Abwehrmöglichkeiten für NEO – Teil 2: Anstreichen

Eine zumindest in manchen Medien gern propagierte Methode uns vor dem Einschlag eines NEO zu schützen ist es ihn anzustreichen. Klingt doch toll und irgendwie nach grundsolider handwerklicher Arbeit und löst nebenbei das Arbeitslosenproblem, wenn Tausende von Malern einen Asteroiden anstreichen … Continue reading „Abwehrmöglichkeiten für NEO – Teil 2: Anstreichen“

Money for Nothing … and the Asteroid for Free

Gestern hat die NASA ihren Haushaltsentwurf präsentiert. Also nicht das was sie bekommt, sondern das was sie haben will. („Request“) 17,7 Milliarden sind es. Betrachtet man die einzelnen Ressorts so bleibt es beim Niveau von 2012 und auch bei der Verteilung, auch wenn es im Kleinen Umverteilungen gab. So bekommt die Erforschung der Planeten 200 Millionen das ist ein Siebtel des Budgets weniger, dafür das JWST die Summe mehr. Interessant ist dass die Raumstation nun so viele Mittel wie vorher Shuttle und Raumstation zusammen bekommt ohne das man deswegen mehr Flüge hätte. Das steigt übrigens in den nächsten Jahren noch an. Rechnet man noch die Mittel für CRS dazu, so kostet die ISS die NASA alleine 4,7 Milliarden Dollar, fast ein Drittel des Haushalts. Continue reading „Money for Nothing … and the Asteroid for Free“

Wie groß sind die Chancen sich vor Asteroiden des Tscheljabinsk Typs zu schützen?

Wenige Stunden bevor der vorher bekannte Asteroid 2012 DA14 an der Erde vorbeiflog schlug ganz unerwartet bei Tscheljabinsk ein Meteor ein, zerstörte 3.700 Gebäude und verletzte einige Hundert Menschen. Und sofort gibt es dann Anhörungen wie man sich davor schützen kann. Also Zeit dass wir uns das mal genauer anschauen. Continue reading „Wie groß sind die Chancen sich vor Asteroiden des Tscheljabinsk Typs zu schützen?“

Wie bekommt man Informationen von einem punktförmigen Objekt?

PlutoIch gehe heute mal auf die Frage von "der K." ein, wie man vor dem Vorbeiflug von Rosetta Informationen über Steins bekommen konnte, obwohl der Asteroid selbst in großen Teleskopen nur ein Punkt ist.

Also als erstes: Natürlich ist Steins selbst in großen Teleskopen nur ein Punkt. Das größte Teleskop ist heute das LBT, das die Auflösung eines 23 m Spiegels erreicht. Der Asteroid Steins hat eine minimale Distanz von der Erde von etwa 1 AE, also rund 150 Millionen km. Bei dieser Distanz würde selbst ein 23 m Teleskop maximal 4 km auflösen können. In dieser Größenordnung liegt auch Steins geschätzter Durchmesser. Mehr als ein Punkt wird der Asteroid also niemals auf einem CCD Array sein.

Die Größenbestimmung erfolgt zum einen durch Aufnahmen. Auch wenn man keinerlei Details auf dem Asteroiden auflösen kann, so kann man doch anhand der Aufhellung von Pixeln die Größe einschätzen. Das ist natürlich stark fehlerbehaftet (20-50 % Fehler sind hier normal). Bevor man Steins z.B. für Rosetta beobachtete um mehr im Vorfeld über den Asteroiden herauszufinden, schätzte man dessen Durchmesser noch etwas höher ein bei etwa 8 km.

Die zweite Methode misst die Helligkeit. Benutzt man die Albedo von Steins, und vergleicht die Helligkeit sie mit anderen bekannten Asteroiden des gleichen Typs, dann kann man die Größe genauer abschätzen.

Informationen über die Oberfläche und Form bekommt man durch eine Lichtkurve des Asteroiden. Diese Messung wurde von OSIRIS durchgeführt und auch von Weltraumteleskopen. Bei einem irregulären Körper wie Steins kann man so auch die Form gut bestimmen. Da die Helligkeitsschwankungen mit der Form korrespondieren. Das klappt natürlich nur, wenn der Körper nicht durch dunkle und helle Gebiete starke Helligkeitsschwankungen aufweist wie es z.B. der Iapetus tut.

Mit einer Variation dieser Methode konnte Hubble diese Karte von Pluto erstellen: Der Plutomond Charon passiert relativ selten die Linie Erde-Pluto-Charon und zieht dann vor Pluto vorbei. Misst man die Helligkeitsveränderung durch Charon, so kann man berechnen, wie dunkel die Oberfläche sein muss, die von Charon abgeschattet ist.

Die Aufnahme rechts zeigt z.B. eine Pluto Aufnahme mit dem HST und eine Berechnung der Oberfläche aufgrund der Vorübergänge von Charon. Die Karte hat eine Auflösung von etwa 200 km. Hubble selbst hat ein Auflösungsvermögen von etwa 1100 km beim Zeitpunkt der Aufnahme. Diese Karte ist also um den Faktor 6 besser als eine direkte Aufnahme.

Bei Steins konnte man so die Form und die Rotationsperiode bestimmen. Es gibt bei allen Körpern, auch die keinen Mond haben, auch Vorübergänge an anderen Himmelskörpern, Bedeckungen z.B. Durch den Mond oder Sterne. Diese sind äußerst selten. Doch wenn, dann werden solche Gelegenheiten genutzt um den Durchmesser genauer zu bestimmen. Der Pluto Durchmesser wurde durch solche Methoden z.B. auf 100 km genau bestimmt – dabei schrumpfte die geschätzte Größe von 6800 auf 2400 km von 1930 bis 1978.

Wie bekommt man die Information über die Klasse des Asteroiden? Nun durch Spektroskopie. Das Spektrum eines Körpers verrät die chemischen Elemente, die dort vorhanden sind. Das Problem ist hier nur, dass der Körper leuchtkräftig genug ist um ein Spektrum zu gewinnen.

SteinsAnalog kann man über diese Methode auch die Temperatur der Oberfläche bestimmen. Bei einem Himmelskörper ohne Atmosphäre hängt diese nur vom der Sonnenentfernung und Albedo ab. Damit hat man die Albedo (Anteil des rückgestreuten Lichts) und kann wiederum damit die Größe bestimmen. Über Änderungen dieser bekommt man weitere Daten von der Oberfläche wie dunkle oder Helle Gebiete.

Begrenzt wird dies eigentlich nur von der Empfindlichkeit der Sensoren und des Sammelvermögens des Teleskops. Wenn die Anzahl der Photonen dem Eigenrauschen der Detektoren entspricht, ist nichts mehr zu machen. Aber das ist bei Steins kein Problem. Heute kann man so große Objekte wie Steins noch in Neptunentfernung also der 30 fachen Distanz detektieren.

Das Bild links zeigt eine Vorhersage der Form Steins aufgrund von Beobachtungen mit dem HST, Spitzer und erdgebundenen Teleskopen und der beobachteten Form. Vor dem Vorbeiflug wurde der Durchmesser auf 4.6 km geschätzt. Nach OSIRIS Beobachtungen liegt er bei 5.0 km im Mittel, wobei die Form elliptisch ist mit Extremwerten von 4.0 und 5.9 km. Mit einer Albedo von 0.35 ist Steins recht hell für ein Objekt aus Stein. Der Mars ist z.B. mit einer Albedo von 0.16 wesentlich dunkler. Ebenso der Erdmond mit 0.12.

Mal sehen was die noch zu übertragenden NAC Aufnahmen noch zeigen werden….

Rosetta bei (2867) Steins!

Aus aktuellem Anlass, die letzte Erweiterung zu Rosettas Mission als Blog:

Steins
Steins

Nach einigen Monaten im Hibernations (Schlaf) Modus, begann am 5.8.2008, einen Monat vor der Passage die Observation des Kleinplaneten Steins. Ziel dieser Beobachtungen mit der Kamera OSIRIS ist es den Orbit genauer zu definieren. Stein wird gegen den Sternenhintergrund aufgenommen und seine Position anhand der Beobachtungen vorhergesagt. Ohne diese Beobachtungen wäre die Position nur auf 100 km genau – das ist angesichts 800 km Minimaldistanz ein großer Fehler, der 7.1 Grad Unsicherheit in der Position ausmacht – etwa dreimal mehr als das Gesichtsfeld der Telekamera beträgt. Die Beobachtungen von Rosetta sollen die Unsicherheit auf 2 km verringern.

Lange ist Stein nur ein Pixel groß. Bis zum 25.sten August reichen daher 2 Aufnahmen pro Woche. Ab dem 25.sten August bis zum 4. September gibt es tägliche Aufnahmen. Die letzte Möglichkeit zur Feinjustage der Trajektorie gibt es am 4.Septzember einen Tag vor dem Vorbeiflug. Dabei nimmt die Distanz rasch ab, als am 5.8.2008 mit den Beobachtungen begonnen wurde sind es noch 24 Millionen km. Die Eigentliche Beobachtungskampagne beginnt dann 950.000 km Entfernung, einen Tag vor dem Vorbeiflug. Doch selbst aus 800 km Minimalentfernung wird Steins dessen Größe zwischen 2-5 m (irrreguläre Struktur) mit einem mittleren Durchmesser von 4.6 km geschätzt wird klein bleiben. (Er dürfte maximal 300 Pixel groß sein auf den Bildern der Telekamera). Trotzdem haben auch die Aufnahmen aus größerer Entfernung wissenschaftlichen Wert: OSIRIS kann das Licht von Stein messen und damit Informationen über Abmessungen und Rückstrahlfähigkeit liefern und die Erkenntnisse über die Rotationsperiode / Achse verbessern.

Von ESAs originaler Planung des Fly Bys blieb nicht viel übrig: Diese war auf Sicherheit ausgerichtet, so sollte Rosetta nicht zu sehr aufgeheizt werden und nach dem Vorbeiflug sollten keine Beobachtungen mehr stattfinden. No way, sagten die Wissenschaftler! Da haben wir die bislang leistungsfähigste Sonde die an einem Asteroiden Vorbeiflügen soll und dann machen wir keine Kompromisse, also bitte so nah wie möglich an Steins vorbei, Beobachtungen vor, bei und nach dem Vorbeiflug., eine Bahn die volle Ausleuchtung (Sonnenwinkel 0 Grad) gewährleistet und natürlich so viele Instrumente wie möglich im Betrieb. Warum? Nun Steins ist ein E-Typ Asteroid, er besteht zu einem großen Teil aus schweren Elementen wie Eisen und Nickel, vermischt mit Silikaten. Diese Asteroiden sind selten (weniger als 1 % aller Asteroiden sind vom E-Typ). Rosetta ist die erste Sonde die einen E-Typ Asteroiden besucht, also Zeit diese Gelegenheit zu nutzen!
Da hatte das Team um die Flugingenieure einiges zu tun. Und sie haben diese Aufgabe bewältigt und Rosetta bis an die Grenzen getrieben. Um Die Bahn von Steins besser zu charakterisieren reichte die Vermessung der Raumsondenbahn alleine nicht aus. Rosetta begann Steins vor dem Hintergrund zu fotografieren und so die Position genauer zu bestimmen. Die Bahn wurde mehrfach angepasst und 3 Stunden vor dem Vorbeiflug begann man mit den Navigationskameras Steins zu verfolgen und die anderen Instrumente auf ihn ausrichten. Diese optische Navigation ist eine Erstleistung für Europa.

Aktiv waren schließlich 15 Instrumente, 14 auf Rosetta und eines (das Magnetometer) auf Philae. Untersucht wurde nahezu alles : Bilder und Spektren vom UV bis hin zu Mikrowellen. Staubteilchen Detektoren,. Plasmadetektoren und Magnetometer. Leider schaltete die Telekamera 9 Minuten vor der nächsten Begegnung ab, so dass zuerst nur Bilder Weitwinkelkamera präsentiert wurden. Dies wurde von der Software, welchen den Zustand überwachte veranlasst. Einige Stunden später schaltete sie sich ein und arbeitet seitdem problemlos. Ursache war das der neue „Movie“ modus – bei dem die NAC alle 2 Sekunden ein Bild aufnahm wohl die Kamera an die Grenzen trieb und die Software sie daher vorsorglich abschaltete. Ein weiteres Problem war der Ausfall der NASA Goldstone Antenne, über die eigentlich die Daten gesendet werden sollten. So verzögert sich das Rücksenden der Daten die nach dem Vorbeiflügen gewonnen wurden.

Ein 2 km großer Krater nahe des Nordpols hätte Steins fast zertrümmert. 23 Krater von mindestens 200 m Durchmesser (der größte von 2 km Durchmesser) konnten identifiziert werden. Die ersten Farbaufnahmen zeigten Steins in Grau, mit leichtem rötlichem Touch. Auch Stereobilder konnte OSIRIS herstellen
Die VIRTIS Daten sind immer noch in Auswertung, weil dieses Instrument enorme Mengen an Daten liefert. Aufbereitete Bilder sollen folgen. GIADA konnte keinen Staubeinschlag vermelden. Der Asteroid „staubt“ also nicht. Schade, das hätte eine direkte Analyse der chemischen Zusammensetzung erlaubt. Allerdings konnte man in 800 km Entfernung auch kaum noch Staub erwarten.

G. Winter nutzte die Pressekonferenz am 6.9.2008 um ein Programm vorzustellen um Nearth Earth Objects (NEO) zu suchen und überwachen, vor allem um Objekte rechtzeitig zu finden welche der Erde gefährlich nahe kommen oder sogar potentiell einschlagen könnten.
Es umfasst folgende Schritte:

  • Verfolgen und Entdecken von NEO
  • Beobachtungen der NEO
  • Besuch von NEO mit Raumsonden, eventuell Versuche ihre Bahn zu beeinflussen

Es soll im November beim Ministerrat in Den Haag vorgestellt werden. Angesichts der Überschreitung der Budgets von BepiColombo und Exomars (beide wurden deutlich schwerer und erfordern nun jeweils einen Ariane 5 anstatt einen Sojus Start, stehen die Chancen für neue Programme aber eher schlecht.