Vor dem zehnten Teststart des Starships
Am Sonntag dem 24.ten August wird es den nächsten Teststart des Starships geben, also in einer Woche. Damit hat erstmals seit Musk Termine ankündigt er kein Datum genannt, das dann nicht eingehalten wird.
Das Startfenster öffnet sich um 18:30 CT, das ist, wenn ich richtig rechne um 1:30 am Montag bei uns, das heißt, die wenigsten dürften das live anschauen. Das Startfenster dauert eine Stunde. Im Landgebiet dürfte dagegen die Sonne schon aufgegangen sein, was gute Bilder von der Landung ergeben wird.
Die Erläuterungen von SpaceX lesen sich wie die der letzten drei Starts. Hier die wichtigsten Punkte:
- Suborbitale Bahn, Landung im indischen Ozean
- 8 Starlinksimulatoren (Nutzlastmasse 12 bis 16 t) werden auf der suborbitalen Bahn ausgesetzt.
- Die Superheavy fliegt dieselbe Bahn wie bei IFT-9, die mehr Nutzlast bringen soll. Absichtlich wird eines der drei innersten Triebwerke bei der Landung deaktiviert um festzustellen, ob dies Auswirkungen hat. Die Superheavy landet dann mit zwei Triebwerken, allerdings auf der Meeresoberfläche, nicht am Startturm. Es ist eine neue Superheavy mit Seriennummer 16.
- Beim Starship gibt es einige Experimente mit den Kacheln. So wurden einige entfernt, andere durch metallische Kacheln ersetzt, darunter eine mit aktiver Kühlung, das ursprüngliche Konzept von Elon Musk das während der Entwicklung verworfen wurde. Eine Reihe von Kacheln wurde geglättet da bei Flug 6 eine erhöhte Belastung beobachtet wurde. Ebenso soll das Flugprofil zusätzlichen Stress verursachen.
IFT-9 Nachlese
Einige Details gab es zu dem Versagen von Booster und Starship beim letzten Flug. Die Superheavy zündete bei der Landung 12 der 13 Triebwerke, dann gab es ein „Energetisches Ereignis“ und kurz darauf verlor man 382 Sekunden nach dem Start die Telemetrie, weil die Stufe explodierte in 1 km Höhe. Als wahrscheinlichste Ursache wurde ausgemacht das es durch die steilere Flugbahn zu einer Beschädigung der Treibstoffrohre durch aerodynamische Belastungen kam, dadurch vermischten sich Methan und Sauerstoff und explodierten. Der Anstellwinkel ist daher geringer als beim letzten Test, das dürfte aber auch den erwarteten Nutzlastgewinn absenken.
Auch beim Starship lief einiges schief. Schon die Minuten nach der Zündung registrierten Sensoren einen Anstieg des Methangehalts in der Nutzlastspitze, das beschleunigte sich nach 5 Minuten als dann auch der Druck im Methantank abfiel. Es gab trotzdem einen Brennschluss (allerdings 3 Sekunden zu spät, was schon auf die Probleme hindeutet).
Was dann kam erstaunt: Obwohl in der Nutzlastspitze es einen erhöhten Druck gab, begann das System mit dem automatischen Entlüften als Vorbereitung für die Nutzlastabsetzung. Das führte durch das angesammelte Methan zu dem Taumeln des Starships. Erst als das einsetzte wurde dies gestoppt, ebenso das Aussetzen der Demonutzlasten. Das schied auch aus, weil der Mechanismus für das Öffnen der Nutzlastbucht nicht den Belastungen gewachsen war.
Die Lageregelungssysteme konnten dies teilweise kompensieren, doch 40 Sekunden nach Brennschluss drang flüssiges Methan in die Nutzlastbucht ein. Das bestätigen Sensoren uind Kameraaufnahmen. Daraufhin wurde das Starship automatisch passiviert und der Resttriebstoff ins All entlassen. Die Frage ist: warum beginnt ein System nicht den Innendruck zu überprüfen bevor es eine Situation heraufführt, die zum Verlust des Starships führt?
Ursache für das Leck ist ein Diffusor, der verhindern soll, das Gas auf die Wände und die Flüssigkeit im Methantank trifft. Das Gas stammt aus dem Vorbrenner und diese Technik hat schon bei den letzten Starts zu zahlreichen Triebwerksausfällen geführt, weil das Gas, das nicht nur Methan, sondern auch Verbrennungsgase wie Wasser enthält, dann Eis bildet, dass die Leitungen zu den Turbopumpen verstopft. Eine Analyse vor dem Start ergab keine Fehler, aber nach dem Start konnte man den Effekt nachstellen, das spricht dafür das dieses System neu ist und wie vieles andere wohl nicht richtig vorher getestet wurde.
Der Diffusor wurde neu konstruiert und diesmal einem ausführlicheren Qualifikationsprogramm als der letzte unterzogen (oder vielleicht erstmals einer Qualifikation unterzogen). Der Diffusor soll wohl die Probleme durch Eis weiter reduzieren. Wasser im Gas wird zu Eis, wenn es auf das Methan (LOX, man kann annehmen das dort die gleiche Technik verwendet wird) trifft aber auch die genauso kalten Wände, auch von dort wird sich Eis durch die Vibrationen lösen.
Neues gab es auf dem Starship 36 das am 18. Juni bei einem Testcountdown explodierte. Wie schon vorher verlautbart, war es eine Stickstoffflasche die explodierte. Es handelte sich um eine COPV, also eine Flasche aus Verbundwerkstoffen (innen Aluminium als Abdichtung, außen ein Verbundwerkstoff aus Kevlar, Glasfasern oder Kohlefasern. Der Stickstoff wird für das Umweltkontrollsystem benötigt.
Die Maßnahmen umfassen einen geringeren Betriebsdruck, weitere Inspektionen und Prüfungen des Drucks. Die Akzeptanzkriterien wurden angepasst und eine Methode zur Prüfung der Flaschen ohne Beschädigung entwickelt. Daneben wurden sowohl die innere wie äußere Verkleidung verstärkt. Die Frage, die ich habe, warum muss dafür erst eine Flasche explodieren? Wenn der Druck nun reduziert wird, war er vorher zu hoch, warum explodierte bei allen Tests der Flaschen keine? Vielleicht, weil es vorher keine Tests gab?
In der Summe fragt man sich beim Durchlesen der Seite, was man bei SpaceX überhaupt vorher testet. Also das Versagen der Superheavy durch den steileren Anstellwinkel sehe ich noch als Erfahrung, an die man nur beim Flug sammeln kann (oder man macht eine aerodynamische Simulation auf deinem Supercomputer, wie andere Firmen) aber die Erklärungen für das Versagen des Diffusors und der Flasche geben verklausuliert wieder, dass man Sachen einbaut, ohne sie vorher getestet zu haben:
„While pre-flight analysis did not show a predicted failure, SpaceX engineers were able to recreate the failure using flight conditions when testing at our facility in McGregor, Texas.“
Man achte auf das Wort „Analysis“, das ist was anderes als ein Test, es ist eine Analyse was passieren könnte, aber man überprüft nicht in Realität, ob das neue System denn auch wirklich so funktioniert wie gedacht.
„To address the issue, COPVs on upcoming flights will operate at a reduced pressure with additional inspections and proof tests added prior to loading reactive propellants onto a vehicle. SpaceX has also updated its COPV acceptance criteria and developed a new non-destructive evaluation method to detect internal COPV damage.“
Also erst nach der Explosion erarbeitet man eine Methode, um die Flaschen vor dem Einsatz überhaupt zu prüfen. Ansonsten die gleiche Vorgehensweise wie bei einem Falcon 9 Verlust bei dem eine COPV-Flasche explodierte: man reduziert halt den Druck und macht sie etwas dicker, wird schon gutgehen…
Lesenswert im letzten Drittel ist auch der Spaceflightnow-Artikel über das Statement. Schaut mal unten unter „Meeting deadlines“ über die Verspätungen bei Artemis 3.