Nachlese elfter Teststart des Starships IFT-11

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Die Nachlese zum gestrigen Starship-Start kann ich recht kurz machen, denn diesmal klappte noch mehr als beim letzten Mal. Drei Dinge fielen mir auf:

  • Beim Boostback-Burn der Super Heavy schaltete eines der 13 Triebwerke ab. Bei der endgültigen Landung war es aber wieder aktiv.
  • Nach den Anzeigen und auch dem Kommentar liefen die Triebwerke bei der Landung der Super Heavy nicht bis zum Schluss, sondern schalteten in 300 m Höhe ab, den Rest der Strecke fiel die Stufe dann ins Wasser. Die Kamera schaltete dabei von der Bodenkamera auf die Kamera an der Rakete um, bei der man dies nicht erkennen kann. SpaceX filtert natürlich die Information und nutzt meist Sichten, die keine Rückschlüsse erlauben, ob Triebwerke noch laufen oder die Rakete senkrecht herunterkommt. Das ist neben der Jubelkulisse, die man ja leicht durch eine Plexiglaswand außen vor lassen könnte, so von SpaceX gewollt. Das zeigen auch die Aufnahmen der Menge, die sobald sie ins Bild kommt, anfängt noch lauter zu jubeln und die Hände in die Luft zu recken.
  • Bei der Landung gab es deutlich weniger Beschädigungen der Oberfläche des Starships als beim letzten Mal.

Bei der Landung waren alle Triebwerke bis zum Schluss in Betrieb. Allerdings wurde auch hier die Kamerasicht gewählt, die keinen Rückschluss auf die Ausrichtung zuließ. Erst als sie schon im Indischen Ozean versank, schwenkte man auf die Sicht von einem Schiff aus um. Kurz danach explodierte sie.

Insgesamt scheint man die Rakete deutlich stärker betankt zu haben, so brauchte sie 7 Sekunden nach T=0 bis man eine sichtbare Bewegung sah – das erinnerte an den ersten Test bei IFT-1 als schon beim Start drei Triebwerke ausgefallen waren. Dürfte diesmal aber die Ursache haben, dass die Rakete, wenn man die offiziellen Zahlen nimmt, um rund 12 % schwerer ist, wenn sie vollbetankt ist als ein Starship V1, aber die Triebwerke sind noch dieselben.

Es war eigentlich eine Wiederholung des letzten Flugs. Ich vermute, man hat die Probleme mit starken Beschädigungen von Flossen und Kacheln beim Wiedereintritt diesmal adressiert. Es wurde aber nicht mehr gewagt. So sind ja schon Super Heavy zum Startplatz zurückgekehrt. Das traut man sich bei einer schon einmal verwendeten Stufe offensichtlich nicht, denn die letzten drei vorher erfolgreich geflogenen Super Heavy hat man nun schon dreimal im Meer versenkt. Dabei wurden schon im Vorfeld 9 der 33 Triebwerke ersetzt. Ebenso war der Start durch die zahlreichen Bildstörungen und Aussetzer keine Werbung für Starlink. Das ist keine Ausnahme. Die Datenrate sinkt global ab, in einigen Regionen wie in Nigeria nimmt SpaceX keine neuen Kunden mehr an. Es gibt offensichtlich mehr Kunden als das System bedienen kann, trotz einer Rekordstartzahl dieses Jahr. Das ist auch der Grund warum die langsamen Fortschritte beim Starship – nun schon drei Jahre lang nichts las Testflüge – die Firma nicht kaltlassen können.

Für eine Wiederholung des letzten Flugs ließ man sich diesmal 7 Wochen Zeit, das ging schon mal schneller. Der nächste Start wird nun der erste eines V3-Starships sein. Dafür wird man nun auch die Raptor 3 brauchen, die ja die endgültige Konfiguration sein sollen. Alle Tests mit dem V2 erfolgten noch mit den alten Raptors, dafür wurde nicht voll getankt. Nach SpaceX sollen die Raptor 3 ja nicht nur schubstärker sein, sondern auch leichter und zuverlässiger. Bei 30 % mehr Masse geht es im Starship V3 nicht ohne den zusätzlichen Schub. Vor nächstem Jahr ist aber kein Start der neuen und letzten Generation geplant, die dann auch endlich mal Nutzlast in einen Orbit befördern sollte. Elon muss versprach, dass nächstes Jahr 100 t in den Orbit kommen sollen. Dies ist ja immerhin die Hälfte dessen, was das Starship V3 leisten soll. Neu wird neben den größeren Tanks, drei weiteren Triebwerken im Starship auch sein, das man ab dem nächsten Flug den Stufenadapter nicht mehr abtrennt.

Das nächste Jahr wird entscheidend für die Zukunft des Starships sein. Denn mit der endgültigen Version des Starships wird SpaceX den Schritt von Testflügen zum regulären Einsatz machen. Drei Dinge dürften wesentlich sein:

  • Die Nutzlast muss mit der Falcon 9 konkurrieren – primärer Einsatzzweck wird das Ablösen der Falcon 9 für Starlinktransporte sein. Derzeit hat es die zehnfache Startmasse einer Falcon 9, aber nur etwa dreifache Nutzlast.
  • Die Bergung beider Stufen muss funktionieren – die Demonstration steht für das Starship noch aus. Bei der Ozeanlandung kann man nicht erkennen, ob es gerade aufkommt oder schräg und ob es an der richtigen Stelle landet. Bei der Superheavy kann es bei diesem Start auch der Fall sein, das die Treibstoffe kurz vor der Landung aushingen (siehe unten bei der Treibstoffbilanz)
  • Die Wiederverwendung muss funktionieren – bisher wurden die Super Heavy erneut eingesetzt, aber nur jeweils einmal. Bei diesem Start hat man zudem 9 der 33 Triebwerke, also mehr als ein Viertel ausgetauscht, während die Falcon 9 Erststufen viel häufiger wiederverwendet werden (typisch: zehnmal) und von Triebwerksaustausch hört man zumindest nichts.
  • Das Starship muss sich primär für SpaceX lohnen. Also die Kosten pro Kilogramm Nutzlast müssen kleiner sein als die Falcon 9 als Arbeitspferd. Das Space Shuttle war, was die Starts angeht, erheblich erfolgreicher als das Starship, aber es erreichte nie die prognostizierten Startkosten. Interessant ist das es vor dem ersten Falcon 9 Start schon die Preise auf der Website gab, für das Starship bleibt diese Angabe aber SpaceX bis heute schuldig. Ich denke sie können sie noch nicht machen, bis sie wissen ob die Wiederverwendung gelingt, wie viel man nach einer Landung ersetzen muss und wie schnell man wieder starten kann. All dies muss erst noch ermittelt werden.
  • Die Raptoren müssen zuverlässiger werden. Bisher erfolgten alle Tests mit den Raptoren 2. Soweit man die Treibstoffmengen und Brennzeiten übertragen kann, liefen die bei keinem Start mit dem Nennschub den SpaceX angibt. Trotzdem fielen immer wieder welche aus. Bei den Flügen IFT-7 bis IFT-9 sogar mit katastrophalen Auswirkungen. Seitdem sieht man beim Starship einen Vorhang um die Triebwerke, um die anderen vor Trümmern zu schützen. Es ist zu vermuten das dies auch bei den Triebwerken der Super Heavy erfolgt, dort ist es aber von Außen nicht sichtbar. Die dritte Generation soll nun das Wunder bringen, dass sie gleichzeitig zuverlässiger sind, mehr Schub liefern und dann auch noch um ein Drittel leichter werden. Ich glaub das nicht, widerspricht allen Alltagserfahrungen, die ich habe. Wen dem so wäre, so frage ich mich, warum sie bisher noch nicht eingesetzt wurden. Den eigentlich sollte schon das V2 die Raptoren 3 mit 350 Bar Brennkammerdruck (anstatt 300 Bar bei Raptor 2) einsetzen und die V3 dann sogar Triebwerke mit 400 Bar Druck.

Hier einige Kenngrößen im Vergleich. Zuerst die für die Nutzlastkapazität wesentlichen Resttreibstoffe:

IFT-9 IFT-10 IFT-11
Starttreibstoff SS 88 % 95,6 % 100 %
Resttreibstoff SH nach MECO 10,7 % 11,9 % 12,5 %
Resttreibstoff SH nach Boostback 3,7 % 4,3 % 3,4 %
Starttreibstoff SH 97,1 % 96,6 % 62,9 %
Resttreibstoff SS nach Meco 3,8 % 4 % 4,2 %

Auffällig ist das diesmal die Super Heavy voll betankt war, das Starship aber nur zu zwei Dritteln. Bei den offiziellen Brennzeiten wirkt sich dies aus: Die Super Heavy brennt 3 Sekunden länger, was rund 67 t mehr verbrachtem Treibstoff entspricht und auch das Boostback dauert länger. Die Landung ist durch fünf anstatt bisher drei Triebwerke dagegen schneller erledigt. Die Trenngeschwindigkeit ist die gleiche, die Höhe geringer (keine anzeige zum Trennzeitpunkt, kurz vorher waren es 44 km).

IFT-7 IFT-8 IFT-9 IFT-10 IFT-11
Starlink Dummys 10 6 8 8 8
Geschwindigkeit SH nach MECO 4431 km/h 4530 km/h 4717 km/h 4766 km/h 4775 km/h
Höhe 60 km 58 km 60 km keine Anzeige keine Anzeige
Brennzeit SH 152 s 152 s 155 s 156 s 159 s
Boostback SH 43 s 45 s 40 s 40 s 49 s
Landung SH 20 s 20 s 21 s 20 s 16 s
Brennzeit SS 373 s 360 s 379 s 379 s 379 s
Landflip SH 26 s 18 s 27 s 16 s 25 s

Auffällig ist das man beim Starship hier keine der geringeren Treibstoffzuladung entsprechende Änderung bei den Brennzeiten sieht. Man muss dabei aber auch berücksichtigen das zum Schluss nur noch drei Triebwerke arbeiten und diese Phase wurde während der Entwicklung immer kürzer. Diesmal 15 Sekunden, beim ersten Flug, der eine suborbitale Bahn erreichte. IFT-3 waren es noch über 30 Sekunden.

Da die Raptoren im Schub regelbar sind, ist davon auszugehen, dass man nach den Problemen bei IFT-7 bis 9 den Schub bedeutend abgesenkt hat und da nur eine geringe Nutzlast an Bord ist, wird trotzdem die Bahn erreicht. Bei vollem Schub würden die sechs Raptoren mehr Treibstoff verbrauchen, als zugeladen werden kann. Trotzdem ist die Menge an Resttreibstoffen auf 3,4 Prozent abgesunken, was bei 1.500 t Treibstoff für eine Vollbetankung 51 t entspricht, zusammen mit den auf 12 bis 16 t Masse geschätzten Starlink Simulatoren (die Massengaben für einen Starlink V2 Satelliten schwanken zwischen 1,5 und 2 t) dann 63 bis 77 t Nutzlast wären, dasselbe hatte ich auch schon vor dem ersten Start eines „V2“ berechnet. Nach der Website ist die Nutzlast, die mal bei 200 t für V3 liegen sollte, ja auch inzwischen auf 100 bis 150 t abgesunken also auf das versprochene V1 Niveau.

One thought on “Nachlese elfter Teststart des Starships IFT-11

  1. Du hast anscheinend noch nicht mitbekommen das es jetzt auch ein Starship V4 geben soll.

    Wenn ich das richtig verstehe wird das V3 im Endeffekt ein überarbeitetes V2 mit Raptor 3 und das V4 dann die verlängerte Version mit mehr Raptoren werden. Dazu wird wohl (laut dem Artikel von Frank bei Golem) der Frachtraum kleiner…

    Ich komme da zur Zeit, mangels Zeit, nicht mehr ganz 100% mit, was die alles vorhaben und was schon wieder veraltete Informationen sind.

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