ATV Evolution oder ESC-B?

Ende November findet das nächste Ministerratstreffen der ESA in Den Haag statt. Der Ministerrat beschließt über die Laufrichtung der ESA für die nächsten 3 Jahre, sie genehmigen auch alle größeren Projekte. Zwei Dinge sind für mich dort interessant: Das eine betrifft mein aktuelles Buch über das ATV, an dem ich arbeite. DLR und EADS haben einen Vorschlag erarbeitet, den Teil des ATV, welcher derzeit als Druckbehälter Fracht transportiert durch eine Rückkehrkapsel zu ersetzen. Damit könnte das ATV auch Fracht zur Erde zurückbringen etwa 1-1.5 t pro Flug. Die Nutzlast in den Orbit würde aber auf 3 t sinken. Nach Ausscheiden des Space Shuttles gibt es sonst nur die Möglichkeit etwa 30-50 kg mit einer Sojus zur Erde zurück zu bringen. Ein solches Cargo Return Vehicle (CARV) könnte 2013 zur Verfügung stehen.

Das zweite ist die Hoffnung, dass die Entwicklung der ESC-B Oberstufe wieder aufgenommen wird. Diese wird meiner Ansicht nach benötigt wenn die Satelliten schwerer werden. Eigentlich sollte sie schon 2006/7 ihren Erstflug haben, doch 2005 stellte man die Entwicklung ein. Will man nicht nochmals 3 Jahre Warten (bis zur nächsten Ministerratssitzung) muss man jetzt handeln. Selbst dann dauert es noch einige Jahre (wahrscheinlich 4) bis die Stufe zur Verfügung steht. Wir reden also auch hier von einem frühesten Termin für den Jungfernflug ab 2013.

Die Situation ist die, dass derzeit in Europa die Haushalte und politische Stimmung nicht gerade für neue Projekte günstig sind. Dazu kommt, dass ExoMars wesentlich teurer wird als geplant. Der Lander wurde zu schwer für eine Sojus Trägerakete, so dass nun ein Ariane 5 Start anvisiert wird. Das erlaubt es auch einen Carrier mitzuführen der im Orbit bleibt. Ich hoffe nur, wenn man dies schon tut, dass man diesen auch zur  wissenschaftlichen Erkundung des Mars nutzt, alles andere wäre Sparen am falschen Zweck. Derzeit ist noch keine Beschreibung verfügbar was der Carrier im Orbit tun soll.

Unter diesem Gesichtspunkt ist die Lage für neue Projekte eher schlecht. Trotzdem dürfte das CARV bessere Chancen haben als die ESC-B. Die DLR befürwortet das Projekt. Erste Gespräche mit Italien und Frankreich verliefen auch recht positiv, damit hat man die Zustimmung der drei größten Einzahler in die ESA. Für die ESC-B mag man sich dagegen nicht so erwärmen, obwohl sie weitaus preiswerter ist (Das CARV soll 800-1000 Millionen  Euro kosten, die ESC-B hatte ein Budget von 400 Millionen bevor die Entwicklung eingestellt wurde). Deutschland ist ja traditionell (beginnend vom Spacelab über die D-1 und D-2 Missionen und jetzt bei Columbus und dem ATV) die Triebkraft hinter der bemannten Raumfahrt in Europa.

Meine Meinung ist: Nicht ESC-B oder CARV, sondern wenn schon beides! Die ESC-B nützt ja nicht nur Arianespace. Bei nahezu gleichen Startkosten steigt die Nutzlast zur ISS von 20.7 auf 23.0 t. Das sind auf den ersten Blick nur etwa 14 % – doch da von den 20.7 t beim ATV nur etwa 7.3 t reine Nutzlast sind, steigt diese um 2.3 t oder glatten 33 % an. Die Fertigung eines normalen ATV kostet 219 Millionen Euro (875 für 4 Exemplare). Dazu kommt der Start in Höhe von 125-136 Millionen Euro, zusammen also zirka 350 Millionen Euro. Da spart man pro Start rund 110 Millionen Euro ein.

Die ESA hat vier ATV bis 2013 geordert, dann muss sie neue bestellen. Wenn ab diesem Zeitpunkt die ESC-B zur Verfügung steht und man bis 2017 weiterhin ein ATV pro Jahr startet, dann macht sich die ESC-B Entwicklung schon alleine dadurch bezahlt, denn man kann dann eines der vier ATV einsparen.

Für das CARV wäre der Vorteil noch offensichtlicher, denn die Nutzlast die nach oben befördert würde stiege von 3 auf 5 t, also um 60 %. Ich hoffe dass mal Politiker rechnen können (ich habe angesichts der Staatsverschuldung, der Äußerungen von Gloss und dem Eingeständnis vieler Politiker in Talkshows "Sie hätten Mathematik in ihrem Leben nicht gebraucht" hier ernste Zweifel). Wenn Sie rechnen können, dann ist die Entscheidung einfach.

Das CARV sehe ich kritischer. Warum? Nun, die Rolle Europas bei der ISS ist beschränkt. Es sind 8.3 %, entsprechend diesem müssen wir Versorgungsgüter bringen, wobei damit auch auch die Operationen bezahlt werden (Kommunikation über das TDRS, Bodenkontrolle in Houston und Moskau). Wenn Europa hier mehr leistet, dann nur wenn entsprechend mehr herauskommt. Derzeit darf Europa von den 10 Racks in Columbus nur 5 nutzen. Es müssten dann mehr sein. Es gibt dann noch weitergehende Pläne, wenn die Rückkehrkapselentwickelt wird mit dieser dann Astronauten zu befördern. 5 Personen könnte sie zur ISS bringen. Ich glaube aber das es nicht dazu kommen. Wird Zum einen reden wir dann von deutlich höheren Investitionen von 3 Milliarden Euro. Zum anderen steht dann dieser Zubringer erst so um 2019 als zweite Stufe zur Verfügung. Dann ist aber die ISS am Ende der Betriebsdauer. Die mal mit 15 Jahren insgesamt, davon 5 Jahre Bauzeit, angegeben wurde.

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