Buchkritik: der Untergang des römischen Weltreichs
Das Buch „der Untergang des römischen Weltreiches“ von Peter Heather ist ein ziemlicher Schinken, 640 Seiten stark. In Amazon hat es eine gute Bewertung mit 4 bis 5 Sternen. Das und die Empfehlung eines Bloglesern hat mich dazu bewegt, das Buch zu kaufen.
Ich bin ja vielseitig interessiert. Nicht nur an Raumfahrt, sondern auch an antiken Kulturen, Astronomie, Paläoontologie, Computer und Computergeschichte und so passt das Buch gut in meine Interessenslage. Zumal beim Römischen Reich ja es nicht so ist, das viele Bücher Schwerpunkte behandeln. Selbst Gesamtdarstellungen oft nicht die ganze Geschichte gleichberechtigt behandeln. Ziemlich viel gibt es über die Zeit Cäsars bis zum Kaiserreich Mitte des zweiten Jahrhunderts. Davor meist wenig auch wegen der schlechten Quellenlage und danach, weil das Reich sich nicht mehr ausdehnte, auch recht wenig. Über das Ende des Römischen Reichs hatte ich bisher kein Buch und so fiel der Griff in den Geldbeutel leicht.
Einführung
Das Buch beginnt zuerst mit einer Beschreibung wie sich das Römische Reich zur Zeit Cäsars in das Reich Mitte des vierten Jahrhunderts wandelte. Man erfährt, dass es komplett romanisiert ist. Städte in allen Provinzen strebten nach dem römischen Bürgerrecht und ein gutes Latein galt als Kriterium für gehobene Bildung und Stand und das nicht nur in Rom, sondern überall in der Republik. Erläutert werden aber auch die Probleme eines Reiches das sich von Spanien bis zur Türkei, von Schottland bis Nordafrika erstreckt. Vor allem die Verwaltung eines so großen Reichs und die Reaktion auf Ereignisse sind da problematisch. Selbst Meldereiter brauchen Wochen, um von einem Ende zum anderen zu kommen. Soldaten zu verlegen, dauert noch länger. So teilte man das Reich in zwei Hälften und verlegte die Regierungssitze näher an die Reichsgrenzen. Zudem sahen sich die Kaiser auch nach Einführung des Christentums als Götter, was wie Heather gut schreibt, dann doch einige Probleme mit sich brachte. So verlieren Götter keine Schlachten und das war dann doch häufiger der Fall, als zu der Zeit als das Reich noch expandierte.
Der Zentralteil des Buches
Nach der Einführung in den Status quo beginnt das Buch im Jahre 376, als erstmals Goten nicht zu Beutezügen ins Römische Reich kamen, sondern sich dort ansiedeln wollten. Die Völkerwanderung hatte begonnen. Ausgelöst durch die Hunnen, die germanische Stämme unterwarfen und einen Druck auf die verbliebenen ausübten, sich in Sicherheit zu bringen. Es gelingt dem Römischen Reich nicht, die Ostgoten zu besiegen. Uneinigkeit zwischen dem weströmischen und oströmischen Kaiser und andere Konflikte (im Westen durch die Alemannen, im Osten durch die Perser) banden zu viele Kräfte. So gestattete man den Ostgoten nach 2 Jahren Krieg die Ansiedlung auf römischem Boden.
Es folgte die Beschreibung weiterer Einwanderungsperioden. Eine um 406-410 nach Christus, 435-443 nach Christus und schließlich der Untergang des Reichs von 465 bis 476 n.Chr. Der Stil ist auch für Laien gut lesbar. Der Autor rechnet aber auch damit von Fachkollegen gelesen zu werden, was man an einigen Begründungen für eigene Einschätzungen sieht. Es ist aber eher für Laien gedacht, mit einer nicht so hohen Informationsdichte.
Was mir auffiel, war das intensive Verwenden von historischen Quellen wie Briefwechsel von Personen, Gedichte oder Lyrik oder die Geschichte eines Heilligen. Für jemanden der nur an Geschichte interessiert ist wie ich und weniger an der Darstellung durch Zeitpersonen, die zudem nicht eine historische ist, sondern oft Lobpreisungen oder Dinge nur am Rande erwähnt werden, wenn es in einem Brief um etwas anderes geht, ist das nicht so wichtig. Ich habe diese Teile meist schnell durchgelesen. Da kommt eben doch der Historiker in Heather durch. Das zeigt sich auch im Anhang. Das eigentliche Buch ist nach S.519 durch, die restlichen 120 Seiten bestehen aus Anmerkungen, Zeittafel, Glossar, Vita von Personen, Bibliografie und Stichwortverzeichnis noch dazu in einer ungewöhnlichen Reihenfolge, so hätte ich die Zeittafel als Erstes erwartet.
Beurteilung und offene Fragen
In der Summe ist es ein leicht zu lesendes Buch, aber kein das Thema Abschließendes. Der Autor beschränkt sich auf die Ereignisse de Völkerwanderung. Andere Provinzen, die nicht betroffen werden, kommen nicht vor, so Britannien, von dem die Truppen abgezogen wurden, als der Befehlshaber den Kaiserthron an sich reisen wollte. Erwähnt wird die Provinz Norica die etwas fernab der Routen lag. Hier schildert der Autor wie diese Provinz auch ohne Einfall mit der immer schwächer werdenden Militärpräsenz Probleme bekam. Aber auch hier fehlt eine Schilderung was passierte, nachdem das Weströmische Reich nicht mehr existierte.
Für mich offen ist die militärische Schwäche des Reichs. Gerade am Anfang schildert der Autor, wie zu Julius Cäsars Zeiten eine Legion selbst in einem Hinterhalt erbitterten Widerstand leistete. Dagegen haben die Römer 400 Jahre später viele Schlachten verloren gegen Gegner, die ihnen teilweise an Zahl unterlegen waren, auf jeden Fall aber keine Berufssoldaten waren.
Ich habe das schon einmal in einem Blog thematisiert: etwa 465 v.Chr. War Rom genauso groß wie 218 v.Chr, also auf Italien beschränkt. Doch wärmend das Rom damals den Krieg gegen die Karthager gewann, obwohl man drei Schlachten gegen Hannibal verlor, bei denen rund 80.000 Soldaten umkamen, hatte das Rom zu dieser Zeit nicht mal genug Geld die Soldaten auf Italien zu bezahlen. Die Rekrutierung von 30.000 Soldaten zur Rückeroberung von Soldaten beanspruchte so viele Mittel, dass danach keine Aktionen mehr möglich waren. Es hat sich also etwas geändert. Das war nicht mehr das Reich wie vor dem Kaiserreich. Es fehlte der Wille zu siegen und dafür alle Ressourcen aufzubieten und es fehlte die militärische Schlagkraft. Bedingt durch die zentralisierte Verwaltung waren die Provinzen auch weitestgehend auf sich allein gestellt, wenn es einen Einfall gab. Das finde ich hat Heather nicht so herausgearbeitet.
In der Summe ein empfehlenswertes Buch für alle die sich für die Thematik interessieren. Man könnte mehr darüber schreiben (siehe Anmerkungen) und dafür an anderer Stelle kürzen. Doch wen das nicht stört, der bekommt viel Lesestoff zum kleinen Preis: Es kostet als Taschenbuch nur 14,99.
Kann ich unterschreiben.
Ein sehr lesenswertes Buch.