Solaris und unbemannte Raumstationen

Nein, ich bin nicht im Urlaub, ich habe in der letzten Woche nur relativ viel Zeit damit verbracht am Launchlog, BSE und Smartsearch Verbesserungen einzubauen, vor allem beim Launchlog, wo ich nun mal anfange das ganze etwas besser zu dokumentieren. (Man kann sich von dem aktuellen Stand hier überzeugen). Derzeit habe ich wieder mehr Spaß am Programmieren als am Schreiben.

Eines gibt es aber an das mich die Liste der restlichen Space Shuttle Starts erinnert hat, die nun von der NASA veröffentlicht wurde (es sind noch 10 Stück bis zum 31.5.2010, 2 dieses Jahr, darunter die HST Service Mission, 5 nächstes Jahr und noch 3 im darauffolgenden Jahr). Danach wird die ISS weitgehend fertig sein. Nicht für 7 Astronauten wie mal geplant aber für 6. es fehlt das russische Labor und ein Wohnquartier der Russen. Vor allem beschäftige ich mich derzeit mit den Stoffkreisläufen die man braucht um Atemluft und wasser zu regenerieren. Bei der ISS sind diese Kreisläufe auch im Endausbau nicht geschlossen. Sie werden es auch auf einer Marsmission nicht sein, aber bei der ISS wird nur Wasser und Kohlendioxid aufgearbeitet. Der Stickstoff und Sauerstoff stammt aus Druckgasbehältern und das erzeugte Methan bei der Kohlendioxidreduktion wird über Bord abgelassen.

Derartige Verluste wird man sich bei einer Marsexpedition nicht leisten können. Eigentlich sollte ja die ISS ein Vorposten im All sein, bei dem man vieles erprobt was man auf dem Mars beherrschen muss. Das sehe ich nicht. wozu das alle aber? Für die Forschung? Welche Forschung an Bord der ISS kann man nur dort durchführen? Nun eine Reihe von Dingen kann man an der ISS nicht besser machen als auf einem Satelliten, z.B. Erderkundung. Manche Dinge kann man sogar dort nicht durchführen wie Astronomische Beobachtungen (Die Bewegung der Astronauten und die laufenden Bahnanhebungen stören  die Langzeitausrichtung).Die wichtigsten Forschungsfelder sind Werkstoffforschung und Medizin/Biomedizin. Die Medizin und Biomedizin ist dabei sehr grenzwertig, denn im wesentlichen geht es darum festzustellen welchen Einfluss die Schwerelosigkeit auf Organismen hat um damit die Aufenthaltsdauer von Menschen zu verlängern. Würde man keine bemannte Raumfahrt betreiben, so wäre auch diese Forschung unnötig. Daneben gibt es noch einen Bereich von biologischer Grundlagenforschung, der sinnvoll ist, jedoch auch in unbemannten Missionen durchgeführt werden kann.

In den späten 80 ern gab es seitens der CNES den Vorschlag eine unbemannte Raumstation zu entwerfen, als Alternative zur bemannten Raumfahrt. Sie wäre nur ab und an von Astronauten besucht worden, die dann Experimente repariert oder ausgetauscht hätten oder Ergebnisse  und Verbrauchsmaterialen (Filmrollen, Werkstoffe) ausgetauscht hätten. und dann wieder abgelegt hätten. In den frühen Planungen der ESA war auch ein "Free flying Laboratory" geplant, das dann der Beteiligung an der ISS zum Opfer fiel.

Ich glaube wenn es wirklich nur um die Forschung geht, dann wäre es sinnvoller als Columbus. Nehmen wir einmal die Tatsachen: Heute arbeiten in zahlreichen Fabriken schon Roboter selbstständig an Werkstücken, befüllen Hochregallager oder ähnliches. Ein Columbus Labor, in dem in der Mitte auf Schienen einige Roboter arbeiten mit unterschiedlichen Fähigkeiten hinsichtlich Feinfühligkeit, Biegsamkeit oder Tragekraft könnten den Menschen ersetzen, der meistens eh nur Experimente beobachten, Knöpfe drücken und Materialen auswechseln. Wenn wirklich etwas defekt ist wird man meist das ganze Experiment auswechseln müssen. Beobachten kann man mit Fernsehkameras und Datenkanälen auch vom Boden aus. Fernsteuern ebenso. Man muss die Roboter auch nicht autonom betreiben sondern kann sie von der Erde aus steuern, z.B. durch Personen in einer Cave, einer simulierten Weltraumstation am Boden. Anders als mit Astronauten wäre ein 24 Stunden Betrieb möglich, denn man kann das Bodenpersonal alle 8 Stunden austauschen.

Man spart sich die Mannschaftquartiere, das ECLSS und die Versorgung mit Flüssigkeiten und Gasen und Vorräten. Als Folge sinkt auch der Strombedarf und durch die Masse der Raumstation der Bedarf an Treibstoff für die Aufrechterhaltung der Umlaufbahn.

Exemplarisch gerechnet: Die ESA könnte eine Raumstation von 23.8 t Masse auf eine 200 x 300 km Bahn mit 0 Grad Neigung befördern (mehr als zur ISS, da diese eine Neigung von 51.6 Grad hat). Das ist ausreichend für ein voll ausgestaltetes Columbus Labor (maximale Masse 21 t, leer 10.275 t, maximale interne Zuladung an Experimenten 9 t – gestartet wurde es mit 2.5 t Experimenten, der Rest wird bis 2010 mit Space Shuttles nachgeliefert). Dazu bräuchte man dann noch Solarzellen zur Stromversorgung und einen Antrieb zur Aufrechterhaltung der Bahn. Da man noch 2.9 – 4.5 t je nach Ausbau übrig hat reicht eine Ariane 5 um ein so modifiziertes Labor zu transportieren. on Zeit zu Zeit besucht es dann ein modifiziertes ATV, welcher eine Sektion hat welche den Wiedereintritt übersteht. Er ergänzt Verbrauchsmaterialen, hebt die Bahn an und bringt neue Experimente oder führt alte zur Erde zurück. Sollte wirklich einmal ein Menschlicher eingriff notwendig sein, so kann ein Kurzbesuch einer Sojus Kapsel dies erledigen. Das ATV hat denselben Kopplungsadapter wie eine Sojus/Progress.

Ich bin überzeugt, dass die kosten für Europa nicht höher wären als die ISS Beteiligung. Der Nutzen wäre jedoch höher. Auf der ISS werden von 6 Astronauten nur 3.5-4 an der Forschung arbeiten und dies über 8 Stunden in 3 Labors (US Labor, Kibo und Columbus). Bestenfalls gibt es also 12 Arbeitsstunden im Labor pro Tag. Davon steht Europa knapp die Hälfte zu also 6 Stunden. Mit 3 Robotern (einer alle 2 m) und drei Operateuren am Boden im 24 Stunden Betrieb wären es aber 72 Stunden – das dreifache. Selbst wenn nur einer am Boden arbeiten kann und nur halb so produktiv wie ein Astronaut ist wäre es noch das doppelte.

Es gibt keinen wirtschaftlichen Grund für Forschung auf der ISS – das zeigte sich schon während der Planung als man noch glaubte den Unterhalt wenigstens teilweise durch Fremdfinanzierung seitens der Industrie für durchgeführte Forschung aufbringen zu können: Keine Firma will diese Kosten tragen, wenn sie in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Ich weiß nicht ob eine unbemannte Station wirtschaftlich erfolgreich wäre, Aber sie wäre kostengünstiger als eine bemannte Station.

12 thoughts on “Solaris und unbemannte Raumstationen

  1. Ich denke auch dass eine unbemannte Raumstation auf BAsis der bereits bei der ESA vorhandenen Komponenten die beste Lösung für Forschung in der Schwerelosigkeit darstellt. Ich könnte mir Lösungen vorstellen von einem automatisierten Columbus Labor bis zu einer Lösung von einer Node-Struktur mit Koppeladaptern für automatische Kopplung wie bei ATV mit angeschlossenen 2 ATV mit Versuchsanordnungen und 2 angeschlossenen nicht klimatisierten ATV mit Auslegern für Solarpanel für die Stromversorgung. Ein weiterer Koppeladapter ist für die Versorgung durch normalen ATV und evtl. einer für einen Besuch einer Sojus Kapsel. Damit hätte man eine komplette Raumstation, startbar mit Ariane Raketen, und zu betreiben mit ATV. Da die meisten Komponenten vorhanden sind wird nur ein geringer Entwicklungsaufwand benötigt, und durch die höhere Nachfrage nach den Komponenten ergiebt sich schon eine Kostenreduktion durch Massenproduktion (Alleine 5 Komponenten auf Basis des ATV). Durch die Automatisierung der Experimente ist eine 24h Betreuung von der Erde aus möglich, ohne dass die Spezialisten unbedingt weltraumtauglich sein müssen.

    Entweder die Bedingungen zu denen eine Nutzung der ISS erfolgt werden entscheident verbessert, oder die ESA sollte den vorgeschlagenen Weg einschlagen, wobei die Forschung in automatisierten Labors auf jeden Fall den vorrang geniessen sollte.

  2. Ich denke, das hört sich besser an als es in der Realität wirklich wäre, und das dürfte auch der Hauptgrund sein, wieso neben einigen Versuchen mit russischen Foton-Kapseln oder dem amerikanischen „Long Duration Exposure Facility“ (LDEF) diese Art der unbemannten Forschung nie wirklich in Gang gekommen ist. Es ist natürlich bis zu einem gewissen Grad richtig, dass Menschen „nur Experimente beobachten, Knöpfe drücken und Materialen auswechseln“, und das Knöpfe drücken sollte man in der Tat auch automatisch hinbekommen. Meines Erachtens unterschätzen Sie aber den Aufwand, der nötig wäre, eine derartige Forschungseinrichtung für Monate oder Jahre robotisch zu betreiben. Gerade das Beobachten ist schon ein Fall für sich. In einem wissenschaftlichen Blog habe ich über ein Experiment gelesen, bei dem der Astronaut beobachten muss und bei Eintreten eines bestimmten Zustandes einen Regler betätigen muss. Der Wissenschaftler schrieb, dass dies ziemlich einfach für einen Menschen sei, bislang aber völlig unmöglich für eine Maschine. Auch das Nachfüllen von Materialien, die Entnahme von Ergebnissen oder das Reinigen des Experimentes ist für eine Maschine alles andere als trivial. Als Beispiel mag Luna 23 dienen, die bei der Landung ihren Bohrer beschädigt hat – Mission gescheitert. Eine bemannte Mission hätte ein Ersatzteil einsetzen und fortfahren können. Solche scheinbar trivialen Dinge sind zwar scheinbar eine Zumutung und Unterforderung für die Astronauten, stellen aber die Robotik heute noch vor unüberwindliche Hindernisse. So gesehen ist es schon sehr gut, dass Missionen wie Shuttle-Spacelab- und Spacehab-Flüge oder jetzt eben auch die ISS-Expeditionen durchgeführt werden.

    Die medizinischen Experimente sind im übrigen auch nicht nur für die Raumfahrt selber gut, sondern bringen vermutlich Nutzen für Behandlungsmöglichkeiten auf der Erde. Genau wissen kann man es freilich erst, wenn man es ausprobiert hat. Es handelt sich dabei eben um Grundlagenforschung.

  3. Nun ein automatisiertes Labor wird dann auch andere Experimente beinhalten als wenn man von einem Menschen als Operator ausgeht. Daneben gibt es ja noch die Möglichkeit wenn jemand was beobachten muss eine Videokamera zu installieren und die Arbeitskraft am Boden ist erheblich billiger als in der Umlaufbahn.

    Warum niemand an ein unbemanntes Labor denkt? Weil die Forschung die in Raumstationen erfolgt und ihre Ergebnisse in keinem Verhältnis zu den Mitteln steht. Solange der Raumflug als Selbstzweck gilt und Prestigeobjekt ist, solange ist dies kein Problem, doch wenn der Faktor Mensch weg fällt, konkurriert diese Forschung mit anderen Programmen die viel mehr Erkenntnisse versprechen zu geringeren Kosten. Schließlich wäre auch bei meinem Szenario noch die Entwicklung von Columbus und dem ATV notwendig also rund 8 Milliarden Euro. Dafür kann man auch 20-30 Forschungssatelliten mittlerer Größe bauen und im Vergleich dazu fällt da doch eher wneig ab.

  4. Sie haben es erfasst: Ein voll automatisiertes wird andere Experimente enthalten! Wenn man die Kosten für die von Ihnen propagierte Automatisierung scheut, wird es auf Kurzzeitmissionen ä la Foton hinauslaufen. Automatisiert man es dagegen so weit, dass es mit einer bemannten Raumstation mithalten kann, laufen die Kosten aus dem Ruder. Vielleicht wird man eines Tages solche Labore bauen können, jetzt ist es jedenfalls nicht möglich. Sie selbst sind doch Lebensmittelchemiker, nicht wahr? Dann werden Sie zumindest in Ihrer Ausbildung im Labor gestanden haben, selbst falls Sie heutzutage nur noch im Büro arbeiten sollten. Stellen Sie sich doch nur den ungeheuren Aufwand vor, Sie und Ihre Kollegen komplett durch Roboter zu ersetzen, die dann auch noch von einem anderen Kontinent per Funk und Videokameras gesteuert werden. Und wie gesagt, der Aufwand ist schon hoch, wenn dieses hypothetische Labor zwei Wochen arbeiten soll, aber was ist mit 2 Jahren, mit 3 oder gar mit 10?

    Ich weiß, dass Sie ein entschiedener Gegner der bemannten Raumfahrt sind, aber mal ganz ehrlich – Sie haben da einen wirklich bedenklichen blinden Fleck entwickelt. Der Mensch hat auch bei der Forschung im Weltall seine Berechtigung, einfach auf Grund seiner Intelligenz und Flexibilität. Maschinen sind dazu noch nicht fähig. Meines Erachtens ist das auch der wahre Grund, warum über unseren Köpfen eine bemannte ISS und keine automatisierte Solaris kreist. Die Raumfahrtexperten wissen um den Wert menschlicher Arbeit und um die Unmöglichkeit, dieselben Resultate nur mit Maschinen zu erlangen. Lassen Sie doch einfach diese Experten ihre Arbeit machen.

  5. Gerade als Lebensmittelchemiker habe ich erlebt wie Roboter Assistentinnen weg rationalisiert haben, die heute Proben automatisch mit Reaktionschemikalien versetzt und zeit gesteuert dem GC/MS zuführt. Doch darum geht es gar nicht. Es gibt nur wenige Experimente die wirklich von der Erde in das All kommen, also Fragestellungen der Erde die im All untersucht werden. (Nicht wie bei Forschungssatelliten die Untersuchung der Erde, des Erdnahen Raums und des Universums). Und der Aufwand dafür und die Ergebnisse laufen wie eine Schere auseinander. Die NASA listet 138 Experimente in 8 Jahren auf der ISS. Im gleichen Zeitraum verursachte die ISS alleine für die NASA Kosten in Höhe von rund 40 Milliarden Dollar. Jedes Experiment auf der ISS kostet also in etwa doppelt so viel wie Europas nächster Forschungssatellit, Cryosat 2.

    Es geht bei der ISS nicht um Forschung, es geht um PR.

  6. Ginge es um Public Relations, wie Sie unterstellen, müsste man in der Tat die ISS als gigantischen Fehlschlag einstufen, denn die Öffentlichkeitswirkung der ISS ist dieser Tage gleich Null. Wenn Sie aber nun 138 Experimente erwähnen, die in den letzten 8 Jahren auf der ISS stattgefunden haben (oder in den nächsten 8 stattfinden sollen?), so überlegen Sie sich doch einmal, wie lange diese Experimente jeweils gelaufen sind und wieviele unbemannte Satelliten etwa der Foton-Klasse man stattdessen hätte starten müssen. Ich denke, die Kosten wären dann auch völlig aus dem Ruder gelaufen. Denken wir uns doch eine Serie von Materialexperimente, die auf der ISS vielleicht 48 Wochen pro Jahr in Betrieb sind. Um das mit unbemannten Satelliten (Foton) zu schaffen, wäre sage und schreibe 24 Satellitenstarts notwendig gewesen, inklusive neuer Startrampen, mehr Abfertigungspersonal, mehr gebauten Trägern, mehr oder größeren Kontrollzentren und nicht zuletzt mehr Flugverkehr im niedrigen Erdorbit.

    Ihr Argument bzgl. der Labore in der Lebensmittelchemie überzeugt mich nun auch nicht wirklich. Vielmehr hatte ich mir das ungefähr so vorgestellt gehabt, und die Frage, die ich nun an Sie stellen möchte, ist folgende: Wie lange kann ein dermaßen automatisiertes Labor längstens ohne menschlichen Eingriff arbeiten? Und vergessen wir nicht, dass auf der ISS praktisch ausschließlich Grundlagenforschung betrieben wird. Solche Experimente können bei weitem nicht so standardisiert sein wie die Tests in einem Lebensmittellabor.

  7. Ach ja die Grundlagenforschung, wie schön. Immer wenn einem kein Sinn einfällt nennt man es Grundlagenforschung. Aber dem ist nicht so. Sieht man sich die Liste der Experimente an, so gibt es eine ganz klassische Teilung die schon von früheren bemannten Missionen bekannt ist:
    Experimente die den Menschen oder andere Organismen in der Schwerelosigkeit erforschen – überflüssig wenn niemand ins All geht – das ist der größte Block
    Experimente die nicht auf der ISS laufen müssen, aber dort billiger sind, weil die bemannte Raumfahrt hochgradig subventioniert wird um überhaupt Experimente mit zuführen wie astrophysikalische Untersuchungen oder Erdbeobachtung. Diese sind vollständig unbemannt durchführbar.
    Materialforschungsexperimente die ziemlich umstritten sind. Natürlich bringen sie Ergebnisse, aber sie sind nicht auf die Erde übertragbar. Was nützt es einem wenn ich im all stabile Aluminiumschäume mit kleinen Poren bekomme, solange ich nicht im All produzieren kann?
    Ich weiss nicht warum sie permanent auf den Foton Kapseln herumreiten, die habe ich bislang nicht erwähnt. Aber bei den US Kosten für die ISS wären so etwa 1000 Flüge für denselben Preis möglich gewesen.

    Die Diskussion die sie anfangen ist bei Fachleuten seit 20 Jahren vorbei. Niemand wird auf die Idee kommen die ISS mit Experimenten zu rechtfertigen, weil er schlecht rechtfertigen kann, dass der doppelte Forschungsetat der ganzen BRD für ein paar Experimente verwendet wird. Das wird auch ein Grund sein, warum Solaris nicht gebaut wurde. Dann nämlich wäre es ein unbemanntes Labor gewesen dass mit anderen unbemannten Projekten konkurriert hätte und auch hier wäre der Vergleich Kosten/Nutzen nicht sehr gut gewesen.

  8. Aha, Sie sind also nicht nur ein Gegner der bemannten Raumfahrt, sondern auch ein Gegner der Grundlagenforschung? Wenn die Menschheit immer so eingestellt gewesen wäre, würden wir heute noch Pferde als Hauptverkehrsmittel benutzen. Das Kennzeichen der Grundlagenforschung ist, dass sich ein Nutzen zu Beginn schlecht oder gar nicht abschätzen lässt. Und ein Ziel gerade bei den Materialforschungsexperimenten ist es nun einmal, die besonderen Bedingungen der Mikrogravitation zu nutzen, mehr über die zugrunde liegenden Prozesse herauszufinden. Ob die Ergebnisse sich dann direkt auf Produktionsprozesse auswirken oder 20 Jahre weitere Forschung auf der Erde oder im Orbit erfordern, wird man dann sehen müssen.

    Ihre Geringschätzung der medizinischen Experimente ist genauso wenig angebracht. Die Hypothese, dass die Menschheit die Erde niemals unter irgendwelchen Umständen verlassen sollte, ist Ihre ganz persönliche, damit aber weder bewiesen noch korrekt. Und wenn die Raumfahrt betreibenden Nationen die bemannte Raumfahrt nicht aufgeben wollen, dann müssen diese Experimente stattfinden. Und außerdem – Achtung, jetzt kommt wieder das böse Wort! – ist das eben Grundlagenforschung. Wenn zum Beispiel der Knochenabbau bei den Astronauten verstanden ist und behandelbar wird, lässt sich das vielleicht auch übertragen auf Nicht-Astronauten, die unter Osteoporose leiden. Vielleicht auch nicht, aber das lässt sich durch den Verzicht auf die Experimente niemals herausfinden.

    Im übrigen habe ich natürlich die Foton-Kapseln erwähnt, weil sie genau das darstellen, was sie so vehement fordern, nämlich unbemannte Experimentalplattformen. Insgesamt wurden seit 1985 15 Sonden gestartet, nach dem Ende des kalten Krieges sechs unter Beteiligung der ESA. Die letzten drei haben die Russen wieder alleine gestartet, davon ging die erste und einzige verloren, und seit zwei Jahren gab es keinen Start mehr. Mit 6535 kg gehörte Foton-M3 wohl schon zu den schwereren Satelliten, man könnte sich aber sicherlich auch Satelliten von der Tonnage eines ATV vorstellen. Moderne Schwerlastraketen können so etwas in einen niedrigen Erdorbit schaffen, und höher hinauf muss es ja auch gar nicht gehen. Wenn das also die bessere Lösung sein sollte, wieso werden dann nicht tausende und abertausende dieser Satelliten gestartet? Ihrer Meinung nach müsste es doch das absolute Erfolgsmodell sein, aber genau das ist es nicht. Meine persönliche Meinung dazu ist eben, dass es mit der heutigen Technik gar nicht möglich wäre, weil der Mensch immer noch unersetzbar ist. Eine einzige ISS ist da sicherlich immer noch effektiver als die von Ihnen ersehnte Satellitenflotte.

    Sie haben recht, dass astrophysikalische Untersuchungen oder Erdbeobachtung unbemannt durchgeführt werden können, aber das wird doch auch gemacht. Wieso sollte man darauf verzichten, die vorhandene ISS für zusätzliche Experimente zu benutzen? Auch derartige Experimente laufen zum größten Teil automatisch ab, und die ISS als Basis ist nun einmal vorhanden.

    Und vergessen wir nicht, dass die ISS insgesamt ein einziges riesiges Experiment darstellt und den bisherigen Schlusspunkt einer langen Reihe von Raumstationen darstellt. Fehler, die man etwa bei der Mir mangels besseren Wissens oder besserer Technik gemacht hat, konnten bei der ISS vermieden werden, und bei der nächsten Raumstation wird das genauso sein. Ich bin mir sicher, dass man die aus der ISS gewonnenen Erkenntnisse auch für die von Ihnen so hochgeschätzten unbemannten Flugkörper benutzen wird.

  9. Huuuh bei Ihnen ist ja jeder gleich ein Gegner der ein Gegenargument bringt. Dann bin ich auch Gegner der unbemannten Raumfahrt weil ich die auch kritisiere. Ich selber habe eine wissenschaftliche Ausbildung und weiss was Grundlagenforschung ist. Auf den Forschungssatelliten wird aber auch Grundlagenforschung betrieben. Grundlagenforschung steht nicht zweckfrei im Raum, sondern hat vielleicht kein Ziel, muss aber auch wie jede andere Forschung Rechenschaft über die verwendeten Mittel abgeben. Wenn dann ein kleines Labor wie Columbus über seine Betriebsdauer rund 10 Milliarden Euro kostet, dann halte ich diesen Finanzaufwand im Vergleich zu Investitionen in viele andere Projekte wie sie in Deutschland an Universitäten, MPI’s aber auch anderen Großprojekten (CERN, andere Raumfahrtprojekte) als überhöht, zumal auch von der Forschung und Industrie nicht der große Run auf die ISS da ist. Daher findet man ja zahlreiche Experimente die gar nichts mit den Möglichkeiten der bemannten Raumfahrt zu tun haben auf der ISS.

    Das die FOTON Kapseln so wenig gestartet werden zeigt auch, dass es nicht das große Interesse daran gibt.

    Das der Mensch die Erde nicht verlassen wird um woanders hin zu siedeln ist keine Meinung von mir sondern einfach technisch zu begründen: Es gibt keinen anderen Antrieb als den chemischen der von der Erdoberfläche aus starten kann. Damit wird aber die Nutzlast einer Rakete immer auf einige Prozent ihrer Masse beschränkt sein. Selbst vollständige Wiederverwendung vorausgesetzt ist der Aufwand denn man in die Energie stecken muss um einen Menschen sammt minimaler Wohnmöglichkeit und einem Mini-Biosystem zur Selbstversorgung ins All zu bringen so hoch, dass es leichtes wäre mit demselben Energieaufwand auf der Erde größere Gebiete die viel mehr Menschen Lebensraum bieten von Wüste in fruchtbares Land umzuwandeln. Dabei kann man auf der Erde gut leben, auch einen Spazieergang ohne Raumanzug machen und man muss nicht Muskeldegradation und Knochenabbau befürchten. Selbst die Bewohnung der Ozeanböden wäre technisch einfacher hinzubekommen als eine entsprechend große Siedlung in der Erdumlaufbahn, Mond oder Mars.

    Da die meisten Menschen (Ausnahme Sie und ihre Vorliebe für extrem teuere Grundlagenforschung an Bord der ISS) bei verschiedenen Lösungsmöglichkeiten aber die kostengünstigste und unproblematischste wählen, glaube ich, dass die medizinische Forschung an Bord der ISS überflüssig ist.

  10. die FOTON Kapseln sind defakto umbemannte Version der Vostok
    sind unbeliebt wegen hohe G Kräfte 9-10G bei wieder eintritt
    auch sind die Forscher nicht begeistre von extrem harte Landung der Kapsel
    und bevorzugen Soyus oder Shuttel.

    zu SOLARIS (Station Orbitale Laboratoire Automatique de Rendez vous et d’Interventions Spatiales)
    http://www.capcomespace.net/dossiers/espace_europeen/hermes/1981 solaris 02.jpg
    ein CNES Programm von 1980, Es bestand a drei teile
    -SOLARIS Unbemannte Raumstation in 800 km hohe orbit
    -Minos Unbemannte Raumkapsel die an Station andockt sie versorgt und Proben mit nimmt
    -Trisat Ferngesteuerte Roboter der Raumstation wartet
    CNES rechnete das Projekt in ende 1980er den ersten Start machte könnte

    doch SOLARIS mutierte bösartig, irgendwann in Konzept wurde
    aus Minos der Minotaurus eine Bemannte Kapsel,
    Dadurch benötigte SOLARIS ein Dockingsystem und ein Druckzelle für Crew

    und gleichzeitig war da noch HERMES und sein neues Ziel MTTF (Man Tended Free Flyer)
    defakto SOLARIS mit Spacelab Modul und Dockingsystem

    in CNES begann ein regelrechter Machtkampf zwischen Kapsel und Gleiter Befürworter
    den gewann die Gleiter Befürworter, um dann in 1991
    die Politiker alle Hoffnung für eigenständige Europäische Bemannte Raumflüge beerdigte…

  11. Herr Leitenberger, soll ich Ihnen einmal ganz ehrlich etwas sagen? Sie kommen mir so allmählich vor wie einer dieser Verschwörungstheoretiker und selbsternannten Genies, die sich auf die Fahne geschrieben haben, die Verschwörung hinter der Mondlandung oder 9/11 aufzudecken oder die Relativitätstheorie zu widerlegen. Die setzen nämlich auch voraus, alles besser zu wissen als die Experten. Ebenso setzen sie voraus, das die große schweigende Mehrheit hinter ihnen steht, sich aber aus Furcht oder Bequemlichkeit nicht traut, etwas zu sagen. Und auch die zitieren immer mal wieder Experten, die angeblich voll hinter ihrer Auffassung stünden. Ist Ihnen noch nie in den Sinn gekommen, dass die von Ihnen getroffenen Annahmen vielleicht unzutreffend sein könnten? Ein paar habe ich Ihnen ja schon genannt, zum Beispiel das Interesse an Experimenten auf der ISS oder die mögliche Automatisierung und deren Kosten.

    Grundlagenforschung wird nun einmal nicht billiger, da es in vielen Gebieten immer schwieriger wird, noch zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Die Zeit der Hinterhof- und Garagentüftler scheint beendet zu sein, ebenso die der einsamen Forscher in ihren Studierzimmern. Vermutlich wissen noch nicht einmal die Wissenschaftler am CERN, welche praktischen Ergebnisse dereinst aus ihren Experimenten etwa am LHC entstehen könnten. Einstein hat auch nur herumtheoretisiert, um einige Widersprüche besser behandeln zu können, ohne sich die praktischen Auswirkungen seines Forschens wirklich vorstellen zu können. Die Raumfahrt dürfte da etwas konkreter sein. Um noch einmal auf die Fotons zurück zu kommen – dabei handelt es sich um den einzigen ernsthaften Versuch, neben Beobachtungs- und Landesonden Forschung in der Schwerelosigkeit zu betreiben. Wenn die Technik veraltet ist und den Experimenten zu hohe Belastungen auferlegt, hätte man sicherlich eine neue entwickeln können, aber das wurde offenbar nicht getan. Ich gehe davon aus, dass es dafür gute Gründe gegeben hat und immer noch gibt.

    Unbemannte Forschung ist zurzeit unschlagbar, was die Erforschung anderer Himmelskörper angeht. Das muss man aber differenziert sehen, wie Sie selbst nur zu gut wissen. Orbitale Sonden und Satelliten, die monate- oder jahrelang einen Himmelskörper umkreisen und diesen mit den verschiedensten Methoden untersuchen, benötigen in der Tat keine Mannschaft vor Ort, ebensowenig Teleskope, die tief ins Weltall blicken. Das spricht aber nicht prinzipiell dagegen, eine bereits vorhandene bemannte Plattform zusätzlich zu den unbemannten einzusetzen. Im Falle von Landesonden stellt sich das schon anders dar. Menschen vor Ort werden noch für lange Zeit besser dazu geeignet, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Das war schon zu Zeiten von Apollo, Lunar Surveyor und Luna so und hat sich nicht wirklich geändert. Rover wie Spirit und Opportunity können dagegen erneut durch ihren langfristigen Einsatz auf Menschen verzichten. Besser wäre aber vermutlich auch hier die Möglichkeit, durch Menschen flexibel eingreifen zu können. Das geht aber noch nicht, weil der Aufwand für die Lebenserhaltung und Sicherheit zu hoch ist. Wenn wir die Möglichkeiten der bemannten Raumfahrt aber nicht erforschen und vorantreiben, wird sich daran niemals etwa ändern. An eine Besiedelung im großen Stil des Weltraums in Form von Raumhabitaten oder gar anderer Himmelskörper glaube ich allerdings auch nicht, zumindest nicht in meiner Lebenszeit. Davon träumt heutzutage aber vermutlich niemand mehr in der Raumfahrt.

    Ich zitiere jetzt Ihren letzten Satz, Herr Leitenberger: „Da die meisten Menschen (Ausnahme Sie und ihre Vorliebe für extrem teuere Grundlagenforschung an Bord der ISS) bei verschiedenen Lösungsmöglichkeiten aber die kostengünstigste und unproblematischste wählen, glaube ich, dass die medizinische Forschung an Bord der ISS überflüssig ist.“

    Ich stelle fest, dass ich keineswegs allein dastehe, auch wenn ich zugeben muss, dass die Zahl der an der Raumfahrt beteiligten Experten und der interessierten Laien insgesamt verschwindend gering sein dürfte. Ich hoffe aber, dass Ihnen klar ist, auf welch gefährliche Allianz Sie sich da einlassen. Ich bin nämlich davon überzeugt, dass die „meisten Menschen“ selbstverständlich jedwede bemannte Raumfahrt ob der hohen Kosten einstellen würden. Allerdings würde es dabei nicht bleiben, denn Planetensonden bringen bekanntlich auch absolut keinen (wirtschaftlichen) Nutzen und würden mit eingestellt werden. Astronomische Sonden würde es ebenso treffen und womöglich sogar Erdbeobachtungssatelliten. Ehrlich gesagt, würde es mich noch nicht einmal überraschen, dass bei einer großangelegten Kampagne gegen die Raumfahrt Fernseh-, Wetter-, Kommunikations- und Navigationssatelliten treffen würde. Danach gäbe es natürlich das Wehklagen über den schlechteren Fernsehempfang, die schlechteren Wetterberichte und die versagenden Navigationsgeräte.

    Also, Herr Leitenberger, seien Sie vorsichtig mit dem, was Sie sich wünschen! Es könnte in Erfüllung gehen.

  12. Ich bin kein selbsternannter Experte, ich habe nur darauf hingewiesen, dass sie eine Diskussion lostreten, die in der Fachwelt längst erledigt ist. Niemand rechtfertigt die ISS mehr mit der fort durchgeführten Forschung. Das Argument mit der man sie genehmigt bekam war die internationale Zusammenarbeit die sich in ihr manifestierte. Versuche die Industrie für die Forschung an Bord der ISS zu gewinnen scheiterten weitgehend.

    Und auch Grundlagenforschung muss sich wirtschaftlichen Randbedingungen beugen. Das gilt auch für unbemannte Forschung: Es wäre technisch möglich eine Raumsonde wie Casssi auch zu Uranus und Neptun zu schicken: Nur benötigt man bei dr heute verfügbaren Technik mehrere Starts von Atlas V Raketen um den nötigen Treibstoff in einer Umlaufbahn zu befördern (oder gleich eine ares V) und das ist einfach mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn nicht zu rechtfertigen.

    Wie in dieser Frage rate ich Ihnen sich mal über die Hintergründe der Foton Entwicklung zu informieren, dann stellen sie bald fest, dass es sich nicht um ein System zur Entwicklung unbemannter Forschung handelt. Wer sich mit der ganzen Problematik befasst wird sehr bald darauf stoßen, dass niemand ein unbemanntes Labor für die Forschung haben möchte die nicht am Menschen durchgeführt wird und nicht auf einen Satelliten aus lagerbar ist (wie Erdbeobachtung und astrophysikalische Experimente). Ein Mitglied der NASA beschrieb als Grund, warum das Space shuttle (im Gegensatz zu Buran) bemannt fliegen muss mit dem dort verinnerlichten Spruch: „You get no Bucks without Bug (Rogers)“. Sprich: Ohne Besatzung hätte man das System nie entwickelt, auch wenn sie nicht nötig ist.

    Ich sede Ihnen gerne eine Reihe von Buchvorschlägen, denn ich vertrete nicht nur eine Meinung, ich kann auch Literaturstellen dafür angeben.

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