Disco

Ich will heute mal was über meine Lieblingsmusikrichtung schreiben: Disco. Disco als Musikrichtung, nicht Sammelbegriff für jede tanzbare Musik – der Begriff kommt ja von den in den Siebzigern aufgekommenen Diskotheken – hat keinen so guten Ruf. Ich denke das liegt daran, das es zu Ende der Siebziger Jahre einfach zu viel davon gab, eben eine Welle, ähnlich wie wenige Jahre später die Neue Deutsche Welle und wie dort wurde die Qualität zum Ende hin schlechter. Es gab in den USA sogar eine Bewegung „Disco sucks“ in der sogar Platten verbrannt wurden – das ist in den USA ein beliebtes Hobby, denn dort hat man auch Platten der Beatles verbrannt, nachdem John Lennon sagte, er wäre populärer als Jesus und dann später noch die Platten von Milli Vanilli, als herauskam, dass diese nicht selbst gesungen haben. (Um es genau zu machen, wurden die Platten gesprengt, was übrigens so viel Schaden anrichtete, dass das Baseball Stadion darunter litt).

Aber ich mag Disco. Disco hebt meine Laune und meine Stimmung und das nutze ich gerade in dieser Jahreszeit aus, weil ich unter einer leichten Winterdepression leide – die übrigens zumindest bei mir nicht im Winter, sondern Spätherbst also Oktober/November auftritt. Rechtzeitig zu Weichnachten, meist um den ersten Advent herum wird sie besser. „September“, Give it up“ oder YMCA bringen mich zuverlässig aus em Tief. Daneben macht auch Arbeit mit Disco-Rhythmen mehr Spaß. Man ist einfach beschwingter und so begleitet sie mich auch auf meinem täglichen Spaziergang.

Zuerst mal will ich Disco als Musikstil definieren. Kleine Vorbemerkung: Ich kann in einem Song nur schwer einzelne Instrumente raushören und ich bin kein Musikexperte. So ist das was ich schreibe mit Vorsicht zu genießen. Es ist eben meine Ansicht.

  • Ein wichtiges Element ist der „Four on the floor“ Beat. So benannt nach einem Fußpedal, mit dem man auf die Basstrommel schlägt. Das ist schlicht und einfach ein Beat bei jedem Takt. Er steht meist nicht alleine, es gibt meistens noch den klassischen 2-4 Beat des Rock, also je einen Schlag beim zweiten und vierten Takt. Der Four on the Floor Beat ist nicht auf Disco beschränkt, praktisch die gesamte moderne Popmusik setzt ihn ein, denn er führt zu einer schnellen Beatfolge, wie man ihn bei tanzbarer Musik wünscht. Aber Disco setzte den Four on the Floor Beat erstmals breit ein und verhalf ihm zum Durchbruch. Er ist jedoch etwas älter. Als erstes Musikstück gilt „The Love i Lost“ von Harold Melvin & the Blue Notes vom September 1973. Der Beat wird zum Ende hin immer stärker, und dominiert z.B. Stücke wie YMCA.
  • Das für mich am einfachsten herauszuhörende Element ist die „Disco-Gitarre“. Schwer zu beschreiben, aber unverkennbar, ist dies eine elektrische Gitarre mit quakendem bis jaulendem Sound. Das Intro der Serie „Die Straßen von San Franzisko“ beginnt mit dieser Gitarre. Sie ist aber meist Rhythmusinstrument also z.B. für den 1-3 Beat des Disco zuständig. Wie der Beat ist aber auch die „Discogitarre“ nicht neu. Schon das Intro der obigen Fernsehserie zeigt dies, denn die Serie erschien schon 1972.
  • Was mir persönlich gut gefällt und zu jedem guten Disco Song gehört, ist das Verwenden von Instrumenten, die untypisch für die Pop- und Rockmusik sind, wie Streichinstrumenten oder Bläser. Die Beatles führten fremde Instrumente ein, aber erst in Disco setzte es in einem Genre weitestgehend durch. Die Verwendung fremder Instrumente führt zu dem typischen „Funky“ Element von Disco.

Nicht dazu gehört dagegen der Synthesizer, auch wenn der in den späteren Disco-Werken oft vorkommt und charakteristisch für den „Munich Sound“ von Giorgio Moroder ist. Ein Synthesizer als Ergänzung ist ganz gut, er darf nur nicht die Musik dominieren.

Das älteste Disco Stück

… Ist nach den Kriterien nicht leicht zu finden. „The Love i Lost“ gilt für die Wikipedia als ältestes Disco Stück. Aber wenn man Charterfolg als Kriterium nimmt, so ist meiner Recherchen nach das älteste Stück von Barry White und dem Love Unlimited Orchesta, das instrumentelle Stück „Love Theme“. In dem Stück ist die Disco Gitarre nur ein Rhythmusinstrument und es ähnelt ohne sie noch mehr dem Philadelphia Sound, aber mit Streichern und Bläsern ist es echt funky. „Love theme“ erschien am 28.11.1973 und wurde schon am 12.12.1973 zur Nummer 1 der US-Charts. Aber die Abgrenzung ist schwer. Früher gab es schon den Erfolg der O‘Jays mit „Love Train“, der meiner Ansicht nach aber noch mehr in Richtung Philli-Sound und R&B geht. Wie immer wenn eine neue Musikrichtung entsteht, dann geht das mit einem Übergang. „Love Train“ kam schon am 20.12.1972 also fast ein Jahr früher heraus.

Das neueste Disco Stück

… Ist schwer zu beziffern. Denn Disco ist nicht tot. Es gibt laufend neue Stücke. Manche erkennt man sofort als Disco wie „Get Lucky“ (2013). Manche nicht wie „Murder on the dancefloor“ von Sophie Ellis Bextor (2001). Manche sind geklaut wie „Blurred Lines“ (2013), bei dem man deutlich hört, das es Marvin Gayes „Got to Give it up“ ist. Selbst die Größen von damals sind noch aktiv. Giorgio Maroder. Sein „Deja vu“ ist, wie viele seiner Kompositionen stark synthesizerlastig, aber es groovt. Auch Nile Rodgers hat Neues veröffentlicht. Zuerst „I‘ll be there“ (2018) aus Restbeständen von Chic. Die Songwriter von Chic neben Rogers sind ja verstorben, dann eines neues Album „It‘s about time“ (2019), wieder als „Chic“, aber für meinen Geschmack mit zu vielen Synthesizern und zu aufdringlichem Bassbeat. Alte Stücke sind immer gut für Neuauflagen. Man denke an „Spacer“ von Sheila B. Devotion von 1979, das als „Crying in the Discotheque“ von Alcazar 2001 wieder mit stärkerem Bassbeat herauskam. Das aktuell Neueste dürfte „I love it“ von Kylie Minogue sein, herausgekommen vor zwei Wochen. Das Album „Disco“ erschien am 6.11.2020. Es ist für mich aber schon grenzwertig, wie die restlichen Lieder auf dem Album stark synthesizerlastig, aber von denen noch das Beste.

Der Einfluss von Disco

Nile Rodgers sagte einmal, das Besondere an Disco ist, dass es nicht ausgrenzt. Sprich: Man kann Disco-Elemente in andere Genres übernehmen und damit anreichern, während das mit anderen Stilen wie Hip-Hop nicht geht. Klar ist das Übernehmen von Stilelementen oft möglich, aber bei Disco geht es eben besonders leicht und in der Tat gab es etliche Künstler, die Ende der siebziger Disco in ihre Lieder integrierten wie Abba (Dancing Queen, Voulez Vous), Elton John (Crocodile rock), Rolling Stones (Miss You), Rod Steward (Do you think i‘m sexy). Und in der Tat hat ja der „Four on the Floor“ Beat bis heute überlebt. Gäbe es die moderne Pop-Musik ohne Disco? Wohl kaum in der heutigen Form.

Der Disco King und die Disco Queen

Wer war der erfolgreichste Disco-Künstler? Keine einfache Frage. Zumal ich sie etwas weiter interpretiere und auch Produzenten und Musiker dazunehme. Zur Disco Zeit gab es etliche Solokünstler und Bands, die viele Hits hatten, so KC & the Sunshine Band, Gloria Gaynor, Kool and the Gang, Barry White, Earth Wind and Fire. Das für mich wesentlichere Kriterium ist es aber nicht Charterfolge zu zählen, sondern ob der Künstler langfristig erfolgreich war und dabei auch bei Disco geblieben ist. Das schließt z.B. die Bee Gees aus, deren Karriere vorher begann und auch noch weiterging, auch wenn sie in der Disco Zeit – nicht ohne den Film „Saturday Night Fever“ und den Soundtrack dazu enorme Charterfolge hatten. Bei den meisten obigen Künstlern endete der Erfolg aber mit dem Auflaufen der Disco-Ära Anfang der Achtziger. Bei der Suche des Disco-Kings gestaltet sich aber triotzdem einfach. Es ist Nile Rodgers. Nile Rodgers war nicht nur Komponist und Gitarrist der Band „Chic“. Er war auch danach noch bei vielen anderen Bands federführend als Komponist oder Gittarrist. Die Lieder von Sister Sledge stammen von ihm. Leicht erkennbar, denn Sister Sledge klingt wie Chic. Wenn nicht die Sänger unterschiedlich wären, man könnte sie kaum unterscheiden. In der Tat hatte auch die erste CD, die ich von Rodgers Kompositionen hatte. „the very best of Chic and Sistler Sledge“ Man hat die Hits der beiden Gruppen wegen ihrer Ähnlichkeit also zu einer CD zusammengefasst,

Rodgers hat für viele andere Künstler gearbeitet. Sheila B. Devotions einziger Hit „Spacer“ stammt von ihm. Für Diana Ross „I‘m coming out“. Daneben war er auch Produzent sop bei Notorious von Duran Duran oder Like a Virgin von Madonna. Bei „Let‘s dance“ ist er Coproduzent gewesen. Auf ihm sind die Disco Hits „Let‘s dance, China Girl und Modern Love und es ist auch deutlich Rodgers Gitarre in den Stücken zu hören. Es ist das meistverkaufteste Album von David Bowie. Zuletzt kam 2015 zusammen mit Daft Punk „Get lucky“ heraus. Dabei blieb er dem Disco Stil treu. Sein charakteristisches Gitarrenspiel ist bei seinen Produktionen deutlich erkennbar. Zuletzt kamen noch letztes Jahr eine neue Chic Platte „It’s about time“ heraus. Zu erwähnen wäre noch Giorgio Moroder. Er begann mit Disco sogar noch vor Rodgers, hat vorher vornehmlich Schlager produziert. Er stand wie kein anderer für den Munich Sound, zu dem man auch Frank Farians Boney M. Und Eruption zählen muss.. Auch wenn er den Song zu Olympiade 1984 („Reach out“) produziert hat, ist das was er produziert doch mehr Synthesizer Sound, dem er auch treu geblieben ist. „74 is the new 24“ ist so ein Beispiel aus seinem 2015 erschienen Album „Deja vu“. Ansonsten steht Giorgio Moroder Nile Rodgers in Erfolg und Zusammenarbeit mit anderen Künstlern in nichts nach. Daft Punkt haben ihn ja auf ihrem Album „Random Access Memories“ mit seiner Lebensgeschichte verewigt.

Bei der Disco Queen ist die Sache schwieriger. Ich habe mich schließlich auf Donna Summer festgelegt. Donna Summer war vor der Disco Ära nur Sängerin im Musical „Hair“. 1975 hatte sie den Durchbruch mit „Love to love you baby“, natürlich produziert von Giorgio Moroder. Angeblich war das Lied ja nur wegen des Gestöhns so erfolgreich, denn der Text war, nun ja etwas dünn, so wie bei anderen Kompositionen von Moroder wie „Fly Robin Fly“. Dem Gestöhne blieb sie auch noch beim nächsten großen Hit „I feel love“ treu.

Während der Disco Zeit war Donna Summer sehr erfolgreich. Doch das ging auch danach noch weiter. Die letzten Hits waren 1989 „This Time i know it for Real“ und „I don‘t wanna get hurt“. Danach konnte sie an ihre alten Erfolge nicht mehr anknüpfen, wohl auch, weil Disco endgültig nun tot war. Daran änderte auch das Disco Revival nach 2000 nichts mehr. Sie hätte vielleicht in Deutschland belieben sollen, denn in Deutschland war Disco nicht nur vor den USA ein Massenphänomen, sondern auch nach der Disco Welle nie wirklich vergessen.

Das einflussreichste Disco Lied

ist für mich „Good Times“ von Chic. Es gibt ja von vielen Liedern Coverversionen, aber von dem charakteristischen Gitarrenriff von Good Times haben sich viele Künstler inspirieren lassen. Die Melodie erkennt man, auch wenn der Musikstil ein anderer ist. Mir sind alleine folgende Adaptionen bekannt:

Und hier findet ihr die 208 anderen Covers. Es dürfte zumindest bei Disco das Stück mit dem meisten Einfluss auf die Musikszene sein. Sicher wird es noch überboten von dem Funky Drummer, dessen Bass-Drum sich in etwa einem Drittel aller Hip-Hop Stücke findet. Davon gibt es 1642 Samples in anderen Stücken.

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