Die glorreichen 10 – Coversongs deren Original kaum einer kennt
Jeder kennt das Phänomen eines Coversongs. Manche Künstler machen sogar ganze Alben nur mit Covers, meist wenn die Karriere sonst nicht vorwärts kommt, so Kim Wilde und Nena. Andere Künstler beginnen oft am Anfang der Karriere mit Covern, so hat Deep Purple anfangs einige Beatles Songs gecovert, bevor sie sich dann zum Hard Rock und langen epischen Songs zuwandten und die Beatles haben das auch getan.
Oft kennt man aber das Original, außer man hört nur einen Sender oder neuerdings eine Playlist, wo nur das aktuelle Programm gespielt wird. Ich selbst habe bei vielen Liedern erst nach Jahren herausgefunden, das es Cover waren. Relativ einfach ist das Erkennen, wenn das Original populär ist, so ist eigentlich jedem klar das „With a little Help from my friends“ nicht von Joe Cokcer, sondern den Beatles stammt. Manchmal gibt es auch Streit. Der wohl teuerste Coversong war „My Sweet Lord“ bei dem George Harrison 1,6 Millionen Dollar zahlen musste, weil die Melodie von dem unbekannten Song „He’s so fine“ von den Clifftons übernommen wurde. Die Clifftons sahen von dem Geld übrigens keinen Penny, das strich alles die Plattenfirma ein.
In dieser Liste findet ihr 10 Songs – es gibt noch mehr, vielleicht lege ich mal bei Interesse eine Zweitauflage auf – bei denen das Cover bekannter als das Original ist, oft ist das Original sogar weitestgehend unbekannt. Weiterhin sind es echte Covers, also nicht nur die Melodie, sondern auch der Text wurde erneut verwendet.
Platz 10: Rubys Tuesday – Melanie
Ich dachte lange Zeit, „Rubys Tuesday“ wäre von Melanie, bis ich mal eine andere Version hörte und mir dachte „Aha, covern die Rolling Stones nun Melanie?“ Die Version von Melanie ist bei uns auch die erfolgreichere in den Charts und ich finde, die gebrechliche Stimme passt viel mehr zu dem Lied als die Stimme von Mick Jagger. Es war auch Melanies größter Hit.
Platz 9: Me and Bobby McGee – Janis Joplin
Janis Joplin starb früh und hatte nur wenige Hits, einer davon ist Me and Bobby Mc Gee. Der Song ist kein klassischer Coversong. Er stammt Kris Kristofferson. Der nahm ihn aber, obwohl er ein bekannter Country-Sänger ist, zuerst nicht selbst auf. Die ursprüngliche Version, ein Country Song, wurde von Roger Miller im Jahre 1969 aufgenommen. 1971 kam dann die viel erfolgreichere Version von Janis Joplin. Das ging, weil „Bobby“ sowohl ein Männer- wie ein Frauen-Vorname sein kann. Kris Kristofferson meinte damit übrigens die Sekretärin seines Plattenlabels, die so hieß. Erst nach Erscheinen der Coverversion durch Janis Joplin veröffentlichte Kris Kristofferson seine Version, die wesentlich mehr im Country und Western Stil ist
Platz 8: Girl You Know It’s True – Milli Vanilli
Wenn es einen König der Coverversionen gibt, dann ist es Frank Farian. Ich habe das schon mal untersucht und kam auf mehrere Dutzend Coverversionen, darunter die größten Hits der Gruppen die er produzierte. „Rivers of Babylon“ ist zum Beispiel im Original ein Reggae-Song von den Melodians. So verwundert es nicht das der erste Hit von Milli Vanilli eine Coverversion ist. Das Original stammt 1987 von der Hip-Hop Band Nurmarx. An den Stimmen und dem Hip-Hop Gesang änderte Farian wenig, aber den Soundteppich pustete er kräftig auf. Hört euch mal das Original an. Das Lied war übrigens auch für den Skandal um Milli Vanilli verantwortlich, denn 1990 blieb das Lied bei einem Konzert in der Playbackmaschine hängen. Im Ausland hat man sich dann schwer darüber aufgeregt, dass die beiden nie gesungen haben. In Deutschland weniger, das war bei Frank Farian eigentlich schon von Boney M. bekannt. Dort war bekannt das Bobby Farrell nicht singt, sondern das Frank Farian war. Bei seinem ersten Boney M. Hit „Do you wanna bump?“ sang Farian sogar alle Stimmen, auch die hohen, selbst ein. Da das ein Hit war, musste er erst eine Gruppe gründen, bei der nur Liz Michtell (vorher bei den Les Humphrey Singers) sang.
Platz 7: Go West – Pet Shop Boys
Auch die Pet Shop Boys haben sich bedient, so bei Elvis und seinem „Always on my Mind“ und diesem ein neues poppiges Gewand verpasst. Während aber „Always on my Mind“ ein recht bekanntes Stück ist gilt das nicht für „Go West„, einer der größten Hits der Pet Shop Boys und immer noch gerne in Fußballstadien gespielt. Das Original stammt von den Village People. Dort geht es um das Umziehen an die Westküste der USA, wo Schwule mehr Freiheiten haben, als in den Rest der USA. Das Video zum Lied und das Hinzunehmen eines Männerchors, der irgendwie russisch klingt, haben dem Lied eine neue Bedeutung gegeben. Wer im kommunistischen Osten lebte, will raus, nach Westen. Es erschien 1993 als die Pet Shop Boys schon einige Jahre keinen richtigen Hit mehr hatten. Das Lied der Village Peope erschien 1979 und ist nun vom Rhythmus her so na-na, nicht vergleichbar mit dem Erfolg YMCA (weiß Donald Trump, der die Rechte zum Abspielen bei Veranstaltungen von der Plattenfirma erworben hat – dagegen protestierten übrigens die Komponisten des Lieds – eigentlich das es dabei darum geht, dass YMCA ein Treffpunkt für Schwule ist und das Lied von Franzosen komponiert und der Text geschrieben wurde?). Mich wundert die lahme Version von Go West etwas, denn YMCA mit einem viel besseren Rhythmus erschien schon ein Jahr vorher.
Platz 6: Nothing Compares 2U – Sinead O’Connor
Prince ist bekannt für wirklich tolle Songs, aber er hat nicht nur geile Nummern wie „1999“ oder „Purple Rain“ geschrieben. Er war ein Music-Maniac, der viel produzierte, aber an einem Song nicht viel feilte. Dieser Arbeitseifer führte schließlich auch zum Bruch mit seiner Plattenfirma, die gar nicht so viele Alben veröffentlichen wollte wie Prince produzierte, wodurch er von 1993 bis 2000 auch seinen Künstlernamen „Prince“ ablegte. Aber wenn man so viel produziert, kann nicht alles ein Hit sein und so war es auch bei dem Titel „Nothing compares 2U„, der angeblich damit seiner Reinigungskraft gewidmet war. Das Demo erschien 1984, 1985 wurde das Lied für Princes Funk Band „the family“ eingespielt, ein kurzzeitiges Projekt das nach zwei Singles und einem Konzert beendet war. 1990 nahm Sinead O’Connor das ganze Lied wesentlich gefühlvoller auf und landete damit einen weltweiten Nummer 1 Hit – auch den einzigen den sie erreichte.
Platz 5: I’ve got my mind set on you – George Harrison
George Harrison habe ich schon in der Einleitung erwähnt. Das „I’ve got my mind set on you“ nicht von ihm war, habe ich erst vor einiger Zeit erfahren. Das Original ist ziemlich unbekannt und stammt von James Ray aus dem Jahr 1963 und ist mehr ein Gospel-Lied wobei wohl mit „You“ Gott gemeint ist. George Harrison hat das Stück wesentlich schneller gespült und mit abgewandelter Melodie und ohne Chor denkt man natürlich an einen Menschen. Es gibt dazu zwei Videos. Das eine kannte ich nicht und beim zweiten habe ich erst beim Schreiben des Artikels und Lesen über das Lied in der Wikipedia mitbekommen, das es Anleihen an ein Horror-Video macht. Ich fand damals die artistische Tanzeinlage (ab 2:00) etwas deplatziert, denn George Harrison war schon 44 als er das Video aufnahm. Wikipeda meint auch das war ein Tanzdouble. Vom Album „Cloud Nine“ gefielen mir aber die im Beatles-Stil gehaltenen Lieder „When we was fab“ und „This is Love“ besser (ja ich bin bekennender Beatles Fan, so ziemlich das einzige wovon ich Fan bin)
Platz 4: Twist and Shout – the Beatles
Wie schon gesagt, die Beatles haben anfangs viel gecovert. Beim ersten Album Please, Please me waren die Hälfte der Titel nicht von ihnen und bei vielen merkt man dies auch. So war ich ziemlich erstaunt als ich hörte das auch Twist and Shout“ ein Cover ist. das Original stammt von „The Isley Brothers“ und ist ein Rhytm & Blues Song und erschien ein Jahr vor der Beatles Version, die ich viel gelungener und rockiger finde. Das berühmte „Aaaaaah“ das sich in immer höhere Töne steigert haben sie aber unverändert übernommen. Eine schöne Version ist auch im Spielfilm „Ferris macht blau“ zu sehen, wobei zwar die Bläser original sind, aber Mathew Broderick nur lipsynct. Wer sich übrigens über die angegriffene Stimme von John Lennon wundert: Das Lied wurde in 15 Minuten am letzten Aufnahmetag eingespielt und John Lennon war erkältet. Nach zwei Takes beschloss George Martin die erste Version zu nehmen, in der die Stimme von Lennon noch nicht so lädiert war.
Platz 3: I love Rock’n Roll Joan Jett & the Blackhearts
Tja und auch bei diesem Hit, dem einzigen von Joan Jett, erfuhr auch erst nach Jahrzehnten, das er nicht von ihr ist. Das Original stammt von den Arrows und ist von 1975. Wie der Titel verrät, ist es ein Rock’n Roll Lied. Am Sound hat Joan Jett bei ihrer Aufnahme 1981 wenig gefeilt, er klingt noch rockiger mit mehr verzerrten Gitarren, vor allem aber ist der Gesang viel härter und passt viel besser zu der Botschaft des Liedes.
Platz 3: Girl just want fun – Cyndie Lauper
Kommen wir zu den beiden Spitzenreitern. Und zwar, weil bei beiden Liedern die ursprüngliche Botschaft des Songs völlig umgedreht wurde. Das Original stammt von Robert Hazard und ist ein ziemlich rockiger Song. Die Stimme von Robert Hazard finde ich aber zu hoch und wenig ausdrucksstark und so auch etwas unpassend zum Lied. In dem Lied geht es um einen Mann der seinen Gelegenheitssex damit rechtfertigt, dass eben Mädchen nur Spass haben wollen. Cyndie Lauper schrieb das Lied teilweise um und heraus kam eine Hymne für Mädchen, die eben einfach nur Spass haben wollen.
Im Video zum Song fand ich Cyndie Lauper irgendwie deplatziert. Zum einen, weil sie die einzige zusammen von weiteren acht jungen Frauen war die in einer Mischung aus Punk und Hippie Outfit nicht so richtig reinpasste, zum anderen passte sie im Alter zu der Botschaft des Videos nicht, denn sie war als das Lied aufgenommen wurde schon 30, da kann man nicht mehr von Girl sprechen.
Platz 1: Respect – Aretha Franklin
Also welcher Titel fällt euch bei Aretha Franklin ein? Wahrscheinlich ihr größer Hit der ja auch eine eindeutige Botschaft wiedergibt: Respect. Aber das Lied stammt nicht von ihr, sondern dem leider viel zu früh verstorbenen Soul-Sänger Otis Redding, der das Lied 1965 aufnahm. Der Song handelt von dem Respekt und der Anerkennung, den der Sänger von seiner Frau erwartet, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt. Der Song von Redding ist eine typische Soul Nummer. Es fehlt das Buchstabieren von R E S P E C T in der Strophe, aber sonst musste Aretha Franklin nicht viel am Text ändern. Alleine das sie es nun als Frau singt, reicht das man das Lied damit assoziiert, das auch Frauen Respekt und Anerkennung beanspruchen können und nicht nur zur Versorgung des Mannes da sind. Zusammen mit einem neuen Arrangement, das mehr in Richtung Gospel geht, wurde es zu einem großen Hit. Am Ende seiner Kanzlerschaft im Jahr 2025 wählte Olaf Scholz „Respect“ als einen von drei Musiktiteln für den zu seinen Ehren veranstalteten Großen Zapfenstreich.
So das waren wieder 10 glorreiche Plätze. Was meint ihr dazu? Ich finde das Format ganz angenehm, weil ich hier auch mal über was anderes schreiben kann was mich interessiert, das ist nicht nur Raumfahrt und Computer. Aber ich weiß auch wo meine Grenzen sind und das ich in vielem kein Experte bin. Diese Rubrik ist ideal für angesammeltes Halbwissen, weil ich pro Topic nicht viel schreiben muss.
Schöne Liste. Interessant, dass du nebenbei im Absatz über die Pet Shop Boys „Always on my mind“ und Elvis erwähnst: Die Elvis-Version ist auch nicht das Original. Zuerst veröffentlicht wurde das Lied von Gwen McCrae, später (auch noch vor Elvis) von Brenda Lee, die das Lied wohl noch eher aufnahm als McCrae.
Mir kommen bei dem Thema ein paar Lieder in den Sinn, die nicht ganz so original sind, wie man vielleicht denkt.
2002 war DER Sommerhit in Deutschland der „Ketchup-Song (Aserejé)“ von Las Ketchup. Aber man muss schon sehr genau hinhören, um festzustellen, dass der Refrain aus den ersten Zeilen von „Rapper’s Delight“ der Sugarhill Gang besteht.
Der erste richtige Hit für die Bloodhound Gang war 1997 das Lied „Fire Water Burn“, wobei vielen sicherlich der Refrain mit „The roof, the roof, the roof is on fire, we don’t need no water, let the motherfucker burn“ noch im Kopf sein wird. Der stammt aber gar nicht von der Band, sondern ist aus dem Lied „The Roof Is on Fire“ von Rock Master Scott & the Dynamic Three (obwohl der Titel des Songs so heißt, kommt die entsprechende Stelle erst sehr weit am Ende vor).
„The House of the Rising Sun“ wird heute meist mit der Band The Animals und ihrer Version aus dem Jahr 1964 in Verbindung gebracht, dabei ist es eigentlich ein altes Volkslied, welches schon über dreißig Jahre vorher veröffentlicht wurde. The Animals haben den Text entschärft und das Arrangement und das Tempo verändert, aber sich ansonsten an einer Version von Bob Dylan orientiert, die zwei Jahre früher veröffentlicht wurde.