Bernd Leitenbergers Blog

Nicht mehr wählbar

Gestern ging das Kasperletheater bei der CDU in eine neue Runde. Ich schreibe zuerst mal die letzten Ereignisse wieder auf die ich mich beziehe, weil der Blog ja auch noch nach Jahren einsehbar ist, ich habe ja gelernt – alle paar Monate zieht jemand einen SpaceX Blog von 2009, 2010 oder 2011 heraus um zu meinen, wie unrecht ich doch hätte. Das der Kurs der Firma und technische Daten der Falcons sich seitdem massiv geändert haben, völlig ignorierend. Mal als Diskussion – sollte ich so was wie ein „Vergessen“ einführen, das ein Blog nach einer bestimmten Zeit nicht mehr online ist?

Aber zurück zur Zusammenfassung.

Nachdem Thüringens Wahldebakel immer noch nicht ausgestanden ist – die CDU von Thüringen hatte sich zuerst mit Linken, SPD und Grüne darauf geeinigt, das sie Ramelow wählen und eine Minderheitsregierung unterstützen – dann aber noch am selben Tag zurückgerudert. Dabei kamen diese der CDU ziemlich entgegen so soll es erst im nächsten April Neuwahlen geben, weil wenn es nun jetzt gleich Neuwahlen gäbe, würde die CDU nochmals verlieren würde.

Die Bundes-CDU hat das zuerst auch abgelehnt, dann, weil es eben doch keine Alternative gab, nun partiell zugestimmt, was immer das heißen mag. Damit scheint Thüringen erst mal kein Krisenherd mehr zu sein, zumal der CDU Chef Mike Mohring auch seinen Rücktritt angekündigt hat.

Den hat Annegretchen schon angekündigt, immerhin folgerichtig, nachdem was ihr in den letzten eineinhalb Jahren so alles widerfahren ist. Von Fettnäpfchen-Fasnachstreden über den Vorschlag einer Medienzensur bei Videoblogs, über nicht gehaltene Versprechen (will nicht im Kabinett sein), als Verteidigungsministerin macht sie auch keine gute Figur und Durchsetzungsvermögen scheint sie ja auch keines gehabt zu haben.

Nun geht das Rennen um die Nachfolge los. Nachdem Laschet, Spahn und Merz sich schon innerparteilich als Nachfolger ins Gespräch brachten, was natürlich beabsichtigterweise nach außen dran, fühlte sich auch Norbert Röttgen für das Amt berufen. Anders als die obigen Drei hat er es aber offiziell angekündigt. Das gipfelte nun gestern darin, dass auch Merz eine Pressekonferenz ankündigte, die dann von Laschet/Spahn um knapp 2 Stunden unterboten wurde. Sorry, aber so was nenne ich wirklich Kasperletheater nach dem Motto „Wer ist der erste“.

Ich halte von den vier Kandidaten gleich viel – nämlich nichts. Laschet sagt mir als Lokalpolitiker nichts, verständlich, man bekommt von der Landespolitik anderer Bundesländer eigentlich nur, was mit, wenn es entweder besonders gut oder besonders schlecht läuft. Beides scheint nicht der Fall zu sein. Immerhin kann er so auf einen Bonus aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland hoffen. Laschet soll für den Kurs von Merkel stehen, was für mich schon eine Disqualifikation ist, denn die Politik von Merkel ist es, sich durchzumogeln. Wesentliche gesellschaftliche Veränderungen werden nicht gemacht, so eine dauerhafte Finanzierung der Renten- und Krankenversicherung, ein einheitliches Bildungswesen oder auch mal eine einfachere Steuererklärung ohne Ausnahmen die nur Reichen nützen. Stattdessen gibt es immer Geschenke, damit man gewählt wird oder nicht aneckt, so bei den Rentnern, dem Kohleausstieg und den Elektroautos.

Merz ist ein völlig unbeschriebenes Blatt. Er hat nie ein Regierungsamt innegehabt, hat es maximal bis zum Fraktionsvorsitzenden gebracht. Es gibt noch seinen Vorschlag der Steuererklärung auf dem Bierdeckel, für den ich etwas übrig hätte – seit zwei Jahren muss sich drei Steuererklärungen machen, weil ich drei verschiedene berufliche Tätigkeiten mit Einnahmen habe (Programmierer, Buchautor, Betrieb der Webseite), wenn es auch zusammen gerade mal für die Steuerfreigrenze reicht. Es wird immer schlimmer und immer komplizierter. Aber das Konzept ist 20 Jahre her und es gibt keinen Anhaltspunkt, dass er dazu noch steht. Wäre zumindest für ihn als Spitzenverdiener auch eher nachteilig. Meiner Erfahrung nach setzen Leute aber selten etwas durch, was sie selbst benachteiligt.

Für Spahn spricht, dass er noch jung ist und trotzdem schon Regierungserfahrung hat. Ich traue ihm eher zu dann Probleme anzupacken, die unpopulär sind, aber die gelöst werden müssen. Seine Bilanz als Gesundheitsminister ist für mich durchwachsen. Gesetze, die ich begrüße, wie die Spenderpflicht stehen Vorstöße gegenüber, die halbherzig waren, wie bei der Impfpflicht und einiges lehne ich auch ab so die gesetzliche Regelung für die Sterbehilfe, die nun auch vor dem Verfassungsgericht steht oder das Spahn allen Ernstes meint, man müsse für die Legalisierung von Cannabis warten, bis es erst in anderen Ländern Erfahrungen gäbe – dabei gibt es genügend Länder, bei denen es schon vor Jahrzehnten legalisiert wurde. Röttgen dürfte zumindest von der Art her der beste Merkelnachfolger sein, denn er kommt immer ziemlich hochnäsig daher und scheint wie Merkel beratungsresistent zu sein. Immerhin hat er anders als andere Wahlverlierer 2012 sein Amt in NRW zur Verfügung gestellt und wurde als Belohnung von Merkel auch noch aus dem Kabinett geschmissen, während viele andere mit aller Macht an ihrem Amt klammern.

Immerhin will die CDU sich einen Marathon wie die SPD ersparen und die Nachfolge bei einem Bundesparteitag am 25.4. beschließen. Laschet und Spahn haben sich geeignet. Immerhin etwas: Spahn wird Stellvertreter. Okay, das heißt, im Prinzip er hat verloren, denn der Stellvertreter hat in der CDU nichts zu sagen. Ich halte auch nichts von einer Doppelspitze, denn es kann ja nur eine Richtung geben. Als langjähriger Grünen-Wähler habe ich das schon bei den Grünen nie verstanden. Warum musste es da immer einer von dem Fundi-Flügel und ein Realo sein? Es gibt ja nur immer eine Richtung, man kann um das extremste Beispiel zu nehmen eben nur für einen NATO-Einsatz im Kosovo sein oder eine pazifistische Grundhaltung haben. Beides geht nicht. Dann musste es bei den Grünen immer eine Frau sein, was aber nicht automatisch heiß das der zweite Vorsitzende ein Mann ist, denn da konnte sich auch Frauen stellen und es gab etliche Doppelspitzen mit zwei Frauen.

Aber zurück zur CDU. Merz will alleine antreten, wundert mich bei den Äußerungen von ihm nicht. Röttgen zusammen mit einer Frau, wahrscheinlich als politischer Schachzug. So wie die CDU aber derzeit an der politischen Meinung der Bevölkerung vorbeischrammt, denke ich wird er die falsche aussuchen. Die für mich absolut ungeeignetste wäre Julia Klöckner. Seit sie Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft ist, fällt sie nur durch Anbiederung an die Industrie auf und ihre Initiativen bestehen entweder im Verhindern von Regelungen wie Kastrierungsverbot ohne Betäubung bei Schweinen oder Tötung männlicher Küken oder unverbindlichen Absprachen. Gleich schlimm wäre Anja Karliczek. Sie fiel bisher nur durch Untätigkeit im Bildungsministerium auf, bzw. wenn sie mal etwas sagt, dann zeugt das nicht gerade von Verständnis wie ihre Äußerungen über gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder zum Ausbau des 5G Netzes. So kann ich bei der Fähigkeit von CDU-Politikern, immer genau die falsche Entscheidung zu treffen, darauf wetten, dass es eine der beiden Damen sein wird.

Davon unabhängig ob es nun ein „Weiter-So“ oder eine neue Politik sein wird, die vermutlich eher gegen Rechts geht, um die AfD zu schwächen und dann eher eine Politik für Besserverdienende sein, dazu noch mehr. Was mich aber wirklich entsetzt hat, waren die Äußerungen der Bundes-CDU vor allem aber auch der ersten drei Kandidaten zu Thüringen. Ungeachtet des Faux-Pases der Kemmerich-Wahl und ungeachtet, dass es keine Mehrheit in Thüringen, egal in welcher Konstellation ohne die Linken oder AfD gibt, auf diesem Parteitagsbeschluss herumzureiten. Hey, was kümmert mich, ob ein Bundesland im Chaos versinkt, wenn ich doch beschlossen habe, dass wir nicht mit den Linken zusammenarbeiten, egal, um welche Personen und politische Standpunkte es geht. Damit hat die CDU auch Ramelow mit Björn Höcke gleichgesetzt denn der Beschluss gilt ja auch für die AfD. Eine Partei, die sich prinzipiell weigert, mit bestimmten anderen Parteien zusammenzuarbeiten ist in einer Zeit, wo sechs Parteien im Parlament sitzen, für mich regierungsunfähig, weil es kaum noch möglich ist, mit einem Partner eine stabile Regierung zu bilden, außer es ist eine große Koalition, die aber auch immer kleiner wird und stand heute würden CDU und SPD keine große, keine Kleine Koalition, sondern gar keine Mehrheit mehr haben. So ein Verhalten konnte sich noch kohl erlauben als es CDU und SPD mit beide über 40 Prozent waren und dann noch FDP und Grünen mit jeweils unter 10 Prozent. Heute sind die Grünen zweitstärkste Kraft im Parlament, die anderen kleinen Parteien haben auch zugelegt und die Volksparteien sind zusammengeschmolzen. Die FDP ist ja auch nicht viel besser. Sie haben ja die Verhandlungen abgebrochen, weil sie zu wenig ihrer Positionen (als kleinste der drei Parteien) durchsetzen konnten. Die Logik, dass ich in die Opposition gehe, wo ich Null Prozent durchsetzen kann, anstatt in der Regierung zu sein wo ich zumindest etwas durchsetzen kann erinnert mich auch eher an das Verhalten eines Kindes im Trotzalter.

Dann waren ja noch Wahlen im Hamburg. Erwartungsgemäß haben FDP und CDU nach Thüringen kräftig verloren. Was ich erstaunlich fand, war, dass auch die AfD verloren hat, dabei hatte sie dort nie den Rückhalt wie in anderen Bundesländern. Das war das erste Mal, dass sie bei einer Landtagswahl verloren haben seit ihnen 2014 der Sprung in den Landtag von Sachsen gelang. Man kann also diese Partei bekämpfen. Ich hoffe mal, das vielleicht der eine oder andere Protestwähler nachdenkt, ob ihm sein „Protest“ so viel wert ist, dass ein Land unregierbar wird und ob es auch seine Meinung ist, dass die AfD nicht mal ihren eigenen Kandidaten wählt, sondern um eine Krise hervorzurufen Kemmerich von der FDP.

Ich glaube auch das kaum, einer der Wähler im Osten sich mal das Parteiprogramm dieser Partei angesehen hat. Klar, die Positionen zu Asylpolitik sind bekannt. Aber die haben eigentlich recht wenig mit dem Einfluss der Politik auf das tägliche Leben zu tun. Man möge mal einen Blick in das Partieprogramm werfen, und man wird in der Wirtschaftspolitik die FDP wiederfinden: Spitzensteuersatz von 40 %, Abschaffung von Harz-IV (wohlgemerkt ohne Ersatz). Teilweise noch extremer. Bis zur Europawahl war auch der Austritt aus der EU Bestandteil, das hat man als die Stimmung wegen des Brexits kippte, dann schnell entschärft. Unter Lucke war sogar noch die Einführung der D-Mark ein Programmpunkt. Die AfD begann als wirtschaftsliberale Partei und das ist sie immer noch. Nur die Erfolge im Osten kamen mit dem Ruck zu den Naziparolen. Im Westen, wo „der Flügel“, der für diese Ideologie steht, auch weniger einflussreich ist, ist ihr Stammklientel das der Besserverdienenden, Selbstständige, gehobener Mittelstand, also die typische FDP/CDU Wählerschaft und entsprechend hat auch die FDP massiv Wähler an die AfD verloren. Ich glaube aber im Osten wählen sie eher weniger die Reichen, als die einkommensschwachen Schichten, die sich durch Asylanten bedroht sehen, die könnten ihnen ja die Jobs (die es nicht gibt) wegnehmen. Nur ob die so erfreut sind über den Wegfall von HARZ-IV? Ich denke eher nicht. Außenpolitisch ist die AfD pro USA und für eine kräftige Aufrüstung, würde ich meinen ist jetzt auch nicht gerade eine Position die viele vertreten. Mit der AfD würde es auch keine Subventionen geben, von denen der Osten am meisten profitiert, nur mit weiteren Milliarden aus dem Kohleausstieg und AfD / FDP waren letzte Woche die einzigen Parteien, die gegen die Verlängerung der Mietpreisbremse gestimmt haben, klar geht auch gegen ihre Stammwähler.

Ich würde die AfD schon deswegen nie wählen, weil mir das Führungspersonal völlig unsympathisch ist. Da gibt es Proleten die andere nur beschimpfen und verleumden in einer Art, die vielleicht noch in bayrischen Stammtischen zieht, aber nicht bei Menschen mit Verstand. Da wird es peinlich, wenn Weidel sich mit schweizerischem Schwarzgeld bei Facebook Likes kaufen muss – wer im Recht ist kümmert sich nicht drum ob andere die Meinung gut finden. Oder Gauland im Sommerinterview 2019 auf 17 von 33 Fragen keine Antwort weiß (weil die die Außen-, Gesundheits-, Sozial, Klima und Wirtschaftspolitik betreffen und nicht das einzige Thema. zu dem er schwadronieren kann) und da gibt es Dumpfbacken, anders kann man es nicht nennen. wie Beatrix von Storch und ihr Vorschlag der Bekämpfung des Klimawandels – lass die Sonne einfach mal weniger scheinen. Wörtliches Zitat „wir sollten sie Sonne verklagen“. Wohlgemerkt. Storch ist die „Klimaschutzexpertin“ der AfD.

Es gibt ja die Theorie, dass die Leute vor allem Politiker wählen, die nicht so intelligent sind. Vor allem in den USA scheinen wie Wähler Angst zu haben, das intelligente Politiker das Volk betrügen, ausbeuten oder sonst was machen, in den USA gibt es ja eine gewisse Paranoia gegenüber der Regierung. So gesehen können wir uns in Deutschland noch glücklich schätzen, dass die AfD nicht die absolute Mehrheit hat, denn ich schätze deren Spitzenpersonal (vielleicht mit Ausnahme von Meuten) als erheblich dümmer, als den Durchschnitt der Bevölkerung ein.

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