Heute vor Fünfzig Jahren: Die Erforschung der Planeten mit Raumsonden beginnt

Heute vor genau fünfzig Jahren flog mit Mariner 2 die erste Raumsonde erfolgreich an einem Planeten vorbei. Sie läutete sozusagen die Erforschung der Planeten mit Raumsonden ein. Zeit zum Jubiläum das Projekt nochmals Revue passieren zu lassen.

Mariner 1+2 waren nicht die ersten Raumsonden. Schon 1960 starteten die Russen zwei Marssonden, die jedoch nicht mal einen Erdorbit erreichten. Es folgten im Februar 1961 Venera 1 und Sputnik 7, die Schwestersonde, die im Erdorbit strandete.

Ursprünglich hatten die USA einen längerfristigen Plan für die Erforschung von Erde und Mars. Die ersten beiden Sonden „Mariner A+B“ sollten 1962 und 1964 gestartet werden – auf der Atlas Centaur Nummer 7 und 8. Nur zeigte sich 1961, dass dies illusorisch war. 1962 wäre die Atlas Centaur nie und nimmer flugqualifiziert (ihr Erstflug ist datiert auf den 27.11.1963, die Exemplare Nr. 7 und 8 starteten erst am 8.4 und 20.9.1966). Mariner A+B waren 1250 Pfund (567 kg) schwer. Sie waren damit zu schwer für jede verfügbare Trägerrakete der USA.

Der Start von Venera 1 veränderte die Situation. Venera 1 fiel zwar auf dem Weg zur Venus aus, doch war es den Sowjets als ersten gelungen eine Sonde zur Venus zu schicken und bestimmt würden sie beim nächsten Startfenster in 17 Monaten einen neuen Versuch unternehmen. Am 27.8.1961 schrieb das JPL an das NASA Hauptquartier einen Brief, indem es vorschlug beim nächsten Starfenster vom Juli bis September 1962 eine einfache Sonde, genannt „Mariner R“ auf den weg zu bringen. Um sie mit der Atlas D Agena B zu starten, musste die Raumsonde erheblich leichter als Marinier A sein. Um dies zu erreichen und sie überhaupt in weniger als 11 Monaten starten zu können, wurde auf die schon entwickelten Ranger Block I Mondsonden zurückgegriffen und diese abgespeckt soweit es nur ging. Wo es ging, übernahm man Teile der Marinier A, Sonde, so deren Elektronik Trotzdem würde man nur 25 kg Instrumente mitführen können und man könnte nur einen Start garantieren (zwei wenn man das Startgewicht weiter reduzieren könnte, da dann das Startfenster länger war).

Später zeigte sich, dass die Atlas Agena B die Raumsonden ohne Probleme zur Venus senden konnte und es für die 460 Pfund schweren Sonden ein Startfenster von 56 Tagen zwischen dem 18.7. und 12.9.1962 gab, genügend Zeit um zwei Sonden zu starten. Was heute unmöglich wäre – man bracht es fertig die beiden Sonden innerhalb von 11 Monaten zu bauen und dabei auch das gesamte Genehmigungsverfahren zu durchlaufen (das alleine dauert heute Jahre). Am 15.1.1962 gab es einen „Freeze Change“ – die letzten 6 Monate brauchte man um die Raumsonde zu bauen. Was die Raumsonde aufgrund der Gewichtsbeschränkungen allerdings nicht hatte war Redundanz. Auch das wäre heute keine Option mehr. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Defekt die Raumsonde lahmlegen konnte war enorm groß.

Als Mariner R-1 und 2 starteten (später wurde auch noch aus den Ersatzteilen eine Mariner R-3 gebaut, aber, die aber nie startete) wog sie wirklich nur noch 448,7 Pfund und transportierte mit 49,5 kg sogar mehr Instrumente als geplant (die 25 Pfund wurden später auf 40 angehoben). Es wurde viel improvisiert. So brauchte man als man mehr Strom benötigte, ein verlängertes Solarpanel. Man brachte auf einer Seite Solarzellen an, auf der anderen aber nur um Gewicht zu sparen eine Verlängerung aus einer Dacronfolie um die gleiche Fläche zu erhalten und damit die Symmetrie.

Am 25.7.1962 startete Mariner 1, doch schon nach 290 s war der Flug vorbei, als die Atlas wegen einer Kursabweichung gesprengt wurde. Mit verstärkten Sicherheitsüberprüfungen startete dann die Schwestersonde Mariner 2 am 4.8.1962. Der Zielpunkt für die Sonde war ein Punkt 12.412 km über der Oberfläche der Venus, um eine Kollision der nicht sterilisierten Sonden zu vermeiden. Nachdem man Mariner 2 einige Wochen lang verfolgt hatte konnte man durch die Auswertung der Funksignale die reale Bahn rekonstruieren und stellte fest, das Mariner 2 nur bis auf 347.000 km an die Venus herankommen würde. Das war kein Beinbruch, denn die Sonde war ausgelegt worden ihre Bahn zu verändern. Mit dem damaligen Stand der Technik wäre es unmöglich gewesen die Sonde gleich von Anfang an bis auf 12000 km an die Venus heranzuführen. Am 4.9.1962 begann das Mittkursmanöver. Mariner 2 zündete ihre Triebwerke und die neue Bahn führte nun bis auf 33,800 km an die Venus heran. Danach begann Stickstoff zu entweichen und wenn man ein neues Kurskorrekturmanöver ansetzen wollte, müsste man rasch handeln. Die Wissenschaftler wollten eine nähere Annäherung, manche bis auf 16000 km um mehr Zeit für die Messungen zu haben und sie in geringerem Abstand durchführen zu können. Doch die Missionsleistung wollte nichts mehr riskieren.

In der Folge gab es immer mehr Probleme. Zuerst verlor die Sonde ihre Orientierung, konnte sich aber selbst stabilisieren, dann fiel eines der beiden Solarpaneele aus, da die Sonde nun aber näher an der Sonde war, konnte dies aufgefangen werden. Wiederholt gab es Probleme mit der Elektronik, Telemetriekanäle fielen aus und schließlich zwei Tage vor der Begegnung auch der Sequenzer, der die Experimente steuern sollte, während sie die Venus untersuchen sollten. Während Teilchenexperimente auf dem ganzen Weg aktiv war, waren die beiden Experimente die die Venusoberfläche direkt untersuchen sollte nur über 45 Minuten rund um den nächsten Punkt aktiv und mussten nun von der Erde aus „blind“ kommandiert werden. Eine Möglichkeit Daten zwischenzuspeichern hatte Mariner 2 nichts.

Die Sonde passierte die Venus, ein Magnetfeld wurde nicht festgestellt, eine Wolken-Schicht konnte mit dem Infrarotradiometer festgestellt werden, und die Oberflächentemperatur wurde aufgrund der Messdaten des Mikrowellenradiometers auf 425°C geschätzt. Dieser Wert war jedoch ungenau, denn das Radiometer hatte bei drei Messungen 400, 470 und 560°C ermittelt, wobei der niedrigste Wert auf der Tagseite gemessen wurde. Da von den Ausfallen auch dieses Instrument betroffen war (es erhitzte sich bis auf 58°C, weit über die vorgesehenen 35°C hinaus und nahe an den 65°C wo die maximale Betriebstemperatur lag) waren die Messdaten stark fehlerbehaftet. Die Russen glaubten nicht an diesen Wert, was sich an der Auslegung ihrer Landesonden zeigte die schwimmfähig waren, falls sie im Venus-Ozean landen sollten.

Drei Wochen nach der Passage, in 9 Millionen km Entfernung, von der Venus verstummte Mariner 2 für immer. Bei der NASA witzelte man, dass „JPL“ für „Just Plenty of Luck“ stehen würde, denn man hatte wirklich enorm viel Glück gehabt. Es gab zahlreiche Ausfälle die meist nicht auffangbar waren, weil es keine Redundanz gab, doch die Experimente hatten funktioniert. Und auch die Raumsonde hatte gerade eben ihre „vorgesehene“ Lebensdauer erreicht: Geplant war ein Betrieb über mindestens 2500 Stunden, nach 3100 Stunden fiel sie aus.

Das JPL hatte damals nicht den tadellosen Ruf, den es heute hat, sondern musste viel Kritik hinnehmen, weil die Ranger Block I Geräte reihenweise ausfielen. Man warf ihm vor, die Geräte nicht ausführlich zu testen und an Raumsonden heranzugehen wie an Düsentriebwerke – man testet eines und wenn es Probleme gibt stellt man sie ab und testet ein neues. Bei rund 28 Millionen Dollar pro Start ein teures Versuch und Irrtum Spiel. Es lernte daraus, konstruierte nicht nur Ranger um sondern auch die Mariner 3+4 Missionen die für 1964 zum Mars vorgesehen waren.

Die Mariner 1+2 Mission kostete rund 48 Millionen Dollar. Davon 28 Millionen für die beiden Raumsonden, 17 Millionen für die Trägerraketen. Heute wären das 365 Millionen Dollar für zwei Raumsonden – relativ preiswert. Mehr über die Mission auf meiner eigenen Seite. Ich habe euch auch noch zwei Videos zu empfehlen: Dieses hier ist über die Mission von Mariner 2. Und da fand ich bei den verknüpften Links noch dieses. Es behandelt die erste erfolgreiche Bergung der Kapsel des „wissenschaftlichen“ Satelliten Discoverer 13. Diese Kapsel wurde sogar dem Präsident Eisenhower präsentiert und das kam in den Nachrichten. So viel Chuzpe muss man erst mal haben: Aufgabe der „Discoverer“ Satelliten wie sie offiziell hießen waren nicht „wissenschaftlicher“ Natur, sondern sie sollten die Sowjetunion mit hochauflösendem Film ablichten (warum sonst sollte man Kapseln aus dem Weltraum bergen). Dem dümmsten wurde dies beim nächsten Film über Discoverer 14 klar, als die Wochenschau berichtete dass man die Kapsel im Flug auffing. Warum sollte man dies wohl machen?

Ach ja auch ein Modell der Mariner 2 Sonde wurde an Kennedy übergeben. Da sieht man wie lange das her ist…..

 

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