenzen, die dann bewilligt werden, muss man auch nutzen, sie sind ja nicht beliebig verwehrbar und fallen sonst anderen Anbietern zu und das Reservieren kostet auch Geld, auch wenn es Peannuts vegrleichen mit den Startkosten sind. Da gab es ja schon einen Disput als die FCC bei Genehmigung der Frequenzen die Auflage machte das SpaceX innerhalb von sechs Jahren die Hälfte der Satelliten (betrifft die erste Trance von 4.427 Satelliten) startet und SpaceX die ja sonst immer neue Rekorde ankündigte, meinte, das wäre unmöglich, man strebe ein Drittel der Endzahl in sechs Jahren an.

Zuerst dachte ich mir „Na jetzt haben sie einen Verwendungszweck für das Starship gefunden“. Denn 30.000 Satelliten bekommen sie nicht mit Falcon 9 oder Heavy in den Orbit. Es waren 60 Satelliten beim ersten Start im Mai, das wären so rund 500 Flüge. Bei 20 Starts pro Jahr, so viel schaffen sie bisher maximal dauert es 25 Jahre bis diese Satelliten gestartet sind. So lange dürften aber weder die Satelliten leben, noch die Kunden warten wollen. SpaceX wandelt sich ja derzeit von einem Startunternehmen für kommerzielle und institutionelle Kunden zu einem Raumfahrtkonzern, der überhaupt keine Kunden mehr braucht sondern nur noch eigene Projekte verfolgt: Starlink macht alleine so viele Starts des Starships notwendig, das andere Kunden so „nebenbei“ noch mitlaufen.

Aber auch vom Starship werden es viele Starts sein. Das ergibt sich aus der Himmelsmechanik. Es wird sicher mehrere Orbitebenen geben, aber man kann eine Abschätzung machen. Die Zahl der Bahnebenen ist bei nur einer Orbithöhe und polaren Orbits in etwa:

Bahnebenen = Wurzel(Satellitenzahl/2)

und die Zahl der Sateelliten pro Bahnebene:

Satellit pro Bahnebene = Wurzel(Satellitenzahl*2)

Man kommt bei 30.000 Satelliten also auf etwa 122 Bahnebenen und 245 Satelliten pro Bahnebene. Jeder Start kann maximal eine Bahnebene füllen, so dürfte man (wiederum vorausgesetzt, es ist nur eine Bahnhöhe, die bisherige Konstellation von Starlink ist in drei Bahnhöhen) 120 Starts benötigen um die Satelliten zu starten und bei 230 kg pro Satellit wiegen die mit dem nötigen Dispenser so 60+ t, also eine Nutzlast für das Starship. Die Falcon Heavy dürfte bei höheren Bahnneigungen und Orbithöhen nicht mehr ausreichen, auch nicht, wenn man auf die Wiederverwendung mit ihrer Nutzlasteinbuße von einem Drittel verzichtet.

Aber das ist ja nur ein Aspekt. Selbst wenn man die Satelliten in Serie fertigt, dürfte man mit Start wohl kaum unter 1 Million $ pro Satellit wegkommen und dann benötigt man eine Investitionssumme von 30 Mrd. Dollar. So einen Betrag lupft auch SpaceX nicht so einfach.

Doch es gibt ein Unternehmen, das hat Geld wie Heu und leistet es sich alles mögliche zu entwickeln und auszuprobieren, auch wenn es nie in die Produktion geht. Das ist Google die ja schon 1 Mrd. Dollar in die erste Starlink Generation investiert haben. Und nach etwas Recherche zeigt sich auch warum.

Es geht Google nicht so sehr um das überall verfügbare Internet, sondern um seine Services. Das Unternehmen arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, Services zu generieren die den Benutzer noch mehr an das Smartphone binden. Dazu gehören Vorhersagen. Vorhersagen über anziehende Gewitter, Verspätungen im Bahn- und Flugverkehr, Vorhersagen über Staus oder auch nur Abschätzungen, wie voll eine bestimmte Autobahn ist. Dazu kommt das Verbessern von schon existierenden Produkten, wie Maps oder Earth. Die nutzen heute schon Satellitenbilder, aber die stammen aus unterschiedlichen Quellen und sind oft ziemlich alt. Die Aufnahmen meines Heimatorts sind z.B. mindestens zwei Jahre alt, erkennbar an Gebäuden die im Februar 2018 abgerissen wurden. Für viele dieser Services kann Google sich in bestehende Systeme von Airlines oder Eisenbahngesellschaften einklinken, bei der Stauvorhersage und Wettervorhersage wird es aber schwierig. Stauvorhersage gibt es in dem Sinne nicht, nur das Melden von existierenden Staus aber auch Baustellen und anderen Hindernissen und die Wettervorhersage erreicht nicht die Lokalität die für konkrete Warnungen und Hinweise (brauche ich einen Regenschirm in der nächsten Stunde) nötig ist, das ist heute mit den Wettermodellen noch nicht möglich und auch die Satellitenbilder sind zu grob.

Ein so großes Netzwerk wäre in der Lage praktisch Echtzeitbeobachtungen in beiden Gebieten zu machen. In einem Draft hat Google das auch untersucht. Es ging um die automatisierte Auswertung von Satellitenbildern um Verkehrsvorhersagen zu ermöglichen. Software erkennt Straßen und sich auf diesen befindliche Autos, zählt sie und bestimmt ihre Verteilung. Kurz hintereinander gemachte Aufnahmen mehrerer Satelliten erlauben dann Vorhersagen über die mittlere Geschwindigkeit der Autos und Veränderungen, z-B. sich anbahnende Staus. Allerdings darf sich ein Fahrzeug dann nicht allzu weit bewegen, sonst ist es schwer zu identifizieren und so kommt man auf einen kleinen zeitlichen Abstand der Satelliten – bei 240 Stück pro Orbit dürfte nach etwa 25 Sekunden der nächste Satellit über der Szene sein. Zudem benötigt man so viele Satelliten um auch die ganze Erde kontinuierlich abzubilden – das Draft nennt als minimale Anforderung eine Auflösung für die einwandfreie Identifizierung eines Autos von 1,2 m/Pixel, damit in einer Größenordnung die auch kommerzielle Erderkundungssatelliten erreichen, doch die nehmen typisch 40 bis 50 km breite Streifen auf und dann braucht man bei 3000 km Verschiebung pro Bahnebene am Äquator schon 60 bis 80 Bahnebenen. Gekoppelt mit der Forderung nach kurzer Zeitauflösung (bedingt mehrfaches Abfotografieren derselben Region in kurzem Zeitabstand) kommt man auf die hohe Satellitenzahl – kommerzielle Satelliten kartieren etwa 500.000 km² pro Tag, also 1/1000 der Erdoberfläche pro Tag, 30.000 Satelliten ergeben dann eine Abtastung der ganzen Erde rund 30-mal pro Tag oder wenn man den Ozean weglässt kommt man auf ein Intervall von 30 Minuten, einem typischen Zeithorizont für eine Kurzzeitvorhersage.

Analog kann die Software auf den Bildern Wolken ausmachen und anhand der Form identifizieren und ihre Bewegung über verschiedene Bilder verfolgen. So ist eine lokale Wetterprognose für die nähere Zukunft (maximal 2 Stunden) möglich.

Google hat wohl mit SpaceX verhandelt, dass ihre Starlink-Satelliten mit einem kleinen Teleskop ausgestattet werden und dieses Multispektralaufnahmen macht, die mit dem Datenstrom übertragen werden. Das beißt sich bei einer niedriger Bahnhöhe nicht mit der kleinen Masse der bisher gestarteten Satelliten. In dem geplanten 550 km Orbit reicht z.B. ein Teleskop von 260 mm Durchmesser für die geforderte Auflösung von 1,2 m aus, so was wiegt etwa 10 kg. Ein Mehrgewicht das auch bei 230 kg pro Satellit nicht groß ins Gewicht fällt. Damit dürfte Google noch mehr in Starlink investieren und SpaceX hat eine bessere Chance, das System umgesetzt zu bekommen, denn anders als beim ersten Investment von 1 Milliarde Dollar in Starlink, ist diesmal eine Hardware eines Investors an Bord der Satelliten und damit hat dieser ein vitales Interesse an der Umsetzung.

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