Die Moden der Ernährung 2

Der heutige Blog über Moden der Ernährung schließt sich nahtlos an den letzten Blog an, und ist auch auf der Webseite als kompletter Artikel online.

Fett

Erstaunlicherweise kam man erst nach den Kohlenhydraten auf das Fett als Verursacher von Übergewicht – dabei lagert unser Körper doch Fett und nicht Kohlenhydrate ab. Also war nun das Fett der Bösewicht. Dazu kam , dass natürlich Arteriosklerose mit Fett zusammenhängt, allerdings nur tierischem Fett und dem hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin. Anders als auf Kohlenhydrate zu verzichten fällt es vielen leicht, auf Fett zu verzichten. Wer eine vegetarische oder gar vegane Ernährung betreibt, ernährt sich meist fettarm, den Pflanzen haben viel weniger Fett als tierische Nahrungsmittel. Das grundsätzliche Problem der „Low fat“-Kampagne: Obwohl nun seit einigen Jahrzehnten in den USA eine „Low Fat“ Kampagne läuft, indem sich Lebensmittelhersteller darin überbieten, dass ihre Produkte wenig Fett enthalten (inzwischen als „Light-Welle“ auch zu uns geschwappt, hat sich die Zahl der Übergewichtigen stetig erhöht. Der Grund ist relativ einfach und leider zu banal: es ist völlig Wurst ob man seine Kalorien in Form von Fett oder Kohlenhydraten zu sich nimmt. Es zählt die Gesamtmenge und wer zu viel isst, egal von was wird dick.

Eiweiß

Als Ableger der Atkinsdiät gab es dann noch für besonders Harte die Dukan-Diät. Besser bekannt als „Hollywood-Diät“, da angeblich viele Stars auf sie schwören. Ist bei Atkins nur Eiweiß und Fett erlaubt, so ist es bei Dukan nur noch Eiweiß, wegen der hohen spezifisch-dynamischen Wirkung, sprich der schlechten Effizienz unseres Verdau7ungssystems, das Eiweiß nur zu 80 bis 86 % verwertet. Das Ganze ist noch einseitiger als Atkins, noch schwerer durchzuhalten, weil nun nur noch eiweißreiche und fettarme Produkte erlaubt sind wie mager Fisch und Filet. Zudem geht die Diät, da diese Produkte in der Regel teuer sind, so richtig auf den Geldbeutel. Entsprechend verheerender ist Lehrmeinung zu diesem Diätkonzept.

Eiweiß ist aber auch so in Verruf gekommen, zumindest einige Eiweißprodukte wie Wurst oder „rotes Fleisch“. Das soll das Krebsrisiko erhöhen. Das ist auch der Fall, nur muss man sich die Studienlage anschauen. Es ist nicht so, dass man nun gleich Krebs bekommt, weil man Wurst isst, sondern das Risiko für eine Unterart des Darmkrebs, ist signifikant, aber nicht extrem erhöht. Das ist wie wenn man beim Lotto zwei anstatt eines Tippscheins ausfüllt. Man hat nun eine um 100 % höhere Chance auf einen Sechser – das man ihn gewinnt ist trotzdem extrem unwahrscheinlich.

Arteriosklerose

Arteriosklerose begünstigt Koronalkrankheiten und damit schlussendlich einen Herzinfarkt. Die primäre Ursache sind Ablagerungen an den Blutgefäßen, die durch eine dauerhafte Entzündung entstehen und die Cholesterin enthalten.

Darum wird seit Jahrzehnten prognostiziert Cholesterin zu vermieden. Das Paradoxe: Cholesterin wird von Körper selbst gebildet. Von dem Cholesterin, das vom Darm aufgenommen wird, stammt etwa 80 % vom Körper selbst. Es wird mit den Gallensäuren zur Fettverdauung ausgeschüttet. Nur an den oberen 20 % kann man mit de Ernährung etwas drehen. Da wäre für mich die Diskussion schon am Ende gewesen, denn selbst wenn ich viel in der Ernährung tue, z.B. den Cholesteringehalt der Nahrung halbiere, kann ich die Aufnahme nur um 10 % reduzieren. Doch der Arzt misst ja nicht die Aufnahme, er misst den Cholesteringehalt des Blutes und der hängt von der Menge von mehreren Lipoproteinen (Proteine, die Fett im Blut transportieren) ab und diese hängen nur bedingt von der Cholesterinaufnahme ab. Es gibt zahlreiche Faktoren, die sie beeinflussen, so Stress oder Bewegung. Schlussendlich sind es hormonelle Regelungen, die bei inzwischen auch hormonell behandelt werden. Cholesteinsenker gehören in den USA zu den meist verkauften Medikamenten. Trotzdem hat man den Spiegel, ab dem die deutsche Ärztekammer ein Eingreifen für notwendig hält, in 35 Jahren von 260 auf 190 mg/l gesenkt. In meinem Buch von 1980 stand noch das der „normale Spiegel“ bei 150 bis 200 mg/dl liegt, das heißt: Was 1980 noch „normal“ war, ist heute therapiebedürftig. Die Folge: Wendet man das Kriterium an, so sind schon bei den 20 Jährigen rund ein Drittel therapiebedürftig, und da der Cholesteringehalt im Blut auch ohne Änderung der Lebensweise ansteigt, nimmt dieser Anteil mit steigendem Alter deutlich zu. Bei den über 40 jährigen liegt im Mittel das Gesamtcholesterin bei über 240 mg/dl – da sind dann fast alle betroffen. Schon alleine die Logik sollte einem Sagen, das da was nicht stimmen kann. Es kann ja nicht die ganze Bevölkerung ab einem bestimmten Alter krank sein.

Man möge einem Blick auf diese Karte einer Herstellers einer cholesterinsenkenden Margarine werfen. Nach der haben 2013 mehr als 50 % der Bevölkerung einen zu hohen Cholesterinwert. Der „Niedrigste“ Wert von Hessen liegt auch schon bei 48,5 %. Wo bitte bleiben dann die ganzen Folgeerkrankungen von Cholesterin, die müssten dann doch auch enorm zugenommen haben (mein Buch von 1980 spricht von 10 bis 20 % der Bevölkerung). Auf das Konto von Koronalen Herzkrankheiten (KHK) gehören mit Abstand die meisten Todesfälle in Deutschland. Würden die Krankheiten genauso zunehmen wie die Einstufung des Cholesterins als Risikofaktor, so müsste die Lebenserwartung in Deutschland sinken. Das tut sie aber nicht.

Fettsäuren

Zurück zur Arteriosklerose. Die Ablagerungen enthalten nicht nur Cholesterin. Cholesterin wird zusammen mit Fettsäuren befördert, vor allem gesättigten Fettsäuren, also sind die auch im Verruf gekommen. Dagegen hat man lange Zeit mehrfach ungesättigte Fettsäuren empfohlen, die würden den Cholesterinspiegel senken. So steht es auch in meinem Buch als Empfehlung. Inzwischen ist man wieder schlauer und empfiehlt nur noch Omega-Fettsäuren, die sich in der Nahrung aber recht selten finden. Diese sind Vorstufen von entzündungshemmenden Hormonen – eine Entzündung der Blutwand ist ja der Grund, warum sich überhaupt etwas ablagern kann. Die normalen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie die in pflanzlichen Ölen häufige Linolsäure dagegen sind Vorstufen von entzündungssteigernden Hormonen und damit sollte man sie heute auch meiden.

Der zweite Gewinner sind einfach ungesättigte Fettsäuren, sprich die Ölsäure und das wird alle Liebhaber von Olivenöl freuen, hat aber auch schon dazu geführt, dass es nun für Rapsöl fast nur noch Rapssorten mit wenig mehrfach ungesättigten Fettsäuren und viel Ölsäuren verwendet werden. Der normale Raps gehört eigentlich zu den Ölfrüchten mit viel Linolsäure.

Fluorid

Inzwischen in Verruf gekommen ist Fluorid. Fluorid ist für die Härte des Zahnschmelzes notwendig, aber auch in kleiner Menge in einigen Enzymen vorhanden. Es ist aber eigentlich kein essenzielles Element. Fluorid hat es geschafft, in 30 Jahren von fast einem essenziellen Nahrungsbestandteil fast zu einem Nahrungsgift zu werden.

Dabei ist die Faktenlage nicht neu. Das grundsätzliche Problem bei Fluorid ist, das die Aufnahmemenge die gewünscht ist und die die schon schädlich ist sehr nahe beieinanderliegen. Zu hohe Mengen führen zur Knochenentkalkung bei Erwachsenen. Kinder sind noch empfindlicher. Die optimale Dosis liegt derzeit bei 1mg/Tag. Ab 2 mg/Tag kommt es schon zu ersten Schäden (Ablagerungen auf den Zähnen, die aber noch ein kosmetisches Problem sind). Weiterhin ist Fluorid sehr ungleichmäßig verteilt, vor allem Wasser kann sehr fluoridreich sein, weshalb Trinkwasser maximal 1,5 mg Fluorid/l enthalten darf. Daneben wird Salz teilweise fluoridiert. Wegen der besonderen Bedeutung für die Kariesprophylaxe ist es in Zahnpasta (0,145 % die Menge von 1 mg Fluorid sind in 0,67 g Zahnpasta enthalten) enthalten. Die Gefahr der Überdosierung wird heute aber stärker gesehen als noch vor 30 Jahren. Schluckt man die Zahnpasta z. B. immer runter, trinkt Mineralwasser mit hohem Fluoridgehalt (für dieses gilt die Trinkwasserverordnung nicht) und salzt noch mit fluoridiertem Salz, so kann man leicht ein Vielfaches der optimalen Menge aufnehmen. So ist im Gespräch von Fluorid in Zahnpasta zu warnen (sollte nicht geschluckt werden) und die in anderen Ländern praktizierte Trinkwasserfluoridierung ist auch rückläufig.

Ausgestorbene Ernährungskrankheiten

Mein Buch verzeichnet noch Jodmangel (Kropfbildung) und Obstipation (Ballaststoffmangel) als ernährungsabhängige Krankheit. Davon habe ich lange Zeit nichts mehr gehört. Iod ist deswegen außer der Diskussion, weil seit den Achtzigern der Verbrauch von iodiertem Salz, auch im Gewerbe massiv zugenommen hat. Den Jodmangel gibt es damit nicht mehr.

Verstopfung gibt es immer noch, der Ratschlag mehr ballaststoffreich zu essen, um Obstipation zu vermeiden ist auch der gleiche geblieben, aber anscheinend gilt es nicht mehr als echte Krankheit, dafür ist die Fernsehwerbung allerdings voll mit Werbung für Medikamenten gegen Verstopfung.

Ganz groß im Kommen: Allergien

Allergien gab es schon immer, wobei wir hier eher von Nahrungsmittelintoleranzen sprechen sollten, zu denen mehr als nur Allergien gehören. Die meisten sind erblich und der Anteil der Bevölkerung, der betroffen ist, ist konstant. In meinem Buch kommen sie gar nicht vor. Glaubt man der Werbung, so scheint sich der Kreis der Betroffenen jedoch drastisch erhöht zu haben. Es wird geworben mit:

„ohne Laktose“ – in Deutschland haben 10 – 20 % der Bevölkerung eine zu wenig aktive Laktase, das ist das Enzym, das Laktose in seine Bausteine Glucose und Galactose spaltet. Sie vertragen aber trotzdem Laktose, nur eben nicht so viel auf einmal. Das heißt: fermentierte Produkte wie Käse oder Joghurt sind kein Problem, frische Milch oder Sahne dagegen eines. Die Laktose kann man enzymatisch spalten und so gibt es inzwischen auch laktosefreie Milch und andere Produkte zu kaufen. Der Sinn von laktosefreien Schokoriegeln oder Nuss-Nugatcremes (dort wird Milchpulver zugesetzt) erschließt sich mir jedoch nicht, denn wie oben angesprochen ist es ja ein Mengenproblem – die kleine Menge an Milchpulver in einem Nutellabrot verträgt der Darm ohne Problem. Hauptbestandteil von Nutella sind ja Öl und Zucker und nicht Milchpulver.

„ohne Gluten“ – Gluten, eine Proteinfraktion, die in Weizen und Roggen vorkommt, verursacht eine schwere Autoimmunkrankheit die Zöliakie. Die Betroffenen müssen glutenhaltige Lebensmittel lebenslang meiden. Das betrifft vor allem Brot, andere Waren, die man nicht nur aus Mehl sondern auch aus Stärke herstellen kann, wie Kuchen oder Nudeln konnte man schon immer glutenfrei produzieren. Betroffen sind jedoch nur 0,2 bis 0,5 % der Bevölkerung.

„Ohne Zusatzstoffe“ – es gibt Allergien gegen Zusatzstoffe, am häufigsten gegen einige Konservierungsstoffe, relativ selten gegen einige Azofarbstoffe. Doch verglichen mit den Allergien gegen Nahrungsmittel sind nur wenige betroffen, die Datenlage ist wegen der geringen Zahl der bekannten Fälle dürftig. Zwischen 0,01 bis 0,2 % wird geschätzt. Trotzdem kann man mit der Werbung „ohne Konservierungsstoff“ (auch wenn gesetzlich vorgeschrieben ist, dass das Lebensmittel gar keine Konservierungsstoffe enthält) heute noch die Verbraucher für dumm verkaufen.

Inzwischen müssen auch alle allergenen Lebensmittel gekennzeichnet sein – außer gegen diese einzelnen Stoffe haben 2-3 % der Bevölkerung eine Allergie gegen bestimmte Lebensmittel. Die häufigsten müssen seit 2005 im Zutatenverzeichnis hervorgehoben werden. Der Effekt dieser Maßnahmen ist vor allem der, das sehr viel mehr Menschen glauben, sie haben eine Allergie, als noch vor 30 Jahren, obwohl der prozentuale Anteil gleich geblieben ist. Vor allem kann man damit toll werben. So kann ein Lebensmittel, das gar kein Weizen oder Roggenmehl verwendet, wie ein Öl oder ein Schinken damit werben, „glutenfrei“ zu sein.

Das Paradoxe der Ernährungsirrtümer

Noch nie gab es so viele Dinge, die man bei der Ernährung falsch machen kann. Irgendwie muss sich das doch auch an den Statistiken ablesen lassen. Doch die geben den Protagonisten von „Alles ist Gift“ nicht recht. Die Lebenserwartung steigt an. Trotz zunehmender Zahl an Übergewichtigen, obwohl inzwischen nach Grenzwertabsenkung ein Großteil der Bevölkerung behandlungsbedürftige Cholesterinwerte hat. Daran ist sicher auch die medizinische Versorgung schuld, aber nicht alleine. Noch nie war es so leicht seinen Tagesbedarf zu decke. Dank Vitaminisierung von Lebensmitteln sogar, wenn man sich einseitig ernährt. Natürlich leben dann die Leute länger. Denn riskant sind weniger Junk-Food und Süßigkeiten, als vielmehr Mangelernährung und einseitige Ernährung wie nach Atkins oder Dukan.

 

2 thoughts on “Die Moden der Ernährung 2

  1. Irgendwie muß ich da an ein Erlebnis von vor ein paar Jahren zurückdenken, wo mir mein Vater zum Geburtstag einen Termin bei einer Ärztin, die ihm von einer ehemaligen Arbeitskollegin empfohlen wurde, geschenkt hat. (Angeblich hatte sie mit deren Hilfe mehere Kilo abgenommen.)

    (Habe etwas Übergewicht und mein Vater ist hier etwas panisch wegen Gedundheit im Alter etc.)

    Als ich bei deren Praxis ankomme, muß ich allerdings mit Schrecken feststellen:

    Alternativärztin.

    Null Fragen über mein Blutbild etc. (Von denen ich Daten in der Tasche habe, aber ihr komplett vergesse zu geben…) und natürlich der obligatorische Armhabel/Metalplatten „Allergietest“.

    Ich Ahne schon beim „Test“, dass es auf Lowcarb durch die Hintertür rauslaufen wird (spätestens als der Weizen auf die No Go Liste kommt.) und behalte recht. Dazu gibt es natürlich sündhaftteuere „Nahrungsergänzungsmittel“.

    Um keine langwierige Szene über mich ergehen zu lassen, lass ich den Rest ihres Geschwafel ablaufen und sage den Folgetermin zuhause per Telefon wieder ab.

    Wie viel Geld der Stuss gekostet hat sag ich lieber nicht. War zwar wie gesagt ein Geschenk, aber trotzdem…..

    (Hab mir aber etwas vorwürfe gemacht ,dass ich die „Ärztin“ nicht sofort gegooglet hatte, aber mir kam halt nicht in den Sinn, dass ich an eine Quacksalberin vermittelt werden sollte…)

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