Die Zahl für heute 0,00780948
Die heutige Zahl ist eigentlich ein Aufhänger. Und zwar ein Aufhänger für Kalender und ihre Bestimmung.
Viele altertümliche Bauwerke, die heute noch imposant sind, und es als sie entstanden und die meisten Menschen in eingeschossigen Häusern oder Hütten lebten, noch viel eindrucksvoller sein mussten, werden mit Astronomie in Verbindung gebracht. Sie sind so ausgerichtet das die Sonne oder bestimmte Sterne zu wichtigen Zeitpunkten genau in der Verlängerung einer Achse auf- oder untergehen. So Stonehenge und die obersten Etagen zahlreicher Majatempel. Auch die Himmelscheibe von Nebra in der nicht nur viel Arbeit sondern auch wertvolles Edelmetall steckt soll für astronomische Zwecke angefertigt worden sein, ist aber mit Sicherheit auch ein Statussymbol und ein Kunstwerk.
Gesichert ist, das dies kein Zufall ist und die Leute so ein bestimmtes Datum im Jahr zweifelsfrei feststellen wollten. Alles was darüber hinausgeht ist jedoch Spekulation. Manche Autoren meinen, so würden wichtige Termine für die Landwirtschaft wie für die Aussaat oder Ernte bestimmt. Ich habe da meine Zweifel. Zum einen muss man dafür nicht so einen riesigen Aufwand treiben. Zwei fest montierte Pfähle tun es auch. Zum anderen richten sich Bauer nach dem Wetter. Der April ist bei uns ein Monat in dem viel ausgebracht wird, ich wette, dass wurde diesen April der so verregnet und kalt war, aber oft verschoben. Viel eher glaube ich das zu diesen Zeitpunkten dann Feste gefeiet oder Rituale vollzogen werden, denn fast immer sind die Bauten ja auch religiöse Bauten. Wenn dann die Sonne genau durch eine Öffnung fiel, den Rest des Jahres aber nicht, dann machte das bei den Gläubigen Eindruck und gab auch das Startsignal für das Ritual oder Fest.
Bei uns gab es vor dem Christentum Sonnenwendfeiern, am kürzesten Tag des Jahres um den 21. Dezember. In Schweden ist bis heute die Zeit um den längsten Tag des Jahres ein Fest und nicht umsonst wurde Weihnachten von der Kirche auf einen Termin nahe der Sonnenwendfeiern gelegt, um die Germanen und Kelten die diese Feiern abhielten zu bewegen, doch die Religion zu wechseln. Denn wann Christus geboren wurde weiß man ja nicht.
Die Sonne spielte also eine große Rolle, doch die meisten frühen Kulturen richteten sich nach dem Mond. Er ist viel einfacher beobachtbar und zeigt deutliche Phasen. Beim Mond gibt es wie bei jedem Himmelskörper, den wir von der Erdoberfläche aus beobachten, zwei Perioden. Die eine ist seine „echte“ Periode, seine Umlaufdauer. Diese beträgt beim Mond 27,32 Tage. In dieser Zeit steht er wider vor denselben Sternen, die man bei der Betrachtung als ortsfest, also unveränderlich ansieht (in der Realität bewegen sie sich auch, aber ihre Bewegung ist so klein, dass sie nur mit astronomischen Instrumenten messbar ist). Aber die Erde dreht sich um ihre eigene Achse und in einem Jahr um die Sonne. Beim Mond orientieren wir uns an den Mondphasen und die haben mit dem Winkel Mond-Sonne zu tun. Der ändert sich weil in den 27,32 Tagen die Erde ein Stück um die Sonne weitergewandert ist und der Mond, weil er um die Erde kreist auch. Eine Bewegung relativ zu den Sternen nennt man siderische Periode. Der synodische Monat ist ist daher länger, 29,54 Tage.Diese Perioden – siderische und synodische gibt es auch bei den Planeten, der Tageslänge und der Jahreslänge.
Da der synodische Monat des Mondes nahe 30 Tagen ist nahmen viele Kulturen ihn als Referenz und hängten, damit er synchronisiert mit der Bewegung der Erde um die Sonne ist – sonst würden Termine wie längster Tag, Tag/Nachtgleiche etc. sich dauernd verschieben noch einige Feiertage in jedes Jahr ein. Alternativ lebt man damit, immerhin gibt es zwischen synodischen Monat und siderischem Monat eine gemeinsame Periode von 18 Jahren nach der beide Himmelskörper wieder die gleichen relativen Positionen haben.
Das man sich nach der Sonne richtet, war aber im Altertum die Ausnahme und nun komme ich zu meinem Hauptthema, nämlich dem Kalender und Schalttagen. Unserer heutiger Kalender geht auf Julius Cäsar zurück, der ihn aber auch nicht erfand. Er kam aber 47 v. Chr. nach Ägypten und lernte dort den ägyptischen Kalender einen Sonnenkalender kennen. Essentiell für Ägypten war die Nilschwemme und ihre Vorhersage. Da diese auf Schmelzwasser im äthiopischen Hochland beruht, war es wichtig den Zeitpunkt im Frühjahr zu kennen und der hing eben vom Sonnenstand und nicht Mondstand ab. Die Ägypter haben schon damals einen Kalender von 360 Tagen plus 5 bis 6 Extra Tagen gehabt. Die Römer dagegen einen Mondkalender. Julius Cäsar übernahm das Konzept, aber ohne Extratage. Stattdessen führte er alle vier Jahre einen Schalttag ein. Später wurde wegen dieser Kalenderreform sogar ein Monat nach ihm benannt, der Juli.
Nun erst komme ich zu meinem Kernthema, nämlich der Zahl 0,00780948. Der julianische Kalender war toll, aber das Jahr dauert exakt 365,242.190.52 Tage. Astronomen bezeichnen es als das tropische Jahr. 365 Tage pro Jahr und alle vier Jahre ein Schalttag ergeben in einem Vierjahreszyklus genau 365,25 Tage pro Jahr. Die Abweichung vom tropischen Jahr beträgt damit im Mittel über vier Jahre 0,00780948 Tage pro Jahr. Eine kleine Abweichung aber sie summiert sich über die Zeit. Nach 128 Jahren beträgt sie schon einen Tag. Somit verschieben sich feste Daten im Jahr wie die Sonnenwenden oder Tag-/Nachtgleichen. Besser feststellen kann man das bei der Position der Sterne, zwar gibt es hier auch einen Fehler, weil wir hier vom siderischen Jahr reden, aber die Abweichung ist gering und sie macht die Verschiebung mit. Das fällt im Laufe der Zeit den Astronomen auf, aber auch der christlichen Kirche, denn die definiert einige Ereignisse astronomisch. Ostern ist am ersten Vollmondtag nach der Frühjahrs-Tag und Nachtgleiche. Der Beginn der Fastenzeit ist genau 40 Tage früher, das ist zugleich das Ende von Fasnacht (Aschermittwoch). Pfingsten ist dagegen sieben Wochen nach Ostern. Christi Himmelfahrt ist 40 Tage nach Ostern. Es hängen also an dem Osterdatum drei weitere wichtige Feiertage bzw. Perioden ab. Wenn nun pro 128 Jahre sich der Kalender um 1 Tag verschiebt so kann man leicht ausrechnen, das um 1500 die Verschiebung 11 bis 12 Tage beträgt und das fällt auf. Natürlich wird Ostern immer noch am ersten Sonntag nach dem 21. März gefeiert, aber dieser Tag fällt nicht mehr auf die Tag- und Nachtgleiche sondern ist gegenüber dem Datum verschoben, das er hatte als Jesus Christus starb. Festgelegt wurde das Datum aber erst bei einem Kirchenkonzil im Jahre 325. Nach dem julianischen Kalender wäre z.B. die Tag-/Nachtgleiche zur Zeit Christi (oder der Regierungszeit von Augustus) am 23. März, und nicht am 21. März gewesen.
1582 machte der Papst Gregor VIII eine erneute Kalenderreform um wieder astronomische Festlegung von Feiertagen und echtes Datum in Einklang zu bringen. Die Reform verzichtet auf den Schalttag, wenn das Jahr durch 100 ohne Rest teilbar ist, also z. B. im Jahr 1900. Wenn das Jahr durch 400 ohne Rest teilbar ist, so findet der Schalttag aber statt, also z.B. im Jahr 2000. Das reduziert die Periode des Jahres um 7,5 x 10-3 Tage, lässt also nur noch einen Fehler von 3,0948×10-4 Tagen pro Jahr. Das ist eine Abweichung von einem Tag in 3231 Jahren. Da die Reform im Jahre 1582 erfolgte, wird man sich so um das Jahr 4.800 wohl wieder einen Schalttag einsparen müssen. Damit nun auch die astronomische Festlegung stimmt, entfielen im Jahr 1582 die elf Tage zwischen dem 4 und 15 Oktober. Also zumindest in der katholischen Kirche, womit sie bis die anderen Kirchen nachzogen einen anderen Kalender hatten als die restlichen Christen. Die ließen sich zum Teile lange Zeit. Die protestantischen Kirchen in Deutschland (genauer gesagt dem heiligen römischen Reich deutscher Nation) zogen erst 1700 nach. Frankreich durch Bonaparte 1806 und Russland 1918, als letztes folgte Griechenland 1923. Das muss lustig gewesen sein damals zu reisen, ohne Zeitmaschine konnte man früher ankommen als man losgefahren ist. Was mich interessiert ob man auch die Wochentage angepasst hat. Wenn 11 Tage wegfallen dann rückt man in der Woche ja eigentlich um vier Tage vor. Also wenn in Grafschaft A es Mittwochs ist, müsste es in katholischem Nachbarbistum B dann schon Sonntag sein.
In kleinem Maß gibt es auch sonst Abweichungen, so rotiert die Erde immer langsamer und die Rotationsperiode kann sich auch durch Erdbeben oder Massenverlagerungen (Kontinentaldrift) verschieben, sodass ab und an eine Schaltsekunde eingeführt wird.
Diese Episode ist aber bezeichnend wie verschiedene Religionen festgelegt sind auf ihre Rituale. Während nämlich die meisten evangelischen Kirchen diese Reform, obwohl sie von der katholischen Kirche kam, schnell übernahmen blieben andere Kirchen beim julianischen Kalender. Die bekannteste ist die orthodoxe Kirche die beim julianischen Kalender blieb und so auch der russische Staat bis in 20 Jahrhundert. So feiert bis heute Russland seine Oktoberrevolution bis heute im November, weil sie erst nach der Oktoberrevolution den gregorianischen Kalender zumindest für den Staat übernahmen, die Kirche blieb aber immer noch beim julianischen Kalender. Das Thema kam dieses Jahr nochmals in die Schlagzeilen, als die ukrainische orthodoxe Kirche um sich von der russisch-orthodoxen Kirche abzugrenzen, die voll auf Putins Kriegskurs ist, Ostern zweimal feierte: einmal nach dem gregorianischen Kalender und für alle die sich nicht umgewöhnen wollen, nochmals nach dem julianischen Kalender.
Mir tun auch die Moslems bei uns – die meisten Moslems in Europa leben ja in Deutschland – leid, noch mehr die Muslime die es in noch nördlichere Gefilde verschlagen hat. Denn der Fastenmonat Ramadan hat für alle die nicht wie der Religionsgründer Mohammed nahe des Äquators leben, zwei Nachteile. Er ist nicht über das Sonnenjahr definiert, sondern über einen Mondkalender, wandert also durchs Jahr. Er kann mal im Dezember/Januar liegen und mal im Juni/Juli. Im einen Fall ist es bei uns rund 16 Stunden lang Nacht und im anderen nur sieben Stunden. Ramadan im Juni ist jetzt keine große Einschränkung. Die Gläubigen dürfen in der Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ja nichts essen und – was ich als härter empfinde – auch nichts trinken. Mich würde wirklich interessieren ob es jenseits des Polarkreises noch gläubige Muslime gibt, die sich an den Ramadan halten, denn dort ist es im Winter so, dass die Sonne gar nicht aufgeht. Alles was jenseits von 66,7 Grad nördlicher Breite liegt hat pro Jahr eine Polarnacht und einen Polartag.