Intransparenz bei Omega-3 Präparaten

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Ich habe schon ein paar Mal über die Omega-3-Fettsäuren geschrieben. Diesmal möchte ich mich relativ kurz fassen und nur auf einen besonderen Aspekt eingehen, nämlich den Gehalt an Omega-3-Fettsäuren in käuflichen Präparaten. Aber zuerst ein paar Grundlagen. In der organischen Chemie gibt es ein Nomenklatursystem, um Chemikalien und Substanzen genau zu charakterisieren. Eine der fundamentalsten Regeln ist, dass man von dem Kohlenstoffatom mit der höchst oxidierten Gruppe ausgeht. Das ist im Falle von Fettsäuren das Kohlenstoffatom mit der Carboxylgruppe. Leider baut der Körper die Fettsäuren allerdings anders auf und baut Doppelbindungen bei den ungesättigten Fettsäuren von dem anderen Ende aus ein. Daher hat es sich eingebürgert, als zweites Nomenklatursystem eine Zählung vom Methylende aus einzuführen. Und diese wird im Omega-Nummerierung (Symbol: ω) genannt. Omega ist der letzte Buchstabe im griechischen Alphabet und dem einen oder anderen auch bekannt aus dem „Alpha und Omega“ aus der Bibel. Sprich dem Anfang und dem Ende.

Es gibt insgesamt drei Familien von ungesättigten Fettsäuren, also Fettsäuren mit Doppelbindungen. Nämlich die Omega-3, die Omega-6 und die Omega-9-Familie. Von Bedeutung ist, dass der menschliche Körper, aber auch alle Tiere keine Doppelbindungen vor dem sechsten Atom von der Methylgruppe aus gesehen einbauen können. Das heißt, sie können keine Omega-3-Fettsäuren synthetisieren. Dies können nur Pflanzen und Mikroorganismen, wobei die meisten Pflanzen nur wenige Omega-3 Fettsäuren bilden. Daher findet man Omega-3-Fettsäuren relativ selten in der Nahrung. Es gibt eigentlich nur eine einzige wesentliche Quelle, und das sind Meeresorganismen. In Fisch, aber auch anderen Meeresorganismen, wie Muscheln oder Krabben, stecken Omega-3-Fettsäuren, die durch Plankton aufgenommen wurden. Wahrscheinlicher Grund dafür ist, dass das Plankton vorwiegend im kalten Wasser vorkommt, in der Arktis. Durch die Bildung von Doppelbindungen, schon an der dritten Position, gibt es mehr Doppelbindungen pro Molekül. Und damit sind diese Fettsäuren sperriger und benötigen mehr Platz. Das bedeutet für das Fett, dass es einen höheren Schmelzpunkt hat. Und dies ist für die Organismen in arktischen Gewässern wichtig.

Wichtig ist auch, dass die Fettsäuren, das ist eigentlich selbstverständlich, sich nur im Fett befinden. Das heißt, wer ein Fischfilet oder Fischstäbchen isst, der nimmt keine Omega-3-Fettsäuren auf. Dafür muss er einen fettreichen Fisch, vorzugsweise aus einer arktischen Provenz, wie Seelachs oder auch Hering, zu sich nehmen. Soviel zu der grundlegenden Chemie und der Bildung von Omega-3-Fettsäuren.

Man kennt insgesamt elf Omega-3-Fettsäuren, davon kommen in der Nahrung aber nur drei in größerem Maße vor. Dies sind die Alpha-Linolensäure, abgekürzt ALA, die vor allem in Pflanzen vorkommt, die Eicosapentaensäure, abgekürzt EPA, die man in Fischen und Meerestieren findet, und die Docosahexaensäure, DHA, die man ebenfalls in Fischen und Meerestieren vorkommt. Fast alle pflanzlichen Nahrungsmittel enthalten kaum Omega-3-Fettsäuren, obwohl Pflanzen diese bilden können. Die einzige wesentliche Ausnahme ist das Leinöl, also das Öl der Leinsamen. Dies enthält relativ viel ALA.

Die nächst wichtige Quelle ist das Rapsöl, es enthält etwa 9,5 Gramm ALA pro 100 Milliliter, was relativ viel in pflanzlichen Ölen ist. Vor allem ist Rapsöl ein Gebrauchsöl, das relativ preiswert zu erhalten ist, während Leinöl eine geringe Haltbarkeit hat und relativ teuer ist. Genausoviel enthalten Walnüsse, aber die werden eher selten gegessen. Zu den ernährungsphysiologischen Eigenschaften von Omega-3-Fettsäuren möchte ich relativ wenig schreiben, da ich dieses Thema schon ausführlicher behandelt habe. Die wesentliche Funktion von Omega-3-Fettsäuren ist, dass sie Hormone bilden, die Entzündungen hemmen. Dabei sind nicht Entzündungen gemeint in Muskelfasern, sondern Blutgefäße bilden an ihrer Oberfläche gerne leicht Entzündungen aus, die zu einer Oberflächenrauhigkeit führen. Diese Oberflächenrauhigkeit erlaubt es wiederum, Lipidproteine wie dem LDL, das Cholesterin enthält, sich anzulagern und dadurch entstehen die „Plagues“, die wenn sie zu dick sind ,Arteriosklerose verursachen. Das heißt, Omega-3-Fettsäuren kommt eine wesentliche Bedeutung in der Prophylaxe von Arteriosklerose und Koronalkrankeiten zu. Daher ist mir erwünscht, dass man relativ viele Omega-3-Fettsäuren zu sich nimmt.

In Fischen kommen die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA) vor, die wirksamer bei der Vorbeugung von koronaren Herzkrankheiten als die Alpha-Linolensäure sind. Sie wirken direkt. Aus der ALA wird dagegen erst die EPA gebildet. Doch dies geschieht nur ineffektiv: Aus 1 g ALA wird weniger als 0,1 g EPA (der Wert ist geschlechtsspezi­fisch und kann bei Männern bei nur 0,05 g liegen) gebildet. Das bedeutet auch: Es ist nicht möglich, den Gehalt an Omega-3-Fettsäuren von Fischen und Pflanzen zu vergleichen. Die wichtigste Quelle für EPA und DHA ist fettreicher Seefisch aus kalten Gewässern. Er nimmt die Öle aus dem Plankton auf, das in arktischen Gewässern reich an diesen Fettsäuren ist. Sowohl Flussfische (Karpfen, Forellen) wie Warmwasser-Seefische (Scholle, Seelachs, Schellfisch) enthalten daher nur wenig ω-3-Fettsäuren.

Wenn man nun Vegetarier ist oder wie 10 Prozent der Bevölkerung keinen Fisch mag, dann nimmt man kaum Omega-3 Fettsäuren zu sich. Für die für Erwachsene empfohlene Dosis von 0,25 g EPA müsste man täglich rund 30 g Rapsöl oder Walnüsse zu sich nehmen. Dass letztere kann für strenge Vegetarier die beste Lösung sein. Die DGE empfiehlt die Zufuhr von 1 bis 1,5 g ALA, das ist normalerweise kein Problem. Die deutsche und amerikanische Herzgesellschaft empfehlen 0,3 g DHA/EPA bei Normalpersonen und 1 g DHA/EPA bei einem schon eingetretenen Herzinfarkt. Der letzte Wert ist eigentlich nur mit regelmäßigem Fett­fischkonsum oder Fischölkapseln zu erreichen. Die durchschnittliche Zufuhr an DHA/EPA liegt bei 0,2 g pro Tag bei Personen, die Fisch essen und nur 0,06 g bei Personen, die auf Fisch verzichten.

In letzter Zeit bin ich gesundheitsbewusster geworden und habe daher nach Omega-3 Präparaten gesucht. Da fiel mir auf das es in der Deklaration große Unterscheide gibt. Zuerst einmal für Vegetarier etwas Positives. Es gibt auch vegane Präparate, welche die beiden wichtigen Verbindungen DHA und EPA enthalten. Diese werden nicht aus Pflanzenölen, sondern Algenöl gewonnen das diese Fettsäuren enthält. Es scheint aber keinerlei Standards zu geben, wie viel EPA/DHA pro Kapsel enthalten ist und viele Präparate geben auch nicht den Gehalt an EPA/DHA an, sondern den an Fischöl pder Algenäl, das natürlich auch andere Fettsäuren enthält. Und dann ist die Kennzeichnung auch noch sehr intransparent gemacht. Dieses Präparat wirbt mit „1000mg Omega 3 Algenöl“. Man findet im Text keinen Hinweis auf die Menge an DHA und EPA, dazu muss man die Abbildungen mit einer Bildschirmlupe durchschauen, um herauszufinden das es in zwei (nicht einer!) Kapsel 300 mg DHA und 150 mg EPA sind. die 1.000 mg beziehen sich also auf zwei Kapseln, was die Menge halbiert und es sind nur 225 mg omega-3 pro Kapsel enthalten also gegenüber dem Werbeversprechen gerade mal 22,5 Prozent.

Selbst wo dies korrekt deklariert ist wie hier muss man auch aufpassen. Auch hier ist eine Portion zwei Tabletten, was dafür sorgt, dass die Packung doppelt so schnell leer ist. Bei diesem Präparat sind es sogar drei Kapseln, auf die sich die Menge bezieht und bei allen findet man diesen Hinweis auf die Portionsgröße nicht im Text, sondern muss mit der Bildschirmlupe die Abbildungen untersuchen. Intransparenter gehts kaum.

Das ist keine Ausnahme. es ist die Regel. Ich habe mir kürzlich Johanniskraut gegen meine Winterdepression gekauft, die in den letzten Jahren wieder schlimmer geworden ist. Auch hier: Angabe nicht pro Kapsel, sondern pro Portion, die immer mehrere Kapseln umfasst und was bei den Omega-3 Fettsäuren die Angabe von Rohöl ist, ist bei Johanniskrautextrakt wie stark der konzertiert ist: zwischen 1:8 und 1:14 ist alles vertreten. Auch interessant: tendenziell ist die vegane Variante (nicht nur bei Omega-3-Fettsäuren) deutlich teurer als die Kapseln die Fischöl verwenden, obwohl von der Gewinnung her es eigentlich genau umgekehrt sein sollte. Dazu kommen extreme Preisunterschiede: Für 25 bis 30 Euro kann man 400 Kapseln, aber auch nur 60 Kapseln bekommen. Das Stichwort „hochdosiert“ kann man sich übrigens sparen, weil alle Präparate das Öl enthalten, also da wird nicht EPA/DHA angereichert, würde auch bei der Oxydationsempfindlichkeit dieser Fettsäuren nicht funktionieren. Man kann sich mit einigen Faustregeln das Leben erleichtern: Fischöl enthält etwa 35 % Omega-3 Fettsäuren, bei Algenöl ist der Prozentsatz höher und liegt bei 50 bis 60 %. Auch die Überdosierungen – eine Tablette pro Tag reicht bei der Empfehlung von 250 mg EPA/DHA/Tag meist aus, empfohlen werden aber 2-3 Tabletten – stoßen mir übel auf.

Das intransparenteste Präparat ist dieses. Versprochen wird „Mit wertvollen Omega-3-Fettsäuren aus 1075 mg Algenöl und Leinöl bei 2 Kapseln täglich“. Doch so sicher scheint das nicht zu sein, denn weiter unten steht: „enthält bei 2 Kapseln täglich 502 mg wertvolle Omega-3-Fettsäuren. Davon 60 mg DHA und 30 mg EPA aus natürlichem Öl der Mikroalge, sowie 412 mg Alpha-Linolensäure aus Leinöl. Also wieder wird mit 1.075 mg Gesamtöl geworben, enthalten sind aber nur 502 mg Omega-3-Fettsäuren und von denen sind nur 90 mg DHA/EPA. Die 412 mg ALA aus Leinöl entsprechen nach Umwandlung im Körper 41 mg DHA/EPA. Anstatt 1.075 mg sind also nur 101 mg EPA/DHA enthalten und das auch nicht in einer, sondern zwei Kapseln. Immerhin muss man bei diesem Präparat eines namhaften Herstellers wenigstens die Angabe nicht in Abbildungen suchen.

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