Voyager inside: Datenraten, Framemodi und der Bandrekorder

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Wie man an der Woche zwischen diesem und dem letzten Blogeintrag sieht war ich beschäftigt – noch immer mit dem Voyager Buch, pardon, es heißt ja offiziell „Voyagers Grand Tour“ mit dem Untertitel „Eine Reise zu den Gasriesen und darüber hinaus“, aber ich kürze meine Titel intern immer ab. Daher zuerst mal ein kleiner Nachtrag. Ich habe die Zeit genutzt einige chronische Fehler zu beseitigen. Dazu gehört mein Hang zu Passiva und Konjunktive, der zu schwer lesendem Text führt. Ich brauchte alleine eine Woche, um die unpersönlichen „man“ aus dem Text zu entfernen, habe teilweise etwas gekürzt, wenn etwas zu detailliert beschrieben war und umgekehrt noch zwei Seiten für die Projektorganisation eingeführt. Als Umfang für das Buch habe ich nun 600 Seiten angesetzt. Das erlaubt es mir, noch einige Seiten mit Fotografieren der Monde und Saturnringe einzufügen und außerdem klingen „600 Seiten“ es eben besser als 584 oder 588 Seiten worauf es sonst herausgelaufen wäre. Ich lese derzeit das Manuskript zum letzten Mal von Vorne, derzeit bin ich bei Seite 90 und schaffe etwa 50 bis 70 Seiten pro Tag. Die Korrekturleser sind bei Uranus und Neptun, (S.389 und 430). So könnt e es irgendwann Mitte Oktober soweit sein. Bis zum 4.10 möchte ich meinen Teil in jedem falle durch haben, denn dann gehe ich für eine Woche weg.

Heute schiebe ich mal einen Zwischenblog ein, der euch über Voyagers Datenraten und Telemetrieformate informiert sowie die Zusammenarbeit des FDS mit dem Bandrekorder.

Voyagers hat zwei Sender. Einer im S-Band und einer im X-Band. Beide Sender sind jeweils doppelt vorhanden und mit zwei wählbaren Sendestärken. Beide Sender haben eigene Datenraten. Der S-Band Sender war in der Frühphase der Mission der einzige aktive Sender. Das lag daran, dass die Hochgewinnantenne, HGA mit 3,66 m Durchmesser durch den Sonnensensor auf die Sonne zeigt. Die HGA kann aus der Richtung leicht gedreht werden, aber nicht viel. Im X-Band ist der Öffnungswinkel der 3,66 m großen Hauptantenne zu klein, als das die Empfänger und Sender auf die Erde ausgerichtet sind. Nach 80 Tagen ist Voyager soweit von der Erde und Sonne entfernt, dass auch die X-Band Antenne Kontakt hat. Der S-Band Sender ist trotzdem noch aktiv, weil Voyager während eines Großteils der Mission nur Unterstützung von den „kleinen“ Antennen des Deep Space Networks bekommt, diese Antennen waren bei Missionsbeginn 26 m groß, bis zur Saturnbegegnung wurden sie auf 34 m erweitert. Bedeutender war, das bis dahin die Antennen nur S-Band Empfänger hatten. Die Mission unterteilt sich daher in zwei Phasen: „Cruise-Science“ und „Encounter Science“. Während der Cruise Science Phase sind nur die S-Band Sender aktiv und die Datenrate auf maximal 2.560 Bit/s beschränkt. Alle verfügbaren Datenraten im S-Band sind um den Faktor 2 abgestuft. Im Cruise Science Modus sind die Kameras inaktiv.

Komplizierter ist es im X-Band. Hier ist das System, dass es ganzzahlige Brüche mit 7 im Nennner sind der Maximaldatenrate von 115.200 Bit/s. Also 7/9, 7/12, 7/18, 7/24, 7/28, 7/42 … Ich musste bei der 7 dann an Galileo denken. Denn multipliziert man die maximale Datenrate von Voyager mit 7 so erhält man die maximale Datenrate von Galileo, nämlich 806.400 Bit/s. Zufall? Kann sein, muss aber nicht. Viele technische Teilaspekte von Voyager findet man auch bei Galileo. So kann es sein, das der Maximaltakt 806,4 khz beträgt und Voyager technisch eben einfach nicht mehr als 115.200 bit/s herausholte (1/7) und Galileo mit schnelleren Rechnern noch weitere Datenraten. Die niedrigen Datenraten sind dagegen ganzzahlige Vielfache von 1,2 kbit/s. Ich vermute diese leiten sich vom AACS Zentraltakt ab, der in vielen Systemen der Taktgeber ist und genau 2,4 kHz beträgt. Seitdem gab es aber weitere Datenrate. So überträgt Voyager derzeit routinemäßig mit 160 Bit/s und periodisch mit 1400 Bit/s, vor einigen Jahren sogar noch mit 2.800 Bit/s. Das sind 7/288, 7/576 der maximalen Datenrate bzw. (160 Bit/s) eine vordefinierte Datenrate.

Datenmodi stehen jeweils für bestimmte Daten die transportiert werden. Das sind bei Voyager vier Daten:

  • Telemetrie über den Zustand der Sonde „Engineering“, also interne Messwerte von 240 Stellen. Sie sind während der Startphase die einzige Datenart die gesendet wird.
  • General Science & Engineering: Die Messdaten aller Instrumente außer den Kameras, zu einem Datenstrom zusammengefasst und die obigen Telemetriedaten („Engineering“). Dieser Datenstrom umfasst maximal 3.600 Bit/s. Er ist der einzige Datenstrom der während der Cruise Science Phase aktiv ist. Zu ihm kommen noch Prüfinformationen. Während der Primärmission (bis Saturn) war dies der Golay Code der die Datenmenge auf 7.200 Bit/s verdoppelte, danach der Reed-Solomon Code der mit einer Datenrate von 4,8 kbit/s auskam (eigentlich mit 4,2 kbit/s, aber dafür gab es keine Datenrate).
  • Die Kameradaten kamen auf die GS&E Daten „obendrauf“. Daher war die Kompression der Bilder ab Uranus so wichtig, da der GS&E Datenanteil immer größer wurde. Bei Jupiter macht er 6,4 Prozent der Gesamtdatenmenge aus, bei Saturn je nach Datenrate schon 16 und 24 Prozent. Ohne Datenkompression und weitere Maßnahmen wären es bei Uranus 50 Prozent gewesen und bei Neptun wären gar keine Bilder mehr möglich.

Die Kameras passten sich den abnehmenden Datenraten durch zwei Techniken an: Das langsamere Auslesen eines Bildes mit halber, drittel, fünftel oder Zehntel Geschwindigkeit, auch kombinierbar mit dem Übertragen von oberer und unterer Hälfte eines Bildes getrennt. Die zweite Option war es Spalten links und rechts wegzulassen. Erst bei Neptun kam als neuer FDS-Modus noch das Weglassen von Zeilen hinzu.

Aus Kombination der Datenraten mit den Modi der Instrumente (auch die anderen Instrumente konnten die Datenrate anpassen) ergaben sich beim Start 42 Datenmodi. Hier eine Übersicht der Datenmodi dies beim Start gab:

Datentyp

Modi

Format

Datenrate Baud

Engineering only

11

Launch Data

1200, Subset mit 40 Baud über Centaur

Cruise

40

TCM Engineering

1200 auf DTR

Encounter

40

Low Data Rate Computer Readouts

40

High Data Rate Computer Readouts

1200

High Data Engineering

1200

Cruise Science + Engineering

9

Daten aller Instrumente außer ISS, IRIS + Housekeeping Engineering

2560, 1280, 640, 320, 160, 80, später 40, 20, 10

Encounter General Science + Engineering

9

Standard Encounter General Science + Engineering

7200 Realzeit oder Realzeit + aufgezeichnete Daten (3600 + Golay Code)

Plasmawellen

115.200

Radioastronomie

115.200

Bedeckung

7.200

Playback + General Encounter

67.200, 44.800, 29.866 2/3, 14.400

Playback only

21.600, 7200

Encounter Imaging, General Science and Engineering

13

Encounter General Science + Engineering + Imaging volle Auflösung

115.200 oder 115.200 Playback oder 7.200 und 115.200 Aufzeichnung

3/4 Bild

89.600

1/2 Bild

67.200

1/3 Bild

44.800

1/5 Bild

29.866 2/3

1/10 Bild

19.200

2:1 Slow Scan

67.200

3:1 Slow Scan

44.800

5:1 Slow Scan

29.866 2/3

10:1 Slow Scan

19.200

5:1 Slow Scan, Halbes Bild

19.200

5:1 Slow Scan Drittel Bild

14.400

Später kamen noch weitere Datenraten hinzu. Bei Neptun z.B. 4,8 kbit/s für GS&E, 8,4 und 9,6 kbit/s für Kombination mit anderen Daten.

Bisher erfolgte alles durch das FDS, es gab aber noch den Bandrekorder, Digital Tape Recorder genannt, DTR abgekürzt. Er hatte zwei Schreibraten. Eine von 115,2 kbit/s in der er die Bilder und GS&E Daten mit maximaler Datenrate abspeicherte und eine Datenrate von 7,2 kbit/s in der er nur die GS&E Daten ablegte. Das Auslesen konnte dagegen mit 7.200, 21.600, 33.600, 57.600 Baud erfolgen. Die Bandrekorderdaten konnten alleine übertragen werden oder mit den FDS Daten gemischt werden. Bei Uranus arbeitete das FDS mit einer Datenrate, die zusammen mit den GS&E Daten 14,4 kbit/s entsprach. Damit war das Senden von Bildern im Framemodus 5:1 möglich. Kurzzeitig war wenn Voyager im Empfangsbereich des Canberra DSN Komplexes war, auch 21,6 kbit/s möglich dann konnte entweder der Bandrekorder mit 21,6 kbit/s ausgelesen werden oder mit nur mit 7,2 kbit/s und diese Daten mit 14,4 kbit/s der Realzeitdaten gemischt werden. Bedingt durch die damaligen Integrationsdichte der Speicher gab es keinen Zwischenspeicher. Ein Manko das sicher vieles in der Mission einfacher gemacht hätte. Ich vermute, dass das FDS das als einziges CMOS-Chips als Speicher einsetzte 288 bit Bausteine einsetzte, da die 1 Kbit Generation erst nach Fertigstellung des Designs auf den Markt kam und von Galileo eingesetzt wurde. Bei 256 nutzbaren Bit (32 für Prüfinformationen) werden nur für die 8 KWorte, rund 16 KByte Speicher eines FDS 512 Bausteine benötigt.

Bei Neptun wollte das JPL nach der Passage von Triton den Bandrekorder auslesen, ohne Realzeitdaten zu verlieren und musste wegen der niedrigen Datenrate einen Hack anwenden: Beim Speichern legte das FDS jedes Bit zweimal ab, sodass 3,6 kbit GS&E Daten mit 7,2 kbit/s gespeichert wurden. Beim Auslesen entsprach die Auslesedatenrate von 7,2 kbit dann nur 3,6 kbit/s, echten Daten zu denen noch 3,6 kbit/s Realzeitdaten kommen konnten, was 7,2 kbit insgesamt gab, mit RS-Code dann 8,4 kbit/s und das war die niedrigste Datenrate die ein DSN-Komplex, der von Madrid erreichte. Allerdings dauerte so das doppelte Auslesen des Bandrekorders fast vier Tage.

Hier eine Übersicht der Kameramodi die Voyager einsetzte:

Modus

Kamera

Datenrate

Beschreibung

IM2

WAC und NAC

57.600

Übertragung gespeicherter Bilder (Jupiter/Saturn)

IM2A

NAC

7.200 / 21.600

Übertragung gespeicherter Bilder (Uranus/Neptun)

IM2C

NAC

7.200

Übertragung gespeicherter Bilder (Neptun) fünftel Datenrate, Weglassen von Pixeln links/rechts Pixel jeder Zeile

IM2W

NAC

7.200 / 21.600

Übertragung gespeicherter Bilder (Neptun) letzte 80 Zeilen sind leer

IM3

NAC und WAC

106.700

Realzeit Übertragung Jupiter/Saturn

IM4

NAC und WAC

81.070

Realzeit Übertragung Jupiter/Saturn, nur mittlere 608 Pixel

IM5

NAC und WAC

53.400

Realzeit Übertragung Jupiter/Saturn, zuerst obere Hälfte dann untere Hälfte

IM6

NAC und WAC

56.700

Realzeit Übertragung Jupiter/Saturn, nur mittlere 440 Pixel

IM7

NAC und WAC

35.600

Realzeit Übertragung drittel Datenrate, Jupiter und Saturn

IM8

NAC und WAC

35.600

Realzeit Übertragung mittlere 272 Pixel, Jupiter und Saturn

IM9

NAC und WAC

21.600

Realzeit Übertragung drittel Datenrate, mittlere 480 Pixel

IM10

NAC und WAC

21.600

Realzeit Übertragung mittlere 160 Pixel, nur Jupiter und Saturn

IM11

NAC und WAC

21.600

Realzeit Übertragung fünftel Datenrate, Jupiter und Saturn

IM12

NAC und WAC

11.800

Realzeit Übertragung fünftel Datenrate, mittlere 440 Pixel

IM13

NAC und WAC

10.700

Realzeit Übertragung Zehntel Datenrate

IM14

NAC und WAC

10.700

Realzeit Übertragung mittlere 80 Pixel

IM15

NAC und WAC

26.700

Realzeit Übertragung, halbe Datenrate, obere und untere Hälfte eines Frames getrennt

IM26

NAC und WAC

9.000

Realzeit Übertragung halbe Datenrate, Zeilen 271-536 (Neptun)

IMK

NAC und WAC

10.700

Realzeit Übertragung Zehntel Datenrate, Uranus und Neptun

IMO

NAC und WAC

21.600

Realzeit Übertragung fünftel Datenrate, Uranus und Neptun

IMQ

NAC und WAC

21.600

Realzeit Übertragung fünftel Datenrate, variable Pixel/Zeile nur Uranus

OC3

NAC und WAC

1.040

Realzeit Übertragung drittel Datenrate, Zeilen 301 bis 510, Pixel 365 bis 453, nur Neptun

PB8

Übertragung gespeicherter Bilder im Modus IM2A, IM2C, IM2W (Uranus und Neptun), 1:1 oder 1:3 Datenrate

5 thoughts on “Voyager inside: Datenraten, Framemodi und der Bandrekorder

  1. Guten Abend,

    erneut eine gelungene Darstellung. Die Kameramodi sind – zumindest für mich – teilweise neu. In welcher Primärquelle sind diese zu finden? Für eine Zitation oder einen Link wäre ich sehr dankbar.

    Jens

  2. Wenn ich das richtig überblicke, ist das hier der letzte/aktuellste Blog zu den Voyagers.
    Deshalb schreibe ich es mal hier rein, es weicht leicht vom Thema ab.
    Es geht um die Golden Records bzw. um den Artikel „Voyagers: Sounds of Earth“

    Zitat: „Zwei Wasserstoffatome werden als Referenz für Längen und Zeit dargestellt.“
    Zwischen zwei Wasserstoffatomen lässt sich kein zeitlicher Bezug herstellen. Es sind nicht zwei Wasserstoffatome auf der Plattenhülle abgebildet. Es ist ein Wasserstoffatom abgebildet, in zwei verschiedenen Zuständen (unterschiedliche Spinmomente des Elektrons).

    Zitat: „Eine Karte von elf Pulsaren,…“
    Sind es nicht 14 Pulsare?

    1. Ein Wasserstoffatom im Grundzustand und im ersten angeregten Zustand (Umdrehung des Spins des Elektrons) sind zwei Wasserstoffatome die abgebildet werden. Ich habe nicht geschrieben das ein Wasserstoffmolekül aus zwei Atomen abgebildet wird.

      Charakterisiert wird die Frequenz die das H-Atom bei ~ 1429 MHz abgibt. Eine Frequenz ist die Anzahl der Schwingungen pro Zeit. Alle Längenangaben werden in vielfachen einer Schwingung angegeben, alle Zeitangaben als Vielfache von 1/Schwingung.

      Bei den Pulsaren hast Du recht, das ist aber ein einfacher Schreibfehler den ich inzwischen korrigiert habe.

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