Von der Zugänglichkeit von Informationen

Eine der Paradoxien unserer Zeit ist, dass die Informationsmenge die wir produzieren immer größer wird, Wissen immer schneller veraltet, wir aber diese Informationen immer vergänglicheren Medien anvertrauen.

Die ältesten Gemälde der Menschheit sind etwa 30000 Jahre alt – Sie sind heute noch in den Höhlen zu sehen in denen sie entstanden. Bewerten wir mal die Materialen die man verwendet um Informationen auszuzeichnen nach Vergänglichkeit und Unempfindlichkeit gegenüber Zerstörung so sind Gemälde an Felswänden und Ritzzeichnungen sicher das haltbarste was man kennt. Man muss schon einigen Aufwand treiben dies zu zerstören. Das gilt auch für die Bildinschriften (Hyroglyphen) im alten Ägypten und die Inschriften in Triumphbögen bei den Römern.

Doch für die tägliche Kommunikation, Verträge, Korrespondenz, Erlasse, Rechnungen, Bilanzen oder das Aufschreiben von Wissen benutzten schon damals die Völker vergängliche Materialen: Papyrus, fein geklopfte Faserbündel der Papyrus Staude bei den Ägyptern, Tontäfelchen bei den Sumerern, Pergament (dünn gespaltene Tierhaut) in Vorderasien. Tontafeln haben als einziges dieser Medien die Chance dauerhaft Informationen zu speichern – wenn sie gebrannt werden, wie dies durch Zufall einmal bei einer Tontafelbibliothek passiert, als diese in Brand geriet. Zudem sind sie anders als Papyrus und Pergament wieder beschreibbar. Sie sind jedoch genauso wie Papyrus leicht zerstörbar – durch Zerbrechen.

Die Erfindung des Buches ist im Sinne der Permanenz der Information kein Fortschritt, jedoch in der Informationsdichte. Dazu trug auch das Papier bei, welches die Chinesen erfanden. Damit konnte man viel dünnere Blätter anfertigen als mit Pergament. Gleichzeitig stieg die Anfälligkeit gegenüber Zerstörung.

Papier ist zudem empfindlicher gegenüber Umwelteinflüssen. Zahlreiche wertvolle handschriftliche Dokumente des 17.ten und 18.ten Jahrhunderts müssen heute aufwendig restauriert werden, weil die Tinte säurehaltig ist, bzw. das dort enthaltene Eisen Säure bildet.

Die Säure ist auch heute noch ein Problem. Seit man die industrielle Gewinnung von Papier durchführt hat man mit ihr zu kämpfen. Papier besteht weitgehend aus Cellulosefasern, die man aus Holz gewinnt. Dazu muss der eigentliche Kit rund um die Cellulosefasern, das Lignin aufgelöst werden. Das geschieht unter Einsatz von verschiedenen Chemikalien, wobei das Kochen mit Sulfiten sich als Verfahren weit verbreitete. Dadurch bleiben aber kleine Restmengen an Sulfit zurück und dieses oxidiert zu Schwefelsäure. Schwefelsäure hat eine sehr unangenehme Eigenschaft: Sie entzieht der Umgebung Wasser um ihre Konzentration zu senken, dieses Wasser verdampft aber und so bleibt die Säure konzentriert. Jeder der mal einen Tropfen Schwefelsäure auf seine Kleidung bekommen hat kennt den Effekt: Man sieht zuerst nur ein kleines Loch. Die Schwefelsäure entzieht jedoch der Umgebung weiter Wasser, dies geht bei Cellulose Fasern indem diese aufgebrochen werden. Wenn man das Kleidungsstück dann in die Waschmaschine steckt halten die geschwächten Fasern nicht mehr der mechanischen Belastung stand und man hat ein Handtellergroßes Loch im Mantel. Genau das gleiche passiert auch bei säurehaltigem Papier, es löst sich sprichwörtlich selbst auf.

Davon betroffen sind ein Großteil der Papiere die seit Mitte des 19.ten Jahrhunderts hergestellt werden. Erst seit 1980 wird säurefreies Papier für wertvollere Publikationen eingesetzt.

Doch dieser Informationsverlust ist nichts gegenüber dem digitalen Zeitalter. Hier gibt es eine neues Problem: Die Information ist noch vorhanden, kann aber nicht mehr gelesen werden. Doch betrachten wir zuerst einmal die digitalen Medien. Lochstreifen und Lochkarten sind relativ robuste Medien. Die Informationsdichte ist sogar geringer als bei bedrucktem Papier. Die Anfälligkeit ist in etwa dem von Papier gleichzusetzen. Magnetbänder sind auch sehr robust. Ihre Informationsdichte ist sehr gering. Reist es an einer Stelle, so ist nur dort die Information verloren. Als die Challenger im Jahre 1986 explodierte fand man nach Monaten die Magnetbänder des Bordcomputers im Ozean, inzwischen war die Eisenbeschichtung korrodiert und die Bänder mit einem Magnesiumchloridüberzug überzogen – trotzdem gelang es den größten Teil der Daten zu restaurieren.

Wesentlich empfindlicher sind Floppy Disks oder Festplatten. Bei diesen reicht eine kleine Beschädigung des Gehäuses um den Headcrash zu verursachen. Bei diesem zerstört der Schreib-Lesekopf sogar dann selbst die Daten.

CD-ROMS und DVD leiden unter Kratzern und der Alterung des Kunststoffes. Unter optimalen Bedingungen sollen sie 25 Jahre halten, man vergleiche diese Zeit mit einer Gutenberg Bibel. Jeder kennt jedoch den Effekt, wenn man eine zerkratzte CD nicht mehr lesen kann und dafür muss man sie nicht einmal besonders schlecht behandeln. Selbst gebrannte, also nicht gepresste DVD und CD sind noch empfindlicher. Der Farbstoff wird durch Licht zerstört. Lassen sie einfach mal eine beschriebene CD mit der Leseseite nach oben in der prallen Sonne liegen und sie sehen den Effekt. Heute wird selbst gebrannten DVD nur eine Lebensdauer von 5 Jahren gegeben.

Etwas besser scheinen die Flash Speicher zu sein, zumindest was die Empfindlichkeit gegenüber Umgebungseinflüssen und Zerstörung angeht. Doch auch sie verlieren langsam ihre Ladung und halten diese nur einige Jahrzehnte.

Doch das ist heute nicht das Problem, sondern wie komme ich an die Information heran ? In den letzten 25 Jahren in denen der Autor PC Erfahrungen hat sah er eine Menge Speichermedien kommen und gehen sehen: 8″ -> 5.25 -> 3.5 Zoll Disketten (heute haben viele PCs schon kein Diskettenlaufwerk mehr) Festplatten in MFM -> RLL -> ATA -> S-ATA Kodierung oder Anschlüssen. Was nützt ihnen eine 20 GB Festplatte aus einem IBM AT, wenn sie nicht mehr anschließen können ?

Selbst wenn sie das Medium lesen können, zum Beispiel alte Disketten aus den 90 er Jahren. Haben Sie auch noch das Programm um die Daten auszuwerten und läuft es heute noch ? Was machen Sie mit Texten von Wordstar oder Wordperfekt, in den 80 er und frühen 90 er Jahren sehr populäre Textverarbeitungsprogramme, was mit Tabellen von Lotus 1-2-3 ?

Das ist heute das eigentliche Problem, Daten gehen verloren, weil man die Datenträger nicht mehr auswerten kann. Es gibt Institute die lagern neben den alten Daten auch die PCs mit ein, mit denen man diese lesen kann – kein gangbarer Weg, denn technische Geräte altern auch wenn sie nicht benützt werden. eine Initiative will das Wissen der Menschheit in einem Stollen einlagern – doch nicht digital, sondern wie zur Steinzeit auf Siliziumwürfeln in welchen die Buchstaben eingraviert sind. Natürlich wegen der Informationsdichte sehr klein, doch mit einem Lichtmikroskop zu lesen. Silizium ist sehr hart und daher unempfindlich gegenüber Beschädigungen.

Manche Forscher sprechen sogar schon einem dunklen Zeitalter. Damit ist folgendes gemeint – Wenn wir heute schon Probleme mit der Haltbarkeit der Medien und dem Auslesen haben, wie sieht es dann für folgende Generationen aus. Was wird ein Archäologe von unserem Zeitalter noch mitbekommen, wenn er in 1000 Jahren Ausgrabungen macht ? Nichts wird erhalten sein, außer hochwertigen Druckerzeugnissen und auch diese nur, wenn sie vor Vermoderung geschützt sind. In diesem Sinne – denken sie nicht nur an ein Backup, sondern auch einen Ausdruck jeden wichtigen Dokumentes, denn sie in einem Ordner abheften können.

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