Ein „vernünftiges“ Mondprogramm Teil 3

So nun der dritte Blogeintrag von Thomas Jakaitis:

In den ersten beiden Blog-Einträgen zu diesem Thema bin ich auf die Grundüberlegungen und die Transport-Architektur für ein „vernünftiges“, bemanntes Mondprogramm eingegangen:
  • Eine neue Zielsetzung kam neben den „klassischen“ Zielsetzungen (Forschung usw.) ins Spiel: Die Ressourcen des Mondes sollen genutzt werden. Bejaht man dieses Ziel, so ist dafür ein bemanntes Mondprogramm erforderlich.
  • Wenn sich dieses Programm am Minimum orientiert, so hat es aus finanziellen Gründen die größten Chancen zur Verwirklichung („Minimalprogramm“).
  • Die erste Phase des Mondprogramms besteht deshalb aus einem ausgedehnten, unbemannten Programm zur globalen Erforschung des Mondes, welches u.a. die folgenden Ergebnisse liefert: Standorte mit interessanten Ressourcen und bester Standort für eine bemannte Mondbasis.
  • Erst danach (= in Abhängigkeit von den Ergebnissen des unbemannten Programms) werden die bemannten Flüge für den Aufbau und den Betrieb der lunaren Infrastruktur aufgenommen.
  • Geschähe dies zum heutigen Zeitpunkt, so könnte theoretisch die folgende Referenz-Architektur zur Anwendung gelangen, welche im Teil 2 beschrieben wurde:
  • Trennung des Transports von Personen und Fracht, damit beide Problemstellungen spezifisch mit optimalen Technologien gelöst werden können (z.B. Anwendung des Ionenantriebs für langsame Frachttransporte)
  • möglichst lange, bemannte Missionen mit minimalen Besatzungen von z.B. nur 2 Personen
  • Abortszenarien auf Basis der folgenden 2 „Safe Havens“: Mondbasis auf der Mondoberfläche und Raumstation in einer Mondumlaufbahn (LOS = Lunar Orbit Shelter)
  • Da die bemannten Flüge aber erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen werden, wird die Transport-Architektur gemäß den dann geltenden Verhältnissen realisiert werden. Wenn zu diesem Zeitpunkt z.B. ein Transportsystem wie der Shuttle C existiert (z.B. aus militärischen oder anderen Gründen) und sich bewährt hat, so wird es im bemannten Mondprogramm natürlich auch angewendet.
In diesem Blog-Eintrag will ich nun auf den Lunar Orbit Shelter (LOS) und die Mondbasis eingehen.
Der Lunar Orbit Shelter (LOS)

Der LOS ist eine modular aufgebaute Raumstation in der Mondumlaufbahn. Er erfüllt die folgenden Aufgaben:
  • Transportknoten in der Mondumlaufbahn und Umsteige-Bahnhof für die Astronauten
  • Tankstelle
  • Zwischenlager für Güter
  • Notfall-Habitat mit Strahlenbunker
  • Lageregelung aller in der Mondumlaufbahn befindlichen Komponenten zum Ausgleich von Bahnstörungen,da alle während ihrer Wartezeiten an den LOS angedockt sind

Die maximale Größe (Masse) der Module ist abhängig von der Nutzlastkapazität der elektrischen Transferstufen, für welche in der Referenzarchitektur 12,5 t angenommen wird. Damit man sich das vorstellen kann: In dieser Größenordnung gab es bisher z.B. die Module Columbus (ISS) und Kvant (Mir). Aufblasbare Module mit dieser Masse könnten bedeutend größer sein.

Der Aufbau des LOS wird nach dem erfolgreichen Vorbild der Raumstation Mir durchgeführt: Unbemannte Transportraumschiffe (beim LOS die elektrischen Transferstufen) koppeln jeweils die neuen Module an die Raumstation an, wie das z.B. bei der Ankopplung des Kvant-Moduls an den Mir-Basisblock schon getan wurde. Kosmonauten unternehmen „nur“ die nötige „Feinarbeit“.

Der LOS kann z.B. aus den folgenden Modulen bestehen:

  • Zylinderförmiges Service-Modul mit Zarya-Funktionalität (Kommunikation, Stromversorgung, Lebenserhaltungssysteme) und 2 Andockstutzen an den beiden Enden

  • 2 Kopplungs-Module mit je 6 Andockstutzen und Roboterarmen, welche an den beiden Enden des Servicemoduls angekoppelt werden (womit an den beiden Enden je 5 Andockstutzen verfügbar bleiben)

  • 2 Luftschleusen-Module

  • 1 Wohn-Modul (Küche, Toilette, Vorräte)

  • 1 Strahlenbunker-Modul (Strahlenschutz durch Wasservorräte à la Zubrin)

  • 1 Werkstatt-Modul mit allen Anlagen fürs Handling der bemannten Aufstiegsstufen (Nachtanken, Verbindung von Aufstiegsstufen mit Landestufen)

Der LOS ist somit aus ca. 8 Modulen zusammengesetzt. Wo dies sinnvoll und möglich ist, werden aufblasbare Module angewendet. Seine Masse beträgt mit angedockten Nachschubschiffen zusammen total 100 bis 150 t.

Seine Solarbatterien werden periodisch durch solche ausgedienter, elektrischer Transferstufen ersetzt.

Die Lageregelung des LOS wird so weit wie möglich von den angekommenen elektrischen Transferstufen unternommen, welche zu diesem Zweck allfällige Treibstoffreserven restlos verbrauchen.

Im normalen Betriebsmodus umkreist der LOS den Mond monatelang ohne eine Besatzung an Bord und wird von den Mondfliegern nur als Transitstation vorübergehend betreten und auch gewartet.

Er ist nur nach einem Missionsabort für längere Zeit bemannt: In diesem Fall beherbergt er eine Besatzung solange, bis ein neues Raumschiff angekommen ist, mit dem sie zur Erde zurückkehren kann (z.B. ein Jahr lang).

Das Strahlenbunker-Modul wird benötigt, damit eine anwesende Besatzung sich dort während solarer Eruptionen gegen die Strahlung schützen kann. Die Schlafgelegenheiten befinden sich im Strahlenbunker.

Mit der Trägerkapazität, welche im Teil 2 als ein zufälliges Fantasiebeispiel erfunden wurde, wäre der LOS nach 3 Jahren in der Mondumlaufbahn fertig erstellt. Dabei würden von den 4 genannten, großen Trägerraketen jährlich 1 bemannte Montagemission plus 3 unbemannte Modultransporte in die Mondumlaufbahn durchgeführt. Die im Strahlenbunker-Modul benötigten Wasservorräte und auch die von den Besatzungen benötigten sonstigen Vorräte könnten während der Bauphase z.B. von den kleineren Trägern (GSLV, Zenit und H2B) zum LOS transportiert werden.

Die Mondbasis

Die Standortwahl der Mondbasis ist ein Resultat aus dem unbemannten Mondprogramm.

Mit dem Aufbau der Mondbasis wird begonnen, nachdem der LOS in der Mondumlaufbahn fertiggestellt ist. Als Erstes muss der „Nucleus“ der Mondbasis erstellt werden, damit die Besatzungen während der Bauphase überhaupt eine Bleibe haben.

Die Mondbasis muss aufgrund der Nutzlastbeschränkungen der unbemannten Mondlander aus Modulen mit einer Masse von <= 4,5 t aufgebaut werden. Aus diesem Grund besteht sie aus aufblasbaren Modulen, welche in gefaltetem Zustand auf die Mondoberfläche transportiert werden.

Die aufblasbaren Module müssen von der Landestufe herunter genommen und an ihren Bestimmungsort gebracht werden, wo sie mit den dort schon vorhandenen Modulen verbunden, aufgeblasen und zum Schutz der Besatzung vor Strahlung mit „Erde“ (= Regolith) überschüttet werden.

Aufgaben wie diese werden von Rovers durchgeführt, welche von der Erde aus ferngesteuert werden. Der „Bautrupp“ wird bereits vor der ersten bemannten Mondlandung auf die Mondoberfläche gebracht und besteht aus den folgenden Typen von ferngesteuerten Rovers:

  • Kran

  • Bagger

  • Lastwagen

  • Inspektor und Mechaniker

  • usw.

Im weiteren werden bereits vor der ersten bemannten Mondlandung die Solarbatterien einer elektrischen Transferstufe und RTGs (nukleare Batterien) auf die Mondoberfläche gebracht, damit die erste Crew dort über eine Energieversorgung verfügt.

Auch die Vorräte für die erste Crew werden bereits im voraus auf den Mond transportiert.

Die erste Mondlandecrew findet somit nach ihrer Landung auf dem Mond die folgende Infrastruktur vor:

  • ein minimales Luftschleusen- und Wohn-Modul (zum Schutz vor Strahlung unter einer dicken Schicht Regolith eingegraben)

  • ein Solarkraftwerk (Stromversorgung während des Mondtags)

  • RTGs (Stromversorgung für die Mondnacht und auch Notstromversorgung)

  • Vorräte für mindestens ein Jahr

  • den bereits erwähnten „Bautrupp“

  • Infrastruktur für Kommunikation aus dem unbemannten Programm

Die Aufgabenstellung des ersten Mondtags lautet, alle Arbeiten durchzuführen, welche allenfalls noch notwendig sind, damit die erste Mondnacht überstanden werden kann. Die 70-Stundenwoche ist in der Mondbasis eine Selbstverständlichkeit !

Später – im Routinebetrieb – bleiben der Besatzung diejenigen Arbeiten vorbehalten, welche nicht von ferngesteuerten Robotern erledigt werden können, wie z.B.:

  • diffizile und Flexibilität erfordernde Arbeiten

  • Reparaturen

  • Inspektionen der Infrastruktur

  • medizinische Untersuchungen

Als nächste Ausbauschritte des Nucleus folgen im Laufe der Zeit die folgenden Anbauten:

  • Wohn-Module

  • Toiletten-, Abfall- und Kompostier-Module

  • weitere Luftschleusen-Module

  • Garten-Module

  • Werkstatt-Module

  • Energiespeicher-Module für die Mondnacht (auf Basis von Brennstoffzellen ?)

Im Laufe weniger Jahre des Mondbasis-Betriebs wird sich herausstellen, was für Einflüsse die geringe Mondschwerkraft von 0,16 g bei sehr langen Aufenthalten auf den menschlichen Körper ausübt.

Wahrscheinlich wird die Besatzung der Mondbasis mit Ballast-Kleidung unterwegs sein, um Muskelschwund zu verhindern. Ob dies aber ausreicht, eine Degeneration des Herz-/Kreislaufsystems und des Knochenbaus zu verhindern, muss leider bezweifelt werden.

Die in der Mondbasis erarbeiteten biologischen / medizinischen Resultate haben somit das Potenzial, die langfristigen Zielsetzungen der bemannten Raumfahrt maßgeblich zu beeinflussen.

Die Nutzung der lunaren Ressourcen für den Eigenbedarf findet aus finanziellen Gründen so früh wie möglich statt. Deshalb wird der Nucleus möglichst früh auch um erste Produktions- und Tank-/Lager-Anlagen für die folgenden Ressourcen erweitert:

  • Sonnenzellenproduktion aus lunarem Ilmenit

  • Sauerstoff

  • Raketentreibstoffe

  • Sammlung der folgenden, auf dem Mond seltenen Elemente: Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor

  • Baumaterialien

  • diverse Metalle

  • Silizium

Zur oben erwähnten Sonnenzellenproduktion:

Lunarer Ilmenit (FeTiO3) unterscheidet sich von terrestrischem Ilmenit dadurch, dass sein Eisen sich im 2+-Valenzzustand befindet, was bei terrestrischem Ilmenit nur teilweise der Fall ist; Der lunare Ilmenit hat also in der äussersten Schale des Eisenatoms zwei „Elektronenlöcher“. Dies hat zur Folge, dass lunarer Ilmenit – anders als der terrestrische – ein geeigneter Halbleiter ist. Lunarer Ilmenit ist bereits ohne „Doping“ ein geeigneter „p-type semiconductor“.

Zur oben erwähnten Sauerstoffproduktion:

Nur schon im Buch „The Moon“ von David Schrunk und diversen Co-Autoren sind bereits 20 verschiedene Methoden für die Sauerstoff-Extraktion aus Mondgestein beschrieben ! Die meisten der beschriebenen Prozesse extrahieren dabei noch weitere, wichtige Produkte aus dem Mondgestein (Metalle, Silizium, Volatile).

Zu den oben erwähnten Raketentreibstoffen:

In der Literatur können die folgenden Kandidaten gefunden werden:

  • Sauerstoff als Oxidator in chemischen Raketentriebwerken

  • Sauerstoff als Treibstoff in Ionentriebwerken

  • Wasserstoff

  • metallische Treibstoffe wie Aluminium und Magnesium für Hybridtriebwerke

Ausblick

Wenn der Nucleus der Mondbasis erstellt ist und einen genügend hohen Grad an Selbstversorgung aufweist (nach wenigen Jahrzehnten also), kann die nächste Etappe angegangen werden:

  • bemannte, globale Erforschung des Mondes

  • Überdachung von Kratern der 100 m Kategorie

  • Erstellung eines „Rings“ von Solarkraftwerken um den Mond herum, damit auch während der Nacht Solarstrom zur Verfügung steht („Circumferential Electric Grid“)

  • Vergrösserung der Besatzung

  • Inbetriebnahme eines Raumtransportsystems der zweiten Generation, welches, wenn möglich zu 100 %, mit lunaren Treibstoffen betrieben wird

  • Inbetriebnahme von elektromagnetischen Transportsystemen („Mass Drivers“)

  • Inbetriebnahme eines Eisenbahnsystems

  • Abdeckung von Fremdbedarf

Unter „Fremdbedarf“ wird hier Folgendes verstanden:

  • Export von Versorgungsgütern wie Sauerstoff usw.

  • Erzeugung von Solarstrom für Dritte

  • Export von Treibstoffen für die Raumfahrt

  • Export von Raumfahrtkomponenten

  • usw. !

Es gibt sogar Pläne, den gesamten Strombedarf der Menschheit mit auf dem Mond erzeugtem Solarstrom abzudecken ! (Ich selbst glaube nicht daran.) Google-Suchbegriff: „David R. Criswell“.

Referenzangaben zum Mondbasis-Nucleus

Einschlägige kg-Angaben:

Quellen:

Willy Z. Sadeh und Marvin E. Criswell: „Inflatable Structures For A Lunar Base“, Journal of The British Interplanetary Society, 1995/1

Sanders D. Rosenberg: „Lunar Resource Utilisation“, Journal of The British Interplanetary Society, 1997/9

Objekt

Gewicht in kg

aufblasbares Habitat-Module 6.1 x 6.1 x 2.44 m aus Kevlar 49 (ohne Inneneinrichtung und ohne Sicherheitsfaktoren)

195

Sauerstoff-Fabrik mit einem Leistungsbedarf von 41 kW und einer Produktion von 5 t pro Jahr auf Basis von Carbothermal Reduction

780

Sauerstoff-Fabrik mit einem Leistungsbedarf von 93 kW und einer Produktion von 32.7 t pro Jahr auf Basis von Carbothermal Reduction

3500

Sauerstoff-Fabrik mit einem Leistungsbedarf von 178 kW und einer Produktion von 65.3 t pro Jahr auf Basis von Carbothermal Reduction

6800

Sauerstoff-Fabrik mit einem Leistungsbedarf von 339 kW und einer Produktion von .130 t pro Jahr auf Basis von Carbothermal Reduction

12000

Der Regolith der Mondoberfläche ist folgendermaßen zusammengesetzt:

Quelle: The Moon, Schrunk et alii

Hauptelemente im lunaren Regolith (% Atome):

Element

Mare

Hochland

Durchschnitt

Sauerstoff

60,3 +- 0,4

61,1 +- 0,9

60,9

Silizium

16,9 +- 1,0

16,3 +- 1,0

16,4

Aluminium

6,5 +- 0,6

10,1 +- 0,9

9,4

Kalzium

4,7 +- 0,4

6,1 +- 0,6

5,8

Magnesium

5,1 +- 1,1

4,0 +- 0,8

4,2

Eisen

4,4 +- 0,7

1,8 +- 0,3

2,3

Natrium

0,4 +- 0,1

0,4 +- 0,1

0,4

Titanium

1,1 +- 0,6

0,15 +- 0,08

0,3

Spurenelemente im lunaren Regolith (Gramm pro m3 Regolith):

Element

Gramm pro m3

Schwefel

1800

Phosphor

1000

Kohlenstoff

200

Wasserstoff

100

Stickstoff

100

Helium

20

Neon

20

Argon

1

Krypton

1

Xenon

1

Der sandige, mineralische Regolith der Mondoberfläche kann voraussichtlich durch Kompostbeigabe fruchtbar gemacht werden. Die „Produktion“ eines Astronauten beträgt ca. 25 kg pro Jahr (365 x 70 g Feststoff).

Quelle: Komposttoiletten, Claudia Lorenz-Ladener

Kot

Urin

Menge pro Person und Tag

240 g

1,5 l

Trockensubstanz (TS)

60 g = 25 %

60 g = 5 %

organischer Anteil der TS

90 %

75 %

mineralischer Anteil der TS

10 %

25 %

N Stickstoff

5 – 7 % = 3 – 4 g

15 – 19 % = 3,6 – 4,5 g

P2O5 Phosphat

3 – 5 %

2,5 – 5 %

K2O Kaliumoxid

1 – 2,5 % = 0,6 – 1,5 g

3 – 4,5 % = 1,8 = 2,7 g

C Kohlenstoff

40 – 55 %

11 – 17 %

mineralische Spurenelemente, Zellulosen, Ballaststoffe

30 – 50 %

11 – 17 %

C-/N-Verhältnis

7:1

1:1

gasförmiger Stickstoffverlust

60 – 80 %

P2O3 Phosphor

1,8 – 3 g

1,5 – 3 g

gasförmiger Kohlenstoffverlust

40 %

Feststoff insgesamt

ca. 60 g

ca. 10 g

gasförmige Verluste (Verdunstung)

ca. 170 g

ca. 1,49 l

8 thoughts on “Ein „vernünftiges“ Mondprogramm Teil 3

  1. Hallo,

    Ein solider Plan, bis auf den LOS. Eine solche Station im Mondorbit zu bauen macht überhaupt keinen Sinn. Die Besatzung erreicht den Mond ja in einer Kapsel welche bereits mit Service Modul und Lageregelung ausgestattet ist. Warum nicht einfach die Kapsel im Orbit zurücklassen und die Besatzung auf der Oberfläche landen lassen? Heutzutage ist es kein Problem, Raumschiffe unbemannt in einem stabilen Orbit zu halten. Ein Raumschiff würde außerdem viel weniger Treibstoff zur Lageregelung benötigen als eine ganze Station. Wenn man ganz sicher gehen will könnte man das Raumschiff auch einfach an eine der ausgedienten elektrischen Transferstufen ankoppeln.

    Und im Notfall in den Orbit zurückzukehren macht ebenfalls wenig Sinn. Auf der Oberfläche existiert mit der Mondbasis und ihrer Vielzahl an Modulen ein viel besser erreichbarer „Save Haven“. Auf dem Mond kann man sogar den Strahlenschutz einfach weiter ausbauen in dem man Regolith auf die Module häuft.

    Ich finde eine Station im Mondorbit lässt sich nicht mit dem Begriff „Minimalprogramm“ vereinen.

    Und wenn man Solarstrom nutzen will geht man am besten zu den Polen, dort gibt es Bergspitzen, die permanent von der Sonne beschienen werden. Außerdem gibt es dort unter Umständen Wassereis.

    MfG

    Max

  2. @Max:
    Bei der Philosophie mit den beiden „Safe Havens“ geht’s mir um die folgenden zwei möglichen Probleme beim Rückflug:

    Wenn der Wiederaufstieg von der Mondoberfläche aufgrund eines Problems in der Aufstiegsstufe verunmöglicht wird, entspricht die Mondbasis selbst dem „Safe Haven“, in welchem die Ankunft des nächsten, dieses Mal ausnahmsweise unbemannten Mondlanders abgewartet werden kann, das ist ja klar.

    Wenn hingegen der Aufstieg von der Mondoberfläche in die Umlaufbahn geklappt hat und ein Problem am CLV (z.B. einer Sojus-Variante) auftaucht, ist guter Rat teuer, weil die Crew in diesem Fall in der Mondumlaufbahn festsitzt.

    ==> Aus diesem Sachverhalt habe ich die Notwendigkeit des LOS als eines zweiten „Safe Havens“ in erster Linie abgeleitet.

    Deine Idee, das CLV während des Aufenthalts der Crew auf der Mondoberfläche an eine ausgediente, elektrische Transferstufe anzukoppeln, finde ich sehr gut (bin selber nicht darauf gekommen). Da die Masse des CLV in meinem Vorschlag ja äusserst knapp kalkuliert ist, ist es natürlich sehr interessant, die Aufgabe des Ausgleichs der Bahnstörungen der elektrischen Transferstufe zu übertragen, welche erst noch über einen phänomenalen, spezifischen Impuls verfügt.

    Deine Idee bringt mich zum folgenden Alternativ-Szenario für den Wiederaufstieg von der Mondoberfläche, welches ohne LOS auskommt und dennoch von der Architektur her gesehen genügend Sicherheit aufweist:
    – Die Mondbasis-Crew führt ihren Aufstieg in die Mondumlaufbahn erst dann durch, wenn der Mondlander der nächsten Crew dort bereits angekommen ist und sich in derselben Umlaufbahn wie das CLV befindet.
    – Kann die Crew mit ihrem CLV erfolgreich zur Erde zurückkehren, so kann die nächste Crew zum Mond geschickt werden.
    – Kann die Crew hingegen NICHT mit ihrem CLV erfolgreich zur Erde zurückfliegen, so kann sie mit dem Mondlander der nächsten Crew wieder zur Mondbasis zurückkehren und dort auf bessere Zeiten warten.

    Der Preis für dieses Alternativ-Szenario ist nach meiner Ansicht der folgende:
    – Die Mondbasis ist jeweils für kurze Zeit nicht bemannt (solange dort nur mit 2 Personen-Besatzungen operiert wird).
    – Für das Andocken der Aufstiegsstufe an die neue Landestufe ist in der Mondumlaufbahn keine Infrastruktur vorhanden.

    Man kann sich tatsächlich auf den Standpunkt stellen, dass es gerechtfertigt ist, diesen Preis zu zahlen, wenn dafür keine Kosten für den LOS mehr anfallen.

    ==> Vielen Dank für deinen Denkanstoss !

  3. Ich beschäftige mich mal nacheinander mit dem Programm. Also LOS:
    Es ist unnötig. Auch die Argumentation wenn es Probleme gibt zieht nicht. Denn es nutzt nur etwas wenn die Triebwerke nicht zünden, was heute nicht mehr vorkommt, erst nicht bei hypergolen Treibstoffen. Wenn das Triebwerk zu geringe Leistung bringt ist die Besatzung in beidne Fällen (Start vom Mond/Mondumlaufbahgn verloren). Da man so zwei Zündsequenzen hat verdoppelt man nur das Risiko.
    Noch unsinniger ist es aber die Kapsel auf den Mond zu landen. Das bringt absolut gar ncihts, es erhöht nur die benötugte Nutzlastmasse um 60 5. Das Konzept ist seit den frühen 60 er Jahre tod. Selbst WWernhger von Braun, der es für einfacher hielt ist davon abgerückt.
    Mondbasis: Viel einfacher als Sauerstoff aus Mondgestein zu gewinnen ist es ihn aus Ausscheidungen und Wasser zu gewinnen. Thomas ist auf die bei Raumfahrtanhängern beliebte „Nun spare ich noch 12 kg für die Lebenserhaltung“- Falle hineingefallen:
    Für alle diese Prozesse braucht man auf der Erde Industrien: Hat sich mal jemand die gesamten Schritte der Solarezellenproduktion überlegt: Es ist ja nicht nur das Silizium selbst. Man braucht auch Alumnium, Kupfer, Stahl, Kunststoffe und das alles nicht als Rohmaterial sondern als verarbeitete Produkte wie Drähte, Profile, Folien. Dafür brauchen wir auf der erde ganze Industrien die Hunderte von Menschen beschäftigen und viel Energie, Platz und Material benötigen. Das kann man recht einfach auf andere Prozesse übertragen. Es wird immer leichter sein die Verbrauchsgüter von der erde nachzuliefern als die nötigen Anlagen zu installieren. erst bei sehr vielen Personen (man kann dann schon von einer kolonie sprechen) lohnt es sich. Doch das hat dann nichts mehr mit Raumfahrt zu tun.

  4. @Bernd:
    Es ist für mich offensichtlich, dass eine erfolgreiche Rückkehr zur Erde nicht nur von den Zündsequenzen sondern auch vom Funktionieren des restlichen Vehikels abhängt. Auch ein Defekt im Lebenserhaltungssystem, in der Elektronik usw. kann natürlich ein Abortszenario nötig machen (siehe Apollo 13). Mr. Murphy’s Fantasie ist unerschöpflich.

    Die zwei Zündsequenzen hat man genau aus dem Grund, den du selbst anführst, und sie sind deshalb unumgänglich: Es wäre zu teuer, die Kapsel auf dem Mond zu landen, um einen direkten Rückflug zur Erde durchzuführen.

    Deshalb redet davon auch niemand.

    zu den Ausscheidungen und Wasser:
    Natürlich gehe ich auch davon aus, dass für die Lebenserhaltungssysteme so weit wie möglich die Ausscheidungen rezykliert werden (siehe auch Teil über die Komposttoiletten; Natürlich würden die bei der Kompostierung entstehenden Gase und Flüssigkeiten rezykliert).

    Es ist auch klar, dass bei einem allfälligen Vorhandensein von Wassereis auf dem Mond dieses genutzt würde. Es ist unter anderem Aufgabe des unbemannten Programms, genau diese Frage nach dem Wassereis ein für alle Mal zu klären. Vorläufig wissen wir das aber nicht, und es ist mir übrigens absolut unverständlich, dass diese Kernfrage von den staatlichen Raumfahrtorganisationen in den letzten 40 Jahren links liegen gelassen worden ist.

    Wenn im Artikel die Rede davon ist, den Sauerstoff aus dem Mondgestein zu gewinnen, ist es aber primär die Meinung, den von Raketentriebwerken benötigten Sauerstoff so zu produzieren, egal an welchem Ort und egal, ob es auf dem Mond Wassereis gibt oder nicht. Die Produktion des für die Lebenserhaltung notwendigen Sauerstoffs ist in diesem Zusammenhang nur ein Nebending. Solche Raketentriebwerke würden wahrscheinlich hybrid sein und lunares Aluminiumpulver mit lunarem Sauerstoff verbrennen (bei einem spezifischen Impuls von ca. 250 s).

    Die Universität von Arizona hat einen Prototypen für eine Sauerstoff-Produktion auf Basis von Wasserstoff-Reduktion gebaut. Ein entsprechender Mondlander-Prototyp wäre in der Delta 2 Nutzlastklasse.

    zu „Hat sich mal jemand die gesamten Schritte der Solarezellenproduktion überlegt:“:
    Ja, das haben sich sogar schon viele überlegt, und sie sind zum Resultat gekommen, dass die Masse des „Lunar Seed“, welcher zu einem weitgehend autonomen Manufacturing führt, ca. 50 – 100 t beträgt. Gegenwärtig existieren mindestens 20 verschiedene Verfahren, wie Sauerstoff aus dem Mondgestein gewonnen werden kann, und einige dieser Verfahren liefern auch die von dir erwähnten, weiteren Baustoffe wie z.B. Metalle (Eisen, Titan usw.), Volatile, Glas, Silizium usw.

    Das im Artikel erwähnte Verfahren von S.D. Rosenberg („Carbothermal Reduction“) produziert aus rohem, nicht verlesenem Mondgestein solarthermisch (= ohne elektrische Erhitzung) z.B. Sauerstoff und Eisen.

    Die Sonnenzellen würden aus Ilmenit hergestellt: Für den p-Typ Halbleiter würde pures Ilmenit verwendet, für den n-Typ Ilmenit in einer Lösung mit Fe2O3. Die entsprechenden Versuche wurden 1995 in der Texas A&M University durchgeführt. Dabei wurde das Kristallwachstum in einer Ilmenit-Schmelze experimentell durchgeführt. Die Ingenieure der A&M University gehen davon aus, dass der Prozess automatisiert werden kann, sodass keine menschlichen Eingriffe mehr benötigt werden.

    Verkablungen würden auf dem Mond generell mit Aluminiumkabeln vorgenommen, da Kupfer dort fehlt (wie bei der berüchtigten Verkabelung des Airbus A380 also).

    Auch für die Produktion von Eisenträgern, Glasen, Backsteinen, Zement usw. existiert bereits eine Unmenge von Verfahren.

    Tsutomu Iwata von der damaligen NASDA schreibt in seinem Artikel „Evolutionary Scenario of Lunar Manufacturing“ dazu:
    „A good strategy to proliferate the industry of a matured civilization to a distant new world is first to implant a small scale but complete set of manufacturing capability, and then to replace it part by part with indigenuous products to acquire a self-sufficient and self-reproductive infrastructure.“

    Ich schliesse mich dieser Meinung an.

  5. Zu „Aus Mond gemachten Raketen Treibstoffe“
    es gibt Studien für einfache Hybritraketen die Lunaren Sauerstoff und gepressten Mondbonden als Treibstoff verwenden
    nämlich Anorthit (Bauxit ähnlich) Ein Aluminium Silicat Mineral
    hat ISP 285 Sekunden, lausig aber es reicht in Mondorbit oder zurück zur Erde zu kommen.
    http://www.asi.org/adb/06/09/03/02/095/al-o-propellants.html

    dafür muss aber die Basis in lunaren Hochland stehen für zugriff auf Anorthit quellen

    zur Mondnacht
    meiste Studien verwenden eine Nuklear Reaktor (Greenpeace: KREISCH)
    es gibt alternative
    ein System wo Wasser durch Sonnenenergie am Mondtag in H2 O2 getrennt wird
    und in der Mondnacht über Brenstoffzelle Wasser, warme und elektrischen Strom erzeugt
    eine andern Idee waren Solarkollektoren mit Speicher aus Schwefel oder Sodium
    die sehr langsam abkühlen in Mondnacht über Wärmetauscher und Turbine elektrischen Strom erzeugen

    zur LOS
    auf ersten Blick macht es keinen Sinn, mann kann ja auch Direkt landen
    sehe diese Gemini Variante für Saturn V http://www.astronautix.com/craft/gemcraft.htm
    natürlich es kann 17 Tonnen Nutzlast automatisch landen oder 5 Astronauten zu Mond bringen
    leider benötigen wir eine teure Saturn V für den Flug
    hier sind billiger bestehe Trägerraketen gefragt !

    LOS bietet zusätzliche Sicherheit im Notfall
    ob die Crew in orbit oder auf Mondoberfläche ist.
    auch kann LOS für Kurztrip an unterschiedliche Gegenden des Monds dienen.
    Frachter mit Lander, dann die Crew. Landung, Untersuchung in still der Apollo Mission
    und zurück zu LOS, auch im Notfall in diesen Mission ist LOS biete Sicherheit

    Mir warst lieber das bevor die Mondbasis gebaut wird,
    einige dieser Kurztrips gemacht werden um die Ideale stelle für die Basis zu finden.

    obwohl das hier alles wurde schon von 1950 bis Heute diskutiert und auf Machbarkeit studiert.
    alles was wir machen können ist mit eine Einkaufswagen durch die Archive rollen
    und die Besten Studien rein werfen und zu Kasse rollen 😉

  6. @Michel:
    Ja, ich staune auch immer wieder, wieviele sehr gute Ideen – teilweise schon seit Jahrzehnten – rumliegen, und ich habe oft den Eindruck, dass sogar Einiges davon vergessen gegangen ist. Mindestens die NASA scheint nie mit dem Einkaufswagen durch die Archive gerollt zu sein, wenn man die Constellation-Architektur genauer anschaut !

    ….. wahrscheinlich werden sogar die von Greenpeace noch vorher auf dem Mond landen ! 😉

    zu den lunaren Treibstoffen:
    Es gab im Jahr 1998 im Journal der British Interplanetary Society einen Artikel eines Mitarbeiters (Eskov hiess er, glaub ich) des Keldysh-Instituts in Moskau, in welchem er ein Transportsystem mit lunaren Treibstoffen schilderte. Es bestand aus zwei Vehikeln mit je 20 t Leergewicht.

    Das eine war ein einstufiger, wiederverwendbarer Mondlander mit einem Hybridtriebwerk (Aluminiumpulver und flüssiger Sauerstoff), welcher den Pendelverkehr zwischen Mondoberfläche und -umlaufbahn unternahm.

    Das andere Vehikel war ein einstufiger, wiederverwendbarer „Transorbital Shuttle“ mit einem Ionentriebwerk, welches in Eskovs Vorschlag tatsächlich mit Sauerstoff betrieben worden wäre. (….. führt natürlich zu einem Stirnrunzeln, wenn man das liest … 😉 ) Dieses Vehikel hätte unbemannte Transporte zwischen Mondumlaufbahn und LEO durchgeführt.

    Diese beiden Fahrzeuge hätten zusammen ein ausserordentlich leistungsfähiges Versorgungssystem für das Erde-/Mond-System gebildet und nebenbei auch noch bemannte Marsmissionen ermöglicht.

    Wenn auf dem Mond tatsächlich Wassereis in ausreichender Menge und abbaubarer Form gefunden würde, könnte man dieses natürlich elektrolytisch spalten und vergleichweise konventionelle H2-/O2-Triebwerke damit betreiben, wie Bernd das angedeutet hat.

    ==> Es sind also einige Optionen denkbar; Man muss den Mond „nur“ nach seinen einschlägigen Ressourcen erkunden !

  7. @Thomas
    Mindestens die NASA scheint nie mit dem Einkaufswagen durch die Archive gerollt zu sein,
    wenn man die Constellation-Architektur genauer anschaut !

    ich meinte die NASA Archive, RLOF

    @Thomas
    mit einem Ionentriebwerk, welches in Eskovs Vorschlag tatsächlich mit Sauerstoff betrieben worden wäre.

  8. @ Michel Van:

    Also ich bin kein Freund der Ares-Raketen, besonders nicht der Ares I, aber was hat die NASA denn sonst noch falsch gemacht?

    Im Prinzip ist ein Schwerlastträger für ein Mondprogramm nützlich, wenn man die Mittel hat, eine solche Rakete zu entwickeln. Was gibt es sonst an der Architektur auszusetzen? EOR-LOR ist doch auch was Thomas im Großen und Ganzen vorschlägt.

    MfG

    Max

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