Die Schweizer und „Bitte nicht übertreten“

Die Volksabstimmung in der Schweiz hat wieder die Emotionen hochgekocht bis hin zur EU-Kommission. Zeit das hier aufzugreifen. Das besondere daran ist, dass die Entscheidung von einer Mehrheit des Volkes getroffen wurde, aber selbst in der Schweiz die meisten Politiker gegen die Begrenzung der Zuwanderung sind. Bei uns sind es noch mehr, wenn man mal von der CSU absieht, bei der man sich manchmal fragt warum sie ein „Christlich“ und „Sozial“ im Parteinamen hat. unisono heißt es, wir brauchen Zuwanderung, Fachkräfte aber auch Pflegekräfte und bei der Schweiz wäre das auch so.

Ja die Politiker, sie sagen uns was alles gut für uns ist. Das wir eine Währungsunion haben und nun Kredite für Spanien, Griechenland und andere PIGS zahlen müssen sei gut, die EU die man vor allem durch Regelungen die bürokratisch, kleinkrämerisch oder die Leute einschränkend sind, sei auch gut. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht warum man die Glühbirne verbieten muss und nicht jedem es selbst überlassen kann welche Leuchtmittel er verwendet. Ich verstehe auch nicht warum man die Wasserversorgung privatisieren muss, wo man bei den Stromnetzen ja schon sieht was passiert, wenn die privatisiert sind und ich ich verstehe nicht warum ein Bundeland wie Mecklenburg-Vorpommern ohne eine Seilbahn eine EU-Seilbahnverordnung durchsetzen muss, oder strafe zahlen soll.

Ich bin überzeugt, wenn man bei uns über viele Dinge abstimmen ließe, von denen es unisono von (fast) jeder Partei hört, sie wären gut man ein anderes Stimmungsbild bekommen würde als erwartet. Das liegt auch an den Politikern, die eine hervorragende Glaubwürdigkeit haben, weil sie z.B. erst behaupten wir könnten nicht aus der Atomenergie aussteigen und dann alle Atomkraftwerke innerhalb von tagen vom Netz nehmen. Oder weil sie so gerne von den „amerikanischen Freunden“ reden und nicht mal wenn die Bundeskanzlerin bespitzelt wird, Konsequenzen durchsetzen können.

Tatsache ist: erst wenn nicht mehr selbstverständlich ist das was passiert, also die Kanzlerin bestimmt, das Jasager Kabinett stimmt zu und die beiden gleichgeschalteten Partien stimmen dann für das Gesetz ab, sondern man den mühsamen Weg gehen muss die Leute zu Überzeugen. Das meine ich hat einen sehr wohltuenden Effekt. Man muss Überzeugungsarbeit leisten anstatt Parolen zu schwadronieren und fängt an nachzudenken ob vielleicht der Weg der richtige ist. Das scheint nun auch die EU zu begriffen. Nachdem nicht nur in Deutschland Parteien wie die AFL Zulauf haben, überlegt man ob es wirklich die Aufgabe der EU ist Büroklammern zu normieren oder andere überflüssige Verordnungen zu erlassen und will diese reduzieren. Das etwas unsinnig oder überflüssig ist, erkennt man also nicht aus Vernunftsgründen, sondern nur wenn Druck vorhanden ist und das ist leider immer so.

Zurück zu den Schweizern: Die Aufregung ist im Prinzip ein Sturm im Wasserglas. Die Beschränkung wird in der Praxis ja nicht bedeuten, dass keiner mehr in die Schweiz kommt, sondern man eben nur die reinlässt die man braucht. Für EU-Bürger, die dort arbeiten wollen und für die die Schweiz Bedarf hat, wird es sicher keine Einschränkungen geben und für die Steuerflüchtlinge, die dem schon in EU Staaten verfolgtem Geld in die Schweiz folgen müssen wohl auch nicht.

Ein komplett anderes Thema. Unsere Gemeinde hat beschlossen in zwei Stadtteilen, darunter auch dem, in dem ich wohne, Radfahrerschutzstreifen einzuführen. Mir sagte der Begriff „Radfahrerschutzstreifen“ nichts, also schaute ich erst mal auf den Infokasten. Demnach dürfen auf dem Radfahrerschutzstreifen Autos fahren, anhalten nur nicht parken. Der Nutzen ist für mich nicht ersichtlich. Die Strecke geht von der Stadtgrenze bis zu Stadtmitte. Ein Teildavon geht durch die „Einkaufspassage“, da kommen durch Parkplätze und stehende Lieferwagen sowieso die Autos gerade so aneinander vorbei. Dort fährt keiner schnell. Das ist anders auf dem anderen Teil der Strecke, aber auch dort ist Parken verboten. Kurzum: Das Parkverbot als einzige Einschränkung des Streifens zieht nicht. Ansonsten ist es so wie ich das sehe nur ein Strich auf der Fahrbahn den man überfahren kann oder auf dem man halten darf. Was das bringen soll ist mir schleierhaft, aber wahrscheinlich denken unsere Gemeinderäte so wie Joe in diesem Video:

http://www.youtube.com/watch?v=i5I1-g2FRCI

(Bitte Anschauen, lohnt sich und ist nur 102 Sekunden lang!)

Das ist recht typisch für die Situation hier. Als Radfahrer zählst Du in Ostfildern nichts. Es gibt keine Radwege zwischen den Stadtteilen. Es gibt maximal kombinierte Fuß-/Radwege die dann meistens zu schmal sind. Dazu kommt das Problem, das Fußgänger selten sich an die Rechtsverkehrregel halten und viele gehen spazieren, in Gruppen oder mit Kindern oder führen Hunde aus. Die zweite Alternative sind landwirtschaftlich genutzte Feldwege, die breiter sind. Deren Zustand ist schlecht, sie haben jede Menge Huppel und Löcher, dazu sind sie häufig verdreckt wenn Landwirte mit den Maschinen drüber fahren und die Erde aus den Pflügen runterfällt/drüber gewendet wird oder es liegt Stroh drauf. Seit 2009 fahre ich mit dem Fahrrad regelmäßig in den Nachbarstadtteil, weil das Hallenbad bei uns zumachen musste. Seitdem habe ich alle sechs bis sieben Monate einen Platten, nach vier Jahren ist dieses Intervall statistisch abgesichert. Ich bin früher eine viel größere jährliche Strecke gefahren um zur Uni zu kommen, aber über normale Straßen und da hatte ich in 8 Jahren nur einen Platten.

Aber die Sanierung der Feldwege oder gar Fahrradwege kostet ja was. Der Strich der auf die Fahrbahn gezogen wird ist dagegen billig. also wenn schon Radfahrerschutzstreifen, warum dann nicht auf den normalen Straßen zwischen den Stadtteilen, als Ersatz für die fehlenden Fahrradwege. Aber das wären dann eine viel größere Strecke, die man auspinseln müsste und schon das ist der Stadt ja zu teuer. Dafür haben wir für 645.000 Euro seit ein paar Monaten den wohl weltkleinsten Kreiselverkehr….

6 thoughts on “Die Schweizer und „Bitte nicht übertreten“

  1. Hallo,

    Ich arbeite etwa 30 Tage im Jahr in der Schweiz, an einem Standort in Grenznähe. Der Anteild der Deutschen in unserem Standort ist auf weit über 50% gesteigen. Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz sind extrem hoch.
    Wer in Deutschland 80.ooo €/Jahr verdient und sich ein Haus, Fernreisen u ein Oberklasseauto Leisten kann, benötigt in der Schweiz etwa 150.ooo€ bzw 180 CHF. Das Proplem ist, das viele Deutsche für 120.000€/Jahr in die Schweiz wechseln und dort einige Jahre bleiben. Aus schweizer sicht ist das Lohndumping.
    Würde man die Abstimmung in Deutschland machen, kähme etwas ähnliches heraus.

    Es heist es gibt zu wenig Ingenieure, ein Ingenieursstudium ist aber anspruchsvoller als z.B. BWL und das Durchfallrisiko ist hier auch höher. Nach dem Studium kommt der BWLer aber wesentlich schneller an hohe gehälter als der Ingenieur. Die Folge ist doch das weniger Deiutsche den Weg zum Ingenieur eischlagen. Anstelle dem mit höheren Gehältern für Ingenieure gegenzusteuern, versucht man Inder, Chinesen u. Osteuropäer anzuwerben, und das mit erfolg.

    Vor dem Mittel des Volksentscheids haben deutsche Politiker Angst, weil es ihnen einen großen teil ihrer MAcht nimmt.

  2. Ich kann die Schweizer verstehen, es gibt ja schon 23% Ausländer in der Schweiz wobei dies ja nur die dort legenden sind. Das Land ist so klein, das ich mir denke das viele die ihren Arbeitsplatz in der Schweiz haben und nicht weit von der Grenze wohnen (und die Schweiz ist mit Frankreich, Italien, Österreich und Deutschland ja „umzingelt“ dann lieber jeden Tag die Grenze passieren, vor allem wenn die Lebenshaltungskosten so hoch sind.

  3. Also erstmal ich komme aus der Schweiz.

    Als erstes sind auch nur per zufall mehr als 50% (50,3%) dafür. Eindeutig ist anders.
    Des weiteren haben gerade Kantone mit vielen Ausländern (bis auf zwei ausnahmen) dagegen gestimmt. Die direkt betroffenen scheinen das also nicht so wahrzunehmen.

    Ja wir haben viele Ausländer, wir brauchen sie aber auch. Und es wären weniger wenn wir nicht so höhe Hürden bei der Einbürgerung hätten.

    Die direkte Demokratie hat sicher ihre Vorteile. Ich möchte da kein anderes System. Nur leider stimmt es nicht das so keine Parolen mehr geschwungen werden. Populismus kommt bei uns genauso vor.
    Der grösste Vorteil ist dann auch auf eher regionaler Ebene. Bauprojekte z.B. müssen die Bevölkerung überzeugen weil es sonst kein Geld gibt.
    Ausserdem werden auf nationaler Ebene die Dinge beeinflusst bevor es zur Abstimmung kommt von Verbänden und Vereinen.

    zum Populismus weise ich mal auf die Anti-Minarett-Initiative (die Schweiz hat nun tatsächlich eine marginale Bauverordnung in der Bundesverfassung verankert). Zum anderen die Völkerrechtlich schwierige Ausschafungsinitiative.

  4. „Dafür haben wir für 645.000 Euro seit ein paar Monaten den wohl weltkleinsten Kreiselverkehr“

    Von wegen…

    Hier in der Gegend (um Köln herum) gibt es einige Kreuzungen in Altstadt- Gassen, da wurde tatsächlich ein kleiner Kreis in die Mitte der Kreuzung gemalt (der Durchmesser des Kreises ist kleiner als eine PKW-Länge) und Kreisverkehr- Schilder aufgestellt. Meines Wissens nach gibt es keine normalen PKW mit so kleinem Wendekreis, LKW’s kommen sowieso kaum durch diese Gassen.
    In der Realität bedeutet es nix anderes als ‚wer zuerst in der Kreuzung ist, der hat auch Vorfahrt‘.

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