Petrolchemie ohne Erdöl

Ich greife mal Ralfs Kommentar zur Kernfusion auf – Was machen wir mit dem Problem, das man Erdöl nicht nur als Kraftstoff braucht, sondern es auch Ausgangsbasis eines Großteils der organischen Chemie ist?

De Fakto gewinnen wir aus Erdöl, bzw. seinen Fraktionen heute nahezu alles was synthetisch produziert wird und aus Kohlenstoffverbindungen besteht. Das sind Kunststoffe, Medikamente, Löse- und Reinigungsmittel und vieles andere mehr.

Die meisten alternativen Energien, besser gesagt die regenerativen Energien die wir untersuchen basieren dagegen darauf Strom zu produzieren: Windkraft, Sonnenenergie, Wasserkraft etc. Wir können mit Strom auch zum Teil fossile Treibstoffe ersetzen, so mit Elektroautos Benzin einsparen, man könnte mit Strom auch heizen, auch wenn das unsinnig ist. Aber man wird niemals alle Treibstoffe ersetzen können z.b. wenn man deren viele braucht (Flugzeug oder Schiffe), weil man Strom nicht so gut speichern kann, dass man die Energiedichte von Erdölderivaten erreicht (rund 11-12 KWh/kg).

Was sind nun die Alternativen?

Zuerst einmal kann man natürlich auf andere fossile Kohlenstoffverbindungen ausweichen. Das ist aber nur eine kurzfristige Lösung. Es gibt erheblich mehr Erdgas als Erdöl. Erdgas besteht zu einem hohen Prozentsatz aus Methan. Methan ist zwar gasförmig, doch es ist auch der einfachste Kohlenwasserstoff. Erhitzt man es mit Wasserdampf auf über 1400°C so erhält man Ethin und Wasserstoff. (Den Wasserstoff den Wasserstoffautos heute verbrennen stammt aus diesem Prozess, da dies viel billiger is als Wasser elektrolytisch zu spalten). Mit Ethin hat man einen reaktiven Kohlenwasserstoff mit zwei Kohlenstoffatomen, an den man leicht andere Kohlenwasserstoffe addieren kann aber auch andere funktionelle Gruppen wie Alkoholgruppen, Ketogruppen und Amine einfügen kann. Aus Ethin kann man im Prinzip alle Erdölderivate herstellen, es fallen eben einige Syntheseschritte an. Der wichtigste Schritt ist aber erst mal den einfachsten Kohlenwasserstoff Methan zu erzeugen, den in ihm steckt am meisten Energie.

Ebenso kann man Blausäure und Dichlormethan aus Methan erzeugen. Blausäure ist ein hervorragendes Nucleophil und Chlorkohlenwasserstoffe kann man leicht zu Alkoholen umsetzen, diese wiederum zu Ketonen und Säuren. Ketone erlauben eine nukleophile Addition mit der man zahlreiche andere chemische Gruppen einbringen kann.

Kurzum: hat man erst mal Methan als einfachsten Kohlenwasserstoff, so hat man die gleichen Möglichkeiten bei der organischen Chemie wie mit Erdöl. Es kommen nur Schritte hinzu um elementare Verbindungen erst zu bilden, die man im Erdöl schon findet.

Die nächst größere Alternative an  fossilen Brennstoffen ist reiner Kohlenstoff. Den gibt es in Form von Kohle in noch größerer Menge. Die Herstellung von Kohlenwasserstoffen aus Kohle ist auch längst technisch erprobt. Deutschland bezog während des zweiten Weltkrieges einen guten Teil seiner Treibstoffe aus der damals Kohleverflüssigung, technisch Fischer-Tropsch Verfahren, genannten Prozesse. Südafrika betrieb das noch bis in die Neunziger Jahre als sie durch ein Embargo kaum Erdöl bekamen. Auch hier erhält man zuerst Methan und in weiteren Schritten dann höhere Alkane.

Doch beide Lösungen sind natürlich nicht nachhaltig. Nachhaltig ist es organische Substanzen zur Produktion zu nehmen. Es gibt im Prinzip zwei Verfahren. Das eine ist es organische Materie in einer Biogasanlage zu vergören, wobei auch Methan entsteht. Da dabei zum einen der Methangehalt nicht so hoch ist, das Gas also noch gereinigt werden muss (so ist der meist auch enthaltene Schwefelwasserstoff ein Katalysatorgift) und auch die Bakterien einen Teil der Biomasse veratmen wird man das vor allem nutzen um Pflanzenreste die man sonst nur energetisch verwerten kann wie Stengel, Grass aber auch Abfallstoffe wie Gülle zu vergären. (Das man heute auch Futtermais vergärt hat weniger mit Nachhaltigkeit als vielmehr mit Subventionen zu tun).

Das zweite ist es ein Biomolekül zu nutzen das man von Organismen leicht und in großer Menge erzeugen kann oder leicht umsetzen kann. Am besten geht dies mit Fetten. Fette bestehen aus langen Kohlenwasserstoffketten mit einer Säuregruppe und Glycerin. Man kann sie leicht als Basis für viele Reaktionen nutzen. Fette produzieren zahlreiche Ölsaaten wie Raps oder Soja, aber auch bestimmte Algen, die den Vorteil haben, dass man dafür keine Landfläche braucht. Stärke ist als Basis nicht gut geeignet. Das Molekül ist hoch oxidiert mit fünf Alkohol und einer Ketoguppe auf 6 C-Atome. Man kann daraus zwar abbaubare Kunststoffe machen, aber nicht unpolare Moleküle wie man sie als Basis für die Petrochemie braucht. Doch man kann Stärke enzymatisch in Zucker aufspalten und diesen zu Ethanol vergären den man wiederum leicht in Synthesen einsetzen kann.

Das alles sind natürlich Umwege. In jedem Falle braucht man Energie um aus oxidierten Verbindungen wieder Alkane zu bilden oder auch Strukturen aufbauen die man braucht wir Ringstrukturen oder lange Ketten. Sofern wie genügend Energie haben ist das kein Problem. Doch es ist anzunehmen dass auch in Zukunft Energie nicht in unendlicher Menge haben oder sie zumindest nicht billig sein wird.

Das wichtigste ist es daher den Verbrauch an Plastik zu minimieren und das ist nun nichts neues heißt Recycling. Da kann man aus heutiger Sicht noch viel tun. Heute wird bei uns Verpackungsmüll gesammelt, doch getrennt wird er kaum und meist nur energetisch verwertet. Technisch ist es schon möglich zu einem großen Teil Kunststoffe sortenrein zu trennen. Dazu wird der Müll in einem Band über Sensoren verfolgt die ein IR-Spektrum gewinnen, daran den Kunststoff erkennen und dann das betreffende Stück in den richtigen Behälter leiten. Das man es nicht macht liegt daran, dass wir diese Aufgabe dem Diualen System übertragen haben und die denken nicht daran das Geld das sie vom Verbraucher bekommen (er bezahlt die Entsorgung der Verpackung beim Kauf mit) in Recyclinganalagen zu stecken wenn man doch auch alles verbrennen kann was billiger ist und noch Strom/Wärme liefert.

Das kann man noch verbessern indem man die Freiheiten reduziert, also nicht beliebig viele Kunststoffe sondern einige wenige die man wirklich braucht (es wird nicht einer sein, weil die Ansprüche zu unterschiedlich sind). Weiterhin sollte man sie leicht trennen können, das heißt die VVerbundverpackungenbei denen sie mit Metall oder Papier verbunden sind sollten weitgehend verschwinden.

Das kann aber nur der Anfang sein. Ziel muss es sein jeden Kunststoff neu zu verwenden, auch den in Geräten (Kunststoffgehäuse). da ist heute noch vieles im argen. Das geht los mit der Sortenreinheit, weiter über die Forderung einer leichten Demontage und zuletzt braucht man auch ein Rücknahmesystem. Der Handel hat es ja bisher gut verstanden sich vor der Rücknahme-Pflicht zu drücken, wie man bei Unterhaltungselektronik und Energiesparlampen sieht.

Da Kunststoff bisher zu einem großen Teil in die Meere kommt, dort sehr große Probleme macht und von Organismen aufgenommen wird, aber nicht verdaut, sollte man recht schnell zu einem maximalen Recycling kommen. Doch sehe ich in der Politik da keine Tendenzen, vor allem wenn es um ein System geht das Hersteller mit unterstützen sollen. Wenn es darum geht das der Verbraucher was tun soll, z.b. noch ein paar Mülltonnen für noch mehr Trennung, dann ist sie gleich dabei, aber doch nicht die arme Wirtschaft belasten die doch gerade wieder schrumpft…

7 thoughts on “Petrolchemie ohne Erdöl

  1. Den Kunststoff aus regenerativen Quellen zu gewinnen ist sicher gut, aber wie sinnvoll ist es wirklich?
    Heute werden > 90% des Erdöls verbrannt (Treibstoff, Energiegewinnung). D.h. der Anteil, welcher für die Rohstoffproduktion genutzt wird ist sehr klein. Mmn. ist es sinnvoller den Anteil der verbrannt wird zu senken. Wenn dieser sehr klein ist, reichen die Ressourcen auch sehr lange um aus Öl Rohstoffe (Kunststoffe, etc…) zu gewinnen.

  2. Ich beziehe mich explizit auf den Blogkommentar in dem der Autor anmerkt dass man Erdöl auch für Kunststoffe braucht. Für Treibstoff wäre die Elektrolyse von Wasserstoff und die Umsetzung mit Kohlendioxyd zu Synthesegas am sinnvollsten. Das ist zwar energieintensiv, aber bei den benötigten Mengen die ienzige Möglichkeit, zudem kann man das überall machen wo es Wasser gibt.

  3. Heizen mit Strom ist energetisch ungünstig für ein ganzjährig bewohntes Haus.
    Für ein Ferienhaus kann es sinnvoll sein, wenn dieses Ferienhaus nur im Sommerhalbjahr und Weihnachten bis Silvester genutzt wird, insbesondere in Dänemark wo viel Windstrom verfügbar ist.
    (Über die Weihnachtstage ist Strom über.)
    Weiterhin kann es sinnvoll sein Gebäude bzw. Räume die nur wenige Tage im Jahr geheizt werden sollen elektrisch zu heizen, man kann dann auf eine Warmwasserheizung verzichten (mögliche Frostschäden).

    Das Raumklima bei einer einfachen elektrischen Heizung ist allerdings wesentlich unangenehmer als bei einer Warmwasserheizung.

  4. Heizen mit Strom kann durchaus sinnvoll sein. Es gibt Projekte, in Zeiten mit Stromüberschuß (nachts) Wasser elektrisch zu erwärmen. Das kann dann in bestehende Fernwärmenetze eingespeist werden, und den sonst nötigen Brennstoff ersetzen. Vom Wirkungsgrad her zwar nicht optimal, da es aber eine Möglichkeit zur Energiespeicherung ist, trotzdem sinnvoll.

  5. Also zum Speichern von Fernwärme hab ich auch noch was.

    Vor einigen Jahren habe ich in meiner Hauszeitschrift für Eisenbahn gelesen, daß es einen Speziellen Zug mit
    wärmegedämmten Tankwagen gibt, der täglich mehrmals zwischen zwei Städten hin- und herpendelt, gefüllt mit heißem Wasser, um die überflüssige Abwärme von A nach B ins Fernwärmenetz zu transportieren.

    Leider fällt mir im Moment nicht die genaue Ausgabe ein, wo ich das las.

    Und ob das heute noch gemacht wird, weiß ich nicht.

    Damals hat man es damit gerechtfertigt, daß eine Fernwärmeleitung auf dieser
    Distanz größere Verluste verursacht hätte.
    Die Wagen waren so gut isoliert, daß nur 5 Grad pro Fahrt verloren wurden.
    (Wenn ich mich richtig erinnere)

    Genaueres hier: elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2013/8376/pdf/vos189.pdf
    ab Seite 56/81 (863)

    Leider keine genauere Ortsangaben.

    Es geht doch wenn man will….

  6. Elektrisch heizen mit Widerstandsheizungen ist in der Tat nur für bestimmte Anwendungen sinnvoll. In der Kaffeemaschine oder dem Elektroherd werden wir dieses Prinzip wohl kaum ändern.

    Aber es gibt ja auch Wärmepumpen, und mit denen sieht die Gesamtbilanz schon ganz anders aus! Insbesondere bei den Kraftwerken, die Fernwärme lokal einspeisen, wäre es denkbar, mit überschaubarem konstruktiven Zusatzaufwand den Niederdruckteil der Dampfturbine umsteuerbar zu machen, dass das Kraftwerk dann Strom aus dem Netz entnimmt und im Gegenzug (Fern-)Wärme erzeugt. Klar braucht man dann auch eine Wärmequelle, wo man auch im Winter nicht allzu kaltes Wasser herkriegt. Denkbar wäre aber z.B. ein Erdspeicher, der im normalen Kraftwerksbetrieb die Wärme des Kühlwassers aufnimmt, und im Wärmepumpenbetrieb diese Wärme dann wieder abruft.

    Aber wir wissen alle, was passieren wird: Öl wird weiter en masse verheizt werden, bis uns die Probleme – entweder in Form des Ölpreises oder in Form des CO2 – einholen. Dann wird hektisch gegengesteuert werden.

  7. Ich hab noch zwei Fragen:
    Nehmen wir an man macht in Zukunft aus 35% des über Wind- und Sonnenenergie hergestellten Stroms Wasserstoff, unter der Annahme die Geräte (Elektrolyse oder was auch immer) würden sehr billig werden. Wasserstoff ist zwar nicht einfach zu lagern, aber sicher besser als Strom, gehe ich mal davon aus.
    Wie würde sich den sowas bei der Kohleverflüssigung auswirken? Ist das den so das ein Großteil des energetischen aufwandes derzeit die Produktion für die Produktion von Wasserstoff benötigt wird?
    Ich frag das deshalb, weil man dann einen Teil der überflüssigen Produktion von Strom aus alternativen Energien quasi in chemische Bindungen überführt würden. Sicher mit schlechtem Wirkungsgrad, nur muss man diesen Verlust doch gegenrechnen mit den Einsparungen im Netzausbau usw.

    Die zweite Frage:
    Gibt es heute schon EINFACHE Verfahren mit denen man aus der Marsluft (Co2) Eiswasser Strom (vielleicht im Boden)nicht nur Methan, sondern auch Ethin erzeugen kann?

Schreibe einen Kommentar zu Elendsoft Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.