Visionen von Raumfahrt und Forschung
Heute wieder ein Gastblog von Hans, der sicher genug Diskussionsstoff für einige Tage liefert:
Angeregt von der Diskussion hier jetzt mal ein längerer Beitrag dazu, auch wenn meine Kommentare im Blog nicht wirklich kurz sind. Wie sich heraus gestellt hat, sehe ich ja einige Dinge etwas anders, das will ich hier jetzt näher erläutern.
Ich hole weit aus und fange mit einem Beispiel aus der SF an: Es gibt doch die Serie Stargate Atlantis, die sich zumindest in den Gründzügen auch an die Atlantislegende hält, die uns von den alten Griechen überliefert ist: Eine von einer technologisch sehr fortgeschrittenen Hochkultur erbaute, mehrere tausend Jahre alte Stadt, die im Meer versunken ist. Diese Stadt bietet dem menschlichen Forscherteam das dort hin kommt, neben einer Unterkunft eine Menge technischer Wunder deren Erforschung einen grossen Teil der Serienhandlung ausmacht. Eines ist die Möglichkeit, dass die Stadt immer noch bewohnbar ist, obwohl sie auf dem Meeresgrund liegt. Ein weiteres, dass sie im Laufe der Handlung auftaucht, und dann in der Regel auf dem Ozean schwimmt. Das spektakulärtste Wunder dieser Stadt ist jedoch, das sie Triebwerke besitzt, mit denen sie von einer Planetenoberfläche abheben und als interstellares Raumschiff von einem Planeten zum Nächsten fliegen kann, der sich auch in einer benachbarten Galaxie befinden kann. In einem Fanforum wurde dazu mal die Frage nach den Kosten aufgeworfen, die so ein Projekt erfordern würde. Meine Antwort auf diese Frage war und ist, das es der Kultur, die dieses Projekt realisiert hat, auf die Kosten nicht ankam, sondern das es zum einen darum ging die technologischen Fähigkeiten bis zum Maximum auszutesten und zum anderen eine mobile Basis zu haben, mit der sie das Universum noch weiter erfoschen konnten als es ihnen ohnehin schon möglich war. Über das Gesellschaftssystem der Antiker, wie diese Hochkultur in den Stargateserien heisst, die u.a. auch dieses Atlantis gebaut haben, wird zwar nicht viel gesagt, aber meiner Ansicht nach sahen sie die Erforschung der Universums als kulturelle Aufgabe an, die sie unter anderem mit dieser Stadt angegangen sind.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was diese Einleitung mit Bernd’s Blogbeitrag zu tun hat? – Nun, ganz einfach: So wie ich die Intensionen der Antiker zum Bau von Atlantis interpretiere, so stell ich mir eine optimale Wissenschaft im Allgemeinen und die Raumfahrt im besonderen vor. Die moblie Basis zur Erforschung des Universums ist zwar noch Zukunftsmusik, aber wir können Schritte in diese Richtung machen. Dazu ist allerdings eine hohe Akzeptanz der Wissenschaft in der Gesellschaft erforderlich. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, das die Weiterentwicklung der Wissenschaft von allen Teilen der Gesellschaft gerade zu gefordert werden sollte, bzw. das wir es als Gesellchaft ebenfalls als kulturelle Aufgabe betrachten sollten, das Universum im allgemeinen und das Sonnensystem im Besonderen zu erforschen. Davon sind wir derzeit aber weit entfernt.
Stattdessen wird heutzutage in erster Linie nach dem ökonomischen Nutzen von Projekten gefragt. Nicht nur in der Raumfahrt, sondern allgemein. Meine Antwort auf diese Frage ist, dass der ökonomische Nutzen in der Forschung grundsätzlich und bei gesellschaftlich-kulturellen Grossprojekten auch erst mal Zweitrangig zu sein hat. Da man in der Raumfahrt auch immer noch Grundlagenforschung betreiben muss, ist ein ökonomischer Nutzen nicht immer gegeben oder er stellt sich erst später, d.h. in ein paar Jahren oder gar Jahrzehnten ein. Gute Beispiele dafür sind die praktische Anwendung der Zahlentheorie und der Quaternionen 1). Beides Themen aus der Matehmatik, für die man zur Zeit ihrer Entdeckung keinerlei praktische Anwendungen wusste. Heute wäre die gesamte Kryptografie und darauf aufbauende Sicherheitstechnik ohne Zahlentheorie sowie komplizierte Bewegungsabläufe bei Industrierobotern oder Visualisierungen in der Computergrafik ohne Quaternionen nicht denkbar. Weitere Beispiele dazu findet man in einer Artikelserie von Spektrum online.(Teil 1 und Teil 2 )
Nun kennen die Wirtschaftswissenschaften neben der betriebswirtschaftlichen (BWL) Perspektive aber auch noch die volkswirtschaftliche (VWL) Perspektive. Diese unterscheidet sich in ihren Fragestellungen von der BWL unter anderem dadurch, dass sie den Nutzen einer Unternehmung nicht für einen einzelnen Betrieb, also eine einzelne Firma oder einem privaten Haushalt untersucht, sondern den Nutzen, den eine Gesellschaft davon hat. Da geht es dann um Fragen, die sich um die Abhängigkeiten einzelner Menschen oder Haushalte von einer Firma oder auch die Abhängigkeiten von Firmen untereinander drehen. Dazu kommen Fragen nach Infrastrukturen die notwendig sind, damit einzelne Firmen zusammen arbeiten bzw. alle Firmen grundsätzlich arbeiten und private Haushalte existieren können. Oder auch, welche Basisqualifikationen jeweils an das Firmenpersonal zu stellen sind, wo die herkommen sollen und wie man es als Gesellschaft bewerkstelligt, dass sie da sind. Diese volkswirtschaftliche Betrachtungsweise ist, wenn man so will, die ökonomische Basis meiner Argumentationen.
Nun schreibt Bernd: „… dass es mir nicht um bemannte oder unbemannte Raumfahrt geht, sondern darum wenn Raumfahrt schon teuer ist, die Mittel sinnvoll einzusetzen. …“ Dem widerspreche ich ja gar nicht. Ich bin im Gegenteil sogar auch dafür. Etwas weiter heisst es in dem Abschnitt: „Schlussendlich gibt es ja nur einen Topf für die Forschung und wenn ich an die Universitäten denke und mit welchen Budgets dort geforscht wird, dann ist schon unbemannte Raumfahrt um ein vielfaches teurer als was wir pro Forscher so auf der Erde ausgeben.“ Das ist sicher richtig, aber nur ein Teil des Problems, denn da schimmert mir schon wieder zu sehr die BWLer Perspektive durch.
Nun meint Bernd weiter: „Was relativ unstrittig ist, ist das für die Forschung man keine bemannte Raumfahrt betreiben muss.“ – Ja schon, grundsätzlich lässt sich vieles auch mit rein robotischen Missionen erforschen und das sogar recht erfolgreich. Aber das ist nur die halbe Herausforderung. Die wesentlich grössere Herausforderung liegt darin, das menschliche Überleben in einer Umgebung möglich zu machen, die im Grunde lebensfeindlich ist. Damit wären wir beim „sportlichen Nutzen“, den ich im Gegensatz zu Bernd oder dem von ihm in diesem Zusammenhang genannten Herrn Weinberg sehr wohl als Inspiration oder auch als Antrieb betrachte. Frei nach dem Motto: „Was die erreicht haben, will ich auch erreichen.“ So kann man auch die Motivation der Chinesen deuten, die mit ihrem bemannten Raumfahrtprogramm ja genau das machen. Bernd schreibt: „Das nun China, obwohl es bisher kaum ein wissenschaftliches Weltraumprogramm hat gleich an ein bemanntes Weltraumprogramm geht ist genauso nachvollziehbar. Damit kann man die eigenen Landsleute beeindrucken.“ – Damit kann China nicht nur die eigenen Landsleute beeindrucken, sondern auch andere, denen sie damit zeigen, dass sie ebenfalls in der Lage sind, Menschen in den Weltraum zu schicken und auch lebendig wieder zurück holen können. Damit lässt sich sicher auch gut Propaganda machen, was insbesondere die USA verärgern dürfte. Aber das ist eine andere Geschichte.
Oder hier: „da jammert man dass ELV und OSC so teuer geworden sind, aber dass man US-Satelliten auf europäischen oder russischen Trägern startet ,kommt ja nicht in die Tüte.“ Okay, da kommt jetzt die Politik ins Spiel, zumindest was die Preise angeht. Ansonsten passt es aber zum „Grossmachtgehabe“ einer Nation, die besonders viel von sich hält. Übrigens hab ich kürzlich gelesen, dass es in der Anfangszeit der Raumfahrt auch nicht in die Tüte kam, dass die NASA irgendwelche Satelitten startet, die nicht aus US-Entwicklungen stammten, was schlieslich dazu führte, das die Europäer die Ariane entwickelt haben.2) Und schliesslich:
Bernd kritisiert in den Kommentaren, das immer irgendwer mit Visionen für die Zukunft oder Vergleichen mit der Vergangenheit kommt, obwohl er nur die Gegenwart betrachet. Diese Kritik geht meiner Ansicht nach aber von der Prämisse aus, dass Forschung und Entwicklung in der Raumfahrt auch im betriebswirtschaftlichen Sinne immer „Zielorientiert“ sein sollte. Das sehe ich aber anders. Um das zu erläutern wäre erst mal die Frage zu klären, was ich mit „im betriebswirtschaftlichen Sinne „Zielorientiert““ meine? – Nun, das ist in etwa das gleiche, was Industrievertreter meinen, wenn sie an Schulen und Hochschulen eine zielorientierte Ausbildung fordern, die die Absolventen zwar dazu befähigen soll, die am Arbeitsmarkt geforderten Tätigkeiten auszuführen, aber möglichst verhindert, dass sie mehr können, als dort gefordert wird, so dass sie den tieferen Sinn einer Tätigkeit letztlich nicht in allen Einzelheiten beurteilen können, weil sie die Zusammenhänge nicht kennen oder nicht verstehen.
Im Zusammenhang mit der Raumfahrt verstehe ich unter „Zielorientiertheit“, dass ein Projekt, wenn nicht gerade sofort, dann doch nach möglichst wenigen Jahren Gewinn abwerfen soll. Das ist aber Unsinn! Die Erforschung des Mars oder der Gasplaneten und ihrer Monde wird in den kommenden 10 bis 20 Jahren sehr wahrscheinlich keinen Gewinn abwerfen. Sie ist allerdings reichlich kostspielig. Ebenso die Erforschung der Sonne. Nun geht es bei der Sonne heutzutage aber vielfach auch darum, ihr Verhalten zu prognostizieren, damit sie unsere komplexen Infrastrukturen, die nicht gegen alles immun sind, was von ihr kommen kann, best möglich zu schützen. Hier hat die Grundlagenforschung, also auch ganz harte betriebswirtschaftliche Interessen im Rücken. Aber: Die Ergebnisse, die diese Erforschungen von Sonne, Mond und Planeten liefern, die haben meiner Ansicht nach grundsätzlich allgemein zugänglich zu sein, so das jede/r darauf aufbauend weiter arbeiten kann. Meinetwegen auch mit kommerziell nutzbaren Anwendeungen. Die Forschungsergebnisse selbst haben aber „Marktfrei“ zu sein.
Das wäre ein Beispiel für eine Volkswirtschaftliche Betrachtungsweise, da ja nur einige Wenige die eigentliche Forschung betreiben, die Ergebnisse aber der Allgemeinheit d.h. dem ganzen Volk zugänglich gemacht werden, so das jeder damit (weiter) arbeiten kann. So sehe ich das ganz allgemein mit der Forschung, völlig unabhängig davon, ob sie an Universitäten oder anderen Einrichtungen betrieben wird. In diesem Zusammenhang meine ich auch, dass industrielle Forschungsergebnisse nach ca. 5 Jahren lizenzfrei Publikationspflichtig werden sollten. Und für alle zusammen wiederum, dass auch Miserfolge und „Holzwege“ publiziert werden sollten.
Diese Betachtung geht im übrigen davon aus, dass die Forschung selbst, da sie ja auch Geld kostet, von der Allgemeinheit (also aus Steuergeldern) bezahlt wird. Denn was die Allgemeinheit bezahlt, kann sie auch nutzen.
Jetzt noch zum Thema Raumstation: Da es mit der ISS ja sowieso eine Menge Chaos bei der Fertigstellung gab, weil die Beteiligten sich nicht immer so einigen konnten oder wollten, wie es der Sache dienlich gewesen wäre, wäre es nur vernünftig, wenn Europa sich aufraffen würde, und eine eigene Raumstation samt erforderlicher Infrastruktur entwickeln und aufbauen würde. Damit könnte man den Amerikanern auch klar machen, dass man zwar gerne mit ihnen zusammen arbeitet, sie aber nicht unbedingt braucht. Also genau dass, was sie mit Europa ja auch gerne machen.
Dann hätte man nebenbei auch einen Grund, eine Schwerlastvariante der Ariane zu entwickeln, die sagen wir mal 20 Tonnen in einen mittleren LEO von ca. 500km bei etwa 60° inklination befördern kann. Dazu ein modulares Konzept für eine Raumstation bei der man möglichst die Fehler vermeidet, die man bei der ISS gemacht hat. Wenn man die also erst mal für drei Leute auslegt, erweiterbar auf 10 und das konsequent durchzieht, ohne sich von den Amis drein reden zu lassen, dann sollte man sich damit auch bei einigen Leuten Respekt verschaffen, die Europa in dieser Hinsicht bisher eher belächeln um nicht zu sagen auslachen.
Am Ende schreibt Bernd: „Man könnte den Spieß ja umdrehen: bemannte Raumfahrt ist ein Relikt des kalten Krieges, wer sie heute noch betreibt beweist eher dass er nicht den Anschluss an die Zeit gehalten hat. Es ist Angeberei, dem keine Substanz dahinter steht. Das sind die Klassenclowns, die immer auffallen müssen, aber die letzten in der Klasse sind, während die echten Spitzen ruhig und stil sind, damit sie nichts verpassen.“ Nun ja, das kann er gerne auch so sehen, obwohl ich nicht ganz sicher bin, das er’s auch tut. Ich halte davon aber nichts. Ich denke eher, das man die bemannte Raumfahrt so weiter entwickeln sollte, das wir Ende der 2020er / Anfang der 2030er Jahre permanent besetzte Basen auf dem Mond bauen können und werden. Wenn wir das gemeistert haben, können wir auch mal ernsthaft darüber nachdenken, Menschen zum Mars fliegen zu lassen. Aber dazu ist vor allem eines notwendig, das bisher zu wünschen übrig lässt: Die Erforschung der Weltraums und damit auch die Raumfahrt als kulturelle Aufgabe zu betrachten. Und damit wäre ich wieder beim Anfang dieses Beitrages angelangt: Denn so, wie es die fiktiven Antiker aus Stargate als kulturelle Aufgabe angesehen haben, das Universum zu erforschen, so sollten wir es auch machen.
- http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1116948
- Johannes Weyer (Hg.); Technische Visionen – politische Kompromisse, Geschichte und Perspektiven der deutschen Raumfahrt; edition sigma® rainer bohn Verlag; Berlin 1993
Moin Hans,
mich wundert dass Du StarGate als Beispiel nimmst. Das ist, imho, übler Ami-Schund, Hurra-Patriotismus, Military-Fiction. Die Kultur und das Weltbild von StarTrek hingegen würde auf Deine These besser passen: Wenn Technologie den Menschen ermöglicht sich aus der Lohn und Schuldknechtschaft zu befreien, dann würden Soziales, Kultur und Wissenschaft blühen. Ein Gesellschaftssystem wie StarTrek bei dem alle materiellen Güter dank Replikator frei sind und nichts kosten, niemand gezwungen ist für sein Dach über dem Kopf und was zu Essen in Lohnknechtschaft zu Arbeiten, so ein System könnte den Weltraum erobern.
Aber so lange die Schwäbische Hausfrau den Pfennig umdrehen muss, so lange Menschen hungern, so lange es Sklaverei gibt, wird die eine Utopie bleiben.
ciao,Michael
Oh, das ging jetzt aber schnell mit dem publizieren… 🙂
Ein wunderbarer Beitrag, der viel von dem ausdrückt, was ich mir in der Raumfahrt und ihrer Entwicklung wünsche! Allerdings finde ich auch, dass er etwas utopistisch ist, was sich auch an dem genannten Vorbild Antiker widerspiegelt. Das von Michael K. genannte Star Trek ist übrigens auch im Grunde eine Utopie.
Der meiner Meinung nach entscheidende Aspekt für jede Raumfahrt, egal ob bemannt oder unbemannt, findet sich in der Motivation. Wenn mich was interessiert, dann pack ich’s an, wenn’s zu schwer wird, lass ich’s. Und da fängt die erste Schwierigkeit an: Wissenschaft wird auf absehbare Zeit nie den (auch kulturellen) Stellenwert erlangen, den Hans sich wünscht, einfach, weil Wissenschaft evolutionär eine von vielen Dreingabe eines zu einigermaßen intellektuellen Gedanken fähigen Gehirns ist. Dem Alltagsmenschen im Büro oder dem Bauern auf dem Feld ist der Weltraum ziemlich wurscht, weil er zu weit weg ist und keine unmittelbaren Auswirkungen auf seinen Alltag hat. Auch die Wissenschaft und die damit einhergehende Erweiterung seines geistigen Horizonts ist ihm (im Regelfall) recht schnurz. Ich habe selbst einen promovierten Physiker einmal mit Begeisterung über das Schauspiel eines Jupertransits reden hören und in einer Mathematikaufgabe eines Physiklehrers den uns nächsten Stern als Sirius bezeichnet gesehen.
Mit anderen Worten: Wissenschaft ist den meisten Menschen zu abstrakt, als dass sie je eine Art kulturellen Stellenwert erlangen könnte. Was die Menschen bewegt, sind Dinge, die handfest in ihren Alltag eingreift und ihn durcheinanderbringt. Ein Asteroideneinschlag z.B. Wir alle wissen um die Gefahr, immer wieder kann man davon lesen, die Wissenschaft ermöglicht uns, das Ausmaß der Gefahr und die Folgen einer solchen Katastrophe abzuschätzen. Forcieren wir aufgrund dieser Erkenntnis die Technologie, die es uns ermöglichen würde, uns besser davor zu schützen? Nein, nur in ganz geringem Ausmaß (Spacewatch z.B.). Genauso, wie die Deiche von New Orleans nicht sofort nach Erscheinen einer entsprechenden Studie erhöht und verstärkt worden sind, sondern erst nach Hurrikan Katrina.
Deshalb wird sowohl bemannte wie unbemannte Raumfahrt wahrscheinlich erst dann eine wirklich größere Rolle spielen, wenn es eine entsprechende kosmische Katastrophe gibt, oder einen neuen Wettlauf im All zwischen China und den USA. Auch wenn mir die von Hans vorgestellte Alternative lieber wäre, so wie ich uns Menschen kenne, brauchen wir immer erst einen gehörigen Tritt in den A…, um uns in Bewegung zu setzen…
Moin Philipp,
> Das von Michael K. genannte Star Trek ist übrigens auch im Grunde eine Utopie.
klar sind sowohl StarTrek als auch StarGate Utopien. StarGate ist jedoch eine sehr negative Utopie, bei der das US Militär im Alleingang entscheidet und die Bevölkerung für Dumm verkauft wird.
Auf der Erde ändert sich bei StarGate nichts zum positiven für die Menschen. Der „Fortschritt“ besteht alleinig aus gestohlener Waffentechnologie. Alle anderen Technologien werden ignoriert. Nichts wird an die normale Wissenschaft und das Volk weitergegeben. StarGate reflektiert die Dummheit der USA mit der Afghanistan und Irak „befreit“ wurde. Die Helden sind immer bewaffnet, ignorieren lokale Kultur und Religion, und im Gegensatz zu Afghanistan und Irak reicht eine militärische Machtübernahme aus um sofort die lokale Bevölkerung zu „befreien“.
Bei StarTrek hingegen gibt es eine Gesellschaftsutopie. Durch den Replikator sind die Menschen vom Joch der Arbeit befreit, und haben Zeit für Kultur und Wissenschaft. Die Aufgabe der Enterprise ist es nicht neue Welten zu erobern, sondern zu erforschen, und dabei eine strikte nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten der lokalen evtl. technologisch rückständigen Kulturen einzuhalten.
Die StarTrek Utopie passt daher bei weitem besser zu Hans seiner Hypothese, als der Hurra-Military-Fiction von StarGate.
ciao,Michael
@Michael K: Diese Utopie, dass die Menschen (fast) nicht mehr arbeiten muessen, gibt es im Prinzip auch schon heute und ohne Replikator. Trotzdem haben wir kein Utopia.
Warum? Weil die Menschen es nicht schaffen, das System so anzupassen, dass die Gesellschaft ohne Vollzeit-Jobs funktioniert. Warum auch immer.
Die Folgen der zunehmenden „Utopisierung“ sind bis jetzt – aufgrund falscher oder ausbleibender soziokultureller Reaktionen – durchweg negativ.
Ich denke, dass Wissenschaft zum Erlangen neuer Informationen betrieben werden sollte, natürlich auch Grundlagenforschung für die es erst einmal keine Anwendung gibt. Man sollte jedoch versuchen, mit dem vorhandenen Geld so viel wie möglich zu erreichen. Insofern sind Raumstationen und bemannte Raumfahrt etwas fragwürdig, wenn man sich vor Augen hält wie viele Raumsonden, Technologie/Forschungssatelliten oder was auch immer man alleine mit dem ISS Budget hätte bezahlen können. Das Verhältnis Erkenntnis/Kosten wäre so wohl deutlich besser gewesen. Bemannte Mondstationen könnten wohl tatsächlich eine sehr gute Erforschung des Mondes ermöglichen, man müsste jedoch untersuchen ob eine Untersuchung mit vielen bemannten und unbemannten Landern und Rovern nicht günstiger wäre.
Zur „sportlichen Herausforderung“: Was haben die Menschen da noch zu beweisen? Es haben schon viele Menschen im Weltall überlebt, und ich denke nicht dass Astronauten für so viele Menschen ein Antrieb sind, dass sich die Ausgaben lohnen. Meiner Meinung nach sollte man die bemannte Raumfahrt zunächst einstellen und erst dann wieder in Angriff nehmen, wenn sich daraus wieder neuer Erkenntnisgewinn ergibt.
Moin,
@ Michael K.: was Deine Kritik an Stargate betrifft, so hast du natürlich recht. Es ist auch eine Militär-Jubel-Serie, in diesem Fall auf die Air-Force bezogen. Aber es geht mir ja auch nicht um die Akteure im Vordergrund, also um die Leute von der Air Force, sondern um jene, die die ganze Hightech hinterlassen haben, mit der sich die Akteure in der Serie auseinander setzen (müssen). Und das sind eben die Antiker, deren Gesellschaftssystem nur hin und wieder mal angedeutet wird, aber sonst weitest gehend im dunkeln bleibt. U.a. erfährt man über diese Antiker, das Spiritualität in ihrem Leben einen wesentlich höheren Anteil hatte, als es heute in westlichen Zivilisationen allgemein der Fall zu sein scheint: Sie strebten alle nach dem sogenannten „Aufstieg“, engl.: Ascension, womit der „Übergang eines intelligenten Lebewesens von der körperlichen in eine reine energetische“ Existensform gemeint ist. Nach meiner Interpretation (speziell aus SG-Atlantis) war das körperliche Dasein als eine Art weiter entwickelter Demokratie organisiert, die möglicherweise ein paar theokratische Einschläge hatte. Aber da die Frage nach dem Gesellschaftssystem und insbesondere der Theokratie in allen 3 Stargate Serien offen gelassen wird, ist es eine reine Interpretation. Also: mir dient hier nicht der Militär-Jubel-Inhalt als Vorlage, sondern das fiktive Volk, das uns technologisch um Jahrhunderte voraus war und den Hintergrund für diverse Handlungsstränge bildet.
Und mit Star Trek bin ich nicht genügend vertraut, um genug über das dortige Gesellschaftssystem zu wissen. So, wie Du es beschreibst, ergibt es allerdings einen Sinn.
Soweit erst mal dazu.
Moin Hans,
in der StarTrek Utopie ist auch das Geld fast völlig abgeschaft. Nur einige rückschrittliche Rassen wie Ferengi’s haben so was noch.
ciao,Michael
Wenn man sich die Kommentare durchliest, sieht man vor allem, dass selbst die Gesellschaftskritiker hier vor allem vom Standpunkt des BWLers argumentieren. Der VWLer-Standpunkt bleibt völlig unbeachtet.
Wenn diese Kritik immer und überhalb gegolten hätte, wäre die Menschheit über das Stadium der Dorf-Gesellschaft nicht Herausgekommen.
Wer vor 4000 Jahren brauchte Geometrie? Die Agypter, um nach dem Nilhochwasser das ganze Volk ernähren zu können.
Was konnte man im 17. Jahrhundert mit Newtons Erkenntnissen anfangen?
Der Bauer wusste wie sein Pflug gebaut sein musste und der Schiffsbauer hatte die Erfahrung, wie ein gutes Boot gebaut wurde.
Wenn wir die Ansprüche der wissenschaftlichen Forschung an den Bedürfnissen des Einzelnen fest machen, wird da nichts von.
Am schlimmsten wird es, wenn man diese Ansprüche deswegen bestreitet weil sie zwar der eigenen Gesellschaft nutzen könnte, aber beim ersten Mal einer Gruppe zu Gute kommt, die einem, sagen wir mal, unsymphatisch ist.
Das ist dann Keynes-BWL
Bernd
@Michael K.
Ja, dass in Star Trek auch das Geld abgeschafft wurde, hab ich auch mitbekommen. Das wird ja im Film Star Trek II sehr schön thematisiert. – Einer der wenigen, den ich von den inzwischen 8 oder 10 Filmen gesehen habe.
@bernie:
Nun ja, viele der wissenschaftlichen Erkenntnisse des 17. Jahrhunderts waren für das einfache Volk erst mal nicht zu gebrauchen. Aber das gilt genau genommen immer noch. – Oder kannst du persönlich was mit den Erkenntnissen anfangen, die uns Curiosity vom Mars beschert? – Ich jedenfalls nicht. Aber darum geht es auch erst mal nicht. Ich habe viel mehr den Eindruck, dass in unserer Gesellschaft zur Zeit ein Klima herrscht, wo die Wissenschaft an sich erst mal keinen guten Ruf (mehr) hat. Das liegt aber nur zum Teil daran, das auch Wissenschaftler Mist bauen, wie zum Beispiel bei Doktorarbeiten von anderen Leuten abzuschreiben und das dann als eigenes Werk auszugeben.
Es liegt zum anderen auch daran, dass auch die Wissenschaft für meinen Geschmack zu stark kommerzialisiert wurde, und dass dieser Kommerz dazu führt, dass wirkliche Innovationen nicht nur ausbleiben, sondern eher behindert werden, weil sie einigen Leuten die Pfründe streitig machen. (Das lässt sich sehr schön beim Patentwesen und den damit verbundenen Streitigkeiten beobachten.) Ein weiterer Grund ist meiner Ansicht nach, dass ein grosser Teil der zur Zeit herrschenden „Elite“ der Ansicht ist, eine Art Neofeudalismus einführen zu müssen und damit (leider!) sehr erfolgreich ist. Dem sollte unbedingt was entgegen gesetzt werden, und dazu dient u.a. diese Vision.
Und wo wir gerade bei Keynes sind: Sicher war er, bzw. sein Wirtschaftsmodell nicht perfekt, denn es hat auch ein paar Schwächen. Aber ich finde es trotzdem sehr viel besser als das von Milton Friedman (bzw. F.A.v.Hayek) und der Chicagoer Schule, das derzeit die Wirtschaft und auch die Politik beherscht. Dabei tut letzte zumindest in Deutschland gerade so, als ob es nichts anderes geben würde, was aber völliger Unsinn ist.
Moin bernie,
> Wer vor 4000 Jahren brauchte Geometrie? Die Agypter, um nach dem Nilhochwasser das ganze Volk ernähren zu können.
Die Ägypter als auch die Griechen haben das meiste Wissen über Mathematik, Astronomie und Geometrie von den Babyloniern übernommen. Sie kannten die Wurzel aus 2 (1:21:51:10) und PI (3:8:29:44) auf mindestens drei 60er Stellen hinter dem Komma genau, d.h. 6 Stellen genau im Dezimalsystem. Das ist erheblich besser als die Ägypter, deren 2*PI von 1760/280. Zudem wussten sie schon, dass Wurzeln und Kreiszahlen irrationale Zahlen sind, deren absolute Genauigkeit niemals als Bruch möglich ist. Die Babylonier kannten den Erdumfang genau genug, dass 10 Stadien und eine Seemeile sich erst nach der 5ten Dezimalstelle unterscheiden. Des weiteren wurde in Babylon das Bank und das Versicherungswesen erfunden, und das islamische Hawala System ist quasi eine Babylonische Überweisung.
Und da kommen wir dann wieder zu Hans seiner These zurück: Wissenschaft braucht eine freie Kultur.
Die wichtigste Errungenschaft in Babylon war das Gesetz Hammurabi’s, und die Vertragstradion der Tempel. So war jeder (größere) Besitzwechsel ohne Vertrag Diebstahl, und Menschenraub wurde mit dem Tode bestraft. Zwar verwenden Heirats und Arbeitsverträge das Wort ‚kaufen‘, jedoch mussten alle Verträge bei denen das Gut ein Mensch war, für jede Partei eine Kündigungsklausel enthalten.
Der typische Ehevertrag (zwischen einen wohlhabenden Mann, und einer armen Frau) damals lautete z.b.:
Er kauft Sie für den Preis von einem Sekel Silber. Beide sind über den Kauf glücklich. Und wenn Er sagt, du bist nicht mehr meine Frau, so hat er Ihr 1 Talent Silber zu zahlen, und wenn Sie sagt Du bist nicht mehr mein Mann, so kann er Sie in den Fluss schmeißen. Es folgt eine Liste mit Zeugen.
So ein Ehevertrag kann auch genausogut andersrum lauten, wenn Sie das Geld hatte, und es kahm nicht selten vor das eine Frau einen Mann mit all seinen Söhnen gekauft hat.
Bei Arbeitsverträgen ist auffällig, dass bei gleicher Arbeit Mann und Frau den gleichen Lohn erhalten, dass aber Frauen sehr häufig die besser bezahlten Verträge hatten, weil Schreiben eine Frauenarbeit war damals. Und das gesamte Bankwesen war ebenfalls Frauenarbeit.
Ein Antikes System ohne Sklaverei (*ok* es gab Lohnsklaven, Schuldsklaven, Kriegssklaven bei deren Kündigung der Frieden aufgekündigt wird), das auf einem Rechtssystem anstatt Despotismus basiert, und den eine Vertragsfreiheit garantiert, war damals die Vorraussetzung das Babylon die Hochkultur der internationalen Wissenschaft war.
Die Ägypter und vor allem die Griechen dagegen waren sehr rückschrittlich. Das Babylonische Rechtssystem war bis zu den Achaemeniden gültig, und wurde durch Alexander den Teufel zerstört, der dort einen Griechischen Despotismus einführte, den Femicide, und die Segregation der Frau, unter der der Islam heute noch leidet. Manchmal kann man da schon Kulturpessimist werden.
ciao,Michael
@Hans:
Ja. Natürlich meinte ich Chicago, nicht den orginal Keynes.
@Michael_K:
Da hast du einen schönen Sheldon geliefert. Aber was wolltest Du mir zum Thema sagen?
Bernd
Heute entdeckt, weil auch erst heute veröffentlicht:
Open Access – auch für Daten
Meine Meinung, nur etwas anders ausgedrückt, und sie geht an der Stelle weiter, wo sie auch die Publikation der Quellecodes und Algorithmen zur Auswertung der Rohdaten wünscht. Aber damit hab ich kein Problem, denn das gehört nicht nur in dem Fall zusammen.