Der Kurs von Blue Origin

Als ich den Vorschlag für Blue Origin ausarbeitete, habe ich natürlich mich auch bisschen mit der Firma befasst – um ehrlich zu sein, mehr als ein bisschen kann man auch kaum über die Firma herausbringen.

Das eine ist die Triebwerksentwicklung. Bisher hat Blue Origin folgende Triebwerke entwickelt:

  • BE-1: ein Wasserstoffperoxidtreibwerk (katalytische Zersetzung von Wasserstoffperoxid) mit 2200 Pfund (rund 10 kN) Schub. Kein Einsatz
  • BE-2: Ein Zweikomponentensystem aus Kerosin und Wasserstoffperoxid mit 31.000 Pfund (138 kN Schub). Ebenfalls kein Einsatz
  • BE-3: Ein kryogenes System aus LOX/LH2 mit 110.000 Pfund (rund 490 kN) Schub. Einsatz auf der New Shepard
  • BE-4: Ein LOX/LNG System im Hauptstromverfahren mit 550.000 Pfund (2400 kN) Schub. Einsatz auf der Vulcan und New Glenn.

Die Entwicklung ist also inkrementell. Der Schub steigt an und auch der technologische Anspruch. Über die ersten beiden Triebwerke BE-1 und BE-2 weiß man fast nichts. Das BE-3 nutzt einen Abzweigzyklus, den man auch woanders untersucht hat, den man bisher aber noch nirgends in einem eingesetzten Raketentriebwerk findet. Dabei wird ein Teil des Gases aus der Brennkammer abgezweigt und treibt die Turbopumpen an. Der combustion tap-off cycle oder chamber bleed cycle wurde schon bei der J-2S eingesetzt und hier gibt es auch ein paar Informationen. Beim J-2S wurde das Gas in dem oberen Bereich der Düse angezweigt. Das grundlegende Problem dieses Zyklus ist es, das das Gas nicht zu heiß sein darf. Zu weit oben sollte man es also nicht abzweigen, denn sonst schmelzen die Pumpen durch. Typische Temperaturen für Antriebsgas sind unter 500°C. Wenn man in der Düse abzweigt, hat man niedrigere Temperaturen, aber auch einen niedrigeren Druck und der darf einen Mindestdruck nicht unterschreiten, sonst hat man nicht den Massestrom, den man für den Antrieb braucht. Alternativ könnte man das Gas direkt aus der Brennkammer abzweigen und dann kühlen, so mit Treibstoff, bevor er eingespritzt wird.

Das J-2S und BE-3 haben gemein, dass man den Schub bei beiden Triebwerken sehr stark senken kann auf 20% des Normalschubs. Das ist aber auch beim RL-10 möglich, muss also nicht unbedingt am Triebwerkszyklus liegen. Allerdings nutzt man das beim BE-3 bei der Landung aus und das heißt, dass das Triebwerk dann immer noch einen Expansionsdruck haben muss, der ausreicht, dass es nicht an der Düsenendung zu turbulenten Störungen kommt. Das lässt auf einen hohen Brennkammerdruck schließen. Dazu passt auch das man das BE-3 beim Steigern auf 670 kN Schub mit einer verlängerbaren Düse austratest, wie man sie für eine Oberstufe benötigt.

Das BE-4 wird dagegen mit dem sauerstoffreichen Prozess der gestaffelten Verbrennung angetrieben. Derartige Triebwerke hat Russland seit Mitte der Sechziger Jahre entwickelt (das Erste soweit ich weiß das RD-253 in der Proton). Für die USA ist es ein Novum, auch wenn Aerojet nahezu zeitgleich ein ähnliches Triebwerk entwickelt.

Die Entwicklung ist also sowohl im Schub wie in der Technologie sich steigernd. Das ist sinnvoll, aber heute doch eher ungewöhnlich. Kann Blue Origin als Firma in den USA auf viele ausgebildete Luft & Raumfahrttechniker zurückgreifen. Es ist zumindest finanziell nicht die optimale Strategie. Sich im Schub steigern ist sinnvoll, doch dann müsste man sich nicht auch noch in der Technologie steigern. Wie ich beim Betrachten meines Vorschlags für Blue Origin schon erläutert habe, könnte man das BE-3 sehr gut für eine Oberstufe der New Glenn nehmen. Nur müsste es dann weniger schubstark sein. Die Hälfte des Schubs würde ausreichen, ja vielleicht sogar der Schub des BE-2, nur hat das wegen der Verwendung von Kerosin/Wasserstoffperoxid nicht den benötigten hohen spezifischen Impuls.

Ich finde hier also keine „rote Linie“ in der Triebwerksentwicklung hin zu einem konkreten Einsatz. Für einen Lernzyklus, beginnend von Bull ist es natürlich sinnvoll.

Das gilt auch für andere Entwicklungen. Zuerst fokussiert sich Blue Origin auf den Suborbitaltourismus. Der New Shepard, eine Rakete mit Kapsel wurde inzwischen mehrfach getestet und man hat hier auch die Wiederverwendung hin bekommen. Sinnvoll wäre es nun, den New Shepard in die kommerzielle Phase überzuführen. Ich halte die Idee nicht einmal für schlecht, denn zumindest gibt es für en Suborbitaltourismus eine solide Basis an Interessenten Virgin Galactics hat ja schon viele Tickets verkauft. Vielleicht schreckt man gerade deswegen zurück, denn potenziell hat die Methode von Virgin Galactics (Hochschleppen mit einem Trägerflugzeug, dann Nutzung eines Raketentriebwerks in einem Gleitflugzeug und Landung des Flugzeugs) das Potenzial preiswerter zu sein, als eine Kapsel zu starten, diese vor der Landung abzutrennen und am Fallschirm zu landen und die Rakete separat. Zudem braucht Blue Origin so eine viel größere Rakete als Virgin Galactics. Die kommen mit einem kleinen, schubschwachen Low-Tech-Antrieb aus.

Nun der Schwenk in der Firmenpolitik zum Zulieferer für andere Firmen und Entwicklung von Trägerraketen. Ein eigenes Produkt ist die New Glenn, der die noch größere New Armstrong folgen soll. Dabei ist die New Glenn schon etwas überdimensioniert für alle heutigen Nutzlasten. ULA wird wahrscheinlich das BE-4 in der Vulkan einsetzen. Zwar ist auch das AR-1 im Spiel, doch alle bisherigen Verlautbarungen sprechen dafür, dass Blue Origin weiter in der Entwicklung ist und ULA der Firma auch mehr zutraut. Seitens ULA wundert mich das etwas, denn mit der New Glenn hat ja Blue Origin ein Konkurrenzprodukt in der Entwicklung. Dort braucht man acht BE-4 pro Träger, was höhere Produktionszahlen bedeutet und mit den Triebwerken für ULA werden es noch einige mehr. Da man die Triebwerke selbst produziert, nehme ich an, dass die New Glenn billiger als die Vulkan wird. Bei, wenn Blue Origin nicht an anderer Stelle patzt, mit ähnlicher Zuverlässigkeit. ULA sponsort also einen Konkurrenten.

Das BE-3 für die ACES-Oberstufe der Vulkan (eine Option, die viel größer als die Centaur sein wird und sonst mehrere (4) RL-10 braucht) kommt noch dazu. Es wird auch für eine Oberstufe einer neuen Rakete von Orbital diskutiert, dort sogar mit noch mehr Schub (670 kN). Nebenbei: Auch für eine SLS-Oberstufe wäre es vom Schub eine gute Wahl, denn die braucht derzeit vier RL-10, die trotzdem noch schubschwächer sind.

Was die beiden etablierten Firmen angeht, ist mir ihr Vorgehen ein Rätsel. Wir haben ja schon genügend US-Träger und nun kommen drei neue hinzu, dafür sollen Atlas und Delta wegfallen. Trotzdem gibt es ja nicht mehr Nutzlasten. Gerade den etablierten Firmen wie ULA und Orbital dürfte ja auffallen, dass die Kritik an den hohen Startkosten für die US-Regierung nicht abnimmt, seit SpaceX mit weitaus günstigeren wirbt. Orbital hat bisher keine Versuche unternommen die Antares von der NASA zertifizieren zu lassen, will sie also nur für die Cygnus einsetzen. ULA kann derzeit noch auf die Probleme von SpaceX verweisen. Für NASA, USAF und NRO zählen 100% Erfolg mehr als ein kleinerer Startpreis. Doch Blue Origin scheint anders als SpaceX vorzugehen. Zugegeben, viel weis man nicht. Es geschieht alles im Geheimen, aber gerade dieses inkrementelle Vorgeben ist ein typischer Low-Risk Ansatz und bisher gab es zwar auch Rückschläge, aber nicht so viele wie bei SpaceX und vor allem nicht im Einsatz, sondern in der Testphase. Zudem kaufen Orbital und ULA ja selbst die Triebwerke von Blue Origin, so schlecht können ihre Produkte also nicht sein. Wenn die Blue Origin dann eigene Trägerraketen entwickelt, dann wird sie sicher ein stärkerer Konkurrent als SpaceX sein, zumal sie ja auch die Bergung zur Kostensenkung anstrebt.

Was mich etwas verwundert ist der Gigantismus, den wir derzeit haben. Die Falcon Heavy mit nun über 70 t Nutzlast, die New Glenn mit angekündigten 45 t Nutzlast, ich vermute sie wird bei der Startmasse auch noch über 50 t rutschen und die Vulkan mit neuer Oberstufe mit 22-35 t Nutzlast. Dabei startet die Atlas V schon heute am meisten mit der kleinsten Nutzlast. Für die NASA ist sie schon meist zu groß, und auch für die häufigen Starts von GPS-Satelliten ist die Atlas 401 zu groß. Die Atlas 551 (als größte) Version startet selten und die noch stärkere Delta 4H noch seltener: neunmal in bisher 12 Jahren. Kurzum: Den Markt für diese Träger gibt es nicht, auch nicht im kommerziellen Markt. Für Mars- oder auch nur Mondmissionen sind sie dagegen zu klein. Vor allem bei privat arbeitenden Firmen verwundert das, erwarte ich dort doch eine Fokussierung auf den Markt, also wo habe ich die potenziell meisten Kunden und da landet man bei Einzelstarts in den GTO mit 7 t Maximalnutzlast, also der Halben oder einem Drittel der Nutzlast dieser Giganten.

Wozu es aber kommen könnte, wäre, dass ULA und Orbital ihre Entwicklungen einstellen. Denn die sind noch vorwiegend vom Staat finanziert. Bisher haben sie erst wenige Gelder für Vorentwicklungen bekommen. Es könnte durchaus passieren, dass es ohne weiteres Geld nie eine Vulkan geben wird. Bei Orbital ist man noch weiter zurück und die Firma wird wahrscheinlich nur im Auftrag entwickeln.

De Fakto gibt es sehr viele offene Fragen hinsichtlich Kurs der Firma. So würde ich bei einer Firma mit der man Geld verdienen will eine Ausrichtung auf den Markt erwarten. Die Firma hat vier Triebwerke entwickelt. Sie könnte aus den kleineren drei Triebwerken eine Rakete für kleine Nutzlasten produzieren. Hier gibt es nur teure Alternativen wie die Minotaur Serie. Der Markt ist nicht groß, aber er ist gegeben und die Konkurrenz ist ziemlich teuer und im Falle der Taurus auch nicht sehr zuverlässig. Noch größer ist der Bedarf für eine Trägerrakete für mittelgroße Nutzlasten, die man aus einem BE-4 und einem BE-3 konstruieren kann mit einer Nutzlast von 6 bis 7. Das ist in etwa die Nutzlast der Delta II und sowohl USAF wie auch NASA haben Nutzlasten in der Größe, die derzeit mit alten Delta II und Falcon 9 gestartet werden. Letztere ist teuer, die zweite ist völlig überdimensioniert.

Vielleicht die einzige rote Linie ist das die Firma ja mal angekündigt hat, dass man langfristig auch privaten Personentransport ins All anstrebt. Dazu würde die New Shepard als einfache Möglichkeit für Tests passen und die größere New Glenn als Träger, den man dafür braucht. Wobei sie auch schon nur für ein Raumschiff zu groß ist. Aber vielleicht soll sie ja auch eine Raumstation transportieren oder man will Mondumrundungen anbieten (für eine Mondumlaufbahn ist sie schon wieder zu klein). Dank der Geheimhaltungsstrategie kann man nur spekulieren. Das ist auch der wesentliche Grund warum ich bisher nichts über die Firma geschrieben habe.

28 thoughts on “Der Kurs von Blue Origin

  1. Atlas u Delta machen ihre Starts auschlieslich mit staatlichen Nutzlasten. Wenn BE und SpX kommerziell erfolgreich sind, ist das kurzfristig egal. Kritisch wird es wenn der Staat anfängt schwere Nutzlasten auf die beiden neuen zu Buchen.

    Zur Überdimensionierung:
    Eventuell sind auch die BE angaben für einen Transport ohne Wiederverwendung und nimmt mit dieser dann ab.

    Eine GTO Nutzlast von 7 Tonnen wäre für einen Wirtschaftlich sinnvollen Träger das beste, lässt man die Propaganda mal bei Seite, dann bekommt die Falcon 9 doch aktuell gar keine 7 Tonnen in den GTO. Beim Echostar hatte sie sogar Probleme bei einem 5,5 Tonnen Sat, und das ohne Wiederverwertung und ohne Fehlfunktion. Mit der Block 5 Erweiterung Ende des Jahres werden sie die 7 Tonnen dann vielleicht erreichen, aber immer noch ohne Wiederverwertung. Bei BE sind die Informationen sehr dünn gesät. Ob die angegebenen Nutzlasten mit oder ohne Wiederverwertung sind ist unklar. Ich tippe mal auf ohne. New Glen und F9 decken dann genau den lukrativen Nutzlastbereich ab. Mit Wiederverwertung sind sie dann wohl beide nicht überdimensioniert. New Armstrong gehört für mich wie ITS in die Kategorie Märchen.

  2. Herr Leitenberger, ich zitiere:

    >Was die beiden etablierten Firmen angeht, ist mir ihr Vorgehen ein Rätsel. Wir haben ja schon genügend US-Träger und nun kommen drei neue hinzu, dafür sollen Atlas und Delta wegfallen. Trotzdem gibt es ja nicht mehr Nutzlasten.

    Sie behaupten in ihrer Aussage, das Nutzlasten nicht mehr werden. Wie kommen Sie auf diese Aussage? Welche belastbaren Quellen haben Sie?

    Aus Ihrer Aussage schliesse ich das neue Trägersysteme von neuen Firmen nur zu Verdrängung von anderen Anbieter entwickelt werden? Wenn sie keine neuen Nutzlasten sehen, wird es auch nie welche geben, sehe ich das richtig?

  3. Hallo Herr Kupp,

    Wir haben seit den sechziger Jahren den Trend das man immer leistungsfähigere Satelliten startet und diese immer langlebiger werden. Die Zahl der Starts nimmt daher tendenziell ab. 1966 starteten die USA 83 Raketen, 2016 noch 22:

    https://www.bernd-leitenberger.de/img/weltweit-laender11.png

    Die wichtigste Ausnahme von dem Trend sind sehr kleine Satelliten die rapide zugenommen haben. Doch dafür sind diese Raketen zu groß. Dafür werden neue Raketen entwickelt. Die SPARK und SS-520 hatten schon ihren Jungfernflug. Die electron soll in wenigen Tagen folgen.

  4. Herr Leitenberger, sie sind ausgewichen, aber haben die Frage nicht beantwortet.

    ich zitiere:
    >Die wichtigste Ausnahme von dem Trend sind sehr kleine Satelliten die rapide zugenommen haben. Doch dafür sind diese Raketen zu groß.

    Woher wissen Sie das ? Soll ich daraus schliessen das die Firmen die neuen Träger völlig am Markt vorbei entwickeln?

  5. Aus Erfahrung.
    Ich habe ja schon Startstatistiken zitiert. Würde es viele schwere Nutzlasten geben so würden die Versionen mit der höchsten Nutzlast am häufigsten eingesetzt. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Nehmen wir die Atlas V:

    Nr. Trägerrakete Starts erfolgreiche Starts in Folge Fehlstarts in Folge Erfolge Erfolgreich [%] Einsatzzeitraum
    1 Atlas V 401 36 31 0 35 97,22 2002 – 2017
    2 Atlas V 411 4 4 0 4 100,00 2006 – 2016
    3 Atlas V 421 6 6 0 6 100,00 2007 – 2016
    4 Atlas V 431 3 3 0 3 100,00 2005 – 2016
    5 Atlas V 501 6 6 0 6 100,00 2010 – 2015
    6 Atlas V 521 2 2 0 2 100,00 2003 – 2004
    7 Atlas V 531 3 3 0 3 100,00 2010 – 2013
    8 Atlas V 541 4 4 0 4 100,00 2011 – 2016
    9 Atlas V 551 7 7 0 7 100,00 2006 – 2016
    Gesamt Starts Erfolge Erfolgreich [%] Einsatzzeitraum
    Gesamt 71 70 98,59 2002 – 2017

    Vom leichtesten Modell der Atlas 401 wurden die meisten Starts durchgeführt.
    Man kann auch die Starts der Falcon 9 nehmen 4-6 t Satelliten, kaum gebuchte Starts der Falcon Heavy.

    Bei kommerziellen Satelliten ist die Maximalmarke seit Jahren 7 t, weil die Industrie mindestens zwei, besser drei Anbieter haben will die einen Satelliten starten können. Es gibt auch Prognosen das durch All-Electric Satelliten die Masse wieder sinkt.

    Wenn ein Flugzeugbauer ein Flugzeug bauen würde, das 800 – 1200 Plätze hat würden sie die Frage auch so stellen, vor allem wenn man weiß wie schlecht sich schon der Airbus 380 verkauft?

  6. Sehr schön ihre Zahlen, Herr Leitenberger. Jedoch erklärt es immer noch meine Frage.

    Zitat: „Trotzdem gibt es ja nicht mehr Nutzlasten.“

    Wieso entwickeln 2 Firmen neue Träger wenn diese, laut Herrn Leitenberger, überhaupt nicht notwendig sind?

  7. Bei ULA ist es klar, man entwickelt die Vulcan, um erstens vom russischen RD-180 wegzukommen und zweitens, die Preise zu senken. Eine deutliche Preissenkung ergibt sich schon dadurch, das man endlich die Delta 4 außer Dienst stellen kann. Um für den Fall eines Fehlstarts ein Backup zu haben, hatte das das DoD jahrelang verhindert. Da jetzt aber mit der Falcon 9 ein Backup zur Verfügung steht, muss ULA keine zwei Raketenmodelle mehr produzieren. ULA dürfte weiter vor allem auf den Regierungsmarkt zielen, also DoD und NASA.

    Was BO mit ihrem Träger vorhat, muss man abwarten. Grundsätzlich hat Bernd Recht. Neue Träger braucht man eigentlich nicht. Den staatlichen Markt bedient ULA, die kommerziellen Flüge teilen sich Proton, Ariane 5 und Falcon 9.Schon die theoretische Startkapazität dieser Träger ist deutlich größer als die Anzahl der Nutzlasten.

  8. Warum entwickeln die Chinesen ein neues Verkehrsflugzeug, wenn man schon genug Modelle hat? Warum entwickeln so viele Firmen Autos. Zwei, drei Modelle würden es auch tun? Weil sie hoffen das sie erfolgreich sind und die Firmen die jetzt die meisten Startaufträge haben mit ihren neuen Modellen nicht mithalten können. Hat schon funktioniert (spacex) oder auch nicht (Zenit, Delta 3).

  9. @Kay: Den Bereich von deutlich über 6 bis 10 Tonnen Nutzlast deckt SpaceX künftig (also ca. ab 2018 oder 2019) über die Falcon Heavy bei maximaler Wiederverwendung ab, also Landung der beiden Booster UND der Zentralstufe UND der Oberstufe. Das kostet sie zwar 1000 t Treibstoff extra im Vergleich zu einer expendable Falcon 9, die bis zu 6 Tonnen in einen SSGTO bringen kann. Aber angesichts der von SpaceX jüngst kolportierten Treibstoffpreise sind das eher kleine Kosten im Vergleich dazu, eine expandable Falcon-9 zu bauen. Klar lohnt es sich erst, die Falcon Heavy für solch „kleine“ Nutzlasten zu nutzen, wenn die durchschnittliche Wiederverwendungsrate der Cores bei über drei angekommen ist.

    Ich erwarte zudem, dass SpaceX auf der Falcon Heavy künftig auch Dual-Starts durchführen wird, wie sie bei ArianeSpace ja schon seit Jahrzehnten üblich sind. Bei 15 t SSGTO sollte SpaceX immer noch in der Lage sein, die beiden Seiten-Cores an Land und den Zentralcore auf dem Schiff zu landen, während die Oberstufe verloren geht. Bei horizontaler Integration, wie sie SpaceX ja seit kurzem nutzt, dürfte es auch keine großen Probleme machen, dass die Rakete durch Dual-Starts noch höher wird. Klar muss SpaceX dafür einen Dual-Payload-Adapter und eine größere Fairing entwickeln, aber das werden sie wohl beides hinkriegen. Möglicherweise haben sie sogar beide Komponenten schon, aber das noch nicht an die große Glocke gehängt.

  10. Es kann durchaus triftige Gründe geben, warum SpaceX keine Doppelstarts durchführt. Bei der Ariane 4 konnte man z.B. trotz Bedarf die Nutzlasthülle nicht verlängern, weil die Aerodynamische Belastung für die Rakete sonst zu groß gewesen wäre und die Falcon 9 ist noch um einiges schlanker.

    Seitdem baut man in Europa kürzere Raketen. Ariane 5 6 sind bereiter aber nicht mehr so hoch.

  11. Ich meine mich zu erinnern, mal genau so etwas gelesen zu haben. Demnach ist die Falcon 9 / Falcon Heavy bereits so lang, das man die Nutzlasthülle nicht verlängern konnte, ohne das man Probleme mit der strukturellen Integrität bekommen würde.

  12. Das Problem mit der Stabilität könnte man lösen, indem man den Durchmesser erhöht. Daß man statt dessen die Stufen immer länger baut läßt darauf schließen, daß mit den vorhandenen Anlagen kein größerer Durchmesser möglich ist. Es müßte also eine neue Fertigungslinie aufgebaut werden. Da aber durch die Wiederverwendung die Auslastung der vorhandenen Produktionskapazität sinkt, wird man sich wohl kaum eine weitere Fertigungslinie leisten.

  13. SpaceX will die Falcon9 Stufen um jeden Preis auf der Strasse transportieren können. Deshalb wird der Durchmesser nicht erhöht. Man fährt jede Stufe mindestens einmal quer durch die USA. Bei der Länge ist man auch schnell an die Grenze des Möglichen gestoßen, deshalb das Unterkühlen der Treibstoffe um irgendwie noch mehr Leistung herauskitzeln zu können.

    Blue Origin nimmt einen anderen Weg. Methan braucht mehr Volumen, Straßentransport quer durch die USA macht noch weniger Sinn. Die Fabrik kommt an den Startplatz, die Transportwege sind kurz und wurden bereits mit der größeren Saturn V erprobt. – Kein Zufall das die Fabrik genau in der Gegend gebaut wird.
    Wenn die Regierung eines Tages ein Angebot macht das man nicht mehr ablehnen kann und auch von der anderen Küste starten muss ist der Transport per (Lande)Schiff kein Problem.

  14. Der Hauptgrund warum die Falcon nicht einfach breiter gemacht wird ist einfach, dass sie dann nicht mehr relativ problemlos über die Straße per LKW transportiert werden könnte.

  15. Den Durchmesser kann man (SpaceX) wohl deswegen nicht erhöhen, weil dann der Transport der Stufen nicht mehr so einfach über die Highways geht.

    Da hat es BO insofern einfacher, dass die Wiederaufbereitung und die Tests dann vor Ort am Cape erfolgen.

    Mich würde es nicht wundern, wenn die FH gerade mal 3 oder 4 Jahre fliegt und dann von einem der New Glen sehr ähnlichen Träger abgelöst wird, mit Methan-Unter- und Oberstufe und Raptor-Triebwerken sowie 7-8 Meter Stufendurchmesser, was ein deutlich größeres Fairing ermöglicht, inkl. der Infrastruktur vor Ort am Cape.

    @Nutzlasten: Ich kann mir auch durchaus Kommunikationssatelliten im GEO mit /- 10 Tonnen mit höherer Leistung und/oder Lebenszeit durch mehr Treibstoff vorstellen. Einfach größere Treibstofftanks, mehr Solarflächen und das Mehr an Elektronik werden die Kosten auch nicht linear noch oben treiben.

    Es gäbe ja, sobald die New Glen einsatzbereit ist, als weitere Option mindestens die Ariane 5/6, von ULA die Vulcan und eben die Falcon Heavy (oder halt der von mir erdachte Nachfolger), vielleicht auch schon die Angara, die 10 oder mehr Tonnen im GTO platzieren können.

  16. Das Problem ließe sich auch mit einer hochenergetischen Oberstufe und die Nutzung von Feststoffboostern für die Falcon 9 lösen. In beiden Fällen könnte man auf die Verlängerung der F9 verzichten.

  17. Mich wundert angesichts der Situation dann nur warum man vom Raptor als Oberstufentriebwerk spricht. Für mich macht das schon wegen dem Schub keinen Sinn, aber Methan braucht doppelt so große Tanks wie Kerosin, verschärft also das Transportproblem.

  18. Ist mir auch unklar, warum man das Raptor-Triebwerk als Oberstufentriebwerk betrachtet, immerhin hat es den dreifachen Schub des J2, währe damit salbst für die Oberstufe einer Saturn 5 überdimensioniert.

    Da ist das BE-3 von BO wesentlich besser geeignet. Es verwendet hochenergetische Treibstoffe (LH2) und ist im Schub soweit regelbar, das es selbst als Ersatz des RL-10 auf der Centauer dienen könnte. So ein Triebwerk fehlt SpaceX. Sonst könnte man die erste Stufe der F9 verkürzen und die Strukturprobleme entschärfen.

  19. Warum Raptor als Oberstufentriebwerk?
    Extrem einfach, SpaceX hat Gelder von der USAF angenommen hat um Raptor als Oberstufentriebwerk zu entwickeln.

    Ob es das gleiche Triebwerk ist unbekannt bis fragwürdig. Insbesondere da das Triebwerk aus dem USAF Vertrag wohl auch anderen US Firmen angeboten und ggf. verkauft werden muss. Eine Vermutung ist das es sich bei dem 1/3 Model was auf dem Teststand war für den Vertrag ist, auch weil der SpaceX bald Ergebnisse liefern muss.

    Weitaus einfacher das ~1000kN Merlin mit einem ~1000kN Raptor zu ersetzen. Die Oberstufe hat mehr als genug Schub.

  20. „Weitaus einfacher das ~1000kN Merlin mit einem ~1000kN Raptor zu ersetzen. Die Oberstufe hat mehr als genug Schub.“

    Nur muss man wegen der geringeren Dichte dann die Treibstoffzuladung um ein Viertel reduzieren, was den höheren spezifischen Impuls wieder egalisiert. Und die Kunden freuen sich über eine neue Version …

  21. Herr Leitenberger, Ja, es ist Ihr persönlicher Blog, keine Frage, aber Ihre extreme Ablehnung gegenüber SpaceX entbehrt doch wohl jeder Grundlage. Warum die kritischen Töne? Seien Sie doch froh, das da einer daherkommt und die allgemeine Stagnation aufmischt und für neue Gedanken sorgt. Eine kleine Anmerkung: Die F9 ist bei sehr kleinen Nutzlasten im Vergleich zu einer Delta 2 wohl nicht überdimensioniert, vor allem wenn man die potentielle Wiederverwendung hernimmt. Wieso soll eine überdimensionierung in Anbetracht des günstigeren Starpreises negativ sein? Sie wollen da ja wohl nicht mit dem höheren Treibstoffverbauch daherkommen? Ein Feststofftriebwerk ist geschätzte 100x giftiger für die Umwelt. Indes, Hoffnung habe ich keine mehr, daß Sie die Zeichen erkennen. Schade!

  22. Ist es extreme Ablehnung, wenn man keine Werbesprüche glaubt? Wohl eher gesunder Menschenverstand. Der liebe Elon gibt ja öfter mal haarsträubend unrealistische Zahlen von sich. Wer nicht in der Lage ist das mal nachzurechnen fällt eben drauf rein.

  23. Ein Bernd Leitenberger rechnet einfach mal vor, macht aus Gerede nüchterne Fakten. Ist dann sicher bitter für SpassX Fanboys. Ich bin da ganz auf Seiten eines Bernd Leitenberges.

  24. Ich finde diesen (besonders in der Politik beliebten) Pauschalsatz „entbehrt jeder Grundlage“ interessant.

    Ich meine, Bernd hat wirklich ausführlich die Grundlagen seiner Skepsis und auch Ablehnung deutlich gemacht. Und das wiederholt.

    Nun kann man in Zweifel ziehen, ob diese Argumente, die diese Grundlage darstellen, faktisch korrekt sind. Das ist vollkommen legitim. Aber in Abrede zu stellen, dass es solche Grundlagen gibt, ist schon sehr dreist. Insbesondere weil das „jeder“ impliziert, dass es nicht mal eine einzige, noch so kleine Grundlage gibt.

    Ich gebe mal eine Grundlage: Rakete ist auf dem Startplatz explodiert.

    Ist das eine ausreichende Grundlage für eine ablehnende Haltung? Nee. Ganz bestimmt nicht alleine. Höchstens in Kombination mit anderen Fakten. Aber selbst wenn: Ob berechtigt oder nicht, es ist eine Grundlage. Also entbehrt es nicht „jeglicher Grundlage“.

    Sorry, dass ich mich da so aufrege, aber ich hasse Standardphrasen.

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