Die glorreichen 10 – die ersten Besucher
Wir haben acht Planeten, früher waren es mal neun, derzeit 416 Monde, davon alleine 274 bei Saturn (als ich mich zuerst für Astronomie interessierte, so um 1980, waren es mal 39 Monde …) fünf Zwergplaneten und etliche Planetoiden und Kometen. In dieser Folge der „Glorreichen 10“ geht es um die Raumsonden, die jeweils als Erste Raumsonde ein Objekt erreichten. Also jedes Objekt kann ich bei den vielen Monden und Planetoiden/Kometen, die schon erkundet wurden auch nicht nehmen, aber die acht Planeten, zwei der Zwergplaneten, den Erdmond, die erste und bisher einzige Mission zu einem Mond und jeweils die erste Mission zu einem Kometen und Asteroiden, wobei hier die Betonung ist, das primäres Ziel ein Komet oder Asteroid ist.
Anders als sonst in dieser Kategorie ist das zeitlich geordnet und bei den ersten drei Zielen (Erdmond, Venus und Mars) hat es anfangs nicht geklappt, sodass ich die erste Mission und die erste erfolgreiche Mission erwähne. Alle Datumsangaben sind Startdaten, nicht Ankunftsdaten.
In einem Artikel über ein Dutzend Sonden zu schreiben ist schwer. Ich habe daher wissenschaftliche Ergebnisse oder Details der Sonden weitestgehend weggelassen und mich auf Anekdoten und „nice to know“ Facts beschränkt. Trotzdem wurde der Artikel so lang, dass ich ihn in zwei Teile aufgeteilt habe. Die Links führen aber zu den Detailaufsätzen auf der Website, die vielleicht für den einen oder anderen, nicht nur an oberflächlichen Infos interessierten gedacht sind. Morgen folgt dann Teil 2
Erdmond (2.1.1959 / 12.9.1959)
Die ersten Jahre der Raumfahrt waren ereignisreich. Braucht heute das Starship mehrere Jahre, um einen Orbit überhaupt zu erreichen (bei der Saturn V lag zwischen Jungfernflug und Landung von Apollo 11 weniger Zeit) und vergehen mehrere Jahre zwischen zwei Artemismissionen (zwischen Dezember 1968 und November 1969 führte die NASA fünf bemannte Apollomissionen mit der Saturn V durch) ging es damals wirklich schnell.
Schon ein Jahr nach dem Start von Sputnik 1 war das nächste Ziel der Erdmond. Das ist insofern besonders, weil die Nutzlast einer Trägerrakete zum Mond nur noch ein Viertel der für den Erdorbit beträgt und trotzdem wog die erste Mondsonde, Luna 1 viermal so viel wie Sputnik 1. Der Aufbau war aber derselbe. In einer hermetisch abgeschlossenen Kugel befand sich ein Sender, einige Experimente und ganz wichtig – Metallplaketten mit sowjetischen Hoheitssymbolen (Hammer und Sichel), also das moderne Gegenstück zu der spanischen Flagge die Columbus in den Strand der Inseln rammte, die er zuerst in Amerika erreichte. Da die Sonde auf dem Mond aufschlagen sollte, waren sie so gearbeitet das sie dies überstehen würden.
Der erste Start einer Lunasonde fand schon am 23,9.1858 statt, weniger als ein Jahr nach Sputnik. Ziel war es auch zum Jahrestag von Sputnik 1 die Sonde auf dem Mond aufschlagen zu lassen. Er scheiterte, aber wie die nächsten zwei Starts. Erst beim vierten Anlauf, am 2.1.1959 gelang es Luna 1 auf einen Mondkurs zu bringen. Die dritte Stufe war aber nicht korrekt ausgerichtet und so war kurz nach dem Start klar, dass die Sonde den Mond verfehlen würde. Prompt wurde verlautbart, dass wäre Absicht gewesen und die Sonde würde den Menschheitstraum erfüllen die erde zu verlassen. Zeitgleich starten auch die USA ihre ersten Pioneer Sonden, die allerdings nur den Mond passieren sollten.
Zeitgleich arbeiteten auch die USA an einer Mondsonde, aber mit dem Ziel eines Vorbeiflugs. Das wurde am 3.3,1959 auch im fünften Anlauf mit Pioneer 4 erreicht. Nachdem im März die letzte Pioneer gestartet war, konnte man sich für Luna 2 Zeit lassen und startete sie erst am 2.9.1959, ein weiterer Start einer Luna im Juni scheiterte. Diesmal klappte alles und nach zweieinhalb Tagen schlug Luna 2 auf dem Mond auf. Damit war das propagandistische Ziel erreicht und das Programm eingestellt, wie dies damals so oft beim sowjetischen Raumfahrtprogramm war, bei dem es primär darum ging als fortschrittlich dazustehen und nicht den Mond oder die Erde zu erforschen.
Mars (10.10.1960 / 5.11.1964)
Beim Mars wagte die Sowjetunion einen echten Schnellschuss – Ende 1960, drei Jahre nach dem ersten Satelliten, wollten sie eine Sonde zum Mars entsenden. Das war deswegen ehrgeizig, weil bisher die Sowjetunion nur drei Sputniks, neun Lunas und zwei unbemannte Wostok-Prototypen gestartet hatte. Keine der bisherigen Nutzlasten arbeitete lang. Die Lunas und Wostokraumschiffe nur wenige Tage lang, Sputnik 3 war 19 Tage aktiv und Sputnik 1 als Rekordhalter 92 Tage. Die Reise zum Mars dauert aber über sieben Monate. Über die Raumsonde des Programms ist wenig bekannt. Die Instrumentierung liest sich gut, aber es gibt Zweifel, ob sie funktioniert hätte. So gab es ein Gerät, um Leben auf dem Mars nachzuweisen, indem man im IR-Spektrum nach Linien von organischen Molekülen suchte. Vor dem Start probierte man es sicherheitshalber in der kasachischen Steppe aus – Das Gerät zeigte kein Leben an und wurde so wieder entfernt, um Gewicht zu sparen. Die Sonde hatte durch die Fehlstarts nicht mal einen offiziellen Namen. Intern lief das Projekt nur unter „1M“.
Beide Raumsonden gingen aber bei Fehlstarts der neuen Molnija Trägerrakete verloren. Sehr zum Verdruss von Nikita Chruschtschow – er hatte Modelle der Sonden dabei, als er am 12.10.1960 eine Ansprache vor der UN hielt, man hatte eigens den Start der Sonden wegen dieses Termins um zwei Wochen verschoben.
So gebührt Mariner 4 die Ehre, als erste Sonde den Mars auch zu erreichen – vier Jahre nach dem geplanten Vorbeiflug von „1M“. Da es über diese einen Webartikel gibt und auch einen Blogeintrag, erspare ich mir hier viele Worte.
Venus (12.2.1861 / 27.8.1962)
Erneut wollte die Sowjetunion auch bei der Venus die ersten sein. Sie nutzen das Startfenster im Februar 1961 zum Start von zwei Sonden, die auf dem Bus von 1M basierten. Auch die Instrumentierung ähnelte. Vieles hatte man von der erfolgreichen Luna 3 Mission übernommen, so das Kamerasystem und die Temperaturregelung. Ziel war ein Venusvorbeiflug in rund 100.000 km Distanz. Von den zwei Sonden ging eine am 4.2.1961 verloren, als die Oberstufe der Molnija nicht zündete und sie im Erdorbit verblieb. Die zweite, Venera 1 wurde erfolgreich am 12.2.1961 gestartet. Sehr bald geriet sie in Probleme, sie überhitzte und dies wurde mit steigender Annäherung an die Sonne schlimmer. Versuche den Stromverbrauch und damit die Wärmeabgabe zu reduzieren, brachten keine Lösung. Dazu kam ein Defekt in einem Zeitgeber, der den Funkempfänger und Sender nach einiger Zeit anschalten sollte. Die letzte Übertragung gab es fünf Tage nach dem Start in knapp 1,9 Millionen km Distanz von der Erde. Immerhin war dies ein Teilerfolg gegenüber den vier Monate vorher gestarteten Marssonden.
So war Mariner 2 die erste Sonde die ein Startfenster (584 Tage) später die Venus erreichte – allerdings mit viel Glück, denn auf dem Weg zur Venus häuften sich auch bei ihr Probleme, so verlor sie die Hälfte der elektrischen Leistung auf dem Weg zur Venus. Bei der Passage klappte allerdings alles. Wenige Tage nach der Passage fiel Mariner 2 dann endgültig aus. Bei der NASA witzelte man das die Abkürzung „JPL“ des NASA Centers das die Sonden baute für „Just plenty Luck“ standen und es gab Kritik auch weil die Ranger Sonden auf deren Design Mariner 1+2 basierten bei den ersten sechs Starts allesamt ausfielen. Die Sowjetunion gab aber nicht auf und entsandte bis 1985 noch 15 weitere Veneras und zwei Vega Sonden zu der Venus, die nach Venera 7 auch alle erfolgreich waren.
Jupiter (3.3.1972)
Ab jetzt gibt es keinen Wettlauf zwischen den beiden Supermächten mehr zu neuen Zielen. Bis in die Achtziger Jahre entsandte die Sowjetunion zwar weitere Raumsonden, aber ausschließlich zu Mond, Venus und Mars. Die erste Raumsonde zu Jupiter war Pioneer 10. Das Pioneer Programm lief neben dem Marinerprogramm. Die Pioneersonden waren alle drallkstabilisiert und hatten Instrumente für die Detektion von Teilchen, Strahlen und dem Vermessen von Magnetfeldern, aber keine Kameras oder Spektrometer wie die Mariner Raumsonden. Bisher vermaßen alle Pioneers den interplanetaren Raum zwischen Venus und Mars. Pioneer 10+11 sollten dasselbe tun, aber außerhalb der Marsumlaufbahn und zusätzlich Jupiter nahe passieren. Dafür gab es eigene Experimente, sogar eine primitive Kamera. Bei Jupiter fielen einige Experimente von Pioneer 10 durch den Strahlengürtel aus. Man wusste zwar, dass ein solcher um Jupiter existiert, da Elektronen, die vom Magnetfeld aus ihrer Bewegung abgelenkt werden, spezifische Emissionen im Radiobereich abgeben, die man mit Radioteleskopen entdeckte. Aber von der Stärke war man doch überrascht, sodass man die Bahn von Pioneer 11 abänderte: Sie passierte Jupiter zwar näher als Pioneer 10, aber durchstieß dabei nur die Äquatorebene, wo der Strahlengürtel am stärksten ist. Pioneer 10 übermittelte etwa 500 Aufnahmen des Jupiter und entdeckte zahlreiche Phänomene die dann die beiden Voyagers fünf Jahre später genauer untersuchen konnten.
Für die schon im Bau befindlichen Voyagersonden war dies die Rettung. Ihr Design stand schon fest, konnte also nicht mehr geändert werden, aber man konnte zusätzliche Maßnahmen für den Schutz vor hochenergetischen Teilchen durchführen, so wurden alle Leitungen, in denen sich Spannungen durch den Beschuss bildeten, mehrmals mit Aluminiumfolie aus dem örtlichen Supermarkt eingewickelt.
Pioneer 10 arbeitete noch lange nach dem Vorbeiflug. Die NASA kontaktierte sie routinemäßig bis zum 31.3.1997. Die elektrische Leistung der RTG lies zu dem Zeitpunkt nur noch den Betrieb von zwei Experimenten zu, sodass man sie danach nicht mehr regelmäßig kontaktierte um Geld zu sparen. Es wurden aber immer wieder Mittel und Wege unternommen sie auch später zu kontaktieren. Nach dem 10.2.2000 konnte Pioneer 10 keine Kommandos mehr empfangen. Dazu war die empfangene Leistung für den Bordempfänger zu gering. Damit war es nicht mehr möglich, die Hauptantenne auf die Erde auszurichten. Zwei Jahre später, am 27.4.2002 war das auf der Erde empfangene Signal so schwach, das man keine Daten mehr extrahieren konnte und am 22.1.2003 gelang der letzte Empfang eines Signals von Pioneer 10.
Saturn (5.4.1973)
Zu Saturn startete man erstaunlicherweise noch vor Merkur. Die Schwestersonde von Pioneer 10 hatte zuerst einen Kurs, der sie wie Pioneer 10 aus dem Sonnensystem herausbringen würde. Das gelungene Swing-By von Mariner 10 und die Ergebnisse über den Strahlengürtel von Pioneer 10 führten dazu, dass man umplante. Die neue Bahn führte wieder bis auf 557 Millionen km an die Sonne heran und zu Saturn am 1.9.1979. Saturn war nicht an der optimalen Stelle, sodass Pioneer 11 ein Jahr vor Voyager 1 ankam, aber viereinhalb Jahre vorher gestartet wurde.
Beim Durchstoßen der Ringebene, in einer als „Leer“ angesehenen Region knapp außerhalb des äußersten A-Rings stieß die Sonde fast mit dem bis dahin unbekannten Saturnmond Janus zusammen. Die Teilchenexperimente maßen einen Rückgang auf Null. Erst später entdeckte man den Mond auf einer Aufnahme, die 17 Stunden vorher gemacht wurde. Pioneer 11 musste den Mond um 2.500 km verpasst haben. Es wurden weitere Monde, sowie sehr dünne Ringe die visuell bei irdischen Beobachtungen nicht sichtbar waren, entdeckt. 220 Aufnahmen von Saturn und seinen Ringen wurden übermittelt.
Pioneer 11 arbeitete nicht so lange wie ihre Schwestersonde. Die Bahnänderung um zu Saturn zu kommen hatten mehr Treibstoff für die Lageregelung verbraucht als bei Pioneer 10. Am 31.3.1995 schaltete man die Sonde ab, weil der Treibstoff nahezu verbraucht war.