Bernd Leitenbergers Blog

Kindergarten-Weltraumrennen

Beim heutigen Blog drängt sich mir ein Bild auf: Eine Gruppe Kindergärtler kommt von einem Ausflug heim, da rennt die letzten 10 m ein Knirps zur Türe, schlägt an und ruft laut „Erster!“.

Wenn man vom „Weltraumrennen“ spricht, denken die meisten an die frühen Jahre der Raumfahrt, als es um Erstleistungen und Rekorde ging – erster Satellit, erste Mondsonde, erste Raumsonde … Das Rennen führte letztendlich zum Apolloprogramm. Doch das ist schon lange Geschichte. Seitens der NASA ging schon Ende der Sechziger Jahre der Fokus auf sinnvolle Forschungsprojekte anstatt Erstleistungen über und bei Russland waren die letzten Ereignisse die Armada von Mars 4 bis 7 um die Vikings zu schlagen und die Bilder von Venera 9/10, die ebenfalls noch vor den Vikings Bilder von der Oberfläche eines anderen Planeten liefern sollten.

Vor etwa 8 Jahren gab es dann das innerkoreanische Wettrennen um den ersten mit einer eigenen Rakete gestarteten Satellit. Es gewann Nordkorea, das am 12.12.2012 ihren Satelliten erfolgreich startete – Südkorea folgte nur 6 Wochen später am 30.1.2013. Dabei arbeiteten beiden Länder seit Jahren an einer eigenen Trägerrakete und die ersten Starts dieser erfolgten 2009.

Aber die beiden Staaten sind ein spezieller Fall, ähnlich wie die DDR ihren Interkosmos noch vor dem ersten westdeutschen Satelliten Azur startete. Aber würde man annehmen, dass in einem aufgeklärten Land wie den USA es heute noch so etwas wie ein Welktraumrennen geben würde?

Aber klar, wenn das Ego von Milliardären angekratzt ist. In den letzten Wochen hat sich ein Wettrennen zwischen den beiden Suborbitaltourismusfirmen Blue Origin (New Shepard) und Virgin Galactics (Spaceship Two) entwickelt.

Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Am wahrscheinlichsten ist für mich, das Blue Origin den Start vorzieht, um noch vor SpaceShip Two zu starten, nur würden sie das wohl kam ankündigen. Aif der anderen Seite ist der 20.7 auch ein historisches Datum. Landung von Apollo 11 auf dem Mond und Viking Lander 1 auf dem Mars.

Ob mit den beiden Erstflügen dann das Wettrennen gelaufen ist? Wahrscheinlich, wenn nicht ich hätte, hier noch einige Vorschläge:

Tja dann gäbe es noch andere Erstleistungen, die weniger mit den Menschen zu tun haben, wie erster Sex im All (gut wird in der Zeit von 2 bis 4 Minuten Schwerelosigkeit etwas schwierig, sollte mit Vorbereitung aber zu schaffen sein) wobei ich vielleicht sagen sollte, erster offiziell dokumentierter Sex im All. Oder Haustiere im All. Gewichtsrekorde oder Größenrekorde (kleinster / größter Mensch) wären noch denkbar.

Also für ein Wettrennen à la Milliardärskindergarten gibt es wirklich genügend Stoff.

Bezos kündigte Wally Funk an, sie würde „Astronaut“ werden. Da kam ich erst ins Nachdenken – ist man als Suborbitalreisender eigentlich Astronaut? Oder sollte man dafür mindestens die Geschwindigkeit für einen Orbit erreicht haben? Die einzigen beiden bisherigen Suborbitalastronauten (wenn man unbeabsichtigte Startabbrüche mal ausklammert) Alan Shepard und Grissom flogen ja später nochmals ins All mit Gemini 3 und Apollo 14. Aber nach kurzem Nachdenken, nein muss man nicht. Man muss nicht mal geflogen sein. Bei allen Weltraumagenturen heißen selbst Anwärter für diesen Job „Astronaut“, Kosmonaut“ oder xxx-naut, so z.B. Matthias Maurer der derzeitige deutsche Astronaut im Astronautencorps der ESA.

Zuletzt noch eine Nachbemerkung. In den Medien wurde berichtet, dass Wally Funk Mitglied der „Mercury 13“ sei, eine inoffizielle Astronautengruppe, die die NASA nie starten lies. Das ist falsch. Der Arzt und Betreiber der nach ihm benannten Lovelace Klinik, William Lovelace unterzog 20 Frauen den gleichen Tests wie die Astronautenanwärter für das Mercuryprogramm. 13 der Frauen bestanden diese Tests. Mehr war es nie. Es gab keinerlei Beteiligung der NASA, noch deren Billigung oder das Versprechen, dass sie Astronauten oder Astronautinnen (Gender-Liebhaber*innen suchen sich bitte das Wort raus das ihnen am besten gefällt) werden würden. Die NASA wurde nicht mal davon unterrichtet. Die Frauen durchliefen nicht mal gemeinsam das Programm, sondern wurden in den laufenden Betrieb eingeschoben und lernten sich nicht kennen. Von den 13 leben nur noch zwei Wally Funk ist die Jüngste von ihnen. Klar ich kann alles so benennen, das es ähnlich wie ein offizielles Programm klingt. Auch eine Fußballmannschaft könnte ich „Mercury 11“ nennen. Aber das dieses „Buzzword“ so prominent in Medien, selbst deutschen wie dem sonst so gut informierten Skyweek auftaucht zeigt doch, wie völlig unkritisch heute Begriffe übernommen werden.

Die mobile Version verlassen