Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben
Gerade habe ich ein Buch von Werner von Büdeler aus den 70 er Jahren über der Spacelab gelesen. Ich kaufe gerne alte Bücher bei Amazon Marketplace ein und versorge mich so vorwiegen mit alten Büchern über Weltraumfahrt. Es ist erstaunlich wie man noch 1976, als das Werk erschien und man schon seit Jahren kleinere Brötchen backen musste noch an eine glänzende Zukunft mit dem Space Shuttle glaubte. Die Reduktion der Transportkosten sollte eben auch eine Raumstation ermöglichen.
eine Raumstation ist teuer im Unterhalt. Der Schlüsselpunkt sind die Transportkosten. Die ISS braucht bei 6 Astronauten pro Jahr etwa einen Flug eines ATV und eines HTV mit Fracht und Treibstoff, zusammen mehr als 20 t. Dazu gibt es noch einige Progress Flüge. Noch teurer ist der Mannschaftstransport. Die russische Sojus ist hier leider kein Maßstab, denn ihr Startpreis ist nicht vergleichbar mit einem westlichen Start. Für den Start der Orion Kapsel wird man eine Trägerrakete mit 20 t Nutzlast einsetzen, die Ares I, so eine Rakete kostet für unbemannte Programme alleine 200 Millionen US-$. Die Kapsel für 6 Astronauten wird sicher erheblich teurer sein.
In der Tat wäre der Space Shuttle sowohl für den Mannschaftstransport wie auch die Rückführung von Material ideal gewesen. Treibstoff hätte man durch Ankoppeln einer Raketenstufe sicher unbemannt besser transportieren können. Bei Fracht kann man nur durch eine genaue Rechnung vergleichen.
Dabei war das Space Shuttle ursprünglich für den Betrieb einer Raumstation entworfen. Alleine mit unbemannten Nutzlasten war der ehrgeizige Flugplan von 12 Flügen pro Orbiter pro Jahr nicht zu begründen. 1972, in dem Jahr als das Space Shuttle genehmigt wurde starteten die USA insgesamt 33 Raketen, 5 Scout, 11 Delta, 6 Atlas, 5 Titan 3B und 4 Titan 3C/D und 2 Saturn V. Klammert man die Saturn V aus, so wären das Nutzlasten für 14 Space Shuttle Flüge.
Die NASA rechnete damit dass man nach dem Space Shuttle die Raumstation in Angriff nehmen würde. Als Zwischenlösung wollte man das Spacelab einsetzen: Ein Labor an Bord das Space Shuttle, flexibel einzusetzen mit einem modularen System. Änderungen im Shuttle System sollten Missionsdauern von 30-33 Tagen ermöglichen.
Doch es kam anders als man denkt. An die Umrüstung des Space Shuttle für Langzeitaufenthalte ging man nie konsequent. Das wesentliche dafür wäre ein im Orbit entfaltbaren Solarpanel gewesen, da die Brennstoffzellen die aus Wasserstoff und Sauerstoff bei 30 Tagen Aufenthaltsdauer enorme Vorräte an diesen Stoffen mitführen mussten, die zum Lasten der Nutzlast gehen.
Tatsächlich gab es auch 1984 die Ankündigung von Reagan man sollte eine Raumstation entwickeln, namens Freedom. Doch während man noch plante kam Challenger und damit eine Umkehr in der Shuttle Politik. Zum einen brauchte man nun für das Space Shuttle Programm das Geld, zum anderen war der optimistische Flugplan nun Makulatur und die Station musste umgeplant werden. Weniger Montagearbeiten, mehr vorgefertigte Module. Sie wurde zu teuer, man suchte nach Allianzen, fand sie in Russland, Japan und Europa und über mehrere Zwischenschritte wurde aus der Freedom schließlich die ISS. Bis man an den Aufbau ging war es 1998 und dann gab es Verzögerungen, vor allem weil russische Module nicht bereit standen aber auch die Space Shuttle nicht so oft fliegen konnten wie gewünscht.
Dann kam der Verlust der Columbia und nun wird die ISS mit 8 Jahren Verzögerung 2010 fertig gestellt. Der Bau alleine dauert 12 anstatt 5 Jahre. Ich denke man hätte schon lange eine Raumstation haben können. Man hätte eben nur wie bei Skylab die bestehende Technologie einsetzen müssen. Ein Space Shuttle hätte einen umgebauten Tank in den Orbit befördern können. Im Tank hätte man im Wasserstofftank einen Zwischenboden, Trennwände und einige feste Einrichtungen angebracht. Er wäre später als Wohnquartier benutzt worden und hätte ein Volumen von 1400 m³ gehabt. Im Nutzlastraum wäre ein Adapter gewesen, der 6 Kopplungsstellen hat und den man an den Tank ankoppelt. Ein nächster Flug hätte ein Spacelab mit dem Lebenserhaltungssystem und einem Solarpanel gebracht. Der restliche Innenraum wäre mit Einrichtungen voll geladen gewesen. Man hätte es an den Adapter angekoppelt und die Astronauten hätten den Tank dadurch wohnlich gemacht. 4 weitere Flüge hätten weitere Spacelabs mit Druckmodulen oder Paletten gebracht. So hätte man das Spacelab genutzt, den Tank und relativ wenige Flüge gebraucht (maximal 6 Stück). Man könnte ein Modul sogar wieder zur Erde zurückbringen und durch ein neues ersetzen.
Das ganze unterscheidet sich gravierend von dem Konzept der ISS mit mehr filigranen Teilen, mehr Strukturen die montiert werden müssen, aber dafür auch viel mehr Flüge erfordern. Ähnliche Konzepte wie dieses von mir gab es auch in den USA. Zu verlockend war die Benutzung des Tanks – schließlich erreicht er fast den Orbit. Denkt man nur die Nutzlast für einen Orbit um einige Tonnen, so kann man ihn in den Orbit schleppen und hat dann einen einen komfortablen und großen Wohnraum.
Doch man entschied sich anders – Für einen weniger pragmatischen, dafür eleganten Ansatz. Es dauerte noch 10 weitere Jahre bis 1992, bis man begann umzudenken – zumindest im unbemannten Programm und mit dem Discovery Programm versuchte Kosten zu sparen indem man auch (neben anderen Vorgaben) nicht alles neu entwickelte sondern schon bewährtes einsetzte. Schade: Eine Raumstation, rechtzeitig gebaut hätte das Space Shuttle Programm stabilisiert. Denn nach Challenger war das große Problem ja: Für was braucht man das Space Shuttle noch? Flüge für den reinen Transport von Satelliten waren weitgehend verboten, ein Flug mit dem Spacelab war teurer für eine Arbeitsdauer von 7-10 Tagen. Und etwas anderes gab es nicht! Man hatte Glück, die Sowjetunion brach zusammen und die Sowjets brauchten Geld. Man finanzierte die MIR und dafür flogen US Astronauten an Bord des Space Shuttles zur Mir, man brachte Vorräte und Verbrauchsgüter zur Mir und konnte das der Öffentlichkeit sogar gut verkaufen.
Die ISS ist dagegen ab 2010 ohne die Space Shuttle zu betreiben. Wie man dann verfährt ist noch offen. Nun ja, wer zu spät kommt, denn bestraft das Leben…
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