Die wichtigen Fragen stellen

Beim Duschschauen des Gästebuches bin ich auf folgenden Eintrag gestoßen:

"Ein rundum gelungene Seite mit vielen interessanten Informationen.

Was mir jedoch übel aufstößt ist der Artikel über die "Terraformierung" vom Mars.

Laut wissenschaftlicher Studien aus Amerika ist eine Erwärmung des Mars auf ein Lebensfreundliches Klima innerhalb on etwa 100 Jahren möglich. Im Marsboden sind gewaltige Mengen Kohlendioxid gespeichert, die schon bei einem leichten Anstieg der Temperaturen austreten und so die Klimaerwärmung verstärken würden, was wiederum mehr CO2 aus dem Boden löst.

Der Aufwand wäre natürlich riesengroß, besonders im Vergleich mit der mickrigen Raumfahrt, die heute betrieben wird, aber prinzipiell ist ein Terraforming auf dem Mars möglich. Die Atmosphäre wäre für Menschen natürlich noch giftig, aber Pflanzen fänden ideale Bedingungen vor und würden das CO2 innerhalb von Jahrtausenden in Sauerstoff umwandeln."

Man könnte dazu einiges sagen, zum Beispiel, dass selbst wenn genügend Kohlendioxid in der Atmosphäre ist, dann reicht der Sauerstoffgehalt nicht zum Atmen aus, und da Sauerstoff auch durch Pflanzen nur aus Kohlendioxid gewonnen werden kann, muss schon eine Menge Kohlendioxid im Boden gebunden sein. (Für einen Sauerstoffgehalt von 200 hpa, wie bei uns auf der Erde, müssten etwa 30 mal mehr Kohlendioxid als heute in der Atmosphäre sein). Ich habe noch nicht gehört, dass es so viel Kohlendioxid im Marsboden gibt, zumindest nicht in leicht freisetzbarer Form (als Clathrate). Es gäbe noch mehr Einschränkungen, wie die auf dem Mars vorhandene Wassermenge, die elliptische Umlaufbahn, das fehlende Magnetfeld und der größere Sonnenabstand. Alles Faktoren, die dagegen sprechen.

Aber: Darum geht es nicht. Anstatt sich in Details zu verlieren gilt es die essentiellen Fragen zu stellen. Die essentielle Frage ist: Warum sollte man den Mars "terraformen" und was kostet das uns?

Antwort zur ersten Teilfrage: Weil wir den Platz brauchen um dort zu leben, wenn die Nahrung auf der Erde knapp wird. Aha – dann ist natürlich zu überlegen, in welchen Zeitskalen eine solche Umwandlung geht (selbst optimistische Schätzungen reden von Hunderten von Jahren bis nur niedere Organismen dort leben können bis mehrere 10.000 Jahre). immerhin: Der Mensch pustet derzeit Kohlendioxid in die Atmosphäre – und das machen 7 Milliarden Menschen und sie schaffen es in einem Jahrhundert den Anteil von 0.28 auf 0.36 % zu erhöhen – wie soll das dann auf dem Mars so schnell gehen? Auf der anderen Seite verdoppelt sich die Weltbevölkerung etwa alle 30 Jahre. Da die gesamte Fläche des Mars nur etwa so groß wie die Landfläche der Erde ist, würde das nur für etwa 1 Generation reichen – das kann also keine Lösung sein.

Das zweite sind die Kosten: Erst mal wird man eine Basisindustrie zum Mars bringen müssen und hier rechnen wir schon für eine einfache Mission zum Mars mit einigen Astronauten mit einem Betrag von mehreren Milliarden Dollar, eher in der Richtung 100 Milliarden. Wie viel Land könnte man auf der Erde mit denselben Mittel urbar machen oder wie viel Land könnte vor der Versteppung geschützt werden mit diesem Betrag?

Die Antwort auf beide Fragen zeigt deutlich, dass Terraforming keine Lösung für ein Problem ist, sondern die Begrenzung des Bevölkerungswachstums, das im Prinzip die Ursache für praktisch alle Probleme die wir heute mit der Natur und Erde haben ist – Gäbe es weniger Menschen so würde auch die schon verfügbare Landfläche ausreichen und es würden weniger Klimagase emittiert.

Ich glaube für alle Projekte die viel Geld kosten und die von der Öffentlichkeit hinterfragt werden, müssen einfache Antworten auf einfache Fragen liefern. Nehmen wir die bemannte Raumfahrt – sie ist ja zur Forschung und technologischen Weiterentwicklung einer Nation absolut unnötig. Trotzdem gab es Projekte die von der Öffentlichkeit getragen wurden und welche nicht. Stellen wir einfach mal an einige Programme folgende Frage: "Warum geben wir so viel Geld für das Projekt aus?" und betrachten die Antworten:

  • Mercury: "Weil wir vor den Russen einen Amerikaner im Weltall haben wollen"
  • Gemini: "Weil wie die Russen im Weltraum schlagen wollen und das Programm als Zwischenschritt für Apollo brauchen"
  • Apollo: "Weil wir einen Mann auf dem Mond vor den Russen landen wollen"
  • Shuttle: "Weil wir den Transport ins All verbilligen wollen"
  • ISS: "Weil wir Forschung unter Schwerelosigkeit betreiben wollen".

Die ersten drei Antworten berühren die Menschen emotional und die beiden letzten sind Sachantworten. Die beiden letzten haben ein Problem mit der Akzeptanz. Ich wage auch zu bezweifeln, dass das "Constellation Programm", also die Landung auf dem Mond erfolgreich sein, wird, denn es fallen mir wenige emotionale Antworten dafür ein die gut sind. Die beste ist noch "Weil wir bis zum 50.sten Geburtstag der ersten Mondlandung zeigen wollen, das wir es noch können". Und diese Antwort hat heute schon das Problem, dass die NASA mit der Landung für 2020/21 rechnet, also schon heute den Termin nicht einhalten kann.

Inzwischen ist das dritte Buch bei Amazon gelistet, aber noch ohne Abbildung. (Was ist drin?: Die Tricks der Industrie bei der Lebensmittelkennzeichnung verstehen und durchschauen )Ich hoffe mal die folgt noch, dann werde ich auch einen Kauflink auf der Website setzen. Bei ihm bin ich ehrlich auf die Reaktionen gespannt. Ich könnte mir durchaus senken auch wieder was im Bereich Ernährung zu veröffentlichen. Das Recherchieren zu dem Buch hat echt Spaß gemacht. So im Kopf habe ich ein Buch über die Bestandteile der Nahrungsmittel. Also z.B.: Welche Vitamine enthält Brot? Was sind ballaststoffreiche Gemüse? Was ist der Unterschied zwischen Zartbitter und Vollmilchschokolade? So ne Mischung zwischen Einführung in die Ernährungslehre und Warenkunde. Aber erst mal bin ich auf die Reaktionen und vor allem den Verkauf des aktuellen Buchs gespannt.

7 thoughts on “Die wichtigen Fragen stellen

  1. Ich bin auch gegen zu viel bemannte Missionen, in ein paar Jahrzehnten wäre es viel effektiver. Aber dennoch sollte man autarke Siedlungen außerhalb der Erde so früh wie möglich anstreben. Dabei geht es nicht nur um Ideologie, nicht mal nur um Steigerung der Ressourcen. Meiner Meinung ist es eine Frage der Sicherheit.

    Das System Menschheit ist in der Geschichte einmalig und es gibt eine große Zahl von Unbekannten die es gefährden könnten. Siedlungen außerhalb der Erde gäben Sicherheiten.

    Es wären auch autarke Raumstationen sinnvoll, mit ihnen hat man den Vorteil konstanter Umweltbedingungen und man kann zu beliebigen Ressourcen fliegen.

  2. Ich weiß nicht – das „System Menschheit“ hat schon so viele andere Lebewesen ausgerottet und es war ihm völlig egal, dass ich jetzt auch den Mensch als Ganzes nicht zwingend als erhaltungswürdig betrachten würde das man ein paar Exemplare davon unter einer Käseglocke auf dem Mars bereit halten sollte.

  3. Ich glaube egal wie wir es anstellen, der Mars wird NIE die GLEICHEN Lebensbedingungen wie auf der Erde haben. Und selbst wenn dies möglich wäre, dann sicher nicht auf Dauer.
    Was ich mich immer frage: Wieso den Mars erdförmig machen, wenn wir es nichtmal schaffen auf die Erde lebenswert zu erhalten? Die Erde ist ein Planet auf den wir alle Bedingungen haben die wir brauchen (noch!

  4. Hallo,

    ich bin der Verfasser des Gästebucheintrags.

    Hier mal ein Link:

    http://www.users.globalnet.co.uk/~mfogg/zubrin.htm

    Nach den Berechnungen von Robert Zubrin und Christopher McKay kann schon ein Temperaturanstieg von 4°C an den Polkappen einen sich selbst verstärkenden Treibhauseffekt auslösen, der zu einem kompletten Abschmelzen der Polkappen führt. Dieser Prozess würde relativ schnell ablaufen, so in zehn Jahren …

    Die dadurch ausgelöste Verdichtung der Atmospäre würde den Planeten stark genug erwärmen, um ein Teil der massiven CO2 Reserven, die im Marsboden gespeichert sind, zum Ausstreten zu bewegen, was die Atmosphäre wiederum verdickt und die Temperatur weiter erhöht, was wiederum zu vermehrtem CO2 Austritt führt usw. …

    … dies würde den atmosphärischen Druck auf etwa 300 bar erhöhen und die Temperatur am Äquator würde den Schmelzpunkt von Wasser überschreiten, was zu einem Abschmelzen des Permafrostbodens und der Wasserreservoirs führen würde, und zu einem Anstieg der Wasserdampfkonzentration in der Atmosphäre.

    Nach der Theorie von Zubrin und McKay würde der Mars nach nur 25 Jahren schon eine Atmosphäre von 100 milibar und wenigstens saisonal flißendes Wasser aufweisen, eine Grundvorraussetzung für Bakterien und Pflanzenwachstum.

    Nach 100 Jahren könnten sich Menschen ohne Druckanzüge nur mit Sauerstoffgeräten an der Oberfläche bewegen.

    Die Sauerstoffproduktion durch Bakterien und Pflanzen würde noch viel länger dauern, vielleicht 10,000 Jahre. Erst dann würde der Mars eine „zweite Erde“ sein …

    Den Mars in einen lebensfreundlichen (nicht menschenfreundlichen) Planeten zu verwandeln ist aber eine Sache von Jahrzehten bis Jahrhunderten, nicht länger und der Aufwand ist vergleichsweise gering.

    Die Kosten wären natürlich Astronomisch mit heutigen Mitteln, prinzipiell ist die Terraformierung des Mars aber möglich.

  5. Ich persönlich bin sehr für eine bemannte Mission zum Mars, da Menschen hunderttausendfach mehr leisten können als Roboter. Die Phönix-Sonde z.B. hat mehrere Tage gebraucht, um ein Schäufelchen Boden zu analysieren.

    Mit den verschiedenen „Desgin Reference Missions“ der NASA gibt es auch schon sehr durchdachte Pläne für einen bemannte Marsflug. Die Schlüsseltechnologie um einen bemannten Marsflug zu verbilligen ist die Nutzung der Atmosphäre um einen Teil des Rückkehrtreibstoffs zu produzieren. Dadurch lässt sich die Masse im Erdorbit stark verringern und drei Booster von der Kapazität einer Ares V sind ausreichend, um die ganze Expedition zu starten. Die erste Rakete schießt das sogennante MAV (Mars Ascent Vehicle) mit fast leeren Tanks zum Mars, wo es landet und mit der Treibstoffproduktion für den späteren Aufstieg beginnt. Die zweite Rakete schickt ein ERV (Earth Return Vehicle) auf die Reise, welches in einen Orbit um den Roten Planeten einschwenkt um später der Crew als Rückkehrfahrzeug zur Erde zu dienen. Beim nächsten Startfenster, wenn man sicher ist, dass das MAV den Treibstoff auch produziert hat, fliegt die Crew in ihrem Habitat zum Mars und landet in der Nähe des MAV. Nach etwa 500 Tagen steigen die Astronauten dann in das MAV, fliegen es in den Orbit, docken mit dem ERV und kehren zur Erde zurück.

  6. Von der Antwort auf die erste wichtige Frage zeigt die Sinnlosigkeit des Unterfangens den Mars bewohnbar zu machen. Wenn man das augenblickliche Bevölkerungswachstum auf die Anzahl der anzusiedeln den Menschen pro Jahr herunterrechnet, dann bleiben immerhin noch 200 Millionen Menschen pro Jahr übrig. Wenn ich nun von Raumschiffen ausgehe, die 200 Menschen pro Flug zum Mars bringen können, bleibt immerhin noch 1 Million Flüge pro Jahr übrig.
    Bevor man also über das bewohnbar machen das Mars nachdenkt, kann man eher darüber nachdenken, wie die Raumfahrt die Lebensbedingungen auf der Erde verbessern kann. Die ersten Verbesserungen kommen bereits jetzt durch Satelliten gestützte Wetterberichte und Unwetterwarnungen. In Zukunft könnte ich mir auch eine Verbesserung der Energieversorgung durch Energiesatelliten vorstellen. Dies ist zurzeit noch Science-Fiction.

    Eine bemannte Marsmission kommt mir zurzeit vor, wie eine Atlantiküberquerung im Paddelboot. Die ist auch nett für die Schlagzeilen, und sicherlich eine große sportliche Leistung, aber ansonsten ohne Belang.

    Bemannte Mondmissionen würde ich unter dem Aspekt der Rohstoffgewinnung, und dem damit verbilligten Aufbau von Weltraumstrukturen sehen. Dazu gehört allerdings ein gewaltiges Budget, und klare Zielvorstellungen.

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