Gibt es eine Alternative zu RTG

RTG sind Radisotopen Thermoelektrische Generatoren, Stromquellen für Raumfahrzeuge die aus der Zerfallswärme von Plutonium-238 Strom gewinnen. Wann immer eine Raumsonde mit diesen RTG startet gibt es Debatten um das Risiko einer Verseuchung bei einem Fehlstart. Doch nicht darum sucht man eine Alternative zu diesen Stromgeneratoren: Sie sind enorm teuer.

Als Voyager 1+2 starteten hatten Sie jeweils 3 RTG Elemente an Bord, zusammen hatten diese eine Gesamtfüllung von 27 kg Plutonium und kosteten 1977 die Summe von 23.6 Millionen US-$, nicht wenig für knapp 1 kW elektrische Leistung, doch weniger als 5 % der Gesamtkosten von Voyager von 486.6 Millionen USD bis zum Saturn. Die letzte Sonde die RTG einsetzte ist New Horizons. Hier kostet der RTG schon 90 Millionen USD bei Gesamtkosten von 723 Millionen US-$, also 12.4 % der Gesamtkosten. Noch extremer wird das Verhältnis wenn man berücksichtigt, dass diese Sonde nur einen RTG mit 275 W Leistung, also knapp ein Viertel der Leistung von Voyager hat. Der RTG von New Horizons hat 7.561 kg Plutonium. 1 kg Plutonium kostete also 1977 mit 0.875 Millionen US-$ weniger als eine Million Dollar, 30 Jahre später sind es 11.9 Mill. US-$ – 13.6 mal so viel. Dieser Preisanstieg ist nicht alleine durch Inflation zu erklären.

Warum ist das Plutonium heute so teuer? Die Antwort ist verblüffend: Wegen der Abrüstung. Das Plutonium-238 wird aus Neptunium-237 gewonnen, das wiederum ein Nebenprodukt von Brutreaktoren ist. In diesen wird atomwaffenfähiges Pu-239 erzeugt. Später werden dort die Neptunium-237 Brennstäbe durch Neutronenstrahlung in Pultonium-238 umgewandelt. In Reaktoren zur Atomwaffenproduktion werden die Brennstäbe sehr häufig gewechselt da sonst zu viel Plutonium-240 entsteht, daher produzieren sie wenig Strom, wichtiger ist das erbrütete atomwaffenfähige Plutonium. Nun solange die USA kräftig aufrüsteten war es kein Problem genügend Pu-238 für RTG zu produzieren. Doch seitdem man eben abrüstet ist dem nicht mehr so. Das Plutonium von New Horizons stammt schon aus Russland. Nun soll wieder PU-238 in zwei Atomreaktoren erbrütet werden. Pro Kilogramm rechnet man mit Produktionskosten von 10 Millionen USD. 15 kg pro Jahr sollen erzeugt werden.

Schon lange hat man daher überlegt ob man die RTG nicht durch Solarzellen ersetzen könnte. Das Problem ist vielschichtig. Das Hauptproblem ist die Abnahme der Leistung mit steigendem Sonnenabstand. Serienmäßige Solargeneratoren wie sie in Kommunikationssatelliten eingesetzt werden haben Leistungsdichten von 60 W/kg in Erdnähe. Das klingt nach viel im vergleich zu den 5 W/kg die ein RTG liefert. doch schon in 3.5 fachem Sonnenabstand ist die Leistung einer Solarzelle dieser Bauweise unter 5 W/kg abgesunken, da die Leistung quadratisch mit steigendem Sonnenabstand abfällt (3.5*3.5 = 12.25 -> 60/12.25 = 4.89 W/kg). Schon Jupiter ist aber 5.2 mal weiter von der sonne entfernt wie die Erde.

Des Weiteren suchen natürlich Länder mit keinem großen Atomwaffenprogramm nach Alternative. Die ESA könnte sicher auf Pu-238 von Frankreich und -England zurückgreifen, doch ob dies für eigene Planetensonden reicht? Die ESA hat eine Konzeptstudie für die Mission Jupiter Minisat Orbiter. (JMO) durchgeführt. Deise besteht aus einem Europa Orbiter und einem Relay Satelliten außerhalb des Strahlungsgürtels, der weitere Forschungen vornimmt.

Man kam zu dem Schluss, dass man mit der Kombination einiger Technologien durchaus eine solare Stromversorgung bei Jupiter zu vertretbaren Bedingungen bewerkstelligen kann. Das erste ist die Entwicklung von Tieftemperatur Gallium-Arsenid Solarzellen in Schichtbauweise. Bei diesen versuchen mehrere dünne Schichten eine möglichst hohe Stromausbeute zu erreichen. Diese Technologie hat man in Europa schon bei Silizium Solarzellen entwickelt die in der Rosetta Mission zum Einsatz kamen. Eine Anfangsstromausbeute von 38 % erscheint möglich, allerdings muss man trotz einer Glasschicht mit Verlusten durch die Partikelstrahlung von 34 % bis zum ende der Mission rechnen. Damit wiegen Solarzellen etwa 4 kg/m² und man bekommt Leistungen von 2.2 W/kg – weniger als halb so viel wie ein RTG.

Doch man fand einen Trick diese Leistungswerte zu verbessern: Man hängt an jedes Panel zwei Solarkonzentratoren an. Solarkonzentratoren sind verspiegelte Bleche, um 60 ° Geneigt zu den Solarzellen. Sie reflektieren einfallendes Licht auf die Solarzellen, die dann eine höhere Leistung aufweisen. Der Vorteil: Solarkonzentratoren können im Extremfall einfache Dünne Aluminiumfolien in einem Rahmen sein. Man recht mit Flächenmaßen von 0.15 kg7m². Damit steigt die Leistung der Solarzellen beträchtlich an und die Leistung erreicht 3.9-4.9 W/kg – genauso gut wie ein RTG bei einem Bruchteil der Kosten.

Beide Satelliten verwenden einen Solararray von 14.7 m² Fläche zuzüglich der Solarkonzentratoren. Dies wiegt 106-110 kg (inklusive Kabel, Batterien, Strom/Spannungswandler etc und liefert maximal 359 W. Ein RTG dieser Leistungsklasse wiegt etwa 72 kg, mit Verkabelung und Spannungswandlern kommt man auf etwa dieselbe Masse. Allerdings dürfte ein Array einen Bruchteil der Kosten verursachen.

Geht man allerdings noch weiter hinaus zum Saturn so werden Solarzellen erheblich ungünstiger. Eventuell wird man die Leistungsdaten durch Parabolische Solarkonzentratoren verbessern können, die das Licht konzentrieren, doch bekommt man dann auch zunehmend Probleme durch die Veränderung des Schwerpunkts durch die Solarzellenausleger – Das Raumschiff wird zunehmend schwerer zu steuern.

In den USA geht daher die Forschung dahin die miserable Energieausbeute von RTG zu verbessern: Von 4400 W Wärmeleistung werden nur 285 W zu Strom umgewandelt. In den USA arbeitet man daher an einem neuen Konzept den SRG – Strom wird durch einen Sterling Motor gewonnen. Dessen Wirkungsgrad ist erheblich höher und pro Kilogramm Plutonium liefert er 102 W. Ein klassischer RTG nur 29 W/kg, d.h. da das Plutonium das teuerste an der Stromquelle ist eine Reduktion der Produktionskosten um 70 %. Da man erheblich mehr Teile hat, die man auch vor dem Wiedereintritt schützen muss ist die Leistung pro Kilogramm Gesamtmasse aber nicht besser. Man rechnet mit 4.8 W/kg. Man hatte Bedenken, dass die mechanisch bewegten Teile eines Sterling Motors nicht für Langzeitmissionen geeignet sind, doch inzwischen liegen Erfahrungen mit 54000 Stunden Dauerbetrieb vor (entsprechend über 6 Jahren). Dabei gab es keine Schäden an den empfindlichsten Teilen: Den Kontakten.

Leider sind Missionen welche diese Technologie einsetzen könnten noch in der Schwebe, wie eine geplante Marslandesonde oder ein Jupiter Orbiter. Immerhin: Die europäische Studie macht Hoffnung, dass Europa auch einmal eine Jupitermission starten könnte – Galileo hat durch die nicht entfaltete Hauptantenne hier viele Lücken hinterlassen.

5 thoughts on “Gibt es eine Alternative zu RTG

  1. a)
    Kann man einen faltbaren Parabolspiegel für die Solarzellen gleich mit als Antenne nutzen?
    Ich meine jetzt im Bereich der Saturnbahn und weiter draußen, wo der Winkel zwischen Sonne und Erde klein wird.

    b)
    Kann man einen solchen Spiegel gleich nach Verlassen der Erdumlaufbahn auseinanderfalten, oder muß man bis nach dem letzten Swing By warten?
    Wenn man den Spiegel früh auffaltet sind die Schmiermittelverluste bis zum Auffalten gering.

  2. Das wird so nicht funktionieren. Ein Parabolspiegel bünddelt die Strahlung in einem Punkt, Solarzellen mit einer einigermaßen brauchbaren Leistung haben aber eine Fläche von mindestens einigen 10 Quadratmetern. Man braucht also Spiegel, die die Strahlung auf eine Fläche konzentrieren, nicht auf einen Punkt. Die wären aber als Richtantenne unbrauchbar.
    Wird also nichts mit einem Spiegel für beide Zewcke. Eine denkbare Alternative wäre aber, den Parabolspiegel für die Funkantenne mit Solarzellen zu belegen.

  3. Ich wollte die Solarzellen nicht in den Brennpunkt des Parabolspiegels tun, da gehört der Sender der Funkantenne hin, sondern in die Fläche hinter dem Brennpunkt, wo die Sonnenstrahlen wieder divergieren.

  4. Die parabolischen Konzentratoren sind nicht große kreisförmige Spiegel, sondern mehr so was eine Dachrinne – das Profil ist parabolisch und in der Mitte ist ein Steg mit Solarzellen.

    Es gibt aber auch die Technologie der Linsen auf Solarzellen, sodass nur ein Teil der Fläche belegt werden muss. Was umgesetzt wird ist offen.

  5. Wenn das Licht ungefähr aus der Richtung kommt in die die Antenne zeigt, dann stehen sich dabei die Solarzellen selber im Licht. Außerdem halten die Solarzellen dann auch noch die Antenne zu.

    Eine Linse ist garantiert dicker und schwerer als eine Solarzelle mit gleichem Durchmesser. Damit lassen sich möglicherweise Kosten sparen, aber kein Gewicht. Also eher für irdische Solarkraftwerke geeignet, wo die Kosteneffizienz wichtiger ist als das Gewicht.

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