Bye-Bye Gerard Depardieu

Russland hat einen neuen Staatsbürger, Gerard Depardieu hat die russische Staatsbürgerschaft angenommen und wurde von Puttin mit seinem neuen Pass begrüßt. Und instrumentalisieren hat er sich auch gleich lassen. Russland sei ein freies Land und dann zog er noch eine bunte Folkloretracht an. Das alles wegen zu hohen Steuern in Frankreich. Wirklich? Ich habe nicht gehört von enorm hohen Steuern, sicher werden sie höher werden (bei uns auch, wenn erst mal in 10 Monaten die Wahlen vorbei sind), doch so viel das Gerard Depardieu deswegen fliehen muss. Nicht mal Abba haben Schweden verlassen wegen der damals wirklich hohen Steuern, und die waren internationale Stars und haben auf englisch gesungen, hätten also keinen Nachteil gehabt.

Den Nachteil dürfte Gerard Depardieu haben. Sicher er ist auch international bekannt, aber ist vor allem ein französischer Schauspieler und er verdient das meiste Geld in Frankreich. Die Franzosen sind ziemlich nationalbewusst und ich kann mir denken dass sie ihm das krummnehmen. Er geht ja nicht wie viele andere nach Monaco wie es Schumacher und Becker taten (warum eigentlich nicht? Liegt doch direkt eben Frankreich und französisch sprechen sie dort auch?) und ich könnte mir denken, das der Verlust an Gagen die Steuerersparnis nicht wettmacht. Vor allem würde ich mich nicht auch noch von diesem Regime instrumentalisieren lassen. Ein Tipp: Frag doch mal in Nordkorea nach, vielleicht zahlen die noch was für die Einbürgerung….

Das leitet mich zu meiner heutigen Frage über: Würdet ihr nur wegen des Geldes Deutschland verlassen, und wenn ja wohin? Ich gebe ehrlich zu, ich könnte mir das nicht vorstellen. Wenn, dann vielleicht allerhöchstens noch in die Nachbarländer Österreich oder die Schweiz (in der Schweiz sprechen sie zumindest einen ähnlichen Dialekt und haben ähnliche Ansichten hinsichtlich der Einstellung zur Arbeit und zum Geld wie in dem Teil Deutschland in dem ich leb), aber alles wäre ein zu großer Kultur- und Sprachbruch. Das einzige was ich mir vorstellen könnte wäre Staatenlosigkeit. Meinen Anteil an der Staatsverschuldung bezahlen und dann nichts mehr mit dem Staat zu tun haben, aber eben auch nicht das Umfeld verlasen. Doch interessanterweise kann man zwar zwei (oder noch mehr) Staatsbürgerschaften haben, aber nur in einem Film („Terminal“) wohl keine Staatsbürgerschaft.

Das leitet mich zu meinem zweiten Thema über, bei dem ich mich wahrscheinlich beim Leser mit den meisten Kommentaren unbeliebt mache : Berlin. Das ist ja zweimal in den Nachrichten gekommen: Zum einen wegen des Flughafens, der noch später fertig wird und noch teurer wird als geplant. Natürlich ist nun Wowereit zurückgetreten: Vom Amt des Vorstands des Aufsichtsrats. Es wäre ja zu viel verlang werden, wenn er als regierender Bürgermeister zurücktritt, obwohl er seit 10 Jahren dran ist und daher sicher die politische Hauptverantwortung für das blamable Projekt hat.

Nicht ganz so viele Schlagzeilen machte Thierse. Der hat ja was gegen Schwaben in Berlin. Die würden die Berliner „Tugenden“ verderben und so was schlimmes wie die Kehrwoche einführen. Ach ja? Wenn ich Einwohner dieser Stadt wäre, dann würde ich mal ganz still sein. Vor 100 Jahren mal regierten in Berlin preußische Tugenden, doch seit dem zweiten Weltkrieg hat sich die Stadt zum einen drauf eingestellt, von dem Geld anderer zu leben, erst von den Hilfen als in der Zone eingeschlossene Insel aus dem Westen und dann nach dem Fall der Mauer eben einfach Schulden gemacht. Und genauso ist das von Thierse „bunt und so abenteuerlich und so quirlig“ bezeichnete ist, dass jeder der im Westen strauchelte oder sich vor dem Wehrdienst drücken wollte, die Fliege nach Berlin machte. Und wenn das über 40 Jahre so ist, dann verändert das die Struktur der Bevölkerung. Und nun kommen Leute, die natürlich nicht dazu passen. Leute die arbeitsam sind, sparsam, anstatt zum ersten Mai Autos anzuzünden und den Dreck überall hin zu schmeißen so was wie die Kehrwoche einführen. Das bringt natürlich das gesamte Leben durcheinander. Leute die morgens zur Arbeit gehen und einen so schor vor 10 Uhr aufwecken, und dann dieses Gekehre jeden Samstag. Nicht mal der übervolle Papierkorb ist vor ihnen sicher… Klar, dass man sich als vollbärtiger Althippie da gestört fühlt.

Jede Stadt bekommt die Regierungsvertreter die sie verdient. Die einen einen grünen Ministerpräsident der fast noch konservativer als die CDU ist. Die anderen einen der findet das seine überschuldete Stadt „arm aber sexy“ sei (Tipp: Berlin als größter Rotlichtbezirk Deutschlands brächte dann wieder Einnahmen) und solche Fundamentalträumer wie die Piraten. Bei uns wird gegen einen Bahnhof demonstriert weil man ihn für zu teuer und überflüssig hält, und in Berlin bekommt man nicht mal einen Flughafen hin den jeder wöllte. Das sind eben die Unterschiede….

7 thoughts on “Bye-Bye Gerard Depardieu

  1. Jeder wollte den Flughafen bestimmt nicht. Die Bewohner der umliegenden Orte haben ja recht kräftig gegen die Lärmbelastung protestiert, sind aber vor Gericht gescheitert. Geld zählt hierzulande eben mehr als Menschenrechte.

  2. Zum Thema Flughafen fällt mir der „Fluglärmstreit“ zwischen der Schweiz und Deutschland ein, weil eine süddeutsche Gemeinde (Hohentengen) von in der Schweiz landenden Flugzeugen überflogen wird — das geht nun mal gar nicht, sollen die Kuhschweizer ihren Fluglärm gefälligst selber tragen!

    Offenbar gelten andere Standarts, wenn die Bundeshauptstadt betroffen ist, zumal es sich dort um ein Neubauprojekt handelt, während der Flughafen Zürich-Kloten vor über 60 Jahren gebaut wurde – lange vor den Häusle der „lärmgeplagten“

    Auch rund um Berlin gab es ja mehrere Alternativen, z.B. ehemalige Flugplätze der GSTD (Gruppe Sowjjetischer Truppen in Deutschland), welche bereits mit >3000 m langen Start- und Landebahnen ausgerüstet gewesen wären

  3. Na ja es geht nicht nur um eine Gemeinde, es geht um eine ganze Region und darum dass der Flughafen erweitert wurde, sodass nun die Belastung höher ist. Sonst hätte auch nicht das Land BW gegen den Vertrag der Bundesregierung geklagt.

  4. Ich frage mich zu welchen Flughafen, die Einwohner dieser Gemeinde gehen, wenn irgendwo hinfliegen wollen.

    Die Flughafen ist so nah an der Grenze zu Deutschland, dass es kaum möglich nicht über Deutschland zu fliegen. Und über das dicht besiedelte Gebiet sollte man aus anderen Gründen nicht so tief fliegen. Es sind ja schon ein paar Flieger um den Flughafen abgestürzt.

  5. Der ganze Schwachsinn mit BER ist auch daran zu sehen, daß eine Flugroute genau über Potsdam gelegt wurde. Völlig unnötigerweise, weil nur wenige Kilometer südlich die Gegend deutlich weniger besiedelt ist. Aber wenn schon, dann muß doch wenigstens die Zahl der Proteste maximiert werden. Dazu noch die ständigen hartnäckigen Versuche, die Erde durch Klimawandel unbewohnbar zu machen.
    Wenn Lernfähigkeit ein wichtiges Merkmal der Menschen ist, müssen Politiker wohl keine sein. Ist das die Invasion vom Mars? 😉

  6. @Elendsoft: Ich bin ja durchaus dafür das man zwischen den verschiedenen Interessen abwägt aber wenn man auf jede Anwohnerinitiative hören würde könnte man bei uns keinen Flughafen, keine Straßen, keine Bahnen oder auch nur größere Gebäude mehr bauen. Man muss eben Abwägen, manche Bauvorhaben sind sicherlich unnötig aber bei manchen sehe ich das anders. Wie das beim Berliner Flughafen aussieht kann ich nicht so genau sagen. Manchmal nimmt das mit den Anwohnerinitativen und irgendwelchen Vorschriften die daraus erwachsen teilweise echt kuriose Züge an. Ich hab mal etwas von einem Fall gehört, da gab es einen etwas kleineren Flughafen auf dem gab es recht strenge Regeln bezüglich Lärmschutz. Jedenfalls wollte zu irgendeinem historischen Fliegertreffen (oder Ähnlichem) einer mit einem Segelflugzeug dort landen und ein paar Flüge machen. Sein Antrag wurde abgelehnt weil das Segelflugzeug kein Lärmschutzzeugnis besaß. Ein Segelflugzeug ein Lärmschutzzeugnis! Es wäre ja lustig wenn es nicht gleichzeitig traurig wäre.

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