Das Space race – bemannt (Teil 1)

Loading

Ich habe mir gestern eine Doku auf Arte zu Apollo 1 angeschaut. Um das Unglück ging es nur am Schluss, im Mittelpunkt standen die drei Astronauten und ihre Familien und natürlich das Space Race. Heute unvorstellbar, nahmen die Leute das in den Sechziger Jahren ernst. Wäre dem nicht so gewesen, niemals hätte John F. Kennedy das Apolloprogramm gestartet. Im Mittel von 1962 bis 1973 machte Apollo damals 1,086 Prozent des US-Budgets aus. Würde heute Artemis den gleichen Anteil am US-Haushalt erhalten, so wären das bei dem Budget von 7.000 Mrd. Dollar knapp 76 Milliarden Dollar – dreimal höher als der ganze NASA-Haushalt und etwa zehnmal mehr als Artemis heute erhält – man könnte dann wie bei Apollo pro Jahr über zehn Starts durchführen anstatt einem alle zwei Jahre.

Ich konzentriere mich auf Rekorde. Die Öffentlichkeit ist ja im Allgemeinen blöd und fixiert sich gerne auf einfache Fakten oder Zahlen. Was bei einer Mission herauskam, ist da schon zu viel. Aber ich erwähne es im Text, um auch die Unterschiede klarzumachen.

Es geht nur um bemannte Missionen, eventuell schiebe ich noch einen für die unbemannten Missionen nach. Die Frage ist, wo man die Grenze zieht, also es kein Rennen mehr gab. Für die NASA war mit dem Flug von Apollo 8 Schluss. Der Flug zum Mond – ursprünglich standen erst Missionen im Erdorbit mit dem LM an, das aber im Zeitplan hinterherhinkte – war die letzte kurzzeitige Aktion, weil man bei der NASA meinte nach Tests von unbemannten Missionen (Zond 4-8) würde eine sowjetische Mondumrundung anstehen. Seitens der Sowjetunion ging das noch bis in die Achtziger Jahre, so war das Befördern von „Gastkosmonauten“ wie Sigmund Jähn aus der DDR, der Gegenentwurf dafür, dass an Bord des Space Shuttles auch Nutzlastspezialisten aus anderen Ländern (BRD, Niederlande, Mexiko, Saudi-Arabien…) mitflogen und kurz vor dem Flug der ersten US-Amerikanerin Sally Ride startete dann Swetlana Jewgenjewna Sawizkaja zur Saljut 7, nachdem es 19 Jahre lang keine Kosmonautin gab und seitdem gab es auch nur drei weitere Kosmonautinnen. Schlechter steht nur die BRD mit bisher Null Frauen im All da. Ich habe die Grenze wo das Rennen beendet war, nach Skylab 4 gezogen, den Saljut 1 wurde gestartet, um dieser Station vorzukommen.

Es wurden so viele Rekorde, das ich einen Break nach der Woschod 2 und vor der ersten Geminimission mache und im Teil zwei folgen dann die Rekorde von Gemini, Apollo, Sojus und Skylab.

Wostok 1 – Juri Gagarin (12.4.1961)

Schon mit Wostok 1 setzte die Sowjetunion eine Marke. Der Flug war gleich orbital, auch wenn Wostook 1 keinen vollständigen Orbit durchflog. Das Raumschiff bremste vor der Vollendung eines Orbits ab. Der Grund war ganz einfach: Die Kapsel sollte auf sowjetischem Territorium landen. Durch die Erdrotation verschiebt sich aber der Landepunkt bei jedem Umlauf um rund 1.500 km, so musste die Landung entweder noch während des ersten Umlaufs oder nach einem Tag erfolgen, wenn der Kosmonaut in der Nähe des Startplatzes landen sollte.

Mercury war noch lange nicht so weit. In seinen Memoiren meint Chris Kraft, Flight Director im Mercuryprogramm, dass wenn Wernher von Braun nach einem nicht optimalen Testflug einer unbemannten Mercury (MR-2) auf einer Redstone für eine Wiederholung gepocht hätte man Alan Shepard vor Juri Gagarin hätte starten können. Aber hätte das was geändert. Gagarin erreichte einen Orbit, Shepard und Grissom einige Monate später nur suborbitale Hopser.

Der Impakt von Wostok war, das John F. Kennedy seine berühmte Rede hielt in der das Apolloprogramm initiierte.

Wostok 2 – German Titow (6/7.8.1961)

Noch größer war der Schock als German Titow vier Monate später gleich einen ganzen Tag im All blieb. Denn Mercury war ausgelegt für maximal 12 Erdumrundungen, rund 18 Stunden Dauer. Man verlängerte daraufhin die letzte Mission mit Gordon Cooper auf 22 Erdumrundungen, musste dabei aber auch feststellen, dass man die „Designlebensdauer“ des Raumschiffs schon überschritten hatte. Gegen Ende der Mission fiel ein automatisches System nach dem nächsten aus, weil ein leckender Wassersammelbehälter Kurzschlüsse verursachte.

German Titow ist bis heute der jüngste Raumfahrer, er war zum Startzeitpunkt noch keine 26 Jahre alt. Die US-Astronauten mokierten sich übrigens sehr über ihre Sowjetkollegen – sie waren Testpiloten, alle über 30 Jahre alt, mit mehreren Tausend Flugstunden, Russland suchte die Kosmonauten dagegen aus dem normalen Piloten aus und hatte viel weniger Anforderungen an Qualifikation und körperliche Fitness. Schlussendlich sollte Wostok komplett von der Missionskontrolle gesteuert werden, nur für den Notfall bekamen die Kosmonauten einen Umschlag mit der Kombination, in der sie das Steuersystem entriegeln konnten. Bei Mercury setzte die Astronauten dagegen durch, dass das Raumschiff auch von den Astronauten gesteuert werden konnte, was bei der Mission von Scott Carpenter dann auch fast in einer Katastrophe endete.

Weiterhin war Titow der erste Kosmonaut der unter der „Weltraumkrankheit“ – Übelkeit weil die Informationen an das Gehirn durch Gleichgewichtssinn und Augen widersprüchlich sind – litt. Bei der NASA kam dies erst bei Apollo 8 vor, weil man sich vorher in den engeren Kapseln nicht bewegen konnte.

Wostok 3 – Andrijan Grigorjewitsch Nikolajew (11-15.8.1962)

Nachdem am 20.2.1962 John Glenn als erster US-Amerikaner im All war, hängte die Sowjetunion die Latte ein Jahr nach Wostok 2 nochmals höher. Mit Wostok 3/4 stellten sie gleich zwei Rekorde auf. Wostok 3 mit Nikolajew blieb 4 Tage im All – das konnte Mercury nie einholen. Zudem startete einen Tag nach Nikolajew die Schwestermission Wostok 4 mit Pawel Romanowitsch Popowitsch. Da die Raumschiffe nicht ihren Orbit ändern konnten, flogen sie nur auf ähnlichen Bahnen wobei sie sich bis auf 8 km näherten. Das alleine reichte für Schlagzeilen, auch wenn die größte Leistung darin bestand in 24 Stunden zwei Raumschiffe zu starten. Nach drei Tagen landete Pawel Romanowitsch Popowitsch nur 17 Minuten nach Nikolajew.

Wostok 5 – Waleri Fjodorowitsch Bykowski (14-19.6.1963)

Wiederum ein Jahr später – das Mercuryporgramm war inzwischen mit dem Flug von Gordon Cooper nach vier Orbitalflügen zu Ende gegangen – wurde ein zweiter Doppelflug angesetzt. Bykowski war mit Wostok 5 nun fünf Tage im Orbit, einen Tag später folgte mit Wostok 6 Walentina Tereschkowa als erste Frau, was damals viel mehr Aufmerksamkeit als der Rekord erregte. Sie litt aber unter Weltraumkrankheit und schlief immer wieder ein, sodass ihre Leistung so schlecht war, das man für 19 Jahre keine Frau mehr als Kosmonautin rekrutierte.

Woschod 1 (Kamarow, Egorov, Feoktistov) (12-13.10.1964)

Beim Weltraumrennen hatte die Sowjetunion einen enormen Vorteil: Sie wussten immer genau wie weit die USA waren. Die NASA veröffentlichte regelmäßig Pressemitteilungen die sicher auch an die sowjetische Nachrichtenagentur TASS gingen, daneben waren die Astronauten Promis und es erschienen Berichte über sie in Zeitschriften, so gab es einen exklusiven Vertrag mit dem „Life-Magazin“. Erstaunlicherweise erfuhren die für die Projekte in der SU Verantwortlichen wie Koroljow relativ wenig davon. So war aber klar das 1965 das Geminiprogramm mit zwei Astronauten starten würde. In Russland entwickelte man die Sojus die zwei Personen zum Mond befördern sollte, nun kam die Forderung auf diesen Rekord zu überbieten. Die Sojus war nicht vor 1966 einsatzfähig, also weidete man kurzerhand eine Wostok-Kapsel aus, damit drei Personen dort hineinpassten und nannte das ganze Woschod. Das war höchst riskant, denn Raumanzüge konnten sie dann nicht mehr tragen, dafür reichte der Platz dann nicht mehr aus und auch die Landung war riskanter, bei Wostok wurde in der Troposphäre die Luke weggesprengt und der Kosmonaut mit einem Schleudersitz herausgeschleudert und er landete am Fallschirm, die Kapsel landete separat, nun ging dies nicht mehr. Die Retroraketen die erst wenige Meter über dem Erdroben gezündet wurden galten als durchaus riskant.

Die dreiköpfige Besatzung verbrachte einen Tag im All, musste dann aber auf ihre obligatorische Parade auf dem Roten Platz fast eine Woche warten, denn in den 24 Stunden wurde Chruschtschow entmachtet und Breschenew wollte den Ruhm einheimsen. Damit hatte die Sowjetunion fast vier Jahre vor Apollo eine Dreimann-Besatzung ins All gebracht.

Woschod 2 (Leonow-Beljajew) (18-19.3.1965)

Vier Monate nach Woschod 1 ging es den angekündigten Weltraumspaziergang von Edward White bei Gemini 4 zuvorzukommen. Die Besatzung wurde auf zwei Mann reduziert, denn nun mussten beide Raumanzüge anlegen. Während bei Gemini die Einstiegsglucke geöffnet wurde, hatte man in einer riskanten Aktion bei Woschod eine Luftschleuse an der Luke angebracht die aufblasbar war und erst im All entfaltet wurde. Als schlechtes Omen scheitere der Test mit Kosmos 57.

Wie später White war Leonow durch ein Stahlseil gesichert, das neben der Versorgungsleine im Schlauch befestigt war. Er hatte aber nichts, um zu manövrieren. Nach einigen Drehungen sollte er wieder zurück ins Raumschiff, da sich sein Anzug aber ohne Gegendruck aufgebläht hatte, passt er nicht mehr durch die innen nur 1 m große Luftschleuse. Er musste Druck ablassen und kam mit Mühe und Not unter großen Anstrengungen zurück in die Kabine. Beim Absprengen der Luftschleuse musste eine Undichtheit entstanden sein, denn nun sank der Druck in der Kapsel ab. Das wurde durch die Sauerstoffvorratsflaschen ausgeglichen, die nach einem Tag aber nur noch ein Drittel des Ausgangsdrucks hatten, wurde die Landung eingeleitet. Das System reagierte aber nicht in der 16-ten Umrundung. Daraufhin sollten Leonow und Beljajew in der 18-ten Umrundung – nun wegen der Erdumdrehung in Sibirien – die Retroraketen zünden, was sie auch taten, aber 46 Sekunden zu spät, sodass sie in einem Nadelwald strandeten. Bergungsmannschaften erreichten sie zwar nach einem Tag, aber bis ein Landeplatz für die Hubschrauber gerodet war, verging noch ein Tag.

Es waren weitere Woschod-Flüge geplant, mit reinen Frauenbesatzungen oder noch längerer Verweildauer im All. Das wurde nach diesen beiden riskanten Missionen aufgegeben.

4 thoughts on “Das Space race – bemannt (Teil 1)

    1. Ich spreche von offiziellen Astronauten, also wo eine Raumfahrtbehörde aktiv auswählen kann und dabei auch Aspekte wie Geschlecht oder Hautfarbe berücksichtigen kann. Bei kommerziellen Unternehmen kann jeder der genügend Geld hat fliegen, ungeachtet anderer Aspekte.

  1. „so war das Befördern von „Gastkosmonauten“ wie Sigmund Jähn aus der DDR, der Gegenentwurf dafür, dass an Bord des Space Shuttles auch Nutzlastspezialisten aus anderen Ländern (BRD, Niederlande, Mexiko, Saudi-Arabien…) mitflogen“

    Gegenentwurf? Hier könnte der falsche Eindruck entstehen, dass zuerst an Bord des Space Shuttles Nutzlastspezialisten aus anderen Ländern geflogen sind, und dann als Gegenentwurf Soviet Union auch „Gastkosmonauten“ in den All brachte.
    Tatsächlich, bevor der erste Space Shuttle am 12.April 1981 das erste Mal überhaupt startete, flogen bereits acht „Gastkosmonauten“ aus verschiedenen Ländern ins All: zuerst Vladimír Remek aus der Tchechoslovakei, dann Mirosław Hermaszewski aus Polen, danach Sigmund Jähn aus der DDR und dann einige andere.
    Auch der erste Westeuropäer flog ins All mit einem sowjetischen Sojus-Raumschiff: der Franzose Jean-Loup Chrétien, das geschah bereits 1982.

    1. „Gegenentwurf“, weil dies die NASA schon Jahre vor dem ersten Flug der sich ja um drei Jahre verzögerte angekündigt hatte und die SU somit wusste was da noch kommen würde. In Fortsetzung des Space-Race wurde damals auch der erste Amerikaner mit schwarzer oder gelber Hautfarbe gefeiert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.