Glutamat

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Mononatriumglutamat, meist abgekürzt als MNG oder MSG (vom englischen Monosodiumglutamat) hat bei mir Einzug in die Küche gehalten und da dachte ich mir, schreib ich doch mal für Laien etwas darüber. Denn Glutamat hat einen schlechten Ruf. Das habe ich schon in meinem Studium mitbekommen, damals meinten Ernährungsmediziner es wäre schuld am „China-Restaurant-Syndrom“. Mal ein Tipp: immer wenn bei einer Krankheit so eine komische Bezeichnung vorkommt, also nicht eine medizinische wie „Karpaltunnelsyndrom“ und auch nicht der Name eines Mediziners, der die Krankheit entdeckt hat, wie „Morbus Crohn“, dann sollte man als Laie ganz vorsichtig sein und nicht alles glauben, was einem die Mediziner erzählen. Von Biochemie haben die nämlich größtenteils nur rudimentäre Kenntnisse.

Ein populärer Ernährungsirrtum

Den schlechten Ruf hat Glutamat durch eine Person, der Kinderarzt – also nicht einmal vertraut mit Biochemie – Robert Ho Man Kwok wurde nach dem Besuch eines China Restaurants schlecht und er suchte nach der Ursache. Einiges, wie zu viel Alkohol konnte er bald aussortieren und er stieß dann auf Glutamat und als er weitere Personen interviewte, stieß er darauf das er nicht der einzige war. Die Methode Leute zu fragen, ob ihnen mal nach einem Restaurantbesuch schlecht wurde, ist natürlich Wissenschaft pur. Vor allem, wenn man sich nur auf eine Restaurantart konzentriert, denn sonst würde er bald auch gemerkt haben, das es bei dieser Technik der Befragung auch ein „Deutsche Kneipe Syndrom“ und ein „Dönerstand Syndrom“ gibt. Jedem ist mal nach einem Besuch schlecht geworden. Vor allem wenn man zu viel gegessen oder zu viel getrunken hat.

Beschrieben wurden dann verschiedene Symptome, die man heute als pseudoliterarische Reaktionen charakterisieren würde wie Herzrasen, Brennen im Hals, Atemnot, Hitzegefühl. Und es wurde Glutamat als Ursache ausgemacht. Warum? Glutamat ist das Salz der Aminosäure Glutaminsäure, einer nicht-essenziellen Aminosäure. Der Anteil in Strukturproteinen des menschlichen Körpers beträgt 5 bis 10 Prozent. Im Blutplasma und Gehirn ist der Anteil noch höher. Ebenso ist Glutaminsäure nicht selten in der Nahrung. Tierische Nahrungsmittel enthalten 15 bis 20 Prozent Glutaminsäure, pflanzliche bis zu 40 Prozent. Also da sollte man schon nachdenklich werden. Wenn etwas Bestandteil des menschlichen Körpers ist und ubiquitär in der Nahrung vorkommt, dann sollte man vorsichtig sein, das für etwas verantwortlich zu machen. Wird aber trotzdem gerne gemacht. Entsprechendes könnte ich über Cholesterin, Salz ode Zucker schreiben.

Die Argumentation war damals diese: Glutaminsäure in Proteinen, also chemisch gebunden, ist harmlos, nicht dagegen die freie Aminosäure und ihre Salze eben die Glutamate. Diese freie Aminosäure und die Salze kommt in bestimmten Nahrungsmitteln in durchaus höheren Konzentrationen vor so in Tomatenpüree oder Parmesankäse. Dort kommt meist nicht die Aminosäure vor, sondern ihre Salze, da man Lebensmittel mit Kochsalz salzt, also Natriumchlorid, meist das Natriumsalz also Mononariumglutamat. Das Kochsalz tauscht das Anion (Chlorid) aus. Damals kannte man auch nicht die biochemischen Kreisläufe, also das die Eiweiße aufgespalten und aufgenommen werden. Spätestens wenn die Nahrung im Blut ankommt, es keinen Unterschied mehr zwischen freier und chemisch gebundener Aminosäure mehr, denn dann ist dass Protein in einzelne Aminosäure aufgespalten.

Asiatische Nahrung kam in den Fokus, weil in der asiatischen Küche schon früh (um 1500) erkannt wurde, das Mononatriumglutamat eine tolle Eigenschaft hat. Es verstärkt bestimmte Aromen und hat als Reinsubstanz auch einen eigenen Geschmackseindruck auf der Zunge. Im Westen kam diese Erkenntnis so spät an, dass diese fünfte Geschmacksrichtung keinen deutschen Begriff bekam wie bei den vier altbekannten (sauer, süß, salzig, bitter), sondern die japanische Bezeichnung „unami“ übernommen wurde. Bestimmte Pflanzen wie Rottang, der dort häufig verwendet wird, enthalten bis zu 40 Prozent Glutaminsäure, viele Lebensmittel auch in freier Form. Wenn nicht, so kann man Glutamat erzeugen, indem man wie dies in Würzsoßen immer geschah, die pflanzliche Substanz fermentiert. Glutamat ist daher ein wichtiger Geschmacksverstärker in der asiatischen Küche und bekam so seinen schlechten Ruf weg.

Die Korrektur

Das war Anfang des letzten Jahrhunderts. Richtige Studien, die auch abgesicherte Ergebnisse liefern machte man damals nicht und wie immer, wenn was lange Zeit als „gesichert“ gilt, holte man das auch später lange Zeit nicht nach. Erst als die biochemischen Zusammenhänge erforscht wurden, setzte ein Umdenkprozess ein und es gab Studien, die natürlich ergaben, was man erwarten konnte: Glutamat ist in den in der Nahrung vorhandenen Mengen harmlos. Das ist seit Jahrzehnten gesicherter Stand der Wissenschaft, aber der Ernährungsirrtum ist nicht ausrottenbar. Das China-Restaurant Syndrom hielt sich als Krankheitsbild: als ich Anfang der Neunziger Lebensmittelchemie studierte, machte man biogene Amine, die auch bei der Fermentation entstehen, dafür verantwortlich. Deren Bedeutung bei allergischen Reaktionen war ja bekannt. Heute gilt Mononatriumglutamat in den Mengen, die man bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln einsetzt, als unbedenklich, zumal wenn man zuviel davon einsetzt, es an der geschmacksverstärkenden Wirkung verliert.

Geschmacksverstärker

Den schlechten Ruf hat Mononatriumglutamat auch durch seine Rolle als Geschmacksverstärker. Zusatzstoffe sind ja allgemein in der Kritik. Die meisten Verbraucher sehen das als etwas was nicht in Lebensmittel hineingehört, auch wenn einige Zusatzstoffe auch von Laien eingesetzt werden, wie Backpulver oder Vanillinzucker. Sie heißen da eben nur anders. Bei Geschmacksverstärkern spielt immer die Vorstellung mit, dass man an den Zutaten, die den Geschmack prägen spart und den Restgeschmack dann eben „verstärkt“. Das ist auch so, so ist der Anteil an dem teuren Rindfleischextrakt in Suppen und Soßen über die Jahrzehnte immer geringer geworden. Anstatt Mononatriumglutamat setzen dann Hersteller Lebensmittelextrakte mit derselben Wirkung ein, wie zum Beispiel Hefeextrakt der neben Glutamat auch die ähnlich wirkenden Abbauprodukte (Nukleotide) von DNA und RNA enthält.

An und für sich sind aber geschmacksverstärkende Substanzen in der Küche gang und gäbe. Salz hebt in kleinen Mengen den Süßgeschmack an, so findet man bei vielen Rezepten als Zutat dann „eine Prise Salz“. Süßende Substanzen (das können auch Süßstoffe sein) mildern die Säure von Essig an, drängen den penetranten Essigsäuregeruch zurück und heben den Zitronengeschmack von Zitronen oder Limonensaft an. Nitrit hebt nicht nur den Fleischgeschmack an, sondern reagiert auch mit dem Fleisch zum Pökelaroma. All dies sind traditionelle Zutaten in der Küche oder im Fleischerhandwerk.

Daher findet man heute sogar weniger Glutamat in den Lebensmitteln, weil man einen Hefeextrakt als Zutat deklarieren kann und nicht als Zusatzstoff.

Setzt Glutamat ein!

Ich nutze seit etwa drei Monaten Glutamat, immer dann, wenn ich Suppen oder Soßen mache. Ich kam darauf als ich in einer Dokumentation eine Verbraucherschützerin sah, die sich für mehr Glutamat in verarbeiteten Lebensmitteln aussprach, und zwar um den viel zu hohen Salzgehalt von Fertigsuppen und -soßen zu reduzieren. Gekörnte Brühe besteht zu etwa der Hälfte nur aus Salz. Ich schaute bei Amazon nach und siehe da – pro 100 g war Glutamat billiger als gekörnte Brühe vom Discounter im Glas. Etwa 7 Euro pro Kilo kostet Glutamat. 1 Döschen gekörnte Brühe hat nur 140 g Inhalt und kostet 1,49 Euro also etwa 10,65 € pro Kilogramm. Seitdem kommt bei mir in die Suppe nur Mononatriumglutamat und Salz. Ich verwende dieses Produkt. Das gibt es auch in 250 g Beuteln und ist trotzdem nicht teurer pro Kilogramm als eine größere Packung. Das erlaubt es auch den Salzgehalt genauer einzustellen. Die blassere Farbe kann man durch kleine Mengen an Tomatenmark anheben, aber vorsichtig, sonst schlägt das leicht ins rötliche über. Tomatenmark enthält übrigens auch Mononatriumglutamat und kann so als natürlicher Geschmacksverstärker genutzt werden.

5 thoughts on “Glutamat

  1. Gut zu wissen. In der tat ist in der asiatischen Kueche doch sehr gang und gebe, wir setzen tatsaechlich viel in der taeglichen Kueche ein.
    Manchen schmeckt es aber auch nicht, meiner Mutter mag so garnichts schmecken, wenn sie hier zu Besuch ist.

    Wenn du mal Nachschub brauchst, ich sitz hier ja direkt an der Quelle 😉

      1. War auch eher ein Scherz. Fand es aber sehr lustig, das es ausgerechnet Thailaendisches Glutamat ist (meine Wahlheimat) und wir das halt auch benutzen.
        Guten Apettit

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