Kleine Nachlese

Nun nach einer Woche ohne Blog heute mal eine kleine Nachlese. Das herausragende Ereignis war natürlich die Landung von Philae, die die zwei Tage vorher erfolgte Landung von Alexander Gerst weit überstrahlte. Aber ich komme zuerst zu dieser. Regelmäßige Leser meines Blogs wissen ja dass ich die bemannte Raumfahrt für weitgehend überflüssig halte. Aber da es sie schon mal gibt und ihre Aufgabe auch die Werbung ist – für die bemannte Raumfahrt an sich, aber auch allgemein für die Werbung für die Raumfahrt, Nun über die Forschung kann man wenig sagen, wie wichtig sie ist. Das Pensum soll recht umfangreich gewesen sein. Über die Bedeutung weiß man wenig. Was Gerst auf jeden fall gut erledigt hat ist der Teil Werbung. Zumindest in den deutschen Medien war das Echo deutlich größer als beim letzten deutschen Langzeitaufenthalt von Reiter. Das zog sich hin bis zur Landung als selbst der NASA-Kommentar meinte Gerst wäre „in good Shape“ und er selbst aufstehen wollte anstatt eingewickelt und getragen zu werden.

Ohne Astronauten kommt man heute wohl nicht mehr aus, das zeigen auch die zahlreichen Sondersendungen zur Landung von Philae, die es von gleich mehreren Sendern gab. Also ich sah gleich drei ehemalige Astronauten dort: Ewald, Walter und Reiter. Ich frage mich, warum Astronauten diese Mission erklären müssen, anstatt die Wissenschaftler oder Flugkontrolleure zu fragen. Reiter war als Leiter des Direktorats für bemannte Raumfahrt der ESA offiziell da. Die anderen haben eigentlich (wie auch Reiter) mit dem Projekt nichts zu tun Sie sind auch nicht für Experimente verantwortlich. Aber wahrscheinlich hätte es keinen Unterschied gemacht, denn bei solchen Sendungen für die Allgemeinheit werden auch intensiv in das Projekt eingebundene, nur allgemeine Dinge von sich geben, die wichtig für das nicht vorgebildete Publikum sind.

Kaum ist die Landung erfolgt isst auch die Mission schon wieder vorbei. Der Lander sprang zweimal von der Oberfläche ab. Einmal mit 38 cm/s, was zu einem Sprung über 1 Stunde 50 Minuten führte (38 cm/s entsprechen gerade mal 1,4 km/s. Auf der Erde entspricht das einem Fall aus nur 3 cm Höhe. Das zweite Mal mit 3 cm/s, das reicht immerhin für einen 7 cm hohen Sprung. Ich werde das Beispiel morgen mal für ein kleines Gedankenexperiment nutzen. Das ist schade, denn die erste Landung bei der Staub aufgewirbelt wurde wie man später auf Bildern von Rosetta sah, Sie war im Zentrum der Landeellipse also in der idealen Position.

Er kam schließlich1 km entfernt, am Rand einer Klippe zu stehen. Noch dazu stand er schräg, mit einem Bein in die Höhe. Dort bekamen seine Solarzellen zu wenig Licht. So arbeitete er nur mit der Primärbatterie die für zwei Tage Betrieb reichte und ist nun seit Gestern im Schlafmodus. Die Mission ist damit wahrscheinlich schon vorbei, auch wenn die kleine Chance besteht, dass durch Rotation des Kometen und steigende Sonnenannäherung er noch mehr Strom bekommt und eventuell nochmal aktiv werden kann. Ich sehe die Chance dafür eher klein, weil der Komet ja laufend Masse verliert und neben dem Verlust des Bodens auf dem Philae steht kann das auch Beschädigungen von Instrumenten oder Solarzellen bedeuten.

Man war sich des Risikos aber bewusst, denn schon vor der Landung hat man die Primärmission zu 2,5 Tagen angegeben. In den 56 Stunden Betriebszeit wurden 80% des Programmes absolviert. Vor dem Start war von 6 Tagen, eventuell 3 Monaten die Rede, da kannte man aber die extrem unregelmäßige Form von „Chury“ aber nicht und auch nicht seine Rotationsperiode. Beides ist wichtig für die Zeit und die beleuchtete Fläche der Solarzellen, welche die Sekundärbatterie aufladen. Seit gestern um 1:15 schweigt Philae, vielleicht für immer.

Trotzdem kann man die Mission des Kometenlanders als vollen Erfolg ansehen. Man darf, auch wenn die Medien die Landung als wichtigstes Ereignis sehen, nicht vergessen, das es ein Piggyback-Experiment war, das gerade mal ein Siebtel der Projektkosten ausmacht. Mehr in dem heute aktualisierten Aufsatz über Philae.

Dann gibt es neues von SpaceX. Die haben wieder mal einen neuen Startauftrag gewonnen. Nach ihren eigenen Pressemeldungen erst der dritte dieses Jahr. Der Gewinn war leicht – Arianespace hat sich gar nicht erst an der Ausschreibung beteiligt. Kneift Arianespace nun den Schwanz ein? Nein, anders als SpaceX hat die Firma dieses Jahr so viele Aufträge erhalten, dass sie bis 2017 ausgebucht ist. Sie hätte den Start der für 2016 vorgesehen ist, gar nicht durchführen können. Tja die einen machen Rummel, die anderen sind erfolgreich. Mehr Schlagzeilen macht aber ein anderer Startauftrag _ SpaceX will nicht weniger als 700 Satelliten starten – sie sollen wie Iridium Internet global übertragen. Jeder wiegt aber nur 114 kg. Das erinnert mich an Pläne für solche Satelliten die es vor 20 Jahren gab. ICO und auch Microsoft planten damals ähnliche Konstellationen. Die wurden alle eingestellt und auch Iridium und Globalster waren nicht so geschäftlich erfolgreich wie geplant. Mal sehen was draus wird. In 2-3 Monaten soll es Details geben.

Beim durchstöbern der Zweit und Drittquellen, das ich wegen der Arbeit etwas schleifen ließ, bin ich bei dem Blog eines selbsternannten Experten stutzig geworden. Bei dem hat Deke Slayton die Conestoga 1620 gestartet: „Als er sich nach seiner NASA-Zeit selbst im Startbusiness versuchte, gab es mit seinem Satellitenträger Conestoga 1620 am 23. Oktober 1995 wenige Sekunden nach dem Start eine Explosion, die mindestens so spektakulär war, wie die von gestern. Und Slayton war raus aus dem Business, denn einen weiteren Start konnte er sich nicht leisten.“.

Schön geschrieben. Deke Slayton starb am 13.6.1993

4 thoughts on “Kleine Nachlese

  1. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist es sicher nicht so toll, wenn Astronauten anstatt beteiligter Spezialisten befragt wurden. Aber um ganz ehrlich zu sein: Die wissenschaftlichen Ergebnisse interessieren nicht einmal mich so richtig. Wie soll es dann dem Normalbürger gehen, der wahrscheinlich nicht einmal den Unterschied zwischen Komet und Asteroid kennt?
    Astronauten sind vor allem Botschafter der Raumfahrt, sie werden heutzutage stark nach psychologischen Gesichtspunkten ausgewählt. Sie sind immer charismatisch und kommen gut bei den Menschen an, so wurden die ausgewählt. Einzelgänger oder introvertierte fliegen heutzutage nicht ins Weltall (jedenfalls nicht das ich wüsste; Weltall ade!). Wissenschaftler dagegen sind nicht immer gut in Public Relations und tun sich oft auch schwer, einem Leien was zu erklären.
    Thomas Reiter ist wirklich sympathisch, habe ihn bei einer Vorlesung mal gehört. Und der Walter, nun ja, jeder der an der TUM studiert (hat) weiss das der eine besondere Vorliebe für Fernsehauftritte pflegt, egal ob er vom Thema bescheid weiss oder nicht…

  2. Ich verfolge die Rosetta/Philae-Berichterstattung mit großem Interesse – vielen Dank für Ihre tollen Berichte!

    Eine Frage die mich beschäftigt: Wie war es möglich, die SD2-Bohrung durchführen, wenn die Verankerung nicht geklappt hat? Wen ich eine Bohrmaschine mit einem Gewicht von wenigen Gramm auf den Boden setze, wird doch genau gar nichts passieren, oder?

  3. moin,

    die frage stellt sich mir auch, eventuell wurde beim Aufsetzen der Bohrer in den Boden gedrückt. Vielleicht war die Landung härter als geplant was dem Bohrer geholfen hat.

    Durch ein schnelles Ausfahren des Werkzeugs hätte man ja auch den Lander wieder in die Luft bringen können, was eventuell zu einem besseren Standort geführt hätte.

  4. Die Bohrer waren die letzten Experimente die man ansetzte – ischer kein Zufall. Daneben gibt es ja noch die Haken in den Landebeinen. Ein Bohrer hat primär ja ein Drehmoment, es ist ja keine Schlagbohrmaschine sondern ein rotierendes Hohlrohr. Ich denke man hat bei der Konstruktion schon darauf geachtet und MUMPUS frass sich fest als der Bohrer auf Eis kam, konnte also dieses Material nicht durchdringen (eis ist bei -179°C zwar härter, aber lange nicht so hart wie Gestein), das lässt auch auf eine geringe Leistung schließen.

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